European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00599.850.1127.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte und Widerkläger ist schuldig, der Klägerin und Widerbeklagten die mit 20.328,90 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von 2.400 S und die Umsatzsteuer von 1.629,90 S) sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerin und Widerbeklagten die mit 18.228,90 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von 300 S und die Umsatzsteuer von 1.629,90 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Zu 2 Nc 207/79 des Bezirksgerichtes Fünfhaus wurde von der Nebenintervenientin ein Betrag von 722.545,34 S als Kaufpreis für Textilien aus zwei Aufträgen gemäß § 1425 ABGB hinterlegt, und zwar zugunsten beider Streitteile bei Ausfolgung nur über gerichtliches Urteil oder Zustimmungserklärung beider Teile. Um die Frage, wem diese Kaufpreisforderungen zustehen, geht es im vorliegenden Rechtsstreit, wobei die Klägerin und der Beklagte – letzterer mit verbundener Widerklage – vom Gegner jeweils dessen Zustimmung zur Ausfolgung des gesamten erlegten Betrages samt Fruktifikationszinsen begehren. Im folgenden werden Klägerin und Widerbeklagte bzw. Beklagte und Widerkläger nur als Klägerin bzw. Beklagter bezeichnet.
Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, daß der Beklagte mit ihrem Einverständnis gegenüber der Nebenintervenientin im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Klägerin aufgetreten sei und deren Bestellung über Textilien zunächst im eigenen Namen entgegengenommen habe. Im Innenverhältnis zwischen den Streitteilen habe der Beklagte mit Schreiben vom 3. Mai 1979 bestätigt, daß er für die Lieferungen 6 % Provision zu erhalten habe. Zwischen den Streitteilen komme italienisches Recht zur Anwendung. Gemäß Art. 1705 Abs 2 des italienischen Zivilgesetzbuches Codice Civile (folgend cc) stünde es der Klägerin frei, selbst eine verdeckte Vollmacht offenzulegen, direkt gegenüber dem Vertragspartner des Beklagten vorzugehen und Ansprüche geltend zu machen. Die Nebenintervenientin habe die Klägerin als Vertragspartnerin angesehen, weil sie bei der zweiten Rechnung Gegenforderungen abgezogen habe, die sie gegen die Klägerin und nicht gegen den Beklagten habe.
Der Beklagte wendete dagegen ein, daß er der Vertragspartner der Nebenintervenientin gewesen sei. Er habe deren Aufträge von der Klägerin als Subunternehmerin ausführen lassen, sie damit einverstanden gewesen, daß die Waren direkt von der Klägerin an die Nebenintervenientin geliefert werden, habe jedoch im Namen und auf eigene Rechnung kontrahiert. Eine Provision mit der Klägerin habe er nicht vereinbart, sein Auftragsschreiben an die Klägerin beinhalte in Wirklichkeit die Vereinbarung einer Rabattgewährung von insgesamt 10 %.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren der Klägerin im ersten Rechtsgang ab, gab hingegen der Widerklage statt. Es traf nachstehende Feststellungen:
Giancarlo C***** ist Inhaber der Klägerin, einer prot. Einzelfirma (Unternehmen zur Textilherstellung) in C*****, Italien. Der Beklagte ist Schweizer Staatsbürger mit Wohnsitz in V*****, Textilingenieur und Branchenkenner. Er ist nicht bei der Handelskammer in Italien registriert. Vor Jahren wurden der Inhaber der Klägerin und der Beklagte Freunde. Der Beklagte begann im Unternehmen der Klägerin mitzuarbeiten, was so weit ging, daß er auf Grund der Intensität seiner Tätigkeit auch gegenüber Besuchern – etwa von der Nebenintervenientin – den Anschein eines Compagnons erweckte. Er hatte jederzeit Zutritt zum Unternehmen der Klägerin, auch zu den Firmenunterlagen. Die Zusammenarbeit der Streitteile gestaltete sich so, daß der Beklagte, der auch in der Schweiz als Kaufmann vereinzelt Geschäfte tätigt, bemüht war, wirtschaftlich orientiert in verschiedener rechtlicher Konstruktion Aufträge für die Klägerin auf Grund seiner Markt‑ und Sprachkenntnisse zu bringen. Er fungierte auch als Dolmetsch für Giancarlo C*****. In der Zeit vor dem Auftrag der Nebenintervenientin begann der Beklagte allmählich – vom Inhaber der Klägerin nicht mit der entsprechenden Aufmerksamkeit registriert – als selbständiger Kaufmann Geschäfte zu tätigen, indem er Aufträge für Warenlieferungen von Kunden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung entgegennahm, obgleich er anfänglich über keine fachgerecht eingerichteten Firmenräumlichkeiten verfügte. Diese Aufträge erfüllte er unter Beiziehung von Subunternehmen zur Produktion. In letzter Zeit verfügte der Beklagte aber bereits über Beteiligungen an selbständigen Produktionsstätten. Außer der Tätigkeit für die Klägerin brachte der Beklagte auch noch Aufträge für dritte Firmen. Insbesondere auf dem Wiener Markt beschäftigte er den selbständigen Handelsvertreter Wolfgang T*****, der entsprechende Kollektionen und Musterbücher über den Beklagten erhalten hatte. Wegen der Schwierigkeiten des Inhabers der Klägerin mit der deutschen Sprache fungierte der Beklagte auch als Verbindungsmann zur Wolfgang T*****, obwohl dieser als selbständiger Handelsvertreter im Auftrag der Klägerin direkt auftreten konnte und auftrat. Er konnte in der Zeit vor der Bestellung des Nebenintervenienten Aufträge von Kunden sowohl für den Beklagten als Vertragspartner als auch die Klägerin sowie die anderen, über den Beklagten an Wolfgang T***** herangebrachten Firmen entgegennehmen. Dabei unterschied Wolfgang T***** in den schriftlichen Bestellungen ausdrücklich zwischen den einzelnen Firmen, sodaß aus den Urkunden der entsprechende Vertragspartner klar hervortrat.
Bestellungen, die die Klägerin betrafen, konnten auf ihren Orderbücherformularen erteilt werden; die Nebenintervenientin verwendete jedoch ihre hausinternen Formulare zur Auftragserteilung über Wolfgang T*****. Auch in letzteren wurde der Vertragspartner entsprechend nach den Wolfgang T***** vom Beklagten erteilten Weisungen differenziert. Die von der Nebenintervenientin 1978/79 erteilten Bestellungen tragen, wenn die Bestellung über Wolfgang T***** als selbständigen Handelsvertreter der Klägerin erfolgte, die Bezeichnung der Klägerin als Vertragspartner der Nebenintervenientin. Die auf deren Hausformularen erteilte Bestellung über die gegenständlichen Lieferungen bzw. Zahlungen tragen den Namen des Beklagten als Vertragspartner.
Ende 1978, Anfang 1979 kam es zu Zerwürfnissen zwischen dem Inhaber der Klägerin und dem Beklagten. Ersterer warf dem Beklagten Unkorrektheiten in seiner Tätigkeit für die Klägerin wegen unerlaubter Inkassi bei Kunden der Klägerin und Nichtabführung dieser Beträge vor. Der Beklagte behauptete, dies mit Recht tun zu dürfen, weil er noch offene Provisionsforderungen (die er nicht bereit ist, vor Gericht offen zu legen) gegenüber der Klägerin habe. Außerdem kam es zu Streitigkeiten über eine gemeinsame Beteiligung an einer ausländischen Firma. Parallel dazu wirkten sich diese Unstimmigkeiten auch auf die Beziehungen zu Wolfgang T***** aus. Im März 1979 besuchten daher der Inhaber der Klägerin und der Beklagte Wolfgang T***** und es kam zur Auflösung des Vertretungsvertrages und zur Bereinigung der noch strittigen Ansprüche zwischen der Klägerin und Wolfgang T*****. Ab diesem Zeitpunkt war Wolfgang T***** nicht mehr bereit, für die Klägerin tätig zu werden.
Gleichzeitig plante der Beklagte aufgrund der Zerwürfnisse mit der Klägerin, seine selbständige Tätigkeit zu intensivieren, wobei Wolfgang T***** weiterhin für den Beklagten als selbständiger Handelsvertreter tätig wurde. Andererseits war die Klägerin bestrebt, die durch die Zusammenarbeit mit dem Beklagten eroberten Marktanteile und Kunden nicht zu verlieren und nach Tunlichkeit selbständig weiter zu bedienen.
In der Phase der Zusammenarbeit zwischen den Streitteilen hatte die Klägerin diverse Bestellungen der Nebenintervenientin produziert, die über den Beklagten „gebracht“ worden waren. Die Lieferung erfolgte dabei von der Klägerin direkt an die Nebenintervenientin, die auch mit Billigung des Beklagten direkt an die Klägerin Zahlungen leistete; dies ohne Rücksicht auf die rechtliche Konstruktion der jeweiligen Zusammenarbeit im einzelnen Auftrag.
Anläßlich der Auflösung des Vertretungsverhältnisses mit Wolfgang T***** besuchte der Inhaber der Klägerin auch den Referenten der Nebenintervenientin (Walter S*****), um sich die Produktion und Lieferung für einen bereits vom Beklagten initiierten Großauftrag (den gegenständlichen) zu sichern. Walter S***** sah die Geschäftsverbindung rein wirtschaftlich, sodaß er auf Grund der bisherigen Zusammenarbeit die Streitteile als wirtschaftliche Einheit betrachtete, wobei er bei Auftrag über den Beklagten auch Lieferung und Rechnung direkt von der Klägerin erhielt. Aufgrund der bisherigen Geschäfte stand Walter S***** auch unter dem Eindruck, daß Wolfgang T***** als österreichischer selbständiger Handelsvertreter für beide Streitteile auftrete. Auf Grund von Besuchen in Italien kannte er die freundschaftlichen Kontakte der Streitteile und wußte, daß der Beklagte praktisch wie ein Compagnon des Inhabers der Klägerin in dessen Firma auftrete, schalte und walte. Nicht wußte er, daß der Beklagte den Inhaber der Klägerin bereits für den Großauftrag zu interessieren versuchte, das Geschäft im eigenen Namen machen wollte und vom Inhaber der Klägerin im Rahmen einer Besprechung die Ermächtigung erhalten hatte, gegen Zahlung der üblichen Provision den Auftrag „hereinzubringen“. Der Inhaber der Klägerin war rein wirtschaftlich interessiert und hatte mangels entsprechender rechtlicher Kenntnis gegen die selbständige Vertragspartnerschaft des Beklagten gegenüber der Nebenintervenientin keine Einwände. Auch Walter S***** legte aus diesen Gründen der Frage keine gesteigerte Bedeutung zu, ob nun die Klägerin oder der Beklagte formell in den Aufträgen als Vertragspartner aufscheine. Über die Zerwürfnisse der Streitteile Anfang 1979 war er nicht informiert, erfuhr dann allerdings von Wolfgang T*****, dass dieser nicht mehr für die Klägerin einschreite. Als der Inhaber der Klägerin mit Vorbesprechungen über die Lieferung und deren weitere Modalitäten an ihn herantrat, hegte er keine Bedenken. Als dies durch Unterfertigung des Auftragsschreibens der Nebenintervenientin über Wolfgang T***** perfektioniert wurde, hegte er ebenfalls keine Bedenken, daß hier der Beklagte formell als Vertragspartner aufscheine. Da auch weiterhin Urgenzen über diese Lieferungen von der Nebenintervenientin direkt an die Klägerin abgegeben und von dieser angenommen wurden, auch die Lieferungen direkt von der Klägerin mit eigenen Zollpapieren und eigener Faktura an die Nebenintervenientin erfolgten, schien der Nebenintervenientin der Auftrag erst problematisch, als nachträglich auch Fakturen über dieselbe Lieferung vom Beklagten unter Anschein eines selbständigen Kaufmannes mit Zahlungsaufforderung bei der Nebenintervenientin einlangten. Walter S*****, der auf Grund seiner rein wirtschaftlichen Vorstellungen keine Bedenken hatte, auch dem Inhaber der Klägerin während seiner Besprechungen über die Produktionen auf Grund der bisherigen Handhabung und Zusammenarbeit der Streitteile direkt Zahlung der Nebenintervenientin zuzusichern, befaßte mangels Klarheit über die rechtliche Situation die Rechtsabteilung der Nebenintervenientin und man gelangte zur Ansicht, die Kaufsumme gemäß § 1425 ABGB bei Gericht hinterlegen zu müssen. Der Beklagte hatte Wolfgang T***** anläßlich der Aufnahme der schriftlichen Bestellung der Nebenintervenientin ausdrücklich angewiesen, ihn selbst als Vertragspartner einzusetzen, was Wolfgang T***** tat und wogegen Walter S***** keine Einwände hatte. Der Beklagte hatte das Geschäft der Nebenintervenientin nicht nur angebahnt, sondern auch die Klägerin interessiert, indem er ihr in der Vorbereitungsphase vorstellte, welchen großen Umfang der Auftrag habe. Tatsächlich wurde in der Folge noch „aufgestockt“. Der Beklagte gab dann als selbstständiger Vertragspartner den Auftrag (im Rahmen der Kommission zwischen den Streitteilen) an die Klägerin zur Produktion. Ein vereinbarter Parteiwechsel im Vertrag mit der Nebenintervenientin ist zwischen den Streitteilen ebensowenig nachweisbar wie eine gezielte Irreführung von Seiten des Beklagten. Die vereinbarte Provision bezahlte die Klägerin dem Beklagten für den Auftrag noch nicht, weil sie im Rahmen der allgemeinen Streitigkeiten zwischen den Streitteilen noch auf die Bereinigung anderer Geschäfte hofft.
Im ersten Rechtsgang gingen sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht rechtlich davon aus, daß zwischen den Streitteilen ein Kommissionsverhältnis gemäß Art. 1731 cc bestehe. Der Kommissionsvertrag sei nach italienischem Recht ein Auftrag, der den Kauf oder Verkauf von Gegenständen für Rechnung des Kommittenten und im Namen des Kommissionars zum Gegenstand habe. Der für die Tätigkeit des Kommissionars zu zahlende Lohn sei die Provision (Art. 1733 cc). Die Klägerin könne, indem sie gemäß dem anzuwendenden Art. 1705 cc an die Stelle des Beaufsichtigten (Beklagten) trete, die aus der Durchführung des Auftraggebers sich ergebenden Foderungsrechte – im Rahmen eines Eintritts‑ und Durchgriffsrechtes – selbst geltend machen. Dies aber nur, wenn dadurch Rechte des Beauftragten (Beklagten) nicht beeinträchtigt würden. Dies seien hier Ansprüche des Beklagten nach Art. 1721 cc. Der Beklagte dürfe sich jedenfalls aus den bei ihm eingehenden Beträgen (Kaufpreis) die Provision abziehen, die ihm für das Geschäft zustehe, wogegen er den Rest der Klägerin herauszugeben habe. Die Klägerin habe dem Beklagten für seine Tätigkeit die Provision für dieses Geschäft noch nicht gezahlt und wolle sie offensichtlich bis auf weiteres auch nicht zahlen. Es sei nach Art. 1705 cc Sache des Beklagten, zu gestatten, daß die Klägerin ihre Kaufpreisansprüche direkt gegenüber der Nebenintervenientin geltend mache.
Im zweiter Rechtsgang stellte das Erstgericht klar, daß beide Klagebegehren nur auf Zustimmung zur Ausfolgung eines Betrages von je 722.545,34 S gerichtet sind. Außerdem stellte es ergänzend fest:
T***** arbeitete als selbständiger Kaufmann, aber auch als Provisionsvertreter für den Beklagten, und bis zum Zerwürfnis im März 1979 auch für die Klägerin als Provisionsvertreter. Es ist nicht feststellbar, ob T***** vom Beklagten eine generelle Abschlußvollmacht hatte. „Sämtliche streitgegenständliche Bestellungen“ hat die Nebenintervenientin auf ihren Hausformularen in der Form wie in Beilage ./E des Aktes erteilt. In diesen Formularen wird auf der Vorderseite die Bestellung detailliert, auf der Rückseite sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Nebenintervenientin abgedruckt. Nach Hinausgabe dieser Formulare, die – wie bereits im ersten Rechtsgang festgestellt wurde – als Vertragspartner den Beklagten aufwiesen, kam es bei der Nebenintervenientin zu einer Umstellung auf Computer, wobei eigene computertüchtige Formulare entworfen wurden. Die „streitgegenständlichen Bestellungen“ wurden sodann auf Formularen der Nebenintervenientin wie ./XI erstellt, die in Durschreibeverfahren verfaßt sind. Die für den Beklagten bestimmte Ausfertigung trägt die Aufschrift Bestellschein und enthält auf der Rückseite allgemeine Lieferbedingungen und Versandvorschriften des Zentralkonsums abgedruckt. Auf die Allgemeinen Lieferbedingungen ist auf der Vorderseite unter der fettgedruckten Überschrift „bitte verbindlich beachten“ verwiesen. In den allgemeinen Bedingungen der Formulare der Nebenintervenientin findet sich insbesondere der Passus, daß auf das gegenwärtige Auftragsverhältnis österreichisches Recht zur Anwendung käme und für die Streitigkeiten das jeweils im Sprengel des Bezirksgerichtes Wien Innere Stadt zuständige Gericht als vereinbart anzusehen wäre.
Üblicherweise erwartete die Nebenintervenientin von ihren Vertragspartnern, daß diese schriftliche Auftragsbestätigung erteilten. In den Fällen der „streitgegenständlichen Geschäfte“ erteilte weder der Beklagte noch die Klägerin eine schriftliche Auftragsbestätigung, doch „nahm der Beklagte die Aufträge“ und führte sie unter Zuhilfenahme der Klägerin wie bereits im ersten Rechtsgang festgestellt auch aus. Er widersprach insbesondere den Forderungen der Nebenintervenientin in den Geschäftsbedingungen nach der Anwendung österreichischen Rechtes nicht, war damit zufrieden und ließ durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. Ploil in der letzten mündlichen Streitverhandlung zum Ausdruck bringen, daß er die österreichische Rechtswahl gewünscht habe.
T*****, der als Provisionsvertreter die Bestellungen von K***** entgegennahm, leitete die Bestellformulare immer an seinen Auftraggeber, im vorliegenden Fall an den Beklagten, weiter. Die übrige Korrespondenz der Nebenintervenientin mit den Lieferanten lief immer über den Vertreter.
Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren der Klägerin wieder ab. Im Verhältnis zwischen der Nebenintervenientin und dem Beklagten finde zufolge einer zumindest konkludenten Rechtswahl durch unbeanstandete Annahme der Bestellungen der Nebenintervenientin mit dem Passus, daß österreichisches Recht zur Anwendung käme, österreichisches Recht Anwendung. Danach habe der Beklagte Anspruch auf den Kaufpreis. Dem Beklagten gebühre als Vertragspartner der Nebenintervenientin aus dem Titel des Handelskaufes der gerichtliche Erlag.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Klägerin und ihrer Nebenitnervenientin teilweise Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es (einschließlich des bestätigenden Teiles) den Beklagten schuldig erkannte, der Klägerin seine Zustimmung zur Ausfolgung des Gerichteserlages von 722.545,34 S samt Fructifikationszinsen zu 2 Nc 207/79 des Bezirksgerichtes Fünfhaus hinsichtlich eines Betrages von 693.643,53 S binnen 14 Tagen zu erteilen und wies ein diesbezügliches Mehrbegehren von 28.901,81 S ab. Die Klägerin erklärte es schuldig zuzustimmen, daß aus dem beim Bezirksgericht Fünfhaus erlegten Betrag von 722.545,34 S ein Betrag von 28.901,81 S samt der bis zum Ausfolgungstag auflaufenden Zinsen an den Beklagten ausgefolgt wird. Das Mehrbegehren hinsichtlich eines Betrages von 693.643,53 S s.A. wies es ab.
Das Gericht zweiter Instanz übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und ergänzte sie dahin, daß die Streitteile in Italien eine Provision von 4 % des Nettokaufpreises für den Beklagten vereinbarten. Die Nebeninterventientin beauftragte den Beklagten („Order an: Herrn T*****“) mit dem Schreiben vom 27. April 1979 mit der Lieferung vom Damenpullovern um insgesamt 283.337,60 S und mit Schreiben vom 30. April 1979 mit der Lieferung von Kinderpullovern um insgesamt 453.557,80 S. Letzterer Kaufpreis reduzierte sich aus hier nicht relevanten Umständen auf 439.207,70 S, was zusammen mit dem Kaufpreis des Auftrages vom 27. April 1979 den Erlagsbetrag (unter Vernachlässigung von 4 g) ergibt. Die Klägerin fakturierte diese beiden von ihr ausgeführten und verzollten Lieferungen am 18. und 3. Oktober 1979 (Beilage C und D), der Beklagte dann mit seinen, ebenfalls mit 18. und 3. Oktober 1979 datierten Rechnungen (Beilage G).
Rechtlich war das Berufungsgericht der Ansicht, daß die Ausfolgung eines erlegten Betrages nur dann geschehen könne, wenn diejenigen, zu deren Gunsten erlegt wurde, zustimmen oder wenn die Bedingungen, die beim Erlag für die Ausfolgung gesetzt wurden, erfüllt sind. Sonst müsse der Begünstigte, an den ausgefolgt werden soll, gegen den oder die anderen Begünstigten ein Urteil erwirken. Die Streitteile seien Erlagsgegner der zum gerichtlichen Erlag angenommenen Kaufpreisbeträge der Nebenintervenientin als Erlegerin. Beide qualifizierten die Erlagsbeträge als den ihnen geschuldeten Kaufpreis, die Klägerin im Umweg über ihr Durchgriffsrecht nach italienischem Recht. Materiell entscheide zwischen den Erlagsgegnern das bessere Recht an oder auf die erlegte Sache, wobei alle schuldrechtlichen Verpflichtungsgründe dabei erheblich sind. Für das Ausführungsgeschäft (Verkauf von Textilien durch den Beklagten resp. Klägerin an die Nebenintervenientin) komme österreichisches Recht, für das Innenverhältnis der Streitteile italienisches Recht zur Anwendung. Daß der Beklagte auf Grund mündlichen, in Italien abgeschlossenen Vertrages für die Klägerin tätig wurde, gehe aus den erstgerichtlichen Feststellungen mit ausreichender Deutlichkeit hervor.
Nach italienischem Recht sei die Kommission ein Mandat ohne Stellvertretung (Art. 1705 cc) für die Kaufgeschäfte, in denen der Mandatar, obwohl er für Rechnung des Mandanten handelt, gegenüber dem Dritten im eigenen Namen auftritt. Die Kommission sei im Sinn des Art. 1731 cc nur eine besondere Art des Mandats, auf sie seien auch die Normen für das Mandat anzuwenden, soferne sie nicht unvereinbar sind. Das Eintritts‑ und Durchgriffsrecht des Mandanten gelte daher auch für den Kommittenten. bereits durch Übersendung ihrer Rechnungen Beilagen C und D habe die Klägerin von diesem Recht Gebrauch gemacht. Es sei daher von einem Kommissionsvertrag der Streitteile auszugehen und von einem Durchgriffsrecht der Klägerin auf den Kaufpreis. Ausgehend von der Auskunft des italienischen Ministeriums für Gnadensachen und Justiz vom 24. Jänner 1984 lägen die dort genannten Beschränkungen für eine Anwendung des Art. 1705 cc zu Gunsten der Klägerin nicht vor. Gemäß Art. 1721 cc habe der Mandatar das Recht, sich aus den Geldforderungen zu befriedigen, die aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften entstanden sind, und zwar mit Vorrang vor dem Mandanten und dessen Gläubigern. Demgemäß habe der hier beklagte Mandatar Anspruch auf Provision. Lediglich hinsichtlich seiner vereinbarten Provision von 4 % (= 28.901,81 S) sei somit der Beklagte mit seinem Widerklagebegehren im Recht. Damit stehe aber, mit Ausnahme dieser Provision des Beklagten, der von der Nebenintervenientin getätigte Erlag der Klägerin aufgrund des ihr nach italienischem Recht zustehenden Durchgriffsrechtes zu.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin und ihre Nebenintervenientin beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Beklagte vertritt in der Revision den Standpunkt, daß der als Kaufpreis erlegte Betrag nicht über ein Durchgriffsrecht dem Kläger ausgefolgt werden darf, daß nur das Rechtsverhältnis zwischen Erleger und Erlagsgegner relevant sei, daß die Anwendung italienischen Rechtes höchst zweifelhaft wäre, daß das Innenverhältnis zwischen den Streitteilen ein Kaufvertrag sei, daß allenfalls Schweizer Recht Anwendung fände oder aber auch österreichisches Recht für das Innenverhältnis der Parteien maßgebend sei, das kein Durchgriffsrecht kenne. Im übrigen könne nicht was als Kaufpreis begehrt als Ergebnis eines Durchgriffsrechtes zugesprochen werden. Schließlich sei das berufungsgerichtliche Verfahren auch mangelhaft gewesen. Dazu war zu erwägen:
Das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und dem Gericht, bei dem ein Betrag erliegt, gehört immer dem öffentlichen Recht an. Zu § 1425 ABBG wird von der ständigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß die Ausfolgung eines erlegten Betrages nur dann geschehen kann, wenn diejenige, zu deren Gunsten erlegt wurde, zustimmen oder wenn die Bedingungen, die beim Erlag für die Ausfolgung gesetzt wurden, erfüllt sind; sonst muß der Begünstigte, an den ausgefolgt werden soll, gegen die anderen Begünstigten ein Urteil erwirken (EvBl. 1970/3; JBl. 1969, 36; SZ 52/1, SZ 39/123 u.a.). Das im anhängigen Rechtsstreit zu lösende Konkurrenzverhältnis der Streitteile beruht formell ausschließlich auf der Tatsache des zu Gericht angenommenen Erlages. Ob im Verhältnis zwischen der Erlegerin und dem Kläger bzw. dem Beklagten ein hinreichender Erlagsgrund bestand, ist im anhängigen Rechtsstreit über das Begehren der Streitteile als des einen Erlagsgegner gegen den anderen Erlagsgegner unerheblich. Zwischen den Erlagsgegnern entscheidet vielmehr das bessere Recht an oder auf die erlegte Sache. Dabei können alle schuldenrechtlichen Verpflichtungsgründe zur Sachüberlassung erheblich sein (6 Ob 803/81 u.a.). Die oben dargestellten gegenteiligen Ausführungen der Revision sind nicht stichhältig.
Zwischen den Streitteilen ist nicht strittig, daß auf das Rechtsverhältnis auf Grund des Abschlußtages bereits die Vorschriften des IPR‑Gesetzes Anwendung finden. Liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vor, so ist zunächst nach dem österreichischen IPR‑Gesetz zu beurteilen, welches materielle Recht es nach seinen Verweisungsnormen auf den Sachverhalt angewendet haben will (EvBl. 1977/244; SZ 49/160; SZ 55/76; Duchek‑Schwind, IPR 11 Anm. 1 zu § 2 IPRG; Schwimann, IPR 28; Schwind, Handbuch 48, Scheuer, Einige Bemerkungen zum Qualifikationsproblem, ZfRV 1961, 228 ff; Reitmann, Internationales Vertragsrecht 3 Rdz 38). Es bedarf nicht der als irrelevant nicht wiedergegebenen Erwägungen des Berufungsgerichtes, das im Ergebnis jedenfalls richtig zur Ansicht gelangte, daß für das Ausführungsgeschäft, nämlich den Verkauf von Textilien durch den Beklagten bzw. die Klägerin an die Nebenintervenientin, österreichisches Recht Anwendung findet. Auf Grund des im zweiten Rechtsgang ergänzten Sachverhaltes stellte dies das Erstgericht ohnedies kalt (S 24 des Ersturteils). Alle Erwägungen des Berufungsgerichtes zur schlüssigen Rechtswahl versagen, weil hier gemäß § 35 Abs. 1 IPRG eine ausdrückliche Bestimmung des österreichischen Rechtes vorliegt.
Wie oben dargestellt, kommt es jedoch bei der Beurteilung, wem der beiden Forderungsprätendenten der Erlag auszufolgen ist, auf das bessere Recht der Streitteile daran an. Dieses Innenverhältnis regelt nicht § 49 IPRG, weil diese Bestimmung nur das Außenverhältnis zwischen Geschäftsherrn und Vertreter zum Dritten regelt; das Innenverhältnis zwischen Geschäftsherrn und Vertreter kann Auftrag, Kommission, Arbeitsverhältnis oder Handelsvertretervertrag sein; für die Beurteilung ist gesondert nach den §§ 35 ff. IPRG anzuknüpfen (Schwimann in Rummel, Rdz 1 zu § 49). Für das Rechtsverhältnis zwischen den Streitteilen verweist § 36 IPRG auf das italienische Recht. Da § 5 Abs. 1 IPRG auch die Verweisungsnormen der fremden Rechtsordnung umfaßt, Art 25 cc letztlich auf den Ort des zwischen den Parteien erfolgten Vertragsabschlusses abstellt („altrimenti da quella del luogo nel quale il contratto e stato conchiuso“), dieser nach den Feststellungen der Vorinstanzen in ihrem Zusammenhang verstanden in Italien lag (vgl. S 5 des Berufungsurteiles), ist nach italienischem Recht das bessere Recht der beiden Erlagsprätendenten auszumitteln:
Im Vordergrund stehen danach Art. 1705 cc, il „mandato senza rappresentanza“, der Auftrag ohne Stellvertretung und Art. 1731 cc „il vontratto di commissionie e un mandato“. Die Kommission ist nach italienischem Recht ein Mandat ohne Stellvertretung für Kaufgeschäfte, in denen der Mandatar, obwohl er für Rechnung des Mandanten handelt, gegenüber dem Dritten im eigenen Namen auftritt. Aus Art. 1731 cc folgt, daß auf die Kommission Mandatsgrundsätze anzuwenden sind. Eine solche Kommission hat das Berufungsgericht zutreffend der Geschäftsbeziehung zwischen Kläger und Beklagten unterstellt. Es genügt hiebei auf die wiedergegebenen Feststellungen zu verweisen, wonach der Beklagte im eigenen Namen auftrat, die Bestellungen aber der Klägerin „brachte“, bis er sich allmählich aus dieser Zusammenarbeit zu lösen suchte, ohne daß von einer bereits vollzogenen Trennung der Agenden zum Zeitpunkt des „großen Geschäftes“ mit der Nebenintervenientin gesprochen werden konnte. Spiegelt sich aber die Forderung, die nur nominell auf den Namen des Mandatars lautet, materiell in der juristischen Sphäre des Mandanten wieder („il mandate, sostituendosi al mandatario, puo esercitare i diritti di credito derivanti dall' esecutione del mandato“, muß der Mandant auch an die Stelle des Mandatars treten und demgemäß diesem gegenüber sich vorzugsweise aus den Forderungsrechten der so abgeschlossenen Rechtsgeschäfte befriedigen können.
Die dargestellten Grundsätze, denen schon das Berufungsgericht im wesentlichen folgte, führen demgemäß dazu, daß im Rechtsstreit zwischen den Erlagsprätendenten der Kläger das bessere Recht und damit – von den hier nicht mehr relevanten Provisionsansprüchen des Beklagten abgesehen – den Anspruch auf die Ausfolgung des Gerichtserlages in der vom Berufungsgericht dargestellten Höhe erwirkt hat. Mangels Gleichartigkeit des Ausfolgungsanspruches mit einer Geldforderung, scheidet die vom Beklagten angestrebte Aufrechnung aus (6 Ob 614/80; 5 Ob 501/81 u.a.).
Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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