OGH 4Ob386/81

OGH4Ob386/8129.6.1982

SZ 55/92

Normen

UrhG §1
UrhG §1

 

Spruch:

Die detaillierte Beschreibung eines Fernsehspiels, das aus einer Kombination längst bekannter Spielelemente besteht - hier:

Wettrennspiel mit Glücks- und Straffeldern, verbunden mit einem Ratespiel, dessen Fragen zugleich mit dem Vorrücken der Teilnehmer durch einen Zufallsgenerator bestimmt werden -, ist keine "eigentümliche geistige Schöpfung" iS des § 1 UrhG

OGH 29. Juni 1982, 4 Ob 386/81 (OLG Wien 3 R 22/81; LGZ Wien 40 a Cg 194/79)

Text

Die Kläger beantragten die Fällung des Urteils: der beklagte Österreichische Rundfunk (ORF) sei schuldig,

1. weitere Aufführungen und Sendungen des Fernsehspieles "Glücksreiter" zu unterlassen, welches durch folgende Merkmale charakterisiert ist:

a) 4 Mitspieler bewegen sich als "Glücksreiter" auf einer in Felder unterteilten, als Pferderennbahn ausgestalteten Spielstrecke vom "Start" zum "Ziel";

b) die Felder sind als Streckenabschnitte mit Entfernungsangaben vom Start bezeichnet, die jeweils um 100 m fortlaufend bis zum Ziel führen;

c) auf einer Leuchttafel erscheinen in schneller Reihenfolge nacheinander die Zahlen 1 - 4; jeder Mitspieler kann nach Betätigung eines Kontaktes die Abfolge stoppen;

d) die dann stehengebliebene Zahl gibt einerseits die Zahl der vorzurückenden Felder an und bestimmt anderseits ein Fragengebiet (zB Sport/Musik/Geschichte/Naturwissenschaften usw.);

e) erst wenn eine aus diesem Fragegebiet gestellte Frage richtig beantwortet wird, darf der Mitspieler die gedrückte Anzahl der Felder vorrücken;

f) bei Erreichen bestimmter Felder sind die hiefür vorgesehenen Folgen zu beachten;

g) es gibt positive Felder (Glücksfelder) und negative Felder (Hindernisse);

h) gewonnen hat, wer das Ziel als erster erreicht hat;

i) alle Mitspieler erhalten je nach erreichter Position Prämie;

j) die Zuschauer können kostenlos "Wetten" auf den Sieger abschließen;

2. den Klägern für die Verwendung ihres Textbuches ein angemessenes Entgelt im Betrag von 32 000 DM samt Anhang im Gegenwert von österreichischen Schilling zu dem am Zahlungstag amtlich verlautbarten Devisenkurs der Wiener Börse zu zahlen.

Die Kläger führten aus, sie seien die Verfasser und damit Miturheber eines Textbuches für ein Fernsehspiel, dem sie den Titel "Fernsehjockeys" gegeben hätten. Sie hätten das Textbuch im November 1978 der beklagten Partei zur Verfügung gestellt, die sich zunächst daran interessiert gezeigt habe. Die Verhandlungen seien jedoch an einer Einigung über das Honorar der Kläger gescheitert. Die beklagte Partei habe das Vorliegen einer eigentümlichen geistigen Schöpfung anerkannt. In der Folge habe sie unter dem Titel "Glücksreiter" das von den Klägern verfaßte Fernsehspiel zweimal, nämlich am 29. 5. und 24. 7. 1979, gesendet und weitere Sendungen in Aussicht genommen. Das Spiel der beklagten Partei folge in allen Details dem Text der Kläger, wodurch die beklagte Partei das Urheberrecht der Kläger verletze. Das Unterlassungsbegehren sei somit berechtigt. Für die Verwendung des Textbuches stehe den Klägern ein angemessenes Entgelt vom 32 000 DM zu.

Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Bei dem von den Klägern der beklagten Partei unverlangt zugesendeten Werk handle es sich nicht um ein Textbuch, sondern um die Beschreibung eines Spielvorschlages mit Spielregeln aus längst allgemein bekannten Elementen, also um die bloße Darlegung einer Idee für die Gestaltung eines Fernsehspieles, der kein Urheberrechtsschutz zukomme. Das von der beklagten Partei produzierte Werk decke sich mit keinem Teil des Werkes der Kläger, dem das erforderliche Gepräge der Einmaligkeit der eigentümlichen schöpferischen Gestaltung eines Sprachwerkes zugeschrieben werden könnte. Ein Anerkenntnis sei nie erfolgt. Das begehrte Entgelt sei unangemessen hoch.

Das Erstgericht gab mit Teil- und Zwischenurteil dem Unterlassungsbegehren statt und sprach aus, daß das Leistungsbegehren dem Gründe nach zu Recht bestehe. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die beklagte Partei hat bisher zwei Folgen der Sendung "Glücksreiter" im Fernsehen ausgestrahlt, und zwar die erste am 29. 5. 1979 und die zweite am 24. 7. 1979. In der zweiten Folge wurde das fiktive Spielfeld von 3000 auf 2500 m verkürzt. Der Leistungsanspruch der Kläger besteht der Höhe nach mit zumindest einem Schilling zu Recht, falls er dem Gründe nach zu Recht bestehen sollte.

Die Kläger haben ihren Vorschlag für das Fernsehspiel "Fernsehjockey" unaufgefordert dem Österreichischen Rundfunk übersendet. Dieser zeigte sich daran interessiert und richtete ein mit 16. 11. 1978 datiertes Schreiben an die Kläger, das folgenden auszugsweisen Text aufweist:

"Wir sind an diesem Projekt interessiert und möchten bei ihnen anfragen, zu welchen Bedingungen Sie bereit wären, uns eine Option bis längstens Ende März 1979 einzuräumen. Wir sind inzwischen mit der inhaltlichen und technischen Prüfung ihres Vorschlages beschäftigt."

Im Zuge der Verhandlungen bot sodann der Österreichische Rundfunk für die "Nutzung der schätzbaren Rechte" des Spielvorschlages eine einmalige Abfindungssumme von 4500 DM. Eine Einigung kam nicht zustande. Der Österreichische Rundfunk erhöhte mit Telegramm vom 22. 1. 1979 sein Angebot auf 8000 DM und teilte mit Schreiben vom 24. 1. 1979 den Klägern folgendes mit:

"Der ORF ist nach wie vor an einer Einigung interessiert und erwartet, da Sie mit unseren Vorschlägen bislang sich nicht einverstanden erklären konnten, Ihre Vorschläge. Eine wie immer geartete Abstandszahlung oder Entschädigung für eine eingeräumte Option wäre nur bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung zu zahlen. Eine solche liegt nicht vor, es handelt sich lediglich um eine für uns nicht verbindliche einseitige Erklärung bzw. Forderung Ihrerseits. Vor allem legen wir keinen Wert auf Ausschließlichkeit, weshalb Ihnen jede Verhandlung samt Vertragsabschluß auch mit anderen Sendeanstalten freisteht. Im übrigen werden wir uns bis 31. 3. 1979 entscheiden."

Zu einer Einigung kam es auch nach diesem Schreiben nicht. Der Österreichische Rundfunk teilte schließlich mit Schreiben vom 14. 2. 1979 dem Anwalt der Kläger folgendes mit:

"Wir haben mittlerweile selbst ein unseren technischen und programmlichen Erfordernissen angepaßtes Pferdespiel entwickelt, weshalb eine Verwendung des Entwurfes Ihrer Mandanten nicht mehr nötig ist. Im übrigen sind die wesentlichsten Elemente des beschriebenen Spiels sowohl bei zahlreichen im Handel befindlichen Brettspielen als auch bei tatsächlichen Turnierveranstaltungen vorhanden und entbehren schutzfähiger Elemente. Wir werden unser Pferdespiel grundsätzlich anders gestalten und nehmen von einer Zusammenarbeit mit Ihnen Abstand."

Der von den Klägern erstattete Spielvorschlag ist an sich richtig und zur Realisierung tauglich; er erschien aber der beklagten Partei in dieser Form als zu nüchtern und sachlich, sodaß schließlich eine Sendung mit dem Titel "Glücksreiter - Ein Quiz für Sattelfeste" nach einem von einem Mitarbeiter des ORF verfaßten Drehbuch produziert wurde. Zwischen dem Textbuch der Kläger und dem Drehbuch des ORF sowie der Spielproduktion vom 29. 5. 1979 liegen folgende wesentliche Übereinstimmungen und Abweichungen vor:

Übereinstimmungen:

Die Spielfelder bestehen aus einer Rennstrecke mit vier Rennbahnen und sind dekadisch in 100 m - Felder unterteilt. Die Streckenlänge beträgt nach dem Textbuch 3000 m und hatte auch bei der Spielübertragung vom 29. 5. 1979 dieses Ausmaß. Das Textbuch setzt die Spielfeldlänge jedoch variabel. Bei den Feldern 300, 700, 1000, 1400 und 1900 m sind Glücksfelder vorgesehen, bei den Feldern 500, 800, 1200, 1600, 2000 und 2300 m dagegen Hindernisse. Beide Spiele sind für je vier Kandidaten angelegt. Der Spielfortschritt ergibt sich daraus, daß jeder Kandidat die Aufgabe hat, durch Bedienen eines Druckknopfes eine auf einer Leuchtwand rasch laufende Zahlenreihe von 1 bis 4 anzuhalten. Jeder Zahl ist ein bestimmtes Fragengebiet zugeordnet. Ein der gewählten Zahl mit dem Faktor 100 multipliziert entsprechendes Vorrücken auf dem Spielfeld erfolgt jedoch nur dann, wenn die vom Spielleiter gestellte und innerhalb einer bestimmten Zeit zu beantwortende Frage aus dem gewählten Fragengebiet richtig beantwortet wird. Gerät der Kandidat mit der gewählten Zahl auf ein Glücksfeld, so erreicht er dieses, ohne eine Frage beantworten zu müssen. In der Sendung vom 29. 5. 1979 war dies die Standardfolge hinsichtlich der Glücksfelder. Im Textbuch der Kläger ist diese Folge ausdrücklich bei dem mit 700 m bezeichneten Feld vorgesehen: es wird jedoch auch dort ausgeführt, daß die Bedeutung der Glücksfelder variiert werden kann. Gerät der Kandidat mit der gewählten Zahl auf ein Hindernisfeld, so gibt es hiefür bestimmte Nachteile. Nach dem Textbuch der Kläger sind diese Nachteile variabel. Eine im Textbuch und im produzierten Spiel nach Drehbuch idente Folge bei bestimmten Hindernisfeldern ist die Stellung von Zusatz- und Handicap-Fragen oder ein einmaliges Aussetzen. Gewonnen hat, wer als erster das Ziel erreicht. Steht ein Kandidat kurz vor dem Ziel, so erreicht er dieses nur, wenn er genau jene Zahl wählt, die ihm zum Erreichen des Ziels fehlt. Für das Publikum im Saal und für die Heimseher besteht die Möglichkeit, sich durch Wetten am Spiel zu beteiligen. Alle Kandidaten des Spieles erhalten Prämien entsprechend ihrer Stellung im Spiel.

Abweichungen:

Während das Textbuch der Kläger die Darstellung des Spielfortschrittes auf einer audio-visuellen Leuchtwand vorschlägt, befindet sich nach dem Drehbuch und der Sendung vom 29. 5. 1979 ein hufeisenförmiges Spielfeld auf dem Studioboden. Die Kandidaten sitzen dabei auf Pferdeatrappen, die von ihnen manuell bewegt werden können. Bei der ORF-Produktion erfolgt ein Vorstart durch ein "echtes Rennen" zwischen den vier Kandidaten auf den Pferden über eine bestimmte Anzahl von Feldern. Der Sieger erhält einen rechnerischen Bonus, die Pferde werden sodann an den Start zurückgeschoben, und das eigentliche Spiel kann beginnen. Nach dem Textbuch - wie übrigens auch nach dem Drehbuch - werden die Startnummern zugelost, und der Kandidat mit Startnummer 1 beginnt. Nach der Produktion des ORF wird die Gesamtpunktezahl der Kandidaten so ermittelt, daß, ausgehend vom Spielstand auf dem Spielfeld, entweder Pluspunkte oder Verlustpunkte in Anschlag gebracht werden. Erreicht ein Kandidat ein Hindernisfeld, so hat er bei Minuspunkten nicht sein Pferd zurückzubewegen, sondern er muß einen rechnerischen Abschlag seiner Punktezahl hinnehmen. Die Wetten des Publikums werden bei der Produktion des ORF von den Studiogästen und den Heimsehern auf den Sieger abgeschlossen, nach dem Spielvorschlag der Kläger auf die Reihenfolge der ersten drei durchs Ziel gelaufenen Pferde oder/und auf die notwendige Anzahl der Züge bis ins Ziel. Nach dem Textbuch ist das Spiel beendet, wenn drei Kandidaten mit ihren Pferden durchs Ziel gehen, nach der ORF-Produktion dann, wenn ein Kandidat das Ziel erreicht hat und auch die anderen Kandidaten diese Runde zu Ende gespielt haben. Sonstige wesentliche Abweichungen in der Form von Zusätzen beziehen sich auf die weitere optische Gestaltung des Spiels durch Dekoration und die Beschäftigung von Mitarbeitern in bestimmter Kostümierung für bestimmte Aufgaben während und am Ende des Spiels. In der ORF-Produktion sind auch akustische Effekte, zB bestimmte Musiktypen für bestimmte Situationen, vorgesehen.

Manche im Handel befindliche Spiele, zB "Jockey" "Derby" oder "Pferderennen" und andere, zeigen Elemente, die auch im Spielvorschlag der Kläger enthalten sind, wie zB den Abschluß von Wetten, das Vorliegen von Hindernissen im Verlauf des Spielfeldes mit bestimmten Straffolgen für jene, die auf ein Hindernis geraten, oder die Begünstigung von Spielern, die auf ein Glücksfeld zu stehen kommen, und die Teilnahme von vier Mitspielern.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Meinung, durch die Korrespondenz zwischen den Klägern und der beklagten Partei sei kein Anerkenntnis über die Urheberrechte der Kläger an ihrem Textbuch zustande gekommen. Das von den Klägern verfaßte Textbuch sei jedoch ein Werk iS der § 1, § 2 Z 1 UrhG. Das von der beklagten Partei produzierte Spiel sei wegen der Übernahme der wesentlichen Strukturelemente des Spielvorschlages der Kläger eine Bearbeitung iS des § 5 Abs. 1 UrhG. Die Fernsehproduktion des Spiels "Glücksreiter" ohne Einigung mit den Autoren des Spiels "Fernsehjockey" über das Werknutzungsrecht oder eine Werknutzungsbewilligung begrunde daher einen Eingriff in die Miturheberrechte der Kläger.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60 000 S übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht, daß es sich bei dem Spielvorschlag der Kläger um ein Werk iS der § 1, § 2 Z 1 UrhG handle. Daß einige Strukturelemente des Spieles allgemein bekannt und an sich keines Urheberrechtsschutzes fähig seien, schade nicht. Die eigentümliche geistige Schöpfung der Kläger liege dabei in der Kombination dieser Elemente untereinander, der Berücksichtigung der für die Anwendung in einem Fernsehspiel notwendigen Konstanten, wie beispielsweise festgelegter Sendezeit und gleicher Chance für alle vier Spieler (Zufallsgenerator), und der Einordnung dieser Elemente in den Ablauf eines Pferderennens. Das von der beklagten Partei verwendete Drehbuch erweise sich zumindest als eine Bearbeitung iS des § 5 Abs. 1 UrhG, da der Gesamtcharakter des Spielvorschlags der Kläger im Drehbuch deutlich zu erkennen sei. Entscheidend sei, daß die Übereinstimmung gerade im schöpferischen Teil der Arbeit der Kläger liege, worin die Anordnung der Spielelemente unter dem Gesichtspunkt eines Pferderennens und die Berücksichtigung der gleichen Chancen aller vier Spieler (Zufallsgenerator) sowie die Nachahmung eines Pferderennens in einem Fernsehspiel mit Publikumsbeteiligung zu sehen sei.

Der Oberste Gerichtshof wies das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gemäß § 1 Abs. 1 UrhG sind Werke iS dieses Gesetzes eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Baukunst, der bildenden Kunst und der Filmkunst. Werke der Literatur iS des Gesetzes sind ua. gemäß § 2 Z 1 UrhG Sprachwerke aller Art. Gegenstand des Urheberrechtes ist nicht der dem Werk zugrunde liegende, noch ungeformte Gedanke als solcher, sondern nur die eigenpersönliche Formung und Festlegung einer schöpferischen Idee (SZ 24/125; SZ 37/179; ÖBl. 1981, 54 ua.). Maßgeblich ist die auf der geistigen Persönlichkeit seines Schöpfers beruhende Individualität des Werkes. Nicht geschützt ist die Methode des Schaffens. Auch neue Typen des Schaffens, wie etwa der Typus des Hör- und Fernsehspiels, sind nicht geschützt (Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht[3], 130). Keine Werke sind daher auch Erfindungen, Lehren, Methoden und Systeme. Hinsichtlich neuartiger Spiele wird die Auffassung vertreten, nur die Beschreibung eines Spieles in Wort und Bild könne, genügend Individualität vorausgesetzt, urheberrechtlich geschützt werden (Ulmer aaO 132; v. Gamm, Urheberrechtsgesetz 188 f.; Kummer, Das urheberrechtlich schützbare Werk 74 f; Schulze, Urheberrechtskommentar zu § 2 S 6 f.; GRUR 1962, 51, welche Entscheidung allerdings die Schutzfähigkeit des "gedanklichen Inhaltes" bejaht, mit zustimmender Besprechung von Kleine; ebenso zustimmend Fromm - Nordemann, Urheberrecht[4] 92, und Möhring - Nicolini, Urheberrechtsgesetz 47; anderer Ansicht Dittrich, Verlagsrecht 43). Ulmer (aaO 132) vertritt die Ansicht, die Regel an sich sei kein Werk der Literatur, das schutzfähig wäre; daher könne gegebenenfalls zwar ein Nachdruck der Spielregel, nicht aber eine neue selbständige Beschreibung oder gar die Anwendung der Regel zu einem öffentlich veranstalteten Spiel untersagt werden.

Für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit kann die Frage offen bleiben, ob auch der gedankliche Inhalt eines neuartigen Spieles schutzfähig ist oder nur die sprachliche Fassung der Spielregel, sodaß eine neue selbständige Beschreibung oder gar die Anwendung zu einem öffentlich veranstalteten Spiel nicht untersagt werden könnte. Auch wenn man nämlich die Möglichkeit der Schutzfähigkeit des gedanklichen Inhaltes einer neuartigen Spielregel bejahen wollte, wäre für die Kläger nichts gewonnen.

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem von den Klägern verfaßten "Spielvorschlag" zur Gänze um die detaillierte Beschreibung eines Spieles, welches aus einer Kombination längst bekannter Spielelemente, nämlich der Grundsätze verschiedener bekannter Brettspiele hinsichtlich Glücksfelder und Straffelder in Verbindung mit einem Ratespiel besteht, wobei die Fragen durch einen Zufallsgenerator (bei Brettspielen ist dies meist ein Würfel) ausgewählt werden sollten, der auch das Vorrücken der Teilnehmer bestimmt, und die Möglichkeit besteht, daß die Zuschauer Wetten auf die Teilnehmer an dem Spiel abschließen. Daß die Rennstrecke von Pferden zurückzulegen ist und nicht etwa von Läufern, Autos, Radfahrern usw. ist dabei nur von untergeordneter Bedeutung. In dieser bloßen Kombination längst allgemein bekannter Spielelemente könnte keineswegs eine des Urheberrechtsschutzes würdige, eigenpersönliche Leistung der Kläger erblickt werden. Dafür, daß diese allgemein bekannten Spielelemente über ihre bloße Kombination hinaus eine auf individueller geistiger Leistung beruhende Ausgestaltung erfahren hätten, liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Idee, dieses Spiel in einem Fernsehstudio vor Publikum auszuführen und im Fernsehen auszustrahlen, ist aber für sich allein nicht schutzfähig. Die Aufführung eines auf ähnlichen Grundsätzen beruhenden Spieles durch die beklagte Partei und die Ausstrahlung des durch das Medium des Fernsehens aufgezeichneten Spieles verstößt daher ebensowenig gegen das Urheberrechtsgesetz wie das der Fernsehsendung zugrunde liegende Drehbuch.

Zu prüfen bleibt daher, ob der "Spielvorschlag" der Kläger etwa Schutz als Expose zu einem Fernsehspiel genießt. Beim Expose zu einem Film oder Fernsehspiel handelt es sich um eine kurze Skizze des Handlungsablaufes (Ulmer aaO, 156; v. Gamm aaO 185; Dillenz, Filmwerk und Fernsehwerk im österreichischem Recht, ÖBl. 1972, 137 f., insbesondere 140). Gegenüber dem Expose ist das Filmdrehbuch urheberrechtlich eine Bearbeitung. Auch davon kann nicht gesprochen werden:

Der "Spielvorschlag" der Kläger erschöpft sich, wie bereits dargetan, in der ausführlichen Beschreibung eines Spiels, welches unter Erfüllung der technischen Voraussetzungen überall und von jedermann durchgeführt werden könnte. Über die Spielregeln hinaus und den in keiner Weise konkretisierten Hinweis, daß die Sendung zur Auflockerung auch einen künstlerischen Teil enthalten und das Spiel der zur Verfügung stehenden Sendezeit angepaßt werden könne, enthält der Spielvorschlag keinerlei näheren Hinweis über den konkreten Inhalt der Fernsehaufzeichnung, deren Gegenstand das vorgeschlagene Spiel sein soll. Der Spielvorschlag der Kläger ist daher in Wahrheit nur eine Zusammenstellung von vorgeschlagenen Spielregeln mit der Idee, ein derartiges Spiel vor laufenden Fernsehkameras zu veranstalten und im Fernsehen zu übertragen. Hiedurch werden die bekanntgegebenen Spielregeln jedoch nicht zu einem Expose für ein Fernsehspiel im technischen Sinn. Von der gleichfalls nicht schutzfähigen Idee, etwa ein Fußballspiel im Fernsehen zu übertragen, unterscheidet sich der Vorschlag der Klägerin nämlich nur dadurch, daß die von ihnen zusammengestellten Spielregeln mitgeliefert wurden.

Damit erweist sich aber das Werk der Kläger als nicht schutzfähig nach dem Urheberrechtsgesetz.

In Stattgebung der Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen iS einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

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