OGH 1Ob34/80

OGH1Ob34/8018.2.1981

SZ 54/19

Normen

AHG §1 Abs2
KFG §57a
AHG §1 Abs2
KFG §57a

 

Spruch:

Die wiederkehrende Begutachtung von Kraftfahrzeugen durch Vereine oder Gewerbetreibende, die dazu vom Landeshauptmann ermächtigt wurden (§ 57a KFG), erfolgt in Vollziehung der Gesetze. Die für den Verein oder Gewerbetreibenden handelnden Personen sind Organe des Rechtsträgers Bund gemäß § 1 Abs 2 AHG

OGH 18. Feber 1981, 1 Ob 34/80 (OLG Graz 5 R 58/80; LG Klagenfurt 17 Cg 405/79)

Text

Werner S fuhr am 17. April 1978 auf der Bundesstraße 70 als Lenker des ihm gehörigen PKW VW-Käfer mit dem Kennzeichen K ..... von Klagenfurt kommend in Richtung Völkermarkt. Im Gemeindegebiet von Poggersdorf geriet er auf die linke Fahrbahnseite und kollidierte mit einem entgegenkommenden, von Dipl.-Ing. Dr. Alois K gelenkten PKW. Dabei wurde u. a. Werner S getötet. Die klagende Partei, die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, anerkannte den Unfall des Werner S gemäß § 175 Abs. 2 ASVG als Arbeitsunfall und gewährt eine Witwen- und eine Waisenrente. Werner S hatte den vom Vorbesitzer abgemeldeten PKW am 15. Feber 1978 gekauft. Der PKW wurde am 29. März 1978 vom ARBÖ-Technischer Dienst Wolfsberg gemäß § 57a Abs. 9 KFG positiv begutachtet. Auf Grund dieser Begutachtung wurden der PKW am 3. April 1979 von der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg zum Verkehr zugelassen und die Begutachtungsplakette R 547 228 ausgefolgt. Der PKW war aber schon zum Zeitpunkt der Überprüfung durch den ARBÖ-Technischer Dienst Wolfsberg in einem schlechten Allgemeinzustand und wies Mängel auf, die eine Instabilität des Fahrzeuges in der Spurhaltung bewirkten. Bei sorgfältiger Untersuchung hätten diese Mängel festgestellt werden können.

Die klagende Partei begehrt unter Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruches die Feststellung, die beklagte Partei sei verpflichtet, ihr alle jene Leistungen zu ersetzen, die sie aus Anlaß des tödlichen Unfalles des Werner S vom 17. April 1978 an dessen Hinterbliebenen auf Grund der jeweils in Geltung stehenden Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung zu erbringen habe; dies jedoch nur insoweit, als diese Leistungen in dem Schaden Deckung finden, dessen Ersatz die Hinterbliebenen nach Werner S ohne den im § 332 Abs. 1 ASVG vorgesehenen Rechtsübergang von der beklagten Partei unmittelbar zu fordern berechtigt wären; die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 57 253.20 S samt Anhang für bereits erbrachte Leistungen zu bezahlen. Das von der Prüfstelle ARBÖ-Technischer Dienst Wolfsberg gemäß § 57a KFG ausgestellte unrichtige und den Tatsachen völlig widersprechende Gutachten beinhalte ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten eines Organes der Republik Österreich anläßlich der Gesetzesvollziehung. Der Vollzug von Vorschriften des Kraftfahrzeugrechtes falle in die Kompetenz des Bundes.

Die beklagte Partei, die Republik Österreich, wendete ein, daß der ARBÖ-Technischer Dienst Wolfsberg bei Ausstellung der Begutachtungsplakette nicht in Vollziehung der Gesetze gehandelt habe. Die Begutachtung erfolgte auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Zulassungsbesitzer und dem hiezu ermächtigten Verein oder Gewerbetreibenden. Die staatliche Verwaltung habe keine Möglichkeit, den begutachtenden Vereinen und Gewerbetreibenden gegenüber ein Weisungsrecht auszuüben. Die Begutachtungen könnten auch nicht durch eine höhere Instanz überprüft werden. Es liege auch kein schuldhaftes Verhalten des Prüfers vor. Auch sei ein Mitverschulden des Getöteten in der Höhe von 50% gegeben. Werner S habe den PKW um den Schrottpreis von 1000 S gekauft. Der Verkäufer habe den Käufer auf die bestehenden technischen Mängel hingewiesen. Werner S habe das Fahrzeug selbst repariert und sich hiebei überzeugen können, daß technische Mängel vorliegen.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil, daß der Anspruch der klagenden Partei dem Gründe nach zu Recht bestehe. Die Regelung des § 57a KFG basiere auf dem Grundgedanken des Gesetzgebers, der Staat habe ein begrundetes Interesse daran, daß am Verkehr nur verkehrs- und betriebssichere Fahrzeuge teilnehmen. Daher werde dem Landeshauptmann auch aufgetragen, nur besonders qualifizierte Vereine und Gewerbetreibende zur wiederkehrenden Begutachtung im Sinne des § 57a KFG zu ermächtigen. Wenn die technische Begutachtung auch keine Zulassungsvoraussetzung darstelle und die Überprüfung der Begutachtungsplakette ausschließlich durch Exekutivorgane erfolge, so seien doch technische Überprüfung eines noch nicht zugelassenen Fahrzeuges und Ausfolgung der Prüfplakette in engster Weise miteinander verknüpft. Die Organstellung des ARBÖ-Technischer Dienst Wolfsberg sei daher zu bejahen. Jeder Begutachtungsstelle müsse bei vorauszusetzender Kenntnis des Ablaufes der Überprüfung und Plakettenzuweisung klar sein, daß ein von ihr auf einem Originalbegutachtungsformblatt ausgestellter positiver Überprüfungsbericht dazu verwendet werde, nach Zulassung des überprüften Fahrzeuges zum Verkehr auch die Begutachtungsplakette zu erhalten. Die staatlich autorisierte Prüfstelle habe ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Überprüfung des Kraftfahrzeuges des Werner S gröblich verletzt. Einer Unterscheidung der §§ 55 und 57a KFG dahin, daß Überprüfungen gemäß § 57a KFG privatwirtschaftlicher, solche gemäß § 55 KFG aber hoheitlicher Art seien, könne schon auf Grund des gleich gelagerten Interesses des Staates, die Verkehrs- und Betriebssicherheit von Fahrzeugen gewährleistet zu wissen, nicht zugestimmt werden. Der Amtshaftungsanspruch der klagenden Partei bestehe daher dem Gründe nach zu Recht.

Über Berufung der beklagten Partei hob das Berufungsgericht dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Erstgericht habe zutreffend die Möglichkeit des Vorliegens eines Amtshaftungsanspruches bejaht. Da die Begutachtungsplakette bei positivem Ergebnis der Begutachtung vom Verein anzubringen sei, andererseits diese aber Voraussetzung für die zulässige Verwendung des Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr bilde, sei auch im Anlaßfall die Prüfung der Verkehrs- und Betriebssicherheit durch den begutachtenden Verein in Vollziehung der Gesetze erfolgt. Dieses Ergebnis werde durch die Überlegung bestätigt, daß der Getötete den PKW gar nicht hätte verwenden dürfen, wenn er nicht zunächst die Begutachtungsplakette vom begutachtenden Verein erhalten hätte. Dieser mittelbare Zwang zur Versetzung des Kraftfahrzeuges in verkehrs- und betriebssicheren Zustand, der vom Personal des begutachtenden Vereines auf die Eigentümer mängelbehafteter Kraftfahrzeuge ausgeübt werde, belege die Zugehörigkeit des in Rede stehenden Begutachtungsvorganges zur Hoheitsverwaltung. Da aber das Erstgericht weder die Kausalität noch den von der beklagten Partei erhobenen Mitverschuldenseinwand geprüft habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) gilt nach seinem § 1 Abs. 1 grundsätzlich (Ausnahme: § 1 Abs. 2 KFG) für Kraftfahrzeuge und Anhänger, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden. Der mit dem Kraftfahrgesetz angestrebte Verwaltungszweck ist der Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit (RV des KFG 1967, 186 BlgNR, XI. GP). Der Staat will durch die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes den Gefahren steuern, die der Allgemeinheit im öffentlichen Straßenverkehr durch die Eigenart und Beschaffenheit der Kraftfahrzeuge drohen (VfSlg. 4827/1964). Zur Erreichung dieses Zweckes enthält das Kraftfahrgesetz in seinem III. Abschnitt Vorschriften über die Typen- und Einzelgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Anhängern; der IV. Abschnitt regelt die Zulassung zum Verkehr, der V. Abschnitt die Überprüfung und Begutachtung von Kraftfahrzeugen und Anhängern. Allen diesen Vorschriften ist gemeinsam, daß der Staat die Betriebstauglichkeit von Kraftfahrzeugen und Anhängern nicht nur bei der erstmaligen Zulassung prüft, sondern auch gewährleisten will, daß nur betriebstaugliche Kraftfahrzeuge und Anhänger am öffentlichen Verkehr teilnehmen. Die Überprüfungen der Verkehrs- und Betriebssicherheit von Kraftfahrzeugen stellen sich als Ausübung eines konkreten hoheitlichen Rechtes des Staates dar. Sie sind Amtshandlungen, für die, sofern im Gesetz nichts anderes bestimmt ist, die im § 123 Abs. 1 KFG genannten Behörden zuständig sind. Es handelt sich damit um eine Tätigkeit "in Vollziehung der Gesetze" im Sinne des § 1 Abs. 1 AHG. Ihre mißbräuchliche Ausübung stellt den Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt her (ZVR 1979/201; JBl. 1973, 381).

Nach dem ursprünglichen Wortlaut des Kraftfahrgesetzes, BGBl. 267/1967, hatte auch die wiederkehrende Überprüfung aller nicht im § 55 Abs. 1 lit. a bis e KFG genannten, zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassenen Kraftfahrzeuge durch die Behörde zu erfolgen, die nur gemäß § 57 Abs. 1 KFG ein Gutachten der im Abs. 2 genannten Sachverständigen, Anstalt und ermächtigten Vereine darüber einzuholen hatte, ob das Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht. Die Bestimmungen des § 57a KFG wurden durch die erste Novelle zum Kraftfahrgesetz, BGBl. 285/1971, eingeführt und in der hier auch wesentlichen Vorschrift des Abs. 9 durch die vierte Novelle zum Kraftfahrgesetz, BGBl. 615/1977, ergänzt. Seit der ersten Novelle zum Kraftfahrgesetz hat gemäß § 57a Abs. 1 KFG unter anderem an PKW mit Ausnahme derer, die der entgeltlichen Personenbeförderung dienen, in den vom Gesetz festgelegten Zeiträumen an Stelle der wiederkehrenden Überprüfung nur mehr eine wiederkehrende Begutachtung durch einen nach Abs. 2 vom Landeshauptmann ermächtigten Verein oder Gewerbetreibenden zu erfolgen. Nur wenn das gemäß § 57a Abs. 1 KFG einem Verein oder Gewerbetreibenden vorgeführte Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht, hat der Verein oder Gewerbetreibende am Fahrzeug eine von der Behörde ausgegebene Begutachtungsplakette so anzubringen, daß das Ende der gemäß § 57a Abs. 3 KFG für die nächste wiederkehrende Begutachtung festgesetzten Frist außerhalb des Fahrzeuges stets leicht festgestellt werden kann (Abs. 5).

Der § 57a KFG war in der Regierungsvorlage der ersten KFG- Novelle noch nicht vorgesehen, jedoch lassen sich die Motive für seine durch den Handelsausschuß des Nationalrates (510 BlgNR, XII. GP) beschlossenen Aufnahme in den Gesetzestext aus den Erläuterungen zu der zunächst nur eine Erstreckung der Überprüfungstermine durch die Behörde anstrebenden Regierungsvorlage (208 BlgNR, XII. GP) entnehmen. Darin hieß es u. a.: "Der ÖAMTC und der ARBÖ haben geltend gemacht, es sei ihren Mitgliedern nicht zumutbar, daß Fahrzeuge, die vom Verein auf Grund einer der Prüfung gemäß § 57 Abs. 1 gleichwertigen Prüfung als verkehrs- und betriebssicher und den Kraftfahrvorschriften entsprechend begutachtet wurden, kurz darauf von der Behörde neuerlich im Zuge der wiederkehrenden, kostenbeitragspflichtigen Überprüfung einer gleichartigen Prüfung unterzogen werden. In Anbetracht des unbestrittenen Unvermögens der Behörden in fast allen Bundesländern, ihrer Überprüfungspflicht nachzukommen, habe sich seit Jahren die gesetzlich allerdings nicht gedeckte Praxis herausgebildet und bewährt, daß von den Vereinen geprüfte Fahrzeuge in den Fälligkeitskarteien rückgereiht werden und damit die ohnehin nicht durchgeführte fällige Überprüfung entsprechend verschoben wird. Für eine solche tatsächlich lang geübte und den gegebenen Verhältnissen Rechnung tragende Praxis soll eine gesetzliche Grundlage gegeben werden." Diese bestand nun letztlich darin, daß für die Mehrzahl der Kraftfahrzeuge die wiederkehrende Begutachtung im Sinne des § 57a KFG die wiederkehrende Überprüfung verwaltungsentlastend gleichwertig zur Seite stehen sollte. Die rechtliche Gleichwertigkeit der wiederkehrenden Begutachtung wurde durch die Aufnahme einer lit. e in den § 36 KFG erreicht: Das Lenken eines zur wiederkehrenden Begutachtung zugelassenen Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ohne die im § 57a Abs. 5 KFG vorgesehene Begutachtungsplakette wurde verboten. Die Ausstellung bzw. Anbringung der Begutachtungsplakette hat damit die gesetzliche Rechtsfolge, daß bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen des § 36 KFG die Verwendung eines Kraftfahrzeuges auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gestattet bzw. verlängert wird, eine Rechtsfolge, die bei anderen Fahrzeugen nur nach Prüfung bzw. wiederkehrender Überprüfung (§ 55 Abs. 1 KFG) eintritt.

Durch die vierte Novelle zum Kraftfahrgesetz wurde auch die Möglichkeit eingeräumt, daß nicht zum Verkehr zugelassene Fahrzeuge begutachtet werden können. Wie die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der vierten KFG-Novelle, 57 BlgNR, XIV. GP, ausführen, hatte die Bestimmung des § 36 lit. e KFG, daß ein zum Verkehr zugelassenes Fahrzeug nur verwendet werden darf, wenn an ihm die entsprechende Begutachtungsplakette angebracht ist, in der Praxis vor allem beim Kraftfahrzeughandel insofern zu Schwierigkeiten geführt, als die Notwendigkeit bestand, die im allgemeinen abgemeldet feilgebotenen Fahrzeuge vor ihrer Veräußerung begutachten zu lassen, um dem Käufer ein begutachtetes Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Eine solche Möglichkeit bestand aber nach den damaligen Bestimmungen nur im Wege einer besonderen Überprüfung nach § 57a Abs. 3 letzter Satz KFG. Die neu geschaffene Bestimmung des § 57a Abs. 9 KFG sollte nun diese Schwierigkeit dadurch ausschalten, daß der neue Zulassungswerber das Gutachten bereits beim Ansuchen um Zulassung vorlegen und bei Zulassung des Fahrzeuges zum Verkehr (§ 37 Abs. 1 KFG) von der Behörde die Begutachtungsplakette, auf der das Kennzeichen des Fahrzeuges angeschrieben ist, ausgefolgt erhalten kann. Die Schaffung der Verwendungsvoraussetzung des § 36 lit. e KFG bleibt damit aber auch in diesem Fall allein beim Verein oder Gewerbetreibenden und ist durch die Behörde, die nur auszufolgen hat, nicht mehr zu überprüfen.

Organe im Sinne des Amtshaftungsgesetzes sind alle physischen Personen, wenn sie in Vollziehung der Gesetze handeln, gleichviel ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den Einzelfall bestellt sind, ob sie gewählte, ernannte oder sonstwie bestellte Organe sind und ob ihr Verhältnis zum Rechtsträger nach öffentlichem oder privatem Recht zu beurteilen ist (§ 1 Abs. 2 AHG). Die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung werden also nicht nur vom Staat, vom Bund und den Ländern, unmittelbar durch eigene Organe besorgt; die Besorgung von Verwaltungsaufgaben kann vielmehr auch auf juristische Personen des privaten Rechtes oder auf physische Personen übertragen werden, die dann die betreffenden Angelegenheiten auf Grund gesetzlicher Ermächtigung und unter der Aufsicht staatlicher Behörden in mittelbarer Staatsverwaltung zu erfüllen haben (Koja,

Die Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben durch Private in Ermacora - Winkler - Koja - Rill - Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 439). Die vielfältigen Formen der Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben durch Private werden von der Verwaltungsrechtslehre in Beleihung sowie die hier nicht in Betracht kommenden Indienstnahme und Partizipation unterteilt, welcher Terminologie sich auch der VfGH angeschlossen zu haben scheint (vgl. VfSlg. 7975/1977; Adamovich - Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 256 ff., 279 f.; Koja a.a.O., 442). Von Beleihung spricht man, wenn juristische Personen privaten Rechtes oder natürliche Personen mit der Wahrnehmung einzelner Hoheitsaufgaben bzw. mit der unterstützenden Mitwirkung bei der Besorgung solcher Aufgaben betraut werden. Sie hat verwaltungsentlastende Funktion. Als Beispiele für Verwaltung durch Private mit unbestrittenem Hoheitscharakter werden die zahlreichen Fälle der Ausübung von Polizeibefugnissen durch Private, z. B. durch Jagd- und Fischereiaufsichtsorgane, Bergwächter, Feldschutzorgane, Gewässeraufsichtsorgane, Eisenbahnaufsichtsorgane, Organe der Straßenaufsicht u. a. angeführt (Koja a.a.O., 445 ff.; Adamovich - Funk a.a.O., 280). Im Fall der Mitwirkung Privater an der Erfüllung anderer öffentlicher Aufgaben ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Vollziehung der Gesetze oder nur eine Besorgung öffentlicher Aufgaben außerhalb der Vollziehung vorliegt. Das gilt nach Adamovich - Funk a.a.O. etwa für die Tätigkeit von Personen öffentlichen Glaubens wie der Notare oder Ziviltechniker (vgl. Koja a.a.O., 451), die Tätigkeit von Schülerlotsen, die Vorbereitung von Ö-Normen durch den damit betrauten Verein und die Durchführung kraftfahrpolizeilicher Überprüfung durch private Vereine oder Gewerbetreibende nach § 57a KFG.

Bei der Ermächtigung von Vereinen und Gewerbetreibenden nach § 57a Abs. 2 KFG handelt es sich um eine Beleihung zur Mitausübung des hoheitlichen Rechtes der Zulassung zum Verkehr auf öffentlichen Straßen. Eine auf Grund einer Begutachtung durch einen zugelassenen Verein oder Gewerbetreibenden angebrachte Begutachtungsplakette ist eine der Voraussetzungen, daß ein Kraftfahrzeug überhaupt auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden darf (§ 36 lit. e KFG). Ein Verstoß gegen diese Vorschrift bildet gemäß § 134 KFG eine Verwaltungsübertretung. Die vom Rekurs vermißte Zwangsgewalt des Staates ist also durchaus gegeben. Die Begutachtungsplaketten stehen als öffentliche Beglaubigungszeichen auch unter dem besonderen Schutz des § 225 StGB (ZVR 1979/290; ZVR 1979/236; SSt 46/62). Die behördliche Zulassung oder die Ermöglichung der Weiterbenützung eines Kraftfahrzeuges äußert aber auch Rechtswirkungen zwischen der Behörde und dem Halter, der sich grundsätzlich darauf verlassen darf, daß die für die Teilnahme am öffentlichen Verkehr erlassenen Vorschriften (im Zeitpunkt der Zulassung bzw. Begutachtung des Fahrzeuges) zur Hintanhaltung von Schäden genügen (SZ 31/88; SZ 29/34).

Die Tätigkeit der nach § 57a KFG vom Landeshauptmann ermächtigten Vereine und Gewerbetreibenden ist nicht einer Sachverständigentätigkeit in einem behördlichen Verfahren gleichzuhalten. Von einer eine Amtshaftung nicht begrundenden Sachverständigentätigkeit kann immer nur dann gesprochen werden, wenn der Sachverständige eine bloß beratende Funktion ausübt (RZ 1978/132) oder das Ergebnis seiner Tätigkeit in einem Verfahren ein der freien Beweiswürdigung unterliegendes Beweismittel ist. In solchen Fällen steht dem Sachverständigen keine hoheitsrechtliche Entscheidungsbefugnis zu (RZ 1978/130; SZ 34/39; SZ 28/116). Die wiederkehrende Begutachtung von Kraftfahrzeugen durch Vereine und Gewerbetreibende nach § 57a KFG hat aber eine viel weitergehende Wirkung: Im Falle einer positiven Begutachtung erwirbt der Zulassungsbesitzer unmittelbar das Recht auf Anbringung der Begutachtungsplakette nach § 57a Abs. 5 KFG oder Ausfolgung derselben nach § 57a Abs. 9 KFG und damit das im technischen Bereich von keiner Behörde mehr überprüfte Recht auf Weiterverwendung oder Verwendung des Kraftfahrzeuges im Verkehr auf öffentlichen Straßen. Die Anbringung oder die Verschaffung des Rechtes zur Ausfolgung der Begutachtungsplakette ist daher hoheitliches Handeln. Daß an den Gewerbetreibenden oder Verein keine öffentlich-rechtliche Gebühr zu entrichten ist und die Begutachtung meist auf Grund eines Werkvertrages vorgenommen wird, ändert daran nichts. Maßgeblich ist vielmehr für den vorliegenden Fall allein, daß die Ermächtigung dieser Privatpersonen oder Vereine durch hoheitlichen Akt des zuständigen Landeshauptmannes erfolgt (§ 57a Abs. 2 KFG), der damit hoheitliche Funktionen, die wesentliche Mitwirkung an der Erteilung der Berechtigung zur Teilnahme am Verkehr auf öffentlichen Straßen, überträgt. Es könnte nur sein, daß aus dem (zweiten) Rechtsgrund des Werkvertrages auch noch ein nicht im Amtshaftungsverfahren zu verfolgender Anspruch gegen den Begutachter als Unternehmer zusteht, was hier jedoch nicht zu beurteilen ist.

Daß den Behörden den zur wiederkehrenden Begutachtung vom Landeshauptmann ermächtigten Vereinen und Gewerbetreibenden gegenüber kein Weisungsrecht zusteht, spricht nicht gegen die Organstellung derart Ermächtigter. Es ist vielmehr anerkannt, daß das Weisungsprinzip des Art. 20 Abs. 1 B-VG auf bestimmte typische Teilbereiche beschränkt sein muß (vgl. VfGH Slg. 8136/1977; Adamovich - Funk a.a.O., 100 f.) und bei einer fachtechnischen Begutachtung durch einen Sachverständigen, deren unmittelbare Folge die Berechtigung zur Ausstellung der Begutachtungsplakette und damit die Schaffung einer Voraussetzung für die Teilnahme am - Verkehr auf öffentlichen Straßen bzw. deren Verlängerung ist, schon ihrem Wesen nach nicht in Betracht kommen kann. Es kann daher kein Zweifel bestehen, daß die vom Landeshauptmann gemäß § 57a KFG ermächtigten Vereine Organe im Sinne des § 1 Abs. 2 AHG sind.

Ein Amtshaftungsanspruch gegen die beklagte Partei kommt damit im vorliegenden Fall in Betracht. Da das Erstgericht keine Feststellungen darüber traf, ob das schuldhafte Handeln des Organs der beklagten Partei für den eingetretenen Schadenserfolg kausal war und ob den tödlich Verletzten ein Mitverschulden traf, erfolgte die Aufhebung des Zwischenurteiles zu Recht.

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