OGH 4Ob394/76

OGH4Ob394/7630.11.1976

SZ 49/147

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §18
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §18

 

Spruch:

§ 18 UWG ist § 13 Abs. 3 dUWG nachgebildet. Der Wortlaut der Bestimmung des § 18 UWG wurde aber absichtlich anders gewählt, um eine verschärfte Haftung des Unternehmens und eine Erweiterung des Kreises der Personen, für die er haftet, über Bedienstete und Beauftragte hinaus zum Ausdruck zu bringen

Personen, für die der Unternehmensinhaber haftet, sind solche, welche im Auftrag des Unternehmens (etwa auf Grund eines Werkvertrages, eines Bevollmächtigungsvertrages, eines freien Dienstvertrages) bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten, aber auch Geschäftspartner des Inhabers des Unternehmens

Die Haftung ist zu bejahen, wenn der Wettbewerbsverstoß im Zusammenhang mit Tätigkeiten des Geschäftspartners steht, die er im geschäftlichen Interesse des Inhabers des Unternehmens entfaltete. Wesentlich ist, daß der Unternehmer kraft seiner Beziehung zum Geschäftspartner die Möglichkeit hat, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen

OGH 30. November 1976, 4 Ob 394/76 (OLG Wien 1 R 173/76; HG Wien 18 Cg 42/76)

Text

Die klagende Partei behauptet, die Beklagte habe im Rahmen ihrer Teppichverkaufsveranstaltung im Messepalast am 29. November 1975 im "Kurier" und am 30. November 1975 in der "Kronen-Zeitung" Werbeanzeigen eingeschaltet, in denen unter der Überschrift "Wir befragten die Kunden nach dem Einkauf und so urteilen sie" Bilder verschiedener Personen mit einem Text versehen worden seien, wonach diese Personen in besonderer Weise mit dem Einkauf bei der Beklagten zufrieden gewesen seien und aussagten, besonders preisgünstig eingekauft hätten. Diese Ankündigungen seien fingiert gewesen. Die Beklagte habe sich bei einer Modellagentur Fotos besorgt und darunter fingierte Namen und Berufsbezeichnungen sowie Aussagen angegeben, welche die abgebildeten Personen nicht gemacht hätten. Die klagende Partei begehrt die Unterlassung der Ankündigung irreführender Angaben über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere die Veröffentlichung von Fotos mit fingierten Aussagen über die Zufriedenheit bei Einkäufen bei der Beklagten, sowie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in Samstagausgaben der Tageszeitungen "Kurier", "Kronen-Zeitung" und "Presse".

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Begehrens und wendete ein, sie habe sich zur Werbung für ihren Teppichverkauf der Werbeagentur M bedient und diese beauftragt, Kunden der Beklagten nach dem Teppichkauf in oder vor dem Messepalast zu befragen und deren Äußerungen samt einem Bild der befragten Person in Inseraten in Tageszeitungen zu veröffentlichen. Als die Beklagte völlig überraschend vom Rechtsvertreter einer der abgebildeten Personen erfahren habe, daß diese weder Kundin der Beklagten sei noch ihre Zustimmung zu dem abgedruckten Text gegeben hatte, habe die Beklagte bei der beauftragten Werbeagentur rückgefragt und bestätigt erhalten, daß diese tatsächlich keine Befragung von Kunden vorgenommen, sondern sich Fotos von Werbemodellen beschafft und diese mit fingierten Aussagen versehen in den Inseraten verwendet habe. Für diesen Wettbewerbsverstoß sei die Beklagte nicht haftbar, weil sei darauf vertrauen konnte, daß von der Agentur auftragsgemäß vorgegangen werde und weil sie auf den konkreten Inhalt der Inserate mangels Kenntnis ihres wahren Sachverhaltes nicht habe Einfluß nehmen können.

Überdies sei die Firma M eine selbständige Werbeagentur und kein Glied in der Organisation der Beklagten. Eine Veröffentlichung in drei Zeitungen, insbesondere in der "Presse", sei nicht gerechtfertigt, weil in dieser nicht geworben worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren vollinhaltlich statt, wobei es von folgenden Feststellungen ausging:

Im "Kurier" vom 29. November 1975 und in der "Kronen-Zeitung" vom 30. November 1975 wurden Anzeigen eingeschaltet, in denen für die Teppichverkaufsveranstaltung der Beklagten im Messepalast in der Form geworben wurde, daß Fotos zusammen mit angeblichen Äußerungen der abgebildeten Personen darüber veröffentlicht wurden, wie zufrieden diese mit dem Einkauf bei der Beklagten gewesen seien und wie preisgünstig sie bei ihr gekauft hätten. Darunter befand sich auch das Foto der Gertrude L mit einem Text, in dem sie als "Erika L, Sekretärin" bezeichnet und ihre angebliche Aussage wiedergegeben wurde, ihr Verlobter habe sie in den Messepalast geschickt, weil sie noch Tischteppiche für ihre neue Wohnung benötigten; einen besonders schönen Teppich habe sie sich bis Montag weglegen lassen, da komme sie noch einmal mit ihrem Verlobten, so einen Teppich habe sie immer schon haben wollen, er sei ihr aber immer zu teuer gewesen, im Messepalast könne sie sich ihn leisten.

Die Beklagte gibt selbst zu, daß jene Fotos, welche sich die von ihr beauftragte Werbeagentur M bei der Modellagentur A verschafft hatte, von M mit fingierten Aussagen versehen in den Inseraten verwendet wurden und daß tatsächlich eine Befragung von Kunden nicht vorgenommen wurde.

Rechtlich qualifizierte das Erstgericht diese Werbung als Verstoß gegen § 2 UWG, für den die Beklagte gemäß § 18 UWG hafte, weil sie die rechtliche Möglichkeit gehabt habe, auf das Handeln der Werbeagentur Einfluß zu nehmen, ein Verschulden der Beklagten setze diese Haftung nicht voraus. Die Wiederholungsgefahr sei zu bejahen, weil die Beklagte besondere Gründe für die gegenteilige Annahme nicht einmal behauptet habe. Es sei daher sowohl der Unterlassungsanspruch als auch der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung gerechtfertigt.

Die Berufung der beklagten Partei blieb in der Hauptsache erfolglos; in der Frage der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung änderte das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Begehren der klagenden Partei hinsichtlich der Tageszeitung "Presse" abwies. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und teilte auch die rechtliche Beurteilung in der Hauptsache. In der frage der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß die Bekanntmachung des Urteiles in den Tageszeitungen "Kurier" und "Kronen-Zeitung", in denen die wettbewerbswidrigen Ankündigungen erschienen waren, ausreiche, um die von der gesetzwidrigen Werbeaktion angesprochenen Verkehrskreise zu erreichen und sie aufzuklären. Eine Urteilsveröffentlichung in der Tageszeitung "Presse" sei entbehrlich, weil für diese Zeitung andere Leser in Frage kämen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes (über den es entschied) 50 000 S übersteigt.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen beider Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die klagende Partei bringt im wesentlichen vor, daß die gesetzwidrige Werbeaktion durch die besonders große Breitenwirkung der auflagenstärksten österreichischen Tageszeitungen "Kurier" und "Kronen-Zeitung", in denen die Ankündigungen erschienen waren, und die besondere Schwere der Irreführung eine besonders wirksame Form der Aufklärung durch Urteilsveröffentlichung erforderten. Gerade die Leser der Tageszeitung "Presse" gehörten zu jenen Personen, die auch andere Zeitungen durchsehen, und auf diese Weise daher auch von den beanstandeten Werbeankündigungen angesprochen worden sein könnten.

Demgegenüber ist darauf zu verweisen, daß die Urteilsveröffentlichung nach § 25 Abs. 4 UWG dazu dient, eine durch die wettbewerbswidrige Handlung hervorgerufene unrichtige Meinung richtig zu stellen und zu verhindern, daß sie weiter um sich greift; sie dient daher zur Aufklärung des durch die wettbewerbswidrige Handlung irregeführten Publikums. Die Berichtigung des Begehrens nach Urteilsveröffentlichung hängt somit davon ab, ob ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß besteht (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 88; SZ 27/119; ÖBl. 1975, 43; 1969, 8; 88, 91, 92; 4 Ob 335/76; 4 Ob 341; 342/76 u. a.). Das Berufungsgericht hat die Entscheidung über das Ausmaß der Urteilsveröffentlichung darnach mit Recht darauf abgestellt, ob zu erwarten ist, daß jene Verkehrskreise, die durch die wettbewerbswidrige Werbeankündigung angesprochen wurden, auch wieder über die Wettbewerbswidrigkeit dieser Ankündigung und den wahren Sachverhalt aufgeklärt werden. Seiner Auffassung, daß dieses Ziel durch eine Veröffentlichung des Urteils in den Tageszeitungen "Kurier" und "Kronen-Zeitung" erreicht werde, ist beizupflichten. Die von der klagenden Partei hervorgehobene Breitenwirkung infolge der hohen Auflagenzahl dieser beiden Tageszeitungen ist nicht nur für die Werbeankündigung, sondern auch für die Urteilsveröffentlichung zu berücksichtigen. Das besondere Maß der Breitenwirkung ist daher nicht nur bei der Werbeankündigung, sondern auch bei der Urteilsveröffentlichung zu erwarten. Jene Leser der Tageszeitung "Presse", welche die Tageszeitungen "Kurier" und "Kronen-Zeitung" nicht lesen, erreichte die Werbeankündigung unabhängig von ihrem Auffälligkeitswert nicht; für diese ist daher auch keine Aufklärung erforderlich. Bei jenen Lesern der Tageszeitung "Presse", welche regelmäßig auch diese beiden Tageszeitungen oder eine von ihnen lesen, ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß sie in ihrer weitaus

überwiegenden Mehrheit auch von den darin erscheinenden Urteilsveröffentlichungen erreicht werden. Für jene Ausnahmefälle, in welchen den Lesern der Tageszeitung "Presse" zwar die Werbeankündigung in einer der beiden anderen Tageszeitungen, nicht aber auch die Urteilsveröffentlichungen zur Kenntnis gelangten, besteht kein ausreichendes Bedürfnis nach Aufklärung, das eine Urteilsveröffentlichung auch in der Tageszeitung "Presse" rechtfertigen vollständige Gewähr dafür, daß jeder, der von der Werbeankündigung erfuhr, auch durch die Urteilsveröffentlichung aufgeklärt werde, besteht in keinem Fall. Das Berufungsgericht hat daher bei der gegebenen Sachlage eine Veröffentlichung des Urteiles in der Tageszeitung "Presse" mit Recht als nicht erforderlich erachtet.

Der Revision der klagenden Partei war daher ein Erfolg zu versagen. Die beklagte Partei macht geltend, daß sie für die Handlungsweise der von ihr beauftragten Werbeagentur nicht hafte, weil sie keinen Anlaß gehabt habe, daran zu zweifeln, daß diese den ihr erteilten Auftrag ordnungsgemäß ausführe; die beklagte Partei habe erst nach der Durchführung des Auftrages von der wettbewerbswidrigen Vorgangsweise erfahren. Die Werbeagentur sei nicht im Betrieb der beklagten Partei, sondern selbständig tätig gewesen.

Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden.

Nach § 18 UWG kann der Inhaber eines Unternehmens wegen einer der dort angeführten unzulässigen Handlungen - worunter das Verhalten der von der beklagten Partei beauftragten Werbeagentur unbestrittenermaßen fällt - auch dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn die Handlung im Betrieb seines Unternehmens von einer anderen Person begangen worden ist. Diese Bestimmung ist der Bestimmung des § 13 Abs. 3 deutsches UWG nachgebildet, die eine Haftung des Inhabers des Unternehmens für Angestellte und Beauftragte vorsieht. Der Wortlaut der Bestimmung des § 18 UWG wurde aber absichtlich anders gewählt, um eine verschärfte Haftung des Unternehmers und eine Erweiterung des Kreises der Personen, für die er haftet, über Bedienstete und Beauftragte hinaus zum Ausdruck zu bringen (Schuster - Bonnott, ÖBl. 1970, 34; SZ 18/45; ÖBl. 1972, 152; 1966, 34 u. a.). Die Bestimmung des § 18 UWG wurde daher auch immer weit ausgelegt. Als Personen, für welche der Inhaber des Unternehmens im Sinne dieser Gesetzesstelle haftet, sind daher auch Personen anzusehen, welche im Auftrag des Unternehmens, etwa auf Grund eines Werkvertrages, eines Bevollmächtigungsvertrages, eines freien Dienstvertrages und ähnliches, bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten, aber auch Geschäftspartner des Inhabers des Unternehmens. Die Haftung ist zu bejahen, wenn der Wettbewerbsverstoß in Zusammenhang mit Tätigkeiten des Geschäftspartners steht, die er im geschäftlichen Interesse des Inhabers des Unternehmens entfaltete. Wesentlich ist, daß der Unternehmer kraft seiner Beziehung zum Geschäftspartner die Möglichkeit hat, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen. Das haben die Untergerichte im Verhältnis zwischen der Beklagten und der von ihr beauftragten Werbeagentur mit Recht bejaht, weil die Entscheidung, ob und wie für die Beklagte zu werben ist, ihrem bestimmenden Einfluß unterliegt (vgl. zum enger gefaßten § 13 Abs. 3 deutsches UWG: GRUR 1973, 208). Die beklagte Partei haftet daher für den Wettbewerbsverstoß, den die von ihr beauftragte Werbeagentur anläßlich der Durchführung der Werbung, mit der sie von der beklagten Partei beauftragt war, begangen hat.

Bei dieser Haftung handelt es sich um eine reine Erfolgshaftung (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 94; ÖBl, 1964, 25, 115; 1972, 152 u. a.), so daß es nicht wesentlich ist, ob die beklagte Partei an dem Wettbewerbsverstoß selbst ein Verschulden trifft, ob sie mit Grund eine Durchführung des Auftrages ohne Verletzung der Bestimmungen des UWG erwarten durfte und wann sie von dem Wettbewerbsverstoß erfuhr.

Soweit aber die beklagte Partei mit ihren Ausführungen darüber, daß sie erst nach Beendigung des Auftrages erfahren habe, daß er nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, die Annahme einer Wiederholungsgefahr widerlegen will, ist ihr entgegenzuhalten, daß es ihre Sache gewesen wäre, nachzuweisen, auf Grund welcher konkreter Umstände mit einer Wiederholung der vorgefallenen Wettbewerbsverstöße ernstlich nicht mehr zu rechnen ist (ÖBl. 1964, 25; 1965, 143; 1969, 8, 43, 69; 1971, 45 u. a.). Da dies die Beklagte nicht getan hat, wurde mit Recht auch eine Wiederholungsgefahr angenommen und dem gegen sie erhobenen Unterfassungsbegehren stattgegeben.

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