OGH 5Ob555/77

OGH5Ob555/7728.2.1978

SZ 51/23

Normen

ABGB §§364 ff
ABGB §365
ABGB §1323
EisbEG §4 Abs1
Munitionslagergesetz §7 Abs1
Munitionslagergesetz §8 Abs2
Munitionslagergesetz §10
Munitionslagergesetz §12
Munitionslagergesetz §15
ZPO §273
ABGB §§364 ff
ABGB §365
ABGB §1323
EisbEG §4 Abs1
Munitionslagergesetz §7 Abs1
Munitionslagergesetz §8 Abs2
Munitionslagergesetz §10
Munitionslagergesetz §12
Munitionslagergesetz §15
ZPO §273

 

Spruch:

Bundesgesetz über die Lagerung von Munition durch das Bundesheer, BGBl. Nr. 197/1967. - Zur Entschädigung der Beeinträchtigungen bei Errichtung eines Munitionslagers des Bundesheeres für Liegenschaften im engeren und weiteren Gefährdungsbereich sowie im benachbarten Bereich

OGH 28. Feber 1978, 5 Ob 555/77 (KG Leoben, R 451/76; BG Murau, 1 Nc 34/71)

Text

Der Bundesminister für Landesverteidigung hat auf Grund des § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über militärische Munitionslager, BGBl. 1967/197, durch Verordnung vom 31. August 1970, BGBl. 1970/283, u.

a. auch die verfahrensgegenständlichen Grundstücke als ganz bzw. teilweise im Gefährdungsbereich des Munitionslagers K liegend bestimmt; demnach zählen die Grundstücke Nr. 2044/5 und 2044/16, die dem Erstantragsteller gehören, teilweise zum engeren und teilweise zum weiteren Gefährdungsbereich, die ebenfalls dem Erstantragsteller gehörigen Grundstücke Nr. 641, 2044/9, 2044/10 und 2054/2 vollständig und die dem Zweitantragsteller gehörenden Grundstücke Nr. 2018/3, 2041/1, 2042/1 und 2045 nur teilweise zum weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers.

Die an die Liegenschaften der Antragsteller grenzende Liegenschaft EZ 589 desselben Grundbuches, die im Eigentum der Antragsgegnerin (Republik Österreich) steht und auf der sich das Munitionslager K befindet, ist mit der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrweges zugunsten der jeweiligen Eigentümer der den Antragstellern gehörigen Liegenschaften (EZ 575 und 576) belastet.

Wegen der ihre gesamten Liegenschaften und die darauf von ihnen betriebenen Forstgüter und Eigenjagden betreffenden Nachteile aus der Errichtung des Munitionslagers K begehrte der Erstantragsteller eine von ihm selbst errechnete Entschädigung infolge der Verminderung des Verkehrswertes von 2 499 349 S und der Zweitantragsteller eine solche von 3 843 802 S, die er damit begrundete, daß sich der Verkehrswert seiner Liegenschaft infolge der Nähe des Munitionslagers um diesen Betrag vermindert habe. Die Liegenschaft sei ein geschlossenes Ganzes und könne nicht nach ihren Teilen, die im Gefährdungsbereich sind, betrachtet werden. Es sei deshalb die Wertminderung der gesamten Liegenschaft zu berücksichtigen und entsprechend der Minderung ihres Verkehrswertes zu entschädigen. Ungeachtet dieser Ansicht seien jedoch im einzelnen angeführte Erschwernisse für die Nutzung der Liegenschaft eingetreten, von deren Gesamtfläche nahezu ein Fünftel und von deren forstwirtschaftlich genutzter Fläche zirka ein Viertel im Gefährdungsbereich des Munitionslagers liege.

Das Erstgericht sprach dem Erstantragsteller 726 700 S und dem Zweitantragsteller 821 850 S an Entschädigung zu und wies das Mehrbegehren beider Antragsteller ab.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge und änderte in Stattgebung der Rekurse der Antragsteller die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Entschädigung des Erstantragstellers mit 2 499 349 S und jene des Zweitantragstellers mit 1 707 000 S bestimmte und aussprach, daß die Abweisung des Entschädigungsmehrbegehrens des Zweitantragstellers im Betrag von 2 136 802 S als unangefochten unberührt bleibe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin Folge. Die Beschlüsse der Unterinstanzen wurden in Ansehung der von den Antragstellern für ihre im Gefährdungsbereich des Munitionslagers K liegenden Grundstücke und Grundstücksteile als Bestandteilen ihrer Forstgüter und Eigenjagden begehrten Enteignungsentschädigungen aufgehoben. Die Rechtssache wurde in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen. Im übrigen wurde der Beschluß des Rekursgerichtes dahin abgeändert, daß das Begehren der Antragsteller, ihnen auch für ihre Grundstücke und Grundstücksteile, soweit sie außerhalb des Gefährdungsbereiches des Munitionslagers liegen und für die darauf betriebenen Forstgüter und Eigenjagden als Ganzes eine Enteignungsentschädigung zuzuerkennen abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Antragsteller haben ihre Entschädigungsansprüche auf die Rechtsansicht gegrundet, allein die Errichtung des nahen Munitionslagers der Antragsgegnerin habe den Verkehrswert ihrer Forstgüter und Eigenjagden und der dazu gehörigen Liegenschaften empfindlich vermindert und für diese Enteignung gebühre ihnen die begehrte Entschädigung.

Diese Ansicht kann der erkennende Senat des Obersten Gerichtshofes nicht teilen.

Es ist wohl anzunehmen, daß die Errichtung eines militärischen Zwecken dienenden Munitionslagers wegen der nach einer weitverbreiteten Auffassung davon ausgehenden abstrakten Gefahren zu einer Beeinträchtigung des Kaufinteresses und damit auch des Verkehrswertes benachbarter Liegenschaften, der Forstwirtschaften, denen diese Liegenschaften dienen, und der mit dem Eigentum verbundenen und ausgeübten Eigenjagd führt. Diese Beeinträchtigung ist jedoch eine Folge der Nutzungsänderung der Nachbarliegenschaft, auf der das Munitionslager errichtet wurde. Die subjektive Abneigung von interessierten Bewerbern gegen allfällige mit der besonderen Nutzung von Nachbarliegenschaften verbundene abstrakte Gefahren ist ein für die Preisbildung und damit für den Verkehrswert wirksamer Faktor, der sich notwendigerweise aus der sozialen Einbindung des Eigentums an Liegenschaften ergibt und im Risikobereich jedes Liegenschaftseigentümers liegt. Die den betroffenen Eigentümern aus einer Nutzungsänderung benachbarter Liegenschaften erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile, die aus einer allfälligen Konkretisierung abstrakter Gefahren drohen oder bereits entstanden sind, können nur im Rahmen des Nachbarrechtes (§§ 364 f. ABGB) Berücksichtigung finden und stellen keinen Enteignungsschaden dar.

Das Gericht zweiter Instanz hat daher, dem Gutachten des Sachverständigen folgend, zu unrecht die aus der bloßen Errichtung des Munitionslagers der Antragsgegnerin in der Nachbarschaft der Liegenschaften der Antragsteller und der Ersichtlichmachung der verordneten Gefährdungsbereiche im Grundbuch (§ 8 Abs. 2 MunLagG) resultierende Abneigung von interessierten Bewerbern an diesen Liegenschaften, den Forstgütern, denen sie dienen, und den damit verbundenen die Eigenjagden als nach enteignungsrechtlichen Grundsätzen entschädigungsfähige Faktoren für die Minderung des Verkehrswertes dieser Objekte berücksichtigt.

Das Gericht zweiter Instanz hat aber auch die Behinderung der Zu- und Abfahrt der Jagd- und Forstwirtschaften der Antragsteller, die durch das Munitionslager der Antragsgegnerin führt, unzulässigerweise als einen den Verkehrswert der Jagd- und Forstwirtschaften mindernden Umstand veranschlagt.

Wie sich aus den Akten ergibt, handelt es sich bei dem Geh- und Fahrweg, der durch den Bereich des Munitionslagers führt und der Nutzung der Forstgüter und Eigenjagden der Antragsteller dient, um einen die Liegenschaft der Antragsgegnerin belastenden Servitutsweg. Die Kontrollen, denen die Antragsteller, ihre Arbeitskräfte, Gäste und Besucher bei der Benutzung dieses Weges im militärisch bewachten Bereich des Munitionslagers unterworfen sind, stellen sich als eine mit der Ausübung des Eigentunisrechtes und der öffentlichrechtlichen Pflicht zur Wahrung der Sicherheit des Munitionslagers durch die Antragsgegnerin verbundene, den Betroffenen durchaus zumutbare Belästigung dar. Sie sind daher einerseits Ausfluß des Eigentumsrechtes der Antragsgegnerin als der mit der Wegdienstbarkeit belasteten Nachbarin und in dieser Hinsicht nicht dem Recht der Enteignungsentschädigung unterstellbar, andererseits aber in ihren privatrechtlichen Auswirkungen als Folge der Vollziehung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht derart geringfügig, daß die Pflicht zu ihrer Erduldung, bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht als entschädigungsfähiges Sonderopfer betrachtet werden kann. Sie hätten daher nicht berücksichtigt werden dürfen.

Indessen kann aus grundsätzlichen Erwägungen nicht der Ansicht der Antragsgegnerin beigestimmt werden, es könne aus den durch die Verordnung der Gefährdungsbereiche des Munitionslagers gemäß den §§ 10 bis 12 MunLagG folgenden Verfügungsbeschränkungen der betroffenen Eigentümer nicht auch ein Anspruch auf Entschädigung für Wertminderungen der übrigen Grundflächen bzw. der gesamten Forstgüter und Eigenjagden abgeleitet werden. Diese Auffassung wird nicht dem Wesen der Enteignungsentschädigung gerecht, die Ersatzleistung für das dem Enteigneten durch besonderen Hoheitsakt abgenötigte gleichheitswidrige Sonderopfer am Vermögen sein und zur Nachteilsausgleichung durch Ersatz des positiven Schadens führen soll (EvBl. 1976/49; RZ 1976/86; vgl. auch Bydlinski, Der Ausgleich von Schadensfolgen der Durchführung öffentlicher Projekte, in Rechtsprobleme der Planungsfolgen, 27 ff., insbesondere 45 und die dort in den FN 28-31 zitierte Literatur). Es darf nicht übersehen werden, daß die in den §§ 10 bis 12 MunLagG bestimmten Verfügungsbeschränkungen, selbst wenn sie sich nur auf mehr oder weniger große Teilflächen einer Liegenschaft beziehen, auch vermögensrechtliche Auswirkungen auf die Nutzung der restlichen Grundflächen und, wenn die betroffenen Grundflächen zu einem Unternehmen welcher Art immer gehören oder Teil einer Eigenjagd sind, solcher wirtschaftlicher Einheiten haben und zu einer Verminderung ihres Verkehrswertes führen können.

Freilich sind die vom Gericht zweiter Instanz gemäß dem Gutachten des Sachverständigen zur Begründung der angenommenen Verminderung des Verkehrswertes der Forstgüter, Liegenschaften, die ihnen dienen, und der Eigenjagden herangezogenen Faktoren nicht zu berücksichtigen.

Das für den engeren Gefährdungsbereich gemäß § 10 Abs. 1 lit. a MunLagG bestehende Verbot der Errichtung von Baulichkeiten und Anlagen, das nur den Erstantragsteller in Ansehung von Teilflächen der Grundstücke Nr. 2044/5 und 2044/16 treffen kann, hat nach dem vom Gericht zweiter Instanz übernommenen Gutachten des Sachverständigen im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung BGBl. 283/1970 (§ 15 MunLagG) keinen konkreten Nachteil für den Betrieb des Forstgutes und die Ausübung der Eigenjagd gehabt; der Sachverständige hat in seinem Gutachten (ON 49, S. 189) zwar die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen für die gesamte Bewirtschaftung des Forstgutes in der Zukunft als "unter Umständen" gegeben erachtet und dabei auf die Errichtung von Umschlagplätzen an der Landstraße, Legstätten, Holzverarbeitungsstätten, Holzsortierungsanlagen und Arbeiter-Unterbringungsstätten hingewiesen, er hat aber hinzugefügt, daß diese Anlagen auch infolge der sonstigen - außerhalb des Gefährdungsbereiches - vorhandenen Flächen anderweitig innerhalb des Forstgutes errichtet werden könnten. Von einer vermögenswerten wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Forstgutes oder der Eigenjagd des Erstantragstellers kann deshalb nicht gesprochen werden.

Es ist überhaupt weder den Gründen der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz noch den Darlegungen des Sachverständigen zu entnehmen, in welcher Hinsicht die gemäß § 12 Abs. 2 lit. b MunLagG für den gesamten Gefährdungsbereich des Munitionslagers bestehende Bewilligungspflicht für Kahlhiebe Auswirkungen auf die Bewirtschaftung der gesamten Forstgüter der Antragsteller haben soll. Da auch diesbezügliche Behauptungen der Antragsteller fehlen und nach dem Inhalt der Akten kein Anhaltspunkt besteht, aus dem auf Auswirkungen gesamtbetrieblicher Art geschlossen werden könnte, wurde zu unrecht aus diesem Grund eine Beeinträchtigung der Forstwirtschaften der Antragsteller im Ganzen angenommen.

Auch die nach § 12 Abs. 1 MunLagG für den gesamten Gefährdungsbereich des Munitionslagers bestimmte Bewilligungspflicht für den Gebrauch von Schußwaffen hat keine erkennbare Auswirkung auf die Ausübung der gesamten Eigenjagden der Antragsteller. Der Sachverständige hat dieser Bewilligungspflicht selbst in bezug auf den Gefährdungsbereich nur eine geringfügige Bedeutung für die Ausübung der Jagden beigemessen. Es kann daher, zumal auch diesbezügliche Behauptungen der Antragsteller fehlen, eine Beeinträchtigung der gesamten Eigenjagden der Antragsteller infolge der auf den Gefährdungsbereich beschränkten Schießbewilligungspflicht nicht berücksichtigt werden.

Der unrichtigen Ansicht des Sachverständigen folgend, hat das Gericht zweiter Instanz den angeblich von dem Munitionslager ausgehenden Lärm und die hiedurch bewirkte Unruhe als die "Bonität" der Jagd beeinträchtigende Faktoren bei der Minderung des Verkehrswertes der Eigenjagden der Antragsteller veranschlagt. Da es sich dabei um Einwirkungen handelt, die von dem benachbarten Munitionslager ausgehen, kann daraus keine Enteignungsschädigung hergeleitet werden; auf sie ist Nachbarrecht (§§ 364 f. ABGB) anzuwenden.

Auswirkungen anderer Verfügungsbeschränkungen, wie sie in den §§ 10 bis 12 MunLagG für den Gefährdungsbereich des Munitionslagers angeordnet sind, auf die Forstwirtschaften, die Eigenjagden und die Liegenschaften der Antragsteller als Ganzes sind von den Antragstellern nicht behauptet worden und weder dem Gutachten des Sachverständigen noch dem sonstigen Ergebnis der Befundaufnahme durch das Erstgericht zu entnehmen.

Aus den dargelegten Erwägungen ist deshalb in Stattgebung des Revisionsrekurses der Antragsgegnerin das Begehren der Antragsteller insoweit abzuweisen, als sie für die außerhalb des verordneten Gefährdungsbereiches des Munitionslagers K liegenden Grundstücke ihrer Liegenschaften und für die darauf betriebenen Forstgüter und Eigenjagden als Ganzes eine Enteignungsentschädigung begehren.

Anders verhält es sich in Ansehung der Grundstücke und Grundstücksteile der Antragsteller, die innerhalb des Gefährdungsbereiches liegen und Bestandteile ihrer Forstgüter und Eigenjagden sind.

Gemäß § 15 MunLagG hat u. a. Anspruch auf angemessene Entschädigung, wer infolge der §§ 10 bis 12 leg. cit. im Zeitpunkt der Erlassung einer Verordnung nach § 7 leg. cit. einen vermögensrechtlichen Nachteil erleidet. Die Antragsteller sind die Eigentümer der am Beginn dieser Entscheidung angeführten Grundstücke, die nach der gemäß § 7 MunLagG erlassenen Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 31. August 1970, BGBl. 283/1970, ganz oder teilweise im Gefährdungsbereich des Munitionslagers K liegen und Bestandteile der Forstgüter und Eigenjagden der Antragsteller sind; eine Grundfläche von 1.61 ha der dem Erstantragsteller gehörenden Grundstücke Nr. 2044/5 und 2044/16 befindet sich, den auf dem Gutachten des Sachverständigen fußenden Feststellungen der Unterinstanzen zufolge innerhalb des engeren Gefährdungsbereiches. Die für den engeren Gefährdungsbereich gemäß § 10 MunLagG bestehenden Verfügungsbeschränkungen treffen daher nur den Erstantragsteller, während die in den §§ 11 und 12 leg. cit. bestimmten Verfügungsbeschränkungen beide Antragsteller berühren, denn sie erfassen den gesamten (§ 12) bzw. nur den weiteren Gefährdungsbereich (§ 11), und in diesem liegen alle übrigen Grundstücke der Antragsteller ganz bzw. teilweise.

Für den engeren Gefährdungsbereich bestimmt § 10 Abs. 1 MunLagG das völlige Verbot der Errichtung von Baulichkeiten oder Anlagen jeder Art (lit. a), der Durchführung von Sprengarbeiten (lit. b) und des Verbrennens von Gegenständen mit erheblicher Entwicklung von Flammen oder Flugfeuer sowie des Absengens von Bodenflächen (lit. c) und es sind gemäß § 10 Abs. 2 die Herstellung von unter der Erde verlegten Kanal-, Wasserleitungs-, Gasleitungs-, Erdölleitungs-, Soleleitungs- und elektrischen Anlagen sowie gemäß § 10 Abs. 3 Veränderungen bestehender Anlagen jeder Art der Bewilligung der zuständigen Behörde bedürftig; die Bewilligung ist zu erteilen, wenn durch die Errichtung, Erhaltung und Benützung dieser Anlagen eine Gefährdung von Menschen oder Sachen nicht bewirkt wird oder eine solche Gefährdung durch Bedingungen und Auflagen vermieden werden kann.

Nur im weiteren Gefährdungsbereich sind nach § 11 MunLagG die Errichtung und Veränderung von Baulichkeiten oder Anlagen jeder Art (lit. a) und die Durchführung von Sprengarbeiten (lit. b) der Bewilligung der zuständigen Behörde bedürftig.

Im gesamten Gefährdungsbereich ist für den Gebrauch von Schußwaffen - ausgenommen durch Personen in Ausübung eines öffentlichen Dienstes sowie in Notwehr- und Notstandsfällen - (§ 12 Abs. 1), Veränderungen des Geländes - ausgenommen bei Hochwasserkatastrophen oder anderen Elementarereignissen zur Abwehr von Gefahren für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder zur Verhütung von Sachschäden im Falle unverzüglicher Notwendigkeit - (§ 12 Abs. 2) sowie Veränderungen der Bodenbewachsung durch Anbau von Pflanzen in einer Entfernung von 50 m von einer Baulichkeit des militärischen Munitionslagers (§ 12 Abs. 2 lit. a) und durch Kahlhiebe - ausgenommen solche, die zur Aufarbeitung von Schadhölzern notwendig oder bei Schädlingsbefall oder gefahrdrohender Schädlingsvermehrung nach den forstrechtlichen Vorschriften unverzüglich durchzuführen sind - (§ 12 Abs. 2 lit. b) die Bewilligung der zuständigen Behörde einzuholen, die unter den oben angeführten Voraussetzungen zu erteilen ist; zuständige Bewilligungsbehörde ist das Militärkommando des Bundeslandes, in dessen Gebiet der Gefährdungsbereich gelegen ist, und sofern sich dieser Bereich auf das Gebiet mehrerer Bundesländer erstreckt, das Bundesministerium für Landesverteidigung (§ 14 Mun-LagG).

Die Vorschrift des § 15 MunLagG läßt durch die Verweisung auf die eben dargelegten Verfügungsbeschränkungen nach den §§ 10 bis 12 dieses Gesetzes keinen Zweifel daran aufkommen, daß alle daraus den Betroffenen im Zeitpunkt der Verordnung des Gefährdungsbereiches erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile als ausgleichspflichtiges Sonderopfer betrachtet werden müssen, so unterschiedlich auch die Beschränkungen der Verfügungsfreiheit der Betroffenen ihrem Ausmaß nach in den einzelnen Gefährdungsbereichen sind. Das Maß der Beeinträchtigung der Verfügungsfreiheit der Betroffenen ist aber für die Bemessung der Entschädigungshöhe von Bedeutung. So kann etwa das für den engeren Gefährdungsbereich bestimmte Verbot der Errichtung von Baulichkeiten oder anlagen jeglicher Art in seiner Auswirkung auf den Betroffenen bis zur Beschränkung der Verfügungsfreiheit auf das substanzlose formale Eigentum führen und damit einer völligen Enteignung gleichkommen, wenn das unter das Verbot fallende Grundstück seiner Lage und Beschaffenheit nach zu gar keiner anderen Nutzung geeignet ist, während andererseits die Ausübung der keine Gefährdung von Menschen oder Sachen bewirkenden substantiellen Befugnisse der Betroffenen ja nicht schon grundsätzlich durch die von dem Gesetz geforderte Bewilligungspflicht untersagt, sondern nur der behördlichen Kontrolle unterworfen ist, so daß das Maß der Beschränkung der Verfügungsfreiheit und damit das ausgleichspflichtige Sonderopfer des Betroffenen entsprechend gering veranschlagt werden muß, weil in aller Regel infolge des grundsätzlichen Rechtsanspruches auf die Bewilligung nur mit den Erschwernissen des Verwaltungsverfahrens zu rechnen ist, die sich freilich im Verkehrswert der betroffenen Grundstücke niederschlagen werden: ein interessierter Bewerber wird diese Erschwernisse als störend empfinden und aus diesem Gründe nicht bereit sein, den Preis für die in der freien Nutzbarkeit solcherart beschränkten Grundstücke zu bezahlen, den er ohne Vorhandensein dieser Beschränkungen dafür geben würde. Da sich die einzelnen Beschränkungen der Verfügungsfreiheit in ihren Auswirkungen auf den Verkehrswert nicht genau abschätzen lassen, ist eine ausgiebige Anwendung des in § 273 ZPO vorgesehenen richterlichen Ermessens bei der Bestimmung der Höhe des ausgleichspflichtigen Schadens unumgänglich.

Die von den Verfügungsbeschränkungen nach den §§ 10 bis 12 MunLagG betroffenen Grundstücke bzw. Grundstücksteilflächen dienen der forstwirtschaftlichen und jagdlichen Nutzung. Obwohl sie Bestandteile der Forstgüter und Eigenjagden der Antragsteller sind, können, wie bereits oben dargelegt wurde, nach der Aktenlage keine die Forstgüter und Eigenjagden der Antragsteller als Ganzes in ihren Verkehrswerten beeinträchtigenden Faktoren erkannt werden. Es ist deshalb bei der Ermittlung des ausgleichspflichtigen Enteignungsschadens so vorzugehen, als ob allein auf den betroffenen Grundstücken und Grundstücksteilflächen in dem von dem verordneten Gefährdungsbereich erfaßten Ausmaß die nach dem Gesetz bestehenden Beschränkungen der Verfügungsfreiheit vermögensrechtliche Auswirkungen herbeigeführt haben.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung nicht auf die tatsächliche Verwendung der enteigneten Sache, sondern auf deren Verwendungsmöglichkeit im Enteignungszeitpunkt abzustellen ist (EvBl. 1964/6; ZVR 1958/249 u. v. a., zuletzt 7 Ob 825/76); auf die konkrete wirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit nach der zu diesem Zeitpunkt bestandenen Sach- und Rechtslage kommt es an (5 Ob 250/75). Diesbezüglich ist der Sachverhalt noch klärungsbedürftig.

Sollten die Voraussetzungen für die Bewertung der von den Verfügungsbeschränkungen nach den §§ 10 Abs. 1 lit. a und 11 lit. a MunLagG betroffenen Grundflächen als Bauerwartungsland gegeben sein, dann wären zwar noch die sich für die Bewilligungspflicht zur Herstellung der erforderlichen Kanal- und Wasserleitungsanlagen gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. ergebenden Erschwernisse zusätzlich unter Anwendung des § 273 ZPO zu berücksichtigen es könnte aber keinesfalls dann auch auf die sich aus der Bewilligungspflicht für den Gebrauch von Schußwaffen gemäß § 12 leg. cit. ergebende Erschwernis Bedacht genommen werden, weil die Einstufung der betroffenen Grundflächen als Bauerwartungsland die Berücksichtigung jeder anderen Nutzungsmöglichkeit ausschlösse. Auf die sich bei der Ausübung der Jagd- und Forstwirtschaft infolge der gesetzlichen Beschränkungen der Verfügungsfreiheit der Antragsteller ergebenden Erschwernisse ist unter ausgiebiger Anwendung der Vorschrift des § 273 Abs. 1 ZPO bei der Ermittlung des Abschlags von dem nach den von Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkannten Grundsätzen festzustellenden Verkehrswert der betroffenen Grundflächen nur dann Bedacht zu nehmen, wenn die Bewertung dieser Grundflächen nach der Art ihrer zur Zeit der Verordnung des Gefährdungsbereiches des Munitionslagers K bestandenen jagd- und forstwirtschaftlichen Nutzung zu geschehen hat. In jedem Fall hat die zunächst erforderliche Ermittlung des Verkehrswertes der von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen unberührten Grundflächen in erster Linie nach der Vergleichswertmethode durch Berücksichtigung der zum maßgeblichen Zeitpunkt (BGBl. 283/1970) tatsächlich erzielten Verkaufspreise qualitäts- und lagemäßig ähnlicher Grundstücke zu erfolgen, wobei der von der Antragsgegnerin für den Erwerb der angrenzenden Liegenschaft bezahlte Preis nicht außer acht zu lassen ist, und nur bei Nichtanwendbarkeit dieses Verfahrens infolge Fehlens anderer Vergleichspreise nach dem Ertragswertverfahren durch Kapitalisierung des Reinertrages, wobei entgegen der von den Unterinstanzen übernommenen Ansicht des Sachverständigen der vom Oberlandesgericht Graz gemäß § 19 der Realschätzordnung 1897 für das Jahr 1970 festgesetzte Zinsfuß für größere landwirtschaftliche Güter anzuwenden sein wird, wenn es zur Feststellung des forstwirtschaftlichen Ertragswertes kommen sollte.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte