OGH 8Ob228/78

OGH8Ob228/7815.3.1979

SZ 52/44

Normen

ABGB §1325
ABGB §1325

 

Spruch:

Schlägt sich der unfallsbedingte Erwerbsausfall eines mitarbeitenden Gesellschafters einer Personengesellschaft in einem Gewinnausfall der Gesellschaft nieder, so kann der verletzte Gesellschafter dessen Ersatz nur in dem Ausmaß fordern, der seiner gesellschaftlichen Beteiligung entspricht

Für die anderen Gesellschafter, die auch einen Erwerbsausfall in Höhe ihrer Gewinnbeteiligung erleiden, ist dieser Ausfall nur ein - nicht ersatzfähiger - mittelbarer Schaden

OGH 15. März 1979, 8 Ob 228/78 (OLG Wien 9 R 111/78; LG für ZRS Wien 39 e Cg 520/75)

Text

Der Kläger begehrte mit der am 30. Mai 1975 eingebrachten Klage nach Modifizierung des Klagebegehrens Ersatz eines Verdienstentganges für die Zeit seiner unfallsbedingten Arbeitsunfähigkeit vom 7. November 1974 bis 27. März 1975 von 104 611.75 S. Die Beklagten bestritten die Höhe des Verdienstentganges.

Das Erstgericht sprach dem Kläger 101 794 S zu und wies das Mehrbegehren von 2817.75 S ab.

Es stellte im wesentlichen fest:

Der Kläger ist selbständiger Karosseriespengler. Er besitzt den Gewerbeschein für Karosseriespenglerei und Autoverwertung. In diesem Unternehmen wird auch noch der Autohandel betrieben, für den die Gattin des Klägers die Gewerbeberechtigung besitzt. Der Kläger betreibt das Unternehmen mit den genannten Gewerbearten zusammen mit seiner Ehegattin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sie verwenden den Betriebsgewinn für den Haushalt. Das Unternehmen wurde auch während der Zeit des Arbeitsausfalles des Klägers betrieben. Der Kläger hat mit seiner Gattin keine Vereinbarung über die Gewinnaufteilung getroffen. Die Tätigkeit seiner Ehegattin im Betrieb beschränkt sich auf Buchhaltungsarbeiten. Bei Berücksichtigung von Privatanteilen an den Treibstoffkäufen, Fremdleistungskosten und Ausgaben für Aushilfen sowie Umsatzsteuer und Kreditzinsen ergibt sich für das vom Kläger mit seiner Gattin als Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes geführte Unternehmen für die Zeit vom 7. November 1974 bis 27. März 1975 ein Betriebsverlust von 55 540 S, dem ein durchschnittlicher monatlicher Betriebsverlust von 11 693 S entspricht. Demgegenüber gab das Wirtschaftsjahr 1976 einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn von 10 120 S.

Das Erstgericht gelangte zu dem rechtlichen Ergebnis, dem Kläger stehe der gesamte Gewinnrückgang des Unternehmens während der Zeit seines unfallsbedingten Arbeitsausfalles als Verdienstentgang zu. Von den Beklagten sei nicht eingewendet worden, daß dem Kläger nur ein Teil des Verdienstentganges zustehe. Überdies habe der Kläger den mit seiner Frau erzielten Betriebsgewinn zur Gänze für den gemeinsamen Haushalt verwendet. Die Gegenüberstellung des monatlichen Betriebsverlustes von 11 693 S während der Zeit des unfallsbedingten Ausfalles der Arbeitskraft des Klägers mit dem durchschnittlichen Betriebsgewinn ohne diesen Ausfall von monatlich 10 120 S ergebe einen monatlichen Verdienstentgang des Klägers von 21 813 S, so daß der Verdienstentgang des Klägers für die Zeit vom 7. November 1974 bis 27. März 1975 (für 4 2/3 Monate) 101 794 S betrage.

Dieses Urteil blieb im abweisenden Teil und hinsichtlich eines Teilzuspruches von 50 897 S samt Anhang unangefochten. Das Berufungsgericht bestätigte es hinsichtlich des weiteren Teilzuspruches von 50 897 S samt Anhang.

Das Berufungsgericht billigte die Ansicht des Erstgerichtes und führte aus, daß die gegenteilige Ansicht zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung des Schädigers führen würde, weil die Gattin des Klägers den auf sie entfallenden Schadensanteil als nur mittelbaren Schaden gegen die Beklagte nicht geltend machen könnte. Die im Unternehmen eingetretene Einkommensminderung sei darauf zurückzuführen, daß der Kläger infolge seiner unfallsbedingten Verletzungen die Leistungen, die er für die Gesellschaft hätte erbringen müssen, nicht habe erbringen können. Der Schaden sei daher in seinem Vermögen eingetreten. Er könne den Entgang ohne Rücksicht darauf geltend machen, wie im Innenverhältnis der Unternehmensertrag aufzuteilen ist, da dem Schädiger darauf kein Einfluß zustehe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge und hob das angefochtene Urteil und das Urteil des Erstgerichtes, das hinsichtlich der Teilabweisung von 2817.75 S samt Anhang sowie hinsichtlich des Teilzuspruches von 50 897 S samt Anhang als nicht in Beschwerde gezogen unberührt blieb, im übrigen auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Mit Recht wenden sich die Beklagten gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, es sei bei der Ermittlung des Verdienstentganges des Klägers nicht auf die gesellschaftliche Beteiligung der beiden Ehegatten am Gewinn und Verlust der Erwerbsgesellschaft Bedacht zu nehmen. Sowohl die vom Berufungsgericht als auch die vom Kläger in der Revisionsbeantwortung bezogenen Entscheidungen betreffen als Verdienstentgang zu wertende Schadenersatzansprüche eines Ehegatten, der vor der Unfallsverletzung im Gewerbebetrieb des anderen Ehegatten mittätig war. Im vorliegenden Falle handelte es sich um den Anspruch auf Ersatz eines Schadens, der einem mitarbeitenden Gesellschafter einer Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts infolge seines unfallsbedingten Ausfalles durch den Gewinnrückgang der Gesellschaft entsteht. Schlägt sich der unfallsbedingte Erwerbsausfall eines mitarbeitenden Gesellschafters einer Personengesellschaft in einem Gewinnausfall der Gesellschaft nieder, kann der verletzte Gesellschafter Ersatz des Gewinnausfalles nur in dem Ausmaß fordern, der seiner gesellschaftlichen Beteiligung entspricht (vgl. Wussow, Das Unfallshaftpflichtrecht, 12. Aufl., 602 RdZl. 1046; Geigel, Der Haftpflichtprozeß, 16. Aufl., 151 RdZl. 157; BGH, VersR 1964, 1243; BGH, VersR 1962, 555; BGH vom 8. November 1966; Lindenmaier - Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes zu § 842 BGB Nr. 1 a; ZVR 1978/213; 2 Ob 34/67). Dies folgt aus der grundsätzlichen Beschränkung der deliktischen Ersatzpflicht auf den unmittelbar Geschädigten. Für die anderen Gesellschafter, die auch einen Erwerbsausfall in Höhe ihrer Gewinnbeteiligung erleiden, ist dieser Ausfall nur ein mittelbarer Schaden, dessen Ersatz sie nicht verlangen können (Geigel a. a. O.; BGH, VersR 1964, 1243; ZVR 1974/91). Dieser Grundsatz erfährt im vorliegenden Falle auch keine Durchberechnung dadurch, daß an der Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechts zwei Ehegatten beteiligt sind, die den Gewinn der Gesellschaft zur Bestreitung der Kosten des gemeinsamen Haushaltes verwenden. Der Kläger ist daher nur berechtigt, den seiner Gesellschaftsbeteiligung entsprechenden Anteil an dem Gewinnausfall der Gesellschaft als Schadenersatz geltend zu machen.

Was das gesellschaftliche Beteiligungsverhältnis des Klägers betrifft, so stellten die Untergerichte fest, daß zwischen dem Kläger und seiner Gattin keine Vereinbarung über die Gewinnaufteilung getroffen wurde. Entgegen der Auffassung der Revisionswerber kann daher nicht ohne weiteres von einer Gewinn- und Verlustverteilung nach Kopfteilen ausgegangen werden. Mangels einer anderen vertraglichen Regelung finden die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 1193 und 1197 ABGB über die Verteilung von Gewinn und Verlust Anwendung, wonach die Verteilung nach dem Verhältnis der Kapitalsbeiträge erfolgt (vgl. Wahle in Klang, Bd. V, 620 und 624). Da es an Feststellungen für die Beurteilung der Gewinn- und Verlustverteilung nach den gesetzlichen Vorschriften fehlt, waren die Urteile der Untergerichte im angefochtenen Umfange aufzuheben und die Sache insoweit an das Erstgericht zurückzuverweisen.

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