OGH 1Ob563/84

OGH1Ob563/8411.7.1984

SZ 57/128

Normen

ABGB §1295
ABGB §1295

 

Spruch:

Wer durch eine Rückfrage vom Vertragsverfasser, einem Notar, erfahren kann, daß dieser als Zeuge eine vor ihm zustande gekommene mündliche Vereinbarung bestätigen müsse, führt einen eine solche Vereinbarung bestreitenden Prozeß schuldhaft und wird daher für die dem Vertragspartner während des Rechtsstreites entstandenen Nachteile schadenersatzpflichtig

OGH 11. 7. 1984, 1 Ob 563/84 (LG Linz 14 R 7/83; BG Linz-Land C 450/79 )

Text

Die klagende Partei begehrte mit der am 6. 3. 1977 gegen den Beklagten beim Landesgericht Linz eingebrachten Klage die Feststellung, zwischen den Streitteilen sei ein Pachtvertrag bestimmt angegebenen Inhaltes über das vom Beklagten in T betriebene Unternehmen der gewerbsmäßigen Beförderung von Lasten mit Kfz. rechtswirksam zustande gekommen. Der Beklagte habe Ende September 1975 mit der klagenden Partei in der Notariatskanzlei Dr. Erich G in Linz mündlich den Pachtvertrag abgeschlossen und sich verpflichtet, ihn nach Reinschrift durch den beiderseits beauftragten Vertragsverfasser Dr. Erich G zu fertigen. Durch die Nichteinhaltung des Vertrages sei bereits jetzt beträchtlicher Schaden eingetreten; ein solcher sei auch in Zukunft zu erwarten. Der Beklagte wendete ein, es seien zwar Vertragsverhandlungen geführt worden, zu einer Willenseinigung sei es aber nicht gekommen. Eine vertragliche Bindung sollte erst durch die Unterfertigung eintreten. Als Partei vernommen, gab der Beklagte in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 10. 10. 1977 an, er habe Dr. Erich G erklärt, er wolle den schriftlich ausgearbeiteten Vertrag erst seiner Frau zum Durchlesen übergeben, er habe zum Ausdruck gebracht, daß er den Vertrag erst nach Überprüfung durch seine Frau unterfertigen wolle. Es sei zwar Einigung über den Vertragsinhalt erzielt worden, der Vertrag selbst sollte aber durch seine schriftliche Unterfertigung nach vorangegangener Prüfung durch seine Gattin und seinen Buchhalter rechtswirksam werden. Das Landesgericht Linz gab diesem Feststellungsbegehren mit seinem Urteil vom 9. 11. 1977, das dem Beklagtenvertreter am 17. 11. 1977 zugestellt wurde, mit Ausnahme eines einzigen Vertragspunktes statt. Es stellte fest, für Notar Dr. Erich G sei erkennbar gewesen, daß sich beide Teile über die besprochenen Punkte des Pachtvertrages geeinigt hätten und daß bei beiden der Wille vorhanden gewesen sei, diese Einigung als verbindlichen Geschäftsabschluß zur Kenntnis zu nehmen. Kein Verhandlungspartner habe erklärt, daß der Vertrag erst mit der Unterfertigung zustande kommen werde und der schriftliche Vertrag noch der Gattin des Beklagten sowie dessen Buchhalter zur Überprüfung vorgelegt werden solle. Der Beweis, daß die Parteien vor Unterfertigung des schriftlichen Vertragstextes nicht gebunden sein wollten, sei dem Beklagten nicht gelungen. Der Beklagte habe auch nach Zusendung des irrtümlich unvollständig gebliebenen Vertragsentwurfes der klagenden Partei gegenüber mehrmals erklärt, er werde diesen Vertrag unterfertigen, sobald er eine fehlende Seite habe; als ihm diese überbracht worden sei, habe er neuerlich erklärt, er werde den Vertrag unterfertigen und an die Notariatskanzlei zurücksenden. Das OLG Linz gab im ersten Rechtsgang mit seinem Urteil vom 20. 3. 1978, 4 R 180/77, der Berufung des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren schon aus rechtlichen Gründen ab. Es stehe fest, daß über den Inhalt eines Zusatzes zu Punkt XIII des Vertrages eine Einigung nicht zustande gekommen sei. Die Feststellung eines Vertrages mit einem anderen Inhalt bedeute die Entscheidung über einen qualifiziert verschiedenen Anspruch, sodaß kein minus, sondern ein aliud vorliege. Der OGH gab mit seiner Entscheidung vom 24. 10. 1978, 5 Ob 678/78, der Revision der klagenden Partei Folge, hob das Urteil des OLG Linz auf und verwies die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurück. Im Gegensatz zu dessen Ansicht hielt der OGH den Entfall eines unwesentlichen Vertragspunktes als quantifizierbare Nebenleistung, die ohne weiteres auch entfallen könne, ohne daß dadurch die Rechtsnatur des Vertrages geändert werde. Das Berufungsgericht werde daher auch auf die weiteren Ausführungen der Berufung des Beklagten einzugehen haben. Im zweiten Rechtsgang gab das OLG Linz mit seinem Urteil vom 18. 12. 1978, das gemeinsam mit dem Beschluß des OGH vom 24. 10. 1978 dem Vertreter des Beklagten am 6. 3. 1979 zugestellt wurde, der Berufung des Beklagten nicht Folge. Nunmehr übernahm das Berufungsgericht die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, daß die Streitteile in der Kanzlei von Notar Dr. Erich G ihren Willen dahin zu erkennen gegeben hätten, sie wollten ihre Einigung über die besprochenen Punkte des Pachtvertrages als verbindlichen Geschäftsabschluß verstanden wissen; für die Anwendung der Vorschrift des § 884 ABGB sei daher kein Raum. Der nunmehr vom Beklagten erhobenen Revision gab der OGH mit seiner Entscheidung vom 7. 3. 1979, 5 Ob 610/79, die dem Vertreter des Beklagten am 4. 9. 1979 zugestellt wurde, nicht Folge. In dieser Entscheidung wurde über die weiters vom Beklagten aufgeworfenen Rechtsfragen endgültig abgesprochen.

Mit der am 26. 4. 1979 eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei nach mehreren Klagsänderungen ua. den Zuspruch des Betrages von 277 960 S sA für Mehrkosten einer Ersatzpacht und Standgeld für das Unterbleiben des Einsatzes mehrerer LKW-Züge. Der Beklagte habe völlig unbegrundet die Rechtswirksamkeit des Pachtvertrages bestritten. Der Beklagte habe einen verschuldeten Rechtsirrtum zu vertreten. Er habe auch die Unmöglichkeit der Übergabe des Unternehmens dadurch herbeigeführt, daß er es an Franz S verpachtet habe. Der Beklagte habe eine auffallende Sorglosigkeit zu vertreten, der Prozeß sei ab der Zustellung der zweiten Berufungsentscheidung in Verzögerungsabsicht geführt worden. Dadurch, daß der Beklagte schuldhaft seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei, habe die klagende Partei folgende Schäden erlitten: a) zur Vermeidung eines noch größeren Verdienstentganges habe die klagende Partei im Feber 1977 mit der Firma Raimund L eine Ersatzvereinbarung geschlossen, der Pachtschilling habe von Mai 1977 bis Dezember 1978 3 000 S monatlich zuzüglich Umsatzsteuer, ab 1. 1. 1979 6 000 S monatlich zuzüglich Umsatzsteuer, betragen. Daraus errechne sich ein Schaden bis Dezember 1979 in der Höhe von 155 760 S. Dazu kämen Ummeldekosten für sechs LKWs von 7 200 S und die Inkorporationsgebühr von 15 000 S, b) da erst im Mai 1977 ein Ersatz für die vereinbarte Pachtung habe gefunden werden können, hätten drei LKW- Züge der klagenden Partei durch zwei Monate hindurch nicht eingesetzt werden können. Dadurch habe die klagende Partei einen Verdienstentgang von 100 000 S erlitten. Bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Pachtvertrages durch den Beklagten hätte die klagende Partei die drei LKW-Züge bereits im Herbst 1976 ankaufen und spätestens ab Genehmigung des Pachtvertrages mit Jänner 1977 einsetzen können.

Der Beklagte wendete ein, bis zur Zustellung der Entscheidung des OGH vom 7. 3. 1979, 5 Ob 610/79, die am 4. 9. 1979 erfolgt sei, nicht schuldhaft gehandelt zu haben. Er sei der Meinung gewesen, daß ein Vertrag rechtswirksam nicht zustande gekommen sei. Selbst das OLG Linz habe seine Rechtsansicht geteilt. Die Pachtung wäre von der Gewerbebehörde auch nicht genehmigt worden. Der klagenden Partei könne ein Schadenersatzanspruch erst von dem Zeitpunkt an zustehen, an dem ihr die Genehmigung zur Pachtung erteilt worden wäre. Vorher wäre sie nicht berechtigt gewesen, das Gewerbe auszuüben. Die klagende Partei sei bei der Gewerbebehörde niemals selbst eingeschritten, der Beklagte sei erstmals mit Schreiben des Klagevertreters vom 18. 4. 1979 aufgefordert worden, entgegen Punkt IX des Vertrages bei der Gewerbebehörde entsprechende Eingaben zu überreichen. Für die Zeit vor dem 18. 4. 1979 und die anschließend notwendige Zeit bis zur rechtskräftigen Genehmigung der Verpachtung durch die Gewerbebehörde könne der klagenden Partei ein Ersatzanspruch nicht zustehen. Die klagende Partei habe mit Raimund L am 2. 2. 1977 einen Kaufvertrag über verschiedene LKWs und Anhänger mit einem Kaufpreis von 3 000 000 S abgeschlossen. In diesem Betrag sei der Pachtschilling für die unbeschränkte Dauer der Verpachtung bereits enthalten gewesen. Für die Pachtung sei kein besonderes Entgelt verlangt worden. Durch die Bezahlung der Inkorporationsgebühr könne der klagenden Partei ein Schaden nicht entstanden sein, weil diese auch im Falle der Genehmigung der Pachtung mit dem Beklagten von der klagenden Partei hätte bezahlt werden müssen; das gelte auch für die Ummeldekosten. Eine Standgebühr könne auch deshalb nicht begehrt werden, weil der Kläger mit Raimund L bereits am 2. 2. 1977 die entsprechenden Ersatzverträge abgeschlossen habe.

Das Erstgericht sprach der klagenden Partei den Betrag von 166 209 S sA zu, das Mehrbegehren von 111 751 S sA wies es ab. Es stellte fest, die klagende Partei sei im Jänner 1977 mit Raimund L wegen Ankaufes von LKW-Zügen in Verbindung getreten. Die klagende Partei habe Raimund L weiters um die Verpachtung einer unbeschränkten Konzession für das Transportgewerbe ersucht, sollte es mit der vom Beklagten in Aussicht gestellten Konzession nicht klappen. Dem habe Raimund L zugestimmt, weil der Kläger die LKWs sonst nicht hätte kaufen und anmelden können. Ab Mai 1977 habe die klagende Partei auf Grund der mit Raimund L geschlossenen Verträge diesem einen monatlichen Pachtschilling von 3 000 S, ab 1. 1. 1979 von 6 000 S zuzüglich Umsatzsteuer bezahlt. Die LKW-Züge seien der klagenden Partei ab 22. 2. 1977 zur Verfügung gestanden. Raimund L habe an diesem Tag bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf um die Übertragung der Ausübung der Konzession angesucht. Diese sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 22. 3. 1977 genehmigt worden. Mit Schreiben des Klagevertreters vom 22. 2. 1977 sei der Beklagte aufgefordert worden, bis 28. 2. 1977 den Pachtvertrag zu unterfertigen. Der Beklagte habe dieser Aufforderung nicht Folge geleistet, weil er der Ansicht gewesen sei, daß er den bei Notar Dr. Erich G errichteten Pachtvertrag noch widerrufen könne. Mit Schreiben vom 19. 10. 1979 habe der Beklagte den Pachtvertrag mit Wirksamkeit vom 31. 12. 1979 gekundigt. Das Pachtverhältnis zwischen der klagenden Partei und der Firma Raimund L sei mit 31. 10. 1979 beendet worden. Der klagenden Partei stunde ein Standgeld für 30 Tage (22. 2. bis 22. 3. 1977) von 79 719 S, eine Entschädigung für Verdienstentgang von 64 290 S, der Ersatz der Inkorporationsgebühr von 15 000 S und der Ummeldekosten von 7 200 S zu. Es fehle jeder Anhaltspunkt, daß die Pachtung der Konzession durch die klagende Partei von der Gewerbebehörde nicht genehmigt worden wäre. Der Beklagte habe die Erfüllung des Pachtvertrages durch rechtswidrige schuldhafte Verletzung seiner Vertragspflichten unmöglich gemacht. Der Beklagte sei in der Lage gewesen, die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens zu erkennen; er habe die erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen und somit nach den Bestimmungen der §§ 1294, 1297 ABGB fahrlässig gehandelt. Er habe bei gehöriger Aufmerksamkeit damit rechnen müssen, daß durch sein Verhalten der klagenden Partei ein Schaden entstehen werde, weil diese auf die Erfüllung der vertraglichen Pflichten durch den Beklagten vertraut habe. Es sei Sache des Beklagten gewesen zu beweisen, daß er entsprechend der sich aus § 1096 ABGB ergebenden Verpflichtung alle ihm zu Gebote stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft habe, um der klagenden Partei den bedungenen Gebrauch zu verschaffen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht, der des Beklagten teilweise Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es der klagenden Partei nur den Betrag von 13 452 S sA zusprach, das Mehrbegehren von 264 508 S sA wies es ab. Die Revision erklärte es für zulässig. Letztmöglicher Termin für die Vertragsunterfertigung sei der 28. 2. 1977 gewesen. Danach hätte es rund eines Monates bedurft, bis die Genehmigung der Gewerbebehörde vorgelegen wäre. Für den Zeitraum bis Ende März 1977 habe daher der Beklagte nicht rechtswidrig gehandelt. Darüber hinaus fehle es für diesen Zeitraum und für die folgende Zeit an einem Verschulden des Beklagten. Eine Partei, die Prozeß führe, handle grundsätzlich in Ausübung ihres Rechtes. Regelmäßig bestehe im Fall der Prozeßführung nur die Gefahr der Pflicht zum Kostenersatz. Das beruhe auf dem in der Zivilprozeßordnung für die Kosten anerkannten Grundsatz der Erfolgshaftung. Eine weitergehende Haftung könne nach § 408 ZPO oder in Fällen abgesonderten Kostenersatzes für schuldhafte Prozeßführungsakte eintreten. Bei Beurteilung der Frage, ob eine Bestreitung in einem Prozeß mutwillig und wider besseres Wissen oder auch nur unter Außerachtlassung der nach § 1297 ABGB zu beobachtenden Aufmerksamkeit erfolgt sei und daher zum Schadenersatz verpflichte, müsse ein strenger Maßstab angelegt werden, weil grundsätzlich jede Person den Schutz der Gerichte in Anspruch nehmen und nur die mißbräuchliche Anrufung des Gerichtes zum Schadenersatz verpflichten könne. Analog der Bestimmung des § 328 ABGB spreche die Vermutung dafür, daß die Anrufung des Gerichtes gutgläubig erfolgt sei; das Gegenteil müsse daher einwandfrei erwiesen werden. Dies bedeute, daß der Beweis dafür, der Beklagte habe den Pachtvertrag schuldhaft nicht zugehalten und den seinerzeitigen Rechtsstreit im Bewußtsein der Unrichtigkeit seiner Prozeßbehauptungen und der Unhaltbarkeit seines Rechtsstandpunktes geführt, nicht erbracht worden sei. Damit falle dem Beklagten aber nichts weiter zur Last, als daß er, was die Frage des Zustandekommens des Pachtvertrages mit der klagenden Partei betreffe, eine abweichende Auffassung vertreten habe, mit der er im Rechtsstreit nicht habe durchdringen können. Sich unter diesen Umständen auf ein gerichtliches Verfahren eingelassen zu haben, rechtfertige für sich allein nicht die Annahme eines Verschuldens des Beklagten an dem Vorprozeß. Könne eine Partei in einem aus sachlichen Gründen geführten Prozeßverfahren nicht durchdringen, dann könne daraus noch nicht auf ein Verschulden geschlossen werden. Es könne dem Beklagten daher weder eine schuldhafte Prozeßführung noch eine schuldhafte Vertragsverletzung vorgeworfen werden. Ein schuldhaftes Handeln des Beklagten sei demnach bis zur Zustellung der zweiten oberstgerichtlichen Entscheidung am 3. 9. 1979 zu verneinen. Der Beklagte habe während der gutgläubigen Prozeßführung der Meinung sein können, ohne Grund die Verhandlungen noch im letzten Moment abbrechen zu können. Eine Haftung wäre nur dann gegeben, wenn er die Verhandlungen bloß in Schädigungsabsicht eingegangen wäre oder von den durch das Vertrauen auf den Vertragsabschluß eingegangenen Verbindlichkeiten der klagenden Partei gewußt hätte. In dieser Hinsicht fehle jegliches Vorbringen in erster Instanz. Soweit sich Schadenersatzansprüche der klagenden Partei auf den Zeitraum vor dem 3. 9. 1979 erstreckten, könne ihnen daher keine Berechtigung zukommen. Inkorporationsgebühr und Ummeldekosten hätte die klagende Partei auch aufwenden müssen, hätte der Beklagte den Vertrag zugehalten. Da das Pachtverhältnis der klagenden Partei mit Raimund L mit 31. 10. 1979 beendet worden sei, folge schon daraus, daß für die Monate November und Dezember 1979 das Begehren von 14 160 S abzuweisen sei. Da weiters nur der Mehraufwand für die Ersatzpachtung ersetzungsfähig sei, errechne sich für die Zeit ab 4. 9. 1979 ein Betrag von 13 452 S sA.

Über die Revision der klagenden Partei bestätigte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes, das im Zuspruch eines Betrages von 13 452 S sA in Rechtskraft erwuchs, im Umfang der Abweisung eines Betrages von 86 360 S sA mit Teilurteil. Im übrigen, soweit also das Begehren auf Zahlung von 178 148 S sA abgewiesen wurde, hob der OGH das Urteil des Berufungsgerichtes mit Beschluß auf und verwies die Rechtssache an dieses Gericht zur neuerlichen Entscheidung zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es entspricht ständiger, von der Lehre (vgl. Mayer-Maly in JBl. 1972, 146) gebilligter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die gerichtliche Bestreitung eines Anspruches nur dann Schadenersatzpflichten nach sich zieht, wenn der Bestreitende bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen hätte können, daß die Prozeßführung für ihn aussichtslos ist (NZ 1982, 154; SZ 51/172 ua.; Ehrenzweig[2] II/1, 53; Wolff in Klang[2] II 668 f.). Wer mit sachlichen Gründen einen Prozeß führt, handelt noch nicht schuldhaft; in diesem Fall zieht die Prozeßführung nur die Gefahr der Kostenersatzpflicht nach sich (SZ 51/172; JBl. 1972, 144 ua.). Bei der Beurteilung der Frage, ob die Bestreitung eines in einem Rechtsstreit erhobenen Anspruches wider besseres Wissen oder unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt erfolgte, ist zu berücksichtigen, daß das Recht jedes Staatsbürgers, den Schutz des Gerichtes in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer abschreckenden Verantwortung für die Rechtsverteidigung belastet werden soll. Die Stattgebung des Klagebegehrens im Vorprozeß allein beweist noch nicht, daß den Beklagten an der Prozeßführung ein Verschulden traf (JBl. 1972, 144; MietSlg. 24 193). Es muß daher eine mißbräuchliche Inanspruchnahme des Gerichtes erwiesen sein, um die Verzögerung durch Prozeßführung einer Partei als Verschulden werten zu können (NZ 1982, 154; SZ 51/172; MietSlg. 30 240; JBl. 1956, 526 ua.). Ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit des eigenen Verhaltens kann entschuldbar sein (JBl. 1984, 259; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht[2] I 127 FN 62). Der Kläger hat zu beweisen, daß dem Beklagten an der Führung des Vorprozesses ein Verschulden anzulasten sei (MietSlg. 30 240 ua.).

Dieser Beweis ist der klagenden Partei gelungen. Im Vorprozeß wurde als erwiesen angenommen, daß der Beklagte anläßlich der Einigung über die einzelnen Vertragspunkte in der Kanzlei des Notars Dr. Erich G ein Verhalten setzte, aus dem die klagende Partei seinen Abschlußwillen entnehmen mußte; ein allenfalls vorhandener subjektiver Wille, noch nicht gebunden sein zu wollen, kam dann einer Mentalreservation gleich. Es wurde darüber hinaus festgestellt, daß der Beklagte nach Zusendung des schriftlichen Vertragsentwurfes mehrmals der klagenden Partei gegenüber erklärte, er werde diesen Vertrag unterfertigen und den Vertrag an den Verfasser zurücksenden, es gehe alles in Ordnung. Im nunmehrigen Prozeß ist nicht anderes hervorgekommen. Bei dieser Sachlage erfolgte die Bestreitung des Feststellungsbegehrens durch den Beklagten mit der Behauptung, ein Vertrag sei nicht abgeschlossen worden, von allen Anfang zumindest fahrlässig. Selbst wenn der Beklagte subjektiv der Meinung gewesen sei, noch nicht gebunden zu sein, hätte eine Rückfrage beim Vertragsverfasser ergeben, daß dieser das Zustandekommen einer bindenden Vereinbarung, die auch die klagende Partei annehmen konnte, bestätigen müsse, wie er es dann auch im Prozeß getan hat. Daß es im Vorprozeß einigen Aufwandes bedurfte, um den Sachverhalt zu klären, ist ohne Belang, da der Beklagte selbst über die Wahrheit viel früher Bescheid wußte und sich zudem bei irgendwelchen Zweifeln noch vor der Einlassung in den Rechtsstreit beim Vertragsverfasser Aufklärung verschaffen hätte können. Ließ sich der Beklagte, ohne den Vertragsverfasser auch nur über die tatsächlich von ihm abgegebenen Erklärungen zu befragen, in den Prozeß ein, so trifft ihn an der Prozeßführung ein Verschulden, sodaß er auf Grund verschuldeter Nichterfüllung der klagenden Partei für den daraus entstandenen Schaden haftet.

Die Abweisung des Klagebegehrens ist daher nur insoweit berechtigt, als Schadenersatzansprüche für die Zeiträume vor April 1977 und ab November 1979 verneint wurden und der Ersatz der Inkorporationsgebühr und der Ummeldekosten begehrt wird. Das Berufungsgericht ging zutreffend davon aus, daß selbst bei Unterfertigung des schriftlichen Vertrages Ende Feber 1977 die gewerbebehördliche Genehmigung nicht vor Ende März 1977 erteilt worden wäre. Selbst wenn der Beklagte sich also rechtmäßig und vertragstreu verhalten hätte, hätte die klagende Partei die von ihr angekauften LKW-Züge erst mit April 1977 einsetzen können. Zutreffend wurde also der insoweit geltend gemachte Verdienstentgang von 50 000 S abgewiesen. Was den zweiten Zeitraum betrifft, ließ die klagende Partei die für sie nachteiligen Feststellungen des Erstgerichtes, der Pachtvertrag mit Raimund L sei bereits mit 31. 10. 1979 aufgelöst worden, unbekämpft. Sie kann daher diese Feststellungen im Revisionsverfahren nicht erstmals bekämpfen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, Ummeldekosten und Inkorporationsgebühr wären auch bei Vertragserfüllung entstanden, sodaß der klagenden Partei durch die Bezahlung dieser Beträge ein Schaden nicht entstanden sei, wird gleichfalls in der Revision nicht mehr bekämpft.

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