OGH 6Ob9/76

OGH6Ob9/7610.6.1976

SZ 49/76

Normen

GOG §37 Abs2
HGB §146 Abs2
Rechtspflegergesetz §18 Abs1 Z5
GOG §37 Abs2
HGB §146 Abs2
Rechtspflegergesetz §18 Abs1 Z5

 

Spruch:

Die Bestellung oder Abberufung von Liquidatoren nach §§ 146 Abs. 2, 147 HGB ist Einzelrichtersache (Rechtspflegersache)

Gemäß § 146 Abs. 2 HGB kann auf Antrag eines Beteiligten aus wichtigen Gründen die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgen. Da das Gesetz die Beurteilung, was als wichtiger Grund anzusehen ist, dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes überläßt, kann eine in diesem Rahmen gehaltene Entscheidung schon begrifflich nicht offenbar gesetzwidrig sein

OGH 10. Juni 1976, 6 Ob 9/76 (OLG Graz 3 R 4/76; LG Graz 22 HRA 1594-48)

Text

Die Firma Möbelparadies E und Co. befindet sich in Liquidation. Als Liquidatoren wurden über ihr Ansuchen alle vier Gesellschafter am 1. Feber 1974 in das Handelsregister eingetragen. Am 10. Oktober 1974 stellte der Gesellschafter Dr. Gottfried I den Antrag auf Abberufung der übrigen Liquidatoren mit der wesentlichen Begründung, die Liquidation sei dadurch unmöglich, daß Erika I keine weitere Mitarbeit leiste und die Zustimmung zu dringlich gewordenen Maßnahmen verweigere. Unter anderem seien auch dringende Zahlungen zu leisten. Am gleichen Tag stellten die übrigen Gesellschafter Erika I, Ludwig E und Olga E den Antrag, Dr. Gottfried I als Liquidator abzuberufen und für ihn einen anderen Liquidator zu ernennen. Sie behaupteten, zwischen ihnen und Dr. Gottfried I bestunden "eine tiefgreifende Uneinigkeit und Interessengegensätze. In der Tagsatzung vom 15. Oktober 1974 ergänzte Dr. Gottfried I seinen Antrag dahingehend, "für die abberufene Mitliquidatoren" Ludwig E, Olga E und Erika I einen Liquidator zu bestellen.

Am 23. Oktober 1974 stellten die Gesellschafter Erika I, Ludwig E und Olga E den Antrag auf Abberufung sämtlicher Liquidatoren und Bestellung zweier außenstehender Personen, welche auf Grund ihres Berufes und ihrer Fähigkeiten zur Durchführung der Liquidation imstande seien. Sie begrundeten diesen Antrag damit, daß eine Einigung mit dem Gesellschafter Dr. Gottfried I über eine einvernehmliche Regelung nicht möglich sei. Dr. Gottfried I sprach sich in der Tagsatzung vom 30. Oktober 1974 gegen diesen Antrag aus.

In der Tagsatzung vom 31. Oktober 1974 erklärten sämtliche Gesellschafter, daß sie gegen die Personen der zu bestellenden Liquidatoren, nämlich der Steuerberater Walter M und Dr. Karl P, nichts einzuwenden hätten.

Das Registergericht berief mit Beschluß vom 31. Oktober 1974, ONr. 26, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter bestellten Liquidatoren Erika J, Ludwig E, Olga E und Dr. Gottfried I ab, bestellte zu gerichtlichen Liquidatoren die Steuerberater Walter M und Dr. Karl P, Graz, mit kollektiver Vertretungsbefugnis, und ordnete die Löschung der abberufenen und die Eintragung der gerichtlich bestellten Liquidatoren im Handelsregister an. Diese Eintragung wurde am 6. November 1974 vollzogen. Am 1. September 1975 beantragten die Gesellschafter Erika I, Ludwig E und Olga E die Abberufung der beiden Liquidatoren Walter M und Dr. Karl P und die Bestellung neuer Liquidatoren, weil wichtige, in der Eingabe im einzelnen dargestellte Umstände dafür vorlägen, daß von den Liquidatoren eine ordnungsgemäße Abwicklung ohne Nachteile für die Beteiligten nicht zu erwarten sei.

Die beiden vom Gericht bestellten Liquidatoren Walter M und Dr. Karl P legten mit dem an alle Gesellschafter gerichteten Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 25. September 1975 ihr Amt mit sofortiger Wirkung nieder. Ein Durchschlag dieses Schreibens wurde dem Registergericht übermittelt.

Die Gesellschafter Erika I, Ludwig E und Olga E zogen in der Tagsatzung vom 1. Oktober 1975 ihren Antrag vom 1. September 1975 auf Abberufung der gerichtlich bestellten Liquidatoren mit der Ankündigung zurück, einen Antrag auf Abberufung der nach dem Gesetz als Liquidatoren berufenen Gesellschafter einzubringen, weil wichtige Gründe eine Liquidation durch die Gesellschafter unmöglich erscheinen ließen.

Das Registergericht verfügte mit Beschluß vom 7. Oktober 1975, ONr. 35, die Löschung der bisherigen Liquidatoren Walter M und Dr. Karl P. Diese Verfügung wurde über Rekurs des Gesellschafters Dr. Gottfried I vom Rekursgericht mit Beschluß vom 29. Oktober 1975, ONr. 40, "behoben".

Am 8. Oktober 1975 beantragten die Gesellschafter Erika I, Ludwig E und Olga E "die Abberufung sämtlicher Gesellschafter als Liquidatoren und die Ernennung eines anderen Liquidators durch das Gericht". Sie verwiesen auf ihre Ausführungen im Antrag vom Oktober 1974 und auf in der Eingabe im einzelnen dargestellte Differenzen zwischen ihnen und Dr. Gottfried I, aus welchen "ganz eindeutig zu ersehen" sei, daß Dr. Gottfried I seine eigenen Interessen vor jene der Gesellschaft und seiner Mitgesellschafter stelle. Dr. Gottfried I brachte dazu in der Tagsatzung vom 16. Oktober 1975 vor, er habe "gegen die Zurücklegung des Liquidatorenamtes- durch die drei Mitgesellschafter keine Einwände, sei jedoch mit seiner eigenen Abberufung nicht einverstanden, "dies auch aus Kostengrunden".

Am 17. November 1975 stellte der Gesellschafter Dr. Gottfried I den Antrag, seine Mitgesellschafter Erika I, Ludwig E und Olga E als Mitliquidatoren abzuberufen und "ihn sofort auf Grund der Sachlage als Alleinliquidator zu befassen". Er behauptete u. a. verschiedene gesellschaftsvertragswidrige und gesetzwidrige Entnahmen durch die "Gruppe E" und brachte vor, es sei "hinsichtlich der R-Liegenschaft von den Ehegatten L und O E bereits zu Erpressungszwecken ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig, das demnächst fortzusetzen von der Gruppe E bereits angekundigt" worden sei.

Die Gesellschafter Erika I, Ludwig E und Olga E wiesen in ihrer Eingabe vom 21. November 1975 alle Vorwürfe des Gesellschafters Dr. Gottfried I zurück und behaupteten, daß dieser Gesellschafter am 10. November 1975 gegen die Firma Möbelparadies E und Co. in Liquidation sowie gegen Erika I, Olga E und Ludwig E eine Klage wegen Ungültigkeit und Unwirksamkeit zweier Notariatsakte mit Einverleibung der Löschung des Pfandrechtes eingebracht habe, weshalb die Bestellung eines anderen Liquidators dringend notwendig erscheine.

Am 26. November 1975 stellten sämtliche Gesellschafter den Antrag, im Handelsregister die Löschung der bisherigen Liquidatoren Walter M und Dr. Karl P und die Eintragung der Liquidatoren Erika I, Dr. Gottfried I, Ludwig E und Olga E vorzunehmen. Das Registergericht verfügte am 27. November 1975 die diesem Antrag entsprechenden Eintragungen im Handelsregister, welche am 3. Dezember 1975 vollzogen wurden.

Das Registergericht traf am 4. Dezember 1975 folgende Verfügungen:

Unter Punkt 1 wurden die Liquidatoren der Firma Möbelparadies E und Co. in Liquidation, Erika I, Dr. Gottfried I, Ludwig E und Olga E, abberufen. Unter Punkt 2 wurde Dr. Josef F, Rechtsanwalt in Graz, zum Liquidator dieser Firma bestellt. Unter Punkt 3 wurden alle unerledigten Beweisanträge abgewiesen. Unter Punkt 4 wurde Dr. Gottfried I hinsichtlich seiner Anträge, seine Mitgesellschafter Erika I, Ludwig E und Olga E als Mitliquidatoren abzuberufen und ihm als "Alleinliquidator" zu belassen, auf die Punkte 1 und 2 der Entscheidung verwiesen. Unter Punkt 5 wurde die Vornahme nachstehender Eintragungen im Handelsregister nach Rechtskraft des Beschlusses angeordnet: "a) Gelöscht: Die bisherigen Liquidatoren Erika I, Dr. Gottfried I, Ludwig E und Olga E; b) zum Liquidator ist Dr. Josef F bestellt." Das Erstgericht stellte folgendes fest:

Beim Landes- als Handelsgericht Graz sind folgende Verfahren zwischen den Gesellschaftern und der Firma Möbelparadies E und Co. in Liquidation anhängig:

1. Zu 9 Cg 60/75 über eine von Dr. Gottfried I am 7. Juli 1971 gegen Erika I und die protokollierte Firma Möbelparadies E und Co. in Liquidation eingebrachte Klage auf Zahlung eines Betrages von 62 106.50 S samt Anhang, Abgabe einer Erklärung und wegen Feststellung.

2. Zu 9 Cg 883/75 über eine von Dr. Gottfried I am 10. November 1975 gegen Erika I, Ludwig E, Olga E und die protokollierte Firma Möbelparadies E und Co. in Liquidation eingebrachte Klage wegen Ungültigkeit und Unwirksamkeit zweier Notariatsakte aus dem Jahre 1973.

3. Zu 9 Cg 33/75 über eine von Dr. Gottfried I gegen die protokollierte Firma Möbelparadies E und Co. in Liquidation eingebrachte Klage wegen 474 007 S samt Anhang.

Dr. Gottfried I beantragte am 12. September 1975 beim Bezirksgericht für ZRS Graz zu 12 E 9508/75 die Bewilligung einer Forderungsexekution gegen die Firma Möbelparadies E und Co. in Liquidation.

Beim Bezirksgericht für ZRS Graz ist zu 12 C 20/75 eine von der Firma Möbelparadies E und Co. in Liquidation gegen Dr. Gottfried I eingebrachte Klage nach § 35 EO anhängig.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus: Gemäß § 147 HGB könne die Abberufung und gemäß § 146 HGB die Ernennung von Liquidatoren auf Antrag eines Beteiligten aus wichtigen Gründen durch das Gericht vorgenommen werden. Als wichtige Gründe seien Umstände anzusehen, welche annehmen ließen, daß durch die gesetzlichen oder den Willen der Gesellschafter berufenen Abwickler eine ordnungsgemäße Abwicklung, nämlich deren reibungsloser und ungestörter Verlauf, nicht gewährleistet sei. Die aus den angeführten umfangreichen Rechtsstreitigkeiten hervorgehende Uneinigkeit der Gesellschafter sowie die schweren Vorwürfe des Dr. Gottfried I gegen die übrigen Gesellschafter (Erpressung und Untreue) lähmten geradezu die Tätigkeit der Gesellschafter als Liquidatoren, weshalb deren Abberufung schon aus diesem Gründe gerechtfertigt erscheine. Dr. Josef F habe sich zur Übernahme des Amtes des Liquidators bereit erklärt und er besitze als Rechtsanwalt die Eignung dazu.

Der vom Gesellschafter Dr. Gottfried I gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs blieb erfolglos. Das Rekursgericht führte aus: Zur Erlassung des angefochtenen Beschlusses sei der Einzelrichter zuständig gewesen. Vor Einführung des deutschen Handelsgesetzbuches und des 7. Abschnittes des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) mit den in der 4. Einführungsverordnung handelsrechtlicher Vorschriften vom 24. Dezember 1938, DRGBl. I, 1999 angeführten Vorschriften habe in der Rechtsprechung und Rechtslehre kein Zweifel über die Zuständigkeit des Registergerichtes zur Berufung und Abberufung des Liquidators bestanden. Nach § 37 Abs. 1 Z. 12 GOG bedürfe es bei Gerichtshöfen erster Instanz keiner Beschlußfassung des Senates, wenn es sich um Eintragungen in das Handelsregister handle, deren Erledigung nach dem Gesetz zweifellos sei. Nach § 125 FGG seien hingegen die Amtsgerichte zur Führung des Handelsregisters zuständig. Mit der Verordnung über die Zuständigkeit zur Führung des Handelsregisters vom 10. Dezember 1945, BGBl. 21/1946, hätte hinsichtlich der Zuständigkeit der Gerichtshöfe erster Instanz zur Führung des Handelsregisters der frühere Zustand wieder hergestellt werden sollen. Die Neufassung des § 145 FGG sei deshalb erforderlich gewesen, weil das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend der deutschen Rechtslehre die Zuständigkeit für die Führung des Handelsregisters und die Zuständigkeit für die im § 145 FGG angeführten Angelegenheiten gesondert behandle. Das Gesetz enthalte jedoch keinen Hinweis, daß es über den früheren Zustand hinausgehen und die im § 37 Abs. 1 Z. 12 GOG dem Einzelrichter gegebenen Befugnisse gegenüber der früheren, auf viele Jahrzehnte zurückgehenden und durch die Rechtslehre gebilligten Übung habe einschränken wollen.

Entscheidend sei allein die Frage, ob ein wichtiger Grund für die Ernennung eines "gesellschaftsfremden Liquidators" vorliege. Das Gesetz gebe keinen Anhaltspunkt, welcher Grund als wichtig anzusehen sei, um die Bestellung des Liquidators durch das Gericht zu rechtfertigen. Wichtige Gründe müßten jedenfalls dann als gegeben angenommen werden, wenn eine gedeihliche Durchführung der Liquidation durch die vom Gesetz berufenen Liquidatoren nicht zu erwarten sei. Schon allein auf Grund der zwischen den Gesellschaften geführten Rechtsstreitigkeiten habe als bescheinigt zu gelten, daß zwischen den Gesellschaftern Differenzen bestunden, welche einen gedeihlichen Abwicklung entgegenstunden. Wer vom Gericht als Liquidator zu bestellen sei, sei eine Ermessensfrage. Ein Recht, vom Gericht als Liquidator bestellt zu werden, hätten auch die Gesellschafter nicht. Keinesfalls könne eine solche Person als Liquidator bestellt werden, bei welcher eine Interessenkollision nicht auszuschließen sei. Eine solche wäre beim Gesellschafter Dr. Gottfried I gegeben, dessen Bestreben immer dahin gehe, darauf hinzuweisen, welche Ansprüche ihm gegenüber der Gesellschaft zustunden. Er scheide von vornherein als Liquidator aus, weil hier auch die Interessen der anderen Gesellschafter auf dem Spiele stunden. Gegen die Person des vom Erstgericht bestellten Liquidators bestunde keine Bedenken.

Der Oberste Gerichtshof wies eine als "Nachtrag zum ao Revisionsrekurs" bezeichnete Eingabe und den Revisionsrekur des Gesellschafters Dr. Gottfried I zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie der OGH bereits wiederholt ausgesprochen hat, darf auch im außerstreitigen Verfahren dieselbe Partei innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist nicht mehrere Rechtsmittelschriften gegen die gleiche Entscheidung einbringen (NotZtg. 1964, 10; SZ 44/180; EvBl. 1972/250 u. a.). Ein "Nachtrag" zu einem eingebrachten Rechtsmittel ist daher ebenfalls unzulässig. Die Eingabe des Revisionsrekurswerbers vom 4. März 1976 war daher schon allein aus diesem Gründe zurückzuweisen.

Der Revisionsrekurs erweist sich als unzulässig.

Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigt hat, ist der Revisionsrekurswerber auf die Anfechtungsgrunde des § 16 AußStrG beschränkt, von denen er Nichtigkeit und offenbare Gesetzwidrigkeit geltend macht.

Zur Nichtigkeit führt der Revisionsrekurswerber aus, es bestehe "sicher kein Zweifel darüber", daß im Rahmen des außerstreitigen Verfahrens der Einzelrichter für die Eintragung der Löschung eines abberufenen und für die Eintragung des bestellten Liquidators zuständig sei. Die Überprüfung, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung von Liquidatoren und für die Bestellung gerichtlicher Liquidatoren vorliege, und die Auswahl des Liquidators könnten zwar im Rahmen eines außerstreitigen Verfahrens erfolgen, die diesbezüglichen Verfahrensvorschriften seien aber durch die Verordnung über die Zuständigkeit zur Führung des Handelsregisters vom 10. Dezember 1945, BGBl. 21/1946, nicht in der Form geregelt, daß der Einzelrichter hiefür zuständig gemacht werden könne. Diesbezügliche Verfahrensvorschriften seien in dieser Verordnung nicht enthalten. Da in erster Instanz ein Einzelrichter entschieden habe, liege eine Nichtigkeit im Sinne der §§ 477 Abs. 1 Z. 2 ZPO, 83 GOG vor. Nach § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 37 Abs. 1 Z. 11 GOG werd e bestimmt, daß in allen außerstreitigen Angelegenheiten eine Beschlußfassung durch den Senat für meritorische Beschlüsse notwendig sei, welche entscheidenden Einfluß auf die Rechte der Parteien nähmen. Die Abberufung eines gesetzlichen Liquidators, die Bestellung eines gerichtlichen Liquidators und insbesondere dessen Auswahl könnten nicht ausschließlich nach den für die Führung des Handelsregisters "allein geltenden Vorschriften" vorgenommen werden. Hiefür sei der Senat zuständig. Im Rahmen früherer Entscheidungen des OGH sei nicht darauf Bedacht genommen worden, daß streng zu unterscheiden sei zwischen dem Formalakt der Handelsregistereintragung der Löschung des abberufenen und der Eintragung des bestellten Liquidators einerseits und dem Verfahren, welches notwendig sei, um aus wichtigen Gründen einen Liquidator abzuberufen, einen gerichtlichen Liquidator zu bestellen und die hiefür geeignete Person auszuwählen, andererseits § 37 Abs. 1 Z. 12 GOG sehe vor, daß es keiner Beschlußfassung des Senates bedürfe, wenn es sich um eine Aufforderung an die Beteiligten zur Bewirkung der vorgeschriebenen Handelsregisteranmeldung handle, einschließlich der Verhängung von Ordnungsstrafen und der Anordnung der von Amts wegen zu vollziehenden "Anmerkungen im Handelsregister". In Verbindung mit Z. 11 dieser Gesetzesstelle ergebe sich eindeutig, daß nur die Eröffnung und Leitung des Verfahrens sowie die Vorbereitung der meritorischen Beschlußfassung Zuständigkeit des Einzelrichters begrunde. Hingegen sei in dieser Gesetzesstelle keine Ermächtigung des Einzelrichters enthalten, entscheidenden Einfluß auf die Rechte der Partei zu nehmen. Die Entscheidung vom 12. Juni 1963, 6 Ob 115/63 (= SZ 36/83), könne nicht so aufgefaßt werden, daß es dem Einzelrichter überlassen bleibe, ob er allein oder der Senat entscheide, falls er diesen anrufen wolle. Bei einer derartigen Interpretation werde der Anspruch auf den gesetzlichen Richter im Sinne der Bundesverfassung verletzt. Da nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes jener Richter der gesetzliche Richter sei, welcher nach dem Gesetz zur Entscheidung im konkreten Fall berufen sei, sei im vorliegenden Fall der dem Revisionsrekurswerber gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG zustehende Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzt.

Die Ausführungen des Revisionsrekurswerbers zur Nichtigkeit erwiesen sich schon deshalb nicht als zielführend, weil der Gesetzgeber im § 18 Abs. 1 des Rechtspflegergesetzes vom 4. Juli 1962, BGBl. 180, bestimmte, daß der Wirkungskreis des Rechtspflegers in Sachen des Handels- und des Genossenschaftsregisters u. a. die Ernennung oder Abberufung von Liquidatoren (§§ 146 Abs. 2 und 147 HGB) umfaßt (§ 18 Abs. 1 Z. 5 RPflG). Da der Rechtspfleger nur dem Einzelrichter zugeordnet ist, brachte der Gesetzgeber damit zweifelsfrei zum Ausdruck, daß die nach den §§ 146 Abs. 2 und 147 HGB zu treffenden Maßnahmen nicht zu den im § 37 Abs. 1 Z. 11 und 12 GOG aufgezählten Geschäften gehören, es sich also - wenn nicht der Rechtspfleger entscheidet - von vornherein um vom Einzelrichter zu erledigende Angelegenheiten handelt. Daher kommt auch eine Heranziehung der Bestimmungen des § 37 Abs. 2 GOG nicht in Frage. Unter diesen Umständen bedarf es weder einer Stellungnahme zu den kritischen Bemerkungen des Revisionsrekurswerbers zur früheren Rechtsprechung des OGH über die Abgrenzung zwischen Senat und Einzelrichter in Sachen des Handelsregisters noch zu den im Revisionsrekurs gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 37 Abs. 2 GOG vorgetragenen Bedenken, welche schon von Sinzinger in seiner in der Kastner-Festschrift veröffentlichten Abhandlung "Der gesetzliche Richter in Registersachen" angemeldet worden sind (458 und 459).

Die vom Revisionsrekurswerber behauptete Nichtigkeit liegt somit nicht vor.

Zur offenbaren Gesetzwidrigkeit wird im wesentlichen ausgeführt, die Vorinstanzen hätten "durch Bestellung des Rechtsanwaltes Dr. F den Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens verlassen, weil kein Grund vorhanden ist, den arbeitswilligen Gesellschafter Dr. Gottfried I vom Liquidatorenamt auszuschließen".

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Begriff der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht jenem der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gleichzusetzen (SZ 39/103; EFSlg. 19 069 u. a.). Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt vielmehr nur dann vor, wenn die zur Beurteilung gestellte Frage im Gesetz selbst so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103; JBl. 1972, 327 u. v. a.). Gemäß § 146 Abs. 2 HGB kann auf Antrag eines Beteiligten aus wichtigen Gründen die Ernennung von Liquidatoren durch das Gericht erfolgen, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat; das Gericht kann in einem solchen Fall Personen zu Liquidatoren ernennen, die nicht zu den Gesellschaftern gehören. Das Gesetz enthält keine Bestimmung darüber, was als wichtiger Grund anzusehen ist. Da es die Beurteilung dieser Frage somit dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes überläßt, kann eine in diesem Rahmen gehaltene Entscheidung schon begrifflich keine Gesetzwidrigkeit darstellen (SZ 27/159; EFSlg. 19 086 u. v. a.).

Soweit der Revisionsrekurswerber dartun will, daß die Vorinstanzen "den Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens verfassen" hätten, stellen seine diesbezüglichen Ausführungen in Wahrheit eine Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen dar. Auf diese Ausführungen des auf die Anfechtungsgrunde des § 16 Abs. 1 AußStrG beschränkten Rechtsmittels kann daher nicht eingegangen werden.

Da mit dem Revisionsrekurs kein tauglicher Anfechtungsgrund geltend gemacht wird, mußte er zurückgewiesen werden.

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