OGH 6Ob725/76

OGH6Ob725/7631.3.1977

SZ 50/50

Normen

ABGB §1168a
ABGB §1302
ABGB §1323
ABGB §1325
ABGB §1489
ABGB §1168a
ABGB §1302
ABGB §1323
ABGB §1325
ABGB §1489

 

Spruch:

Wer fahrlässig eine Unterlassung begeht (hier: Verletzung der Warnpflicht gemäß § 1168a ABGB), aus welcher in der Folge durch das schuldhafte Verhalten eines Dritten ein Schaden entsteht, kann gegen den Anspruch des Geschädigten einwenden, daß auch bei rechtmäßigem Verhalten ein (gleich hoher) Schaden - wenn auch an anderen Rechtsgütern des Beschädigten entstanden wäre. Er haftet in einem solchen Falle nur für jenen ziffernmäßigen Schaden, welcher sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich eingetretenen und jenem fiktiven Schaden errechnet, der auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre

OGH 31. März 1977, 6 Ob 725/76 (OLG Wien 3 R 165/76; HG Wien 14 Cg 148/74)

Text

Die Siebentbeklagte, deren persönlich haftender Gesellschafter der Achtbeklagte ist, installierte im Jahr 1965 über Auftrag des Klägers in dessen Einfamilienhaus in M eine Ölzentralheizung. Das Entlüftungsrohr des Öltanks wurde dabei innerhalb des Hauses in den Dachboden geführt wo es frei in den Dachbodenraum ausmundet. Am 28. Feber 1973 ließ der Kläger bei der Erstbeklagten, deren persönlich haftender Gesellschafter der Zweitbeklagte ist, eine Heizöllieferung bestellen. Bei Durchführung dieser Lieferung durch F A, den Fahrer der Erstbeklagten, mit einem der Erstbeklagten gehörigen und bei der Sechstbeklagten kraftfahrzeughaftpflichtversicherten Tankwagen kam es am 28. Feber 1973 zu einer Überfüllung des Öltanks im Haus des Klägers. Dabei floß Heizöl aus dem Entlüftungsrohr in den Dachbodenraum des Hauses des Klägers und von dort in die darunter liegenden Räume. Hiedurch wurde das Haus und dessen Einrichtung erheblich beschädigt. Wegen dieses Vorfalls belangte der Kläger am 1. Juli 1974 insgesamt acht Beklagte mit dem Begehren, diese zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, dem Kläger den später auf 476 256.15 S samt 4% Zinsen seit Klagstag eingeschränkten Betrag wertgesichert nach dem Verbraucherpreis Index II zu bezahlen und festzustellen, daß die Beklagten dem Kläger für alle in Zukunft aus dem Unfall vom 28. Feber 1973 am Haus in der F-Straße 26, in M entstehende Schäden zur ungeteilten Hand haften, die Sechstbeklagte beschränkt bis zur Höhe der Versicherungssumme.

In der Folge zog der Kläger die Klage gegen den Drittbeklagten unter Verzicht auf den Anspruch zurück. Zwischen dem Kläger und der Viert- und Fünftbeklagten wurde Ruhen des Verfahrens vereinbart und der Rechtsstreit seither nicht fortgesetzt.

Die den Gegenstand des Rekurses bildenden Ansprüche gegen die siebent- und achtbeklagte Partei stützte der Kläger - soweit dies für das Rechtsmittelverfahren noch von Bedeutung ist - darauf, daß die Siebentbeklagte entgegen der von ihr im Jahr 1965 bei der Bezirkshauptmannschaft M eingereichten Projektsbeschreibung, welche die Tankfüllung durch ein an der Außenmauer des Hauses 2.5 m hoch geführtes Rohr vorgesehen habe, dieses Rohr in den Dachraum geleitet habe. Der Mangel sei deshalb unentdeckt geblieben, weil die Siebentbeklagte nach Beendigung der Arbeiten nicht für eine Kollaudierung gesorgt und den rechtsunkundigen Kläger auch nicht über das Fehlen einer Benützungsbewilligung informiert habe. Der Siebentbeklagten sei es nach der Bauordnung für Niederösterreich verboten gewesen, von den genehmigten Bauplänen abzuweichen, so daß auch ein (im übrigen bestrittener) Änderungswunsch des Klägers unverbindlich gewesen sei.

Dem Kläger sei auch keine Bedienungsvorschrift der Heizungsanlage ausgefolgt worden. Der Öltank fasse entgegen der Angabe auf dem Leistungsschild und auf der Rechnung nicht 8750 Liter, sondern nur 7445 Liter. Der Kläger sei nie darauf aufmerksam gemacht worden, daß die tatsächliche Ausführung der Entlüftungsanlage von den Plänen abweiche. Bei plangemäßer Ausführung wäre das Öl nicht in die Außenmauer des Hauses eingedrungen.

Die siebent- und achtbeklagte Partei beantragten, das Klagebegehren abzuweisen und wendeten ein, die Siebentbeklagte habe über ausdrücklichen Auftrag des Klägers die Tankbelüftung innen hochgezogen und in den Dachraum munden lassen, wo eine ausreichende Entlüftungsmöglichkeit gegeben gewesen sei. Auch dies habe den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere der Dampfkesselverordnung, entsprochen. Daraus, daß der Kläger die Konstruktion auch nach dem Schadenseintritt nicht habe ändern lassen, ergebe sich die stillschweigende Genehmigung der Ausführung der Entlüftungsanlage. Der Kläger sei aus den ihm zugestellten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M über die Notwendigkeit der Einholung einer Benützungsbewilligung unterrichtet gewesen. Den Kläger treffe ein Mitverschulden im Ausmaß von 90%. Sein Anspruch sei verjährt, weil das behauptete schädigende Ereignis bereits 1965 stattgefunden habe und die Wirkung für den Kläger erkennbar gewesen sei. Die Beklagten hätten keinen Auftrag erhalten, eine Benützungsbewilligung einzuholen. Sie hätten den Kläger gewarnt, daß die Führung der Entlüftung innerhalb des Hauses mit Gefahren verbunden sei. Die Beklagten könnten, wenn überhaupt, nur für Schäden haften, welche durch die Führung des Entlüftungsrohres innerhalb des Hauses verursacht worden seien, wobei Schäden abzuziehen seien, welche auch bei einer Führung des Rohres außerhalb des Hauses entstanden wären. Auch eine solche Rohrführung hätte am Eintritt des Schadens nichts geändert, vielmehr wäre sogar noch ein Schaden am Garten entstanden. Dieser Schaden wäre gleich hoch wie der tatsächlich eingetretene gewesen. Zumindest könne gegenüber den Beklagten nur ein Differenzschaden geltend gemacht werden. Der Öltank besitze ein Fassungsvermögen von 8750 Liter. Selbst wenn dieses jedoch nur 7445 Liter betragen sollte, wäre die falsche Beschriftung bedeutungslos, weil sich der Fahrer F A nicht auf ein bestimmtes Fassungsvermögen verlassen habe.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruches ein und sprach mit Teil- und Zwischenurteil aus, daß der Klagsanspruch gegen die Erst-, Zweit- und Sechstbeklagten dem Gründe nach zu Recht bestehe, wies jedoch das Feststellungs- und Leistungsbegehren gegen die Siebent- und Achtbeklagte ab. Es stellte - soweit dies für das Rekursverfahren von Bedeutung ist - folgenden Sachverhalt fest:

Das Haus des Klägers wurde im Jahre 1965 erbaut. Der planende Architekt (ein Bruder des Klägers) verfaßte auch die Anbotsunterlagen für die Leistungen der einzelnen Professionisten, wobei kein Generalunternehmer bestellt wurde. Es war auch niemand mit der eigentlichen Bauaufsicht befaßt. Mit der Errichtung der Zentralheizungsanlage beauftragte der Kläger die Siebentbeklagte, deren persönlich haftender Gesellschafter der Achtbeklagte ist. Dabei gingen sowohl der Kläger als auch die Siebentbeklagte davon aus, daß die Siebentbeklagte auch die erforderlichen behördlichen Bewilligungen für die Errichtung und den Betrieb der Anlage zu besorgen habe. Demgemäß suchte die Siebentbeklagte am 10. Feber 1965 schriftlich um die Bewilligung zur Errichtung eines Kessels für den Betrieb einer vollautomatischen Leichtölfeuerungsanlage an, worauf nach einer Bauverhandlung am 12. März 1965 der Siebentbeklagten die Bewilligung zur Errichtung der Anlage mit bestimmten Auflagen mündlich erteilt wurde und am 2. Dezember 1965, das heißt erst nach Fertigstellung der Heizungsanlage, ein schriftlicher Genehmigungsbescheid erging. Der mündlichen Bewilligung sowie der späteren bescheidmäßigen Bewilligung am 2. Dezember 1965 lag eine Projektbeschreibung zu Gründe, wonach die Tanklüftung an der Außenmauer des Hauses 2.5 m über Terrain hochgeführt werde. Im schriftlichen Genehmigungsbescheid vom 2. Dezember 1965, welcher der Siebentbeklagten am 14. Jänner 1966 und dem Kläger am 3. Feber 1966 zugestellt wurde, findet sich darüber hinaus die Anweisung, daß nach Fertigstellung der Anlage zur Feststellung der konsensmäßigen Ausführung bei der Stadtgemeinde M um Überprüfung einzuschreiten ist und vor der Überprüfung bzw. Erteilung der Benützungsbewilligung mit dem regelmäßigen Betrieb nicht begonnen werden dürfe. Nach Anlieferung des von der Siebentbeklagten bestellten Öltanks fragte der Achtbeklagte den Kläger, wie das Entlüftungsrohr an der Außenseite des Hauses geführt werden soll, damit es optisch wenig störe. Daraufhin verlangte der Kläger von der Siebentbeklagten, daß das Entlüftungsrohr an der Innenseite der Außenmauer in einen Mauerschlitz eingestemmt hochgeführt werden und frei in den Dachboden ausmunden solle. Der Achtbeklagte machte den Kläger darauf aufmerksam, daß es durch das Entweichen der Öldämpfe in den Dachbodenraum zu einer Geruchsbelästigung kommen könne, was vom Kläger mit dem Hinweis abgetan wurde, daß die Entlüftungshauben des Eternitdaches eine ausreichende Belüftung gewährleisteten. Der Achtbeklagte wies den Kläger nicht darauf hin, daß bei der gegebenen Dachkonstruktion auch eine Ausmundung des Entlüftungsrohres derart denkbar wäre, daß das offene Ende des Rohres unter der Dachhaut ins Freie schaue, zumal der Achtbeklagte damals der Meinung war, daß Öldämpfe trotzdem in den Dachbodenraum zurückschlagen würden und der Austritt von Öl über die Entlüftungsleitung damals von ihm nicht bedacht wurde. Er wies den Kläger auch nicht darauf hin, daß diese geänderte Ausführung der Leitung allenfalls zu Schwierigkeiten bei der Benützungsbewilligung der Heizungsanlage führen könnte. Auch machte er den Kläger nicht darauf aufmerksam, daß das Entlüftungsrohr in einer optisch wenig störenden Art und Weise außen verlegt werden könne. Infolge des Änderungswunsches des Klägers erteilte der Achtbeklagte dem an der Baustelle eingesetzten Heizungsmonteur der Siebentbeklagten, P, die Weisung, das Entlüftungsrohr innen hochzuführen und in den Dachbodenraum munden zu lassen. Obwohl P das Ungewöhnliche dieser Weisung aufgefallen ist, erhob er gegen deren Richtigkeit weder seinem Chef noch dem Kläger gegenüber Einwände und führte die Arbeit wie gewünscht aus. Nach der Fertigstellung der Heizungsanlage im Jahr 1965 bezog der Kläger am 1. Jänner 1966 das Haus und betrieb die schon von der Siebentbeklagten in Betrieb gesetzte Heizungsanlage weiter. Am 12. Jänner 1966 suchte der Kläger bei der Stadtgemeinde M um die Baubenützungsbewilligung an, worüber es am 2. Feber 1966 zu einer Verhandlung gemäß § 111 der Bauordnung für Niederösterreich kam. Hiebei wurde das ganze Haus besichtigt und es wurden acht Mängel festgestellt, darunter auch, daß bei der Öllagertür die notwendigen Aufschriften fehlen. Ferner wurde als Planabweichung festgestellt, daß der Öllagertank nunmehr im Keller untergebracht sei. In die Dichtheitsbestimmungen für Öllagertanks wurde Einsicht genommen. Mit Bescheid vom 7. Feber 1966 wurde sodann von der Stadtgemeinde M dem Kläger die Wohnungs- und Benützungsbewilligung erteilt, wobei die Planänderungen nachträglich genehmigt wurden und die Behebung von acht Mängeln angeordnet wurde. Einen Tag nach der Verhandlung über die Erteilung der bauamtlichen Benützungsbewilligung erhielt der Kläger den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom 2. Dezember 1965 (über die Heizungsanlage) zugestellt. Darauf reagierte der Kläger mit einem Schreiben vom 10. Feber 1966, worin er ohne konkrete Angaben ausführte, daß er von einigen im Bescheid vorgesehenen Punkten erst jetzt Kenntnis erlangt habe und ihm durch die Erfüllung derselben allenfalls Kosten entstehen können. Dem Kläger war zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Schreibens bekannt, daß in der Verhandlung vom 2. Feber 1966 nicht auch über die Benützungsbewilligung bezüglich der Heizanlage abgesprochen worden war. Auf dieses Schreiben teilte die Bezirkshauptmannschaft M dem Kläger mit Nachricht vom 21. Feber 1966 mit, daß der die Heizungsanlage betreffende Akt an die Stadtgemeinde M zuständigkeitshalber abgetreten worden sei; bei dieser schritt der Kläger in der Folge nicht mehr ein. Nachdem die Siebentbeklagte die Heizungsanlage fertiggestellt hatte, wandte sich der Achtbeklagte aus eigener Veranlassung telephonisch an die Bezirkshauptmannschaft M, um die Benützungsbewilligung für die Heizungsanlage zu erlangen. Dabei wurde ihm mitgeteilt, daß der Akt an die Baubehörde der Stadtgemeinde M abgetreten worden sei, worauf der Achtbeklagte bei der Stadtgemeinde M anrief, um dort um die Benützungsbewilligung nachzukommen. Anläßlich dieser telephonischen Anfrage wurde ihm jedoch mitgeteilt, daß eine Benützungsbewilligung schon vorliege, woraus der Achtbeklagte schloß, daß auch für die Heizungsanlage schon eine Benützungsbewilligung gegeben sei.

Am 28. Feber 1973 bestellte der Kläger bei der Erstbeklagten eine Öllieferung, da er am Morgen dieses Tages bemerkt hatte, daß die Ölzentralheizung ausgefallen war und die Meßuhr nach leichtem Daraufklopfen einen Ölstand von fast Null anzeigte. Über Weisung des Zweitbeklagten fuhr F A mit einem bei der Sechstbeklagten haftpflichtversicherten Tankwagen etwa 5600 l Heizöl zum Haus des Klägers. Obwohl er von der Gattin des Klägers darauf aufmerksam gemacht wurde, daß die Tankuhr kaputt sei und er vom Zweitbeklagten die generelle Weisung hatte, sich vor dem Abschlauchen zu vergewissern, ob die abzuschlauchende Menge in den Tank hineingeht, vergewisserte sich A nur, daß der Tank nach dem Leistungsschild über 8000 l fasse, die Tankuhr auf Null steht und sich an dieser Anzeige auch nach Abklopfen nichts änderte. Das Abschlauchen wurde mit der Motorpumpe vorgenommen. Obgleich nach kurzer Zeit die Ölanzeige einen Ölstand von 140 cm anzeigte und in dieser Zeit unmöglich eine derartige Menge Öl in den Tank gepumpt worden sein konnte, setzte F A das Abschlauchen weitere 5 Minuten lang fort, bis er schon in der Wohnung des Klägers bemerkte, daß der Tank offenbar übergeflossen sei. Zu dieser Zeit war durch den Überdruck der Deckel des Öltanks bereits stark deformiert. Durch den Austritt des Öls entstanden am Haus und an der Einrichtung des Klägers schwere Schäden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die Überfüllung des Heizöltanks auf einem Verschulden des Dienstnehmers der Erstbeklagten beruhe, für welches auch der Zweitbeklagte als persönlich haftender Gesellschafter und die Sechstbeklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer hafte. Hingegen treffe die Siebent- und Achtbeklagte kein Verschulden, da die Siebentbeklagte die Änderung der Entlüftungsleitung auf Weisung des Klägers vorgenommen und diesen gewarnt habe. Dabei genüge eine allgemein gehaltene Warnung. Der Unternehmer müsse nicht mit einem ungewöhnlichen weiteren Verschulden dritter Personen beim Umgang mit dem von ihm hergestellten Werk rechnen und solche Überlegungen in seine Warnung einbeziehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Erst-, Zweit- und Sechstbeklagten nicht Folge und bestätigte das angefochtene Urteil mit der Maßgabe daß der Klagsanspruch ohne Berücksichtigung des Wertsicherungsanspruches gegen diese Beklagten dem Gründe nach zu Recht bestehe. Es gab ferner der Berufung des Klägers insoweit nicht Folge, als das Erstgericht die Haftung des Siebent- und Achtbeklagten auch bezüglich der Wertsicherung für den eingeklagten Schaden abgewiesen hatte. Im übrigen hob es das Urteil des Erstgerichtes gegen die Siebent- und Achtbeklagte sowohl hinsichtlich des Leistungs- als auch hinsichtlich des Feststellungsbegehrens unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und vertrat hinsichtlich der Siebent- und Achtbeklagten die Rechtsansicht, diese hätten zwar gegen keine Normen verstoßen, deren Zweck die Hintanhaltung des eingetretenen Schadens sei. Dies gelte sowohl für die Dampfkesselverordnung, BGBl. 83/1948, als auch für die Verordnung der Bundesministerien für Inneres, Finanzen, Ackerbau und Eisenbahnen vom 23. Jänner 1901, RGBl. 12, da beide nicht dazu bestimmt seien, den Inhaber eines Ölreservoirs vor Schäden durch Überflutung mit Mineralöl zu schützen. Auch aus der Mißachtung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft M vom 2. Dezember 1965, welcher sich auf § 21 der Dampfkesselverordnung, BGBl. 83/1948 stütze, könne daher eine Haftung der Siebent- und Achtbeklagten nicht abgeleitet werden. Die darin genannte Höhe und Lage des Entlüftungsrohres sei keine Maßnahme, mit der einer Überfüllung begegnet werden sollte. Vielmehr diene die Leitung nur der Hintanhaltung einer Explosionsgefahr. Ebenso sehe die Bauordnung für Niederösterreich vom 17. Jänner 1883, LGBl. 36, welche damals in Geltung stand, keinen Schutz des Bewilligungswerbers vor Sachschäden durch seinen eigenen Bau vor. Die Richtlinien des Österreichischen Wasserwirtschaftsverbandes dienten nur der Reinhaltung der Gewässer bei Lagerung von flüssigem Brenn- und Treibstoff. Der Entwurf des Landesgesetzes über Ölfeuerungsanlagen vom 24. Feber 1965 sei schließlich noch nicht beschlossen worden. Auch die unrichtige Angabe des Tankvolumens sei für den Schadenseintritt nicht kausal, weil der Kläger selbst nie behauptet habe, daß es bei richtiger Angabe nicht zur Überfüllung gekommen sei, sondern sogar bestritten habe, daß der Fahrer des Tankwagens die Volumenangaben gekannt habe. Eine Überfüllung wäre auch bei richtiger Angabe des Volumens eingetreten.

Hingegen hätten die Siebent- und Achtbeklagte gegen die Warnpflicht des § 1168 a ABGB verstoßen. Sie hätten nach der Lebenserfahrung nicht davon ausgehen dürfen, daß ein Ölaustritt durch Überfüllung überhaupt nicht möglich sei, da auch reine Zufälligkeiten während des Abfüllens eine Überfüllung bewirken könnten. Sie hätten daher den Kläger warnen müssen, daß die Ausführung der Entlüftung nach seinen Wünschen zur Gefahr eines erhöhten Schadens bei Ölaustritt führen könne. Diese Gefahr sei für den Kläger nicht ohne weiteres erkennbar gewesen, weil bei ihm als Nichtfachmann die Kenntnis der technisch möglichen und üblichen Sicherungsvorkehrungen, ihrer Tauglichkeit und Verläßlichkeit und des Füllvorganges nicht vorausgesetzt werden könne. Der Kläger habe als Laie davon ausgehen dürfen, daß bereits in der Anlage entsprechende technische Vorkehrungen getroffen seien, um einen Ölaustritt im Haus unmöglich zu machen, andernfalls er vom fachkundigen Installateur gewarnt worden wäre. Ein Mitverschulden des Klägers liege nicht vor. Die Beklagten hätten jedoch eingewendet, daß dem Kläger ein gleich hoher Schaden erwachsen wäre, wenn die Entlüftungsleitung an der Außenseite des Hauses hochgeführt worden wäre. Damit hätten sie Vorteilsausgleichung geltend gemacht. Hiebei handle es sich um eine Frage des Gründes des Anspruches, so lange nicht geklärt sei, daß eine Differenz zu Gunsten des Klägers bestehe. Vorteilsausgleichung stehe den Beklagten zu. Das Erstgericht habe auch die für das Feststellungsbegehren wesentliche Frage nicht geprüft, ob künftig weitere Schäden des Klägers auszuschließen seien.

Während das Teil- und Zwischenurteil des Berufungsgerichtes von keiner der Parteien bekämpft wurde, wenden sich die Rekurse des Klägers und der Siebent- und Achtbeklagten gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zum Rekurs der Siebent- und Achtbeklagten:

Die Rekurswerber meinen zunächst, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, daß sie ihrer Warnpflicht nach § 1168a ABGB nicht nachgekommen seien und deshalb hafteten. Es ist zwar richtig, daß die Rekurswerber bei der Ausführung des Werkes gegen keine Schutznormen verstoßen haben, welche der Verhinderung des letztlich eingetretenen Schadens dienten. Wenn sie allerdings daraus den Schluß ziehen, daß erlaubt sei, was nicht verboten ist und sie deshalb keine Warnpflicht getroffen habe, ist den Rekurswerbern nicht zuzustimmen. Ihnen war als Sachverständigen bekannt, daß keine Sicherungen gegen das Ausfließen von Öl aus dem Kessel auf dem Weg über das Entlüftungsrohr bestanden. Sie mußten damit rechnen, daß die Ölanzeige am Kessel ausfallen könnte, womit die einzige Sicherung gegen ein Überfüllen des Öltanks weggefallen wäre. Da ihnen als Fachleuten ferner bekannt sein mußte, daß Öl nicht nur abgeschlaucht, sondern häufig auch mittels Motorpumpe abgepumpt wird, wäre für sie die Schlußfolgerung naheliegend gewesen, daß bei einem Ausfall der Ölanzeige oder einem menschlichen Versagen in Verbindung mit einem Abpumpen mittels Motorpumpe die Gefahr bestand, bei einer Überfüllung des Tanks könne Öl aus der Entlüftungsleitung ausfließen. Ein derartiger Vorfall ist keineswegs so unwahrscheinlich und außerhalb jeder Erfahrung, daß die Rekurswerber nicht damit rechnen konnten und mußten. Unter diesen Umständen waren sie aber verpflichtet, den Kläger darauf aufmerksam zu machen, daß eine mechanische Sicherung gegen das Ausfließen von Öl durch das Entlüftungsrohr nicht vorhanden war und daher bei einer Überfüllung des Öltanks die Gefahr bestand, daß Öl über das Entlüftungsrohr auf den Dachboden und von dort in das ganze Haus fließen könne, soferne er an seiner Weisung festhalte. Hiedurch wäre der Kläger in die Lage versetzt worden, die möglichen Nachteile einer Mundung des Entlüftungsrohres innerhalb des Dachbodens mit denen einer Führung außerhalb des Hauses gegeneinander abzuwägen. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht eine Verletzung der Warnpflicht durch die Rekurswerber angenommen.

Im Rekurs wird ferner ausgeführt, der Anspruch des Klägers sei deshalb verjährt, weil bei Vorhersehbarkeit eines Schadens der Lauf der Verjährung spätestens mit der Fertigstellung des Werkes begonnen habe. Auch dieser Einwand ist nicht gerechtfertigt. Gemäß § 1489 ABGB ist jede Entschädigungsklage in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher dem Beschädigten der Schaden und die Person des Schädigers bekannt wurde. Es ist nun zwar richtig, daß Verjährung mit Kenntnis der schädigenden Handlung ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des Schadens beginnt, wenn ein derartiger Schaden bereits mit Sicherheit voraussehbar war (Klang in Klang[2] VI, 635; JBl. 1970, 621). Im vorliegenden Fall bedurfte es jedoch zum Eintritt des Schadens neben der Unterlassung der Rekurswerber noch weiterer Voraussetzungen, nämlich des Versagens der Ölanzeige und des fahrlässigen Abpumpens von Öl durch dritte Personen, so daß im Zeitpunkt der Fertigstellung des Werkes noch nicht abzusehen war, ob aus der Unterlassung der Rekurswerber in Zukunft tatsächlich ein Schaden eintreten werde. Die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB begann daher nicht bereits mit der Fertigstellung des Werkes, sondern erst mit dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen. Daß der Anspruch des Klägers unter diesen Voraussetzungen aber nicht verjährt ist, wird im Rekurs nicht bestritten.

Dem Rekurs der siebent- und achtbeklagten Partei war daher ein Erfolg zu versagen.

Zum Rekurs des Klägers:

Der Kläger meint, die Einwendung der Beklagten, bei einer Mundung der Rohre ins Freie wäre ein gleich hoher Schaden entstanden, stelle nicht den Einwand der Vorteilsausgleichung, sondern den des rechtmäßigen Alternativverhaltens dar. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Der von der Lehre (Larenz, Schuldrecht § 30 I, 415; Koziol, österr. Haftpflichtrecht I, 123) entwickelte Begriff des rechtmäßigen Alternativverhaltens setzt - wie ja der Rekurswerber selbst ausführt - voraus, daß ein rechtmäßiges Verhalten des Täters zu demselben Schaden geführt hätte. Hier wurde aber nicht behauptet, daß derselbe Schaden eingetreten wäre, sondern daß bei rechtmäßigem Verhalten der Siebent- und Achtbeklagten dem Kläger ein Schaden an anderen Rechtsgütern - wenn auch in gleicher Höhe - erwachsen wäre, der Kläger also aus der Handlung dieser Beklagten rechnerisch keinen oder nur einen geringeren Nachteil erlitten habe. Es kann dahingestellt bleiben, ob einer derartigen Einrede unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung Erfolg beschieden sein könnte. Für eine solche vom Berufungsgericht angenommene Lösung könnte die dem Schadenersatzrecht ganz allgemein zugrundeliegende Ausgleichsfunktion (Koziol a. a. O., 3, 130 f., 155) sprechen. Die Berechnung eines Vermögensschadens erfolgt nämlich durch Vergleichung des Geldwertunterschiedes zweier Zustände, nämlich des tatsächlichen Zustandes vor und nach der Beschädigung. Allerdings sind nur jene Vermögensbestandteile des Geschädigten in den Kreis der Betrachtung einzubeziehen, die durch die Beschädigung irgendwie beeinflußt wurden. Ferner sind auch Vermögensbestandteile (Aktiven oder Passiven), die erst durch das schädigende Ereignis gebildet wurden oder deren Bildung durch dasselbe verhindert wurde, in den Vermögensvergleich einzubeziehen (Wolff in Klang[2] VI, 4 f.). Daher ist auch ein Vorteil des Beschädigten, der ohne die erfolgte Beschädigung nicht entstanden wäre, grundsätzlich zugunsten des Schädigers zu buchen (Wolff a. a. O.; Koziol, Haftpflichtrecht I, 156; Gschnitzer, Lehrbuch, Besonderer Teil und Schadenersatz, 163; Ehrenzweig, System[2] II/1, 46; SZ 25/132 u. a.). Aus der Erwägung, daß durch die Unterlassung der siebent- und achtbeklagten Partei nicht nur der tatsächlich eingetretene Schaden mitverschuldet, sondern gleichzeitig auch die Entstehung von Passiven (nämlich von Schäden an der Außenseite des Hauses und im Garten) verhindert worden sei, könnte daher im vorliegenden Fall eine Beschränkung der Haftung der siebent- und achtbeklagten Partei auf den rechnerischen Differenzbetrag zwischen dem tatsächlich eingetretenen und dem bei rechtmäßigem Verhalten dennoch drohenden fiktiven Schaden bejaht werden.

Zum gleichen Ergebnis gelangt man auch, wenn man davon ausgeht, daß die von der siebent- und achtbeklagten Partei errichtete Entlüftungsanlage ihrem Wesen nach eine Gefahrenquelle für das Ausfließen von Öl im Hause des Klägers darstellte und daher eine Art von "Anlageschaden" gegeben war, wie er sonst beim Problem der "überholenden Kausalität" aktuell wird (vgl. dazu Bydlinski, Anlageschäden und überholende Kausalität in JBl. 1967, 135 f.; Koziol a. a. O., 56 f.). Der vorliegende Fall unterscheidet sich von Fällen der überholenden Kausalität allerdings insofern, als die Unterlassung der siebent- und achtbeklagten Partei nicht schon für sich allein, sondern nur im Zusammenhang mit einem späteren Ereignis, nämlich dem schuldhaften Verhalten der erst- und zweitbeklagten Partei den eingetretenen Erfolg bewirkt hat. Nun verweist jedoch Koziol (a. a. O., 128) unter Berufung auf Larenz, Lehrbuch des Schuldrechtes[10] I, § 27 III b 3, S. 322 (ähnlich nunmehr in der 11. Aufl. auf S. 365 f.) darauf, daß die objektive Zurechnung der Schadensfolgen noch aus anderen Gründen als mangelnder Adäquanz oder fehlendem Rechtswidrigkeitszusammenhang ausgeschlossen sein kann. Wenn auch diese Autoren dabei in erster Linie an Fälle denken, in denen die Schadensfolge auf einem selbständigen, durch den haftungsbegrundenden Vorgang nicht herausgeforderten Entschluß des Verletzten selbst oder eines Dritten beruht, der sie darum allein zu verantworten habe, so schließen sie die objektive Zurechnung auch aus anderen als diesen Gründen doch nicht aus. Ein solcher Fall muß aber auch hier angenommen werden. Denn es widerspricht den allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechtes, die siebent- und achtbeklagte Partei für den gesamten letztlich eingetretenen Schaden auch dann haften zu lassen, wenn bei rechtsmäßigem Verhalten gleichfalls ein Schaden - wenngleich ananderen Rechtsgütern - eingetreten wäre. Vielmehr ergibt sich aus der Ausgleichsfunktion des Schadenersatzes in Verbindung mit dem gemäß § 7 ABGB analog anzuwendenden Grundsatz, daß der Schädiger bei Fahrlässigkeit nur für seinen bestimmbaren Anteil an der Beschädigung haftet (§ 1302 ABGB), daß den Siebent- und Achtbeklagten ziffernmäßig nur jener Schaden zugerechnet wird, welcher sich aus der Differenz zwischen dem tatsächlich eingetretenen und jenem fiktiven Schaden errechnet, welcher auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre.

Daß aber den Schädiger - ebenso wie für das Vorliegen der Voraussetzungen der Vorteilsausgleichung (ZVR 1972/34 u. a.) - die Behauptungs- und Beweislast trifft, ergibt sich schon aus der Erwägung, daß es sich dabei um eine den Klagsanspruch vernichtende oder doch mindernde Einrede handelt. Auch das Berufungsgericht hat diesbezüglich bereits ausgeführt, daß die siebent- und achtbeklagten Parteien behauptungspflichtig seien.

Es handelt sich aber auch um eine Frage des Gründes des Anspruches, und zwar sowohl dann, wenn man unterstellt, daß es sich um das Problem der Vorteilsausgleichung handelt, weil hier strittig ist, ob überhaupt eine Vorteilsausgleichung stattzufinden hat (SZ 34/93 u. a.) als auch dann, wenn man davon ausgeht, daß die objektive Zurechnung des gesamten Schadens im konkreten Fall aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. Auch in letzterem Falle ist nämlich die Frage der grundsätzlichen Berücksichtigung des fiktiven Schadens strittig.

Auch dem Rekurs des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen.

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