European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00177.75.0917.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Untergerichte werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die von ihr benützten Kellerräume des Hauses *, das sind die von der Talseite aus gesehen ebenerdigen Räume, in EZ. 61 II KG. * zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben, abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.589,46 S bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (hievon 448,46 S Umsatzsteuer und 495 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Entscheidungsgründe:
Auf Grund der Einantwortungsurkunde vom 11. 4. 1958 stand die Liegenschaft EZ. 61 II KG. * mit dem Haus * zu je einem Siebentel im Miteigentum des Klägers und seiner Geschwister N*, A*, R*, A*, F* und J* W*. Auf Grund der Kaufverträge vom 8. 3./20. 12. 1968, ist R* W*, seit 24. 9. 1966 verehelichte M*, die Ehegattin des Beklagten, seit 28. 8. 1969 auch Eigentümerin der Miteigentumsanteile ihrer Geschwister A*, F* und J* und damit zu vier Siebenteln Miteigentümerin der Liegenschaft. Die Leistungen an die Geschwister A*, F* und J* in der Gesamthöhe von etwa 28.800 S stammten aus dem Vermögen des Beklagten, ohne daß die Verkäufer dem Beklagten aber etwa versprochen hätten, ihm ihr Miteigentum zu übertragen. N* W* hat außerbücherlich ihren Miteigentumsanteil vor dem 13. 12. 1973 auf den Kläger übertragen.
Schon vor seiner Eheschließung adaptierte der Beklagte unter teilweiser Mitwirkung des F* W* eine Wohnung im ersten Stock des mehrstöckigen, sehr alten und sich in einem desolaten Bauzustand befindlichen Hauses *. Von 1966 bis 1969 adaptierte der Beklagte mit Wissen der Miteigentümer, die dem Beklagten freie Hand ließen, außerdem im Keller des Hauses eine Schlosserwerkstätte, die er seit ihrer Fertigstellung im Jahre 1969 auch betreibt. Der Beklagte ließ darüber hinaus den Fußboden im Hausgang tiefer verlegen, eine neue Stiege im Stiegenhaus anbringen und den Stall in eine Garage für mehrere PKW umbauen. Beim stark reparaturanfälligen Dach ließ er jährlich einzelne Dachplatten ersetzen. Die Arbeiten wurden vom Beklagten unter fallweiser Heranziehung seiner Arbeitnehmer durchgeführt. Er dachte nie an die Zahlung einer Miete oder eine Aufrechnung der getätigten Investitionen gegen eine Miete, wirtschaftete selbständig, ließ unbeanstandet diejenigen Baumaßnahmen durchführen, welche er für günstig hielt, und wurde darin bis Ende 1973 von den Miteigentümern in keiner Weise gehindert. An Arbeit und Material überstiegen die insbesondere in den Jahren 1968 bis 1972 erbrachten Leistungen des Beklagten 150.000 S; auch R* M* trug bis 1970 aus ihrem Verdienst als Volksschullehrerin zum Ausbau der Wohnung und zur Haushaltsführung bei. Der Kläger wohnt seit 1969 – ebensowenig wie seine übrigen Geschwister mit Ausnahme von R* M* – nicht mehr in *.
Die Ehe zwischen R* M* und dem Beklagten ist nunmehr zerrüttet. Weil die Gemeinde * im Jahre 1973 die Instandsetzung des Daches verlangte und der Beklagte zur Bezahlung einer Miete, die R* M* nicht durchsetzen hatte können, veranlaßt werden sollte, schloß der Kläger am 13. 12. 1973 mit R* M* und der verbliebenen weiteren Miteigentümerin A* W* eine Benützungsvereinbarung, wonach dem Kläger ua die alleinige Benützung der gesamten Kellerräume zukam, erzielte Mieteinnahmen daraus allerdings mit R* M* zu teilen waren. Der Kläger schlug dem Beklagten in der Folge vor, ihm einen monatlichen Mietzins von 2.000 S zu bezahlen, was dieser ablehnte. Der Beklagte hat einen Neubau errichtet und beabsichtigt, die innegehabten Räume in absehbarer Zeit zu räumen.
Da der Beklagte die Kellerräume titellos innehabe, begehrte der Kläger das Urteil, der Beklagte sei schuldig, die von ihm benützten Kellerräume zu räumen und ihm geräumt zu übergeben. Der Beklagte wendete insbesondere ein, es liege, da er die Mittel für den Ankauf von drei Siebentel-Anteilen durch seine Ehegattin zur Verfügung gestellt habe, Miteigentum, zumindest aber ein Gesellschaftsverhältnis vor; jedenfalls sei er aber berechtigt, die streitgegenständlichen Räume aus dem familienrechtlichen Verhältnis zu seiner Ehegattin, der Vier-Siebentel-Eigentümerin des Hauses, zu benützen; die Benützungsvereinbarung zwischen seiner Ehegattin und dem Kläger habe keinerlei dingliche Wirkung.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes sei nicht errichtet worden. Die Gestattung von Baumaßnahmen allein könne nicht als Grundlage eines derartigen Vertrages angesehen werden. Die Benützungsvereinbarung vom 13. 12. 1973 sei rechtswirksam zustande gekommen. Auch wenn die Mittel zum Ankauf von drei Siebentel-Miteigentumsanteilen vom Beklagten gekommen seien, sei er damit doch nicht Miteigentümer geworden. Es möge sein, daß die geschlossene Benützungsvereinbarung gegen § 92 ABGB verstoße; trotz ihrer Beistandspflicht sei es aber allein Sache der R* M* gewesen, inwieweit sie auf eine Ausübung ihrer Miteigentumsrechte verzichtete. Es spiele auch keine Rolle, daß die Mittel zum Ankauf der weiteren Anteile vom Beklagten stammten.
Das Berufungsgericht bestätigt die erstgerichtliche Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteige. Der Ehemann sei nicht berechtigt, die Beistandspflicht seiner Frau grenzenlos in Anspruch zu nehmen. Mache eine Ehefrau für ihren Gatten Aufwendungen, mit denen dieser ein Vermögen erwerbe, lägen nicht mehr rein familienrechtliche Verhältnisse vor. Eine Vereinbarung des Beklagten mit seiner Ehefrau liege aber gar nicht vor; R* M* und die übrigen Miteigentümer hätten dem Beklagten einfach beim Ausbau der Werkstätte freie Hand gelassen. Der Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, sich durch Abschluß eines Mietvertrages die Betriebsstätte zur Ausübung seines Gewerbes zu sichern. Der Abschluß der Vereinbarung vom 13. 12. 1973 sei daher nicht rechtsunwirksam oder sittenwidrig gewesen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Beklagten, die den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag geltend macht, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; allenfalls solle das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben, und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an eines der Untergerichte zurückverwiesen werden.
Der Kläger beantragte, der Revision keine Folge zu. geben und die vorinstanzlichen Entscheidungen zu bestätigen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Zu Unrecht stützt der Beklagte seine Revision allerdings vor allem darauf, daß zwischen ihm und seiner Ehegattin eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes bestehe, die es ihr rechtlich unmöglich gemacht habe, die Vereinbarung vom 13. 12. 1973 zu treffen. Es ist zwar richtig, daß eine Erwerbsgesellschaft auch dann vorliegen kann, wenn Ehegatten ihr Kapital und ihre Arbeit zur Erreichung eines beschränkten wirtschaftlichen Zweckes, der nicht nur die ehegüterrechtlichen Verhältnisse im allgemeinen ordnen soll, vereinigen, insbesondere auch zum Zwecke der Errichtung oder Instandsetzung eines Hauses (EvBl 1973/317; MietSlg 21.245; JBl 1963, 264; JBl 1961, 281 uva); dies kann auch stillschweigend geschehen (EvBl 1973/317; EvBl 1963/243). Gesellschaftsverträge sind aber Verträge der wirtschaftlichen Organisation. Es genügt daher nicht, daß mehrere Personen am Eintritt eines bestimmten Erfolges interessiert sind oder daß sie in einfacher Rechtsgemeinschaft stehen; es muß vielmehr eine, wenn auch lose, Gemeinschaftsorganisation vereinbart sein, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- oder Mitwirkungsrechte gibt (EvBl 1973/317; JBl 1966, 364 ua). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. R* M* mußte gewiß auch am Ausbau der Kellerräume interessiert sein, weil der Beklagte daraus seinen Erwerb, der (auch) dem Familienunterhalt dienen sollte, zu erzielen gedachte. Sie hat ihm zu diesem Zweck aber nur den Ausbau und die Benützung der Räume gestattet; das Unternehmen führt der Beklagte allein. Damit wurde noch kein Gesellschaftsverhältnis begründet. Auf die Frage, inwieweit sich der Beklagte dem Kläger gegenüber darauf überhaupt berufen hätte können, ist daher nicht einzugehen.
Der Kläger kann aber aus anderen. Gründen mit seinem Begehren nicht durchdringen. Um den Fall abschließend rechtlich beurteilen zu können, ist zunächst die Rechtslage zu prüfen, wie sie bis zur Vereinbarung vom 13. 12.1973 bestand. Der Beklagte hat ab dem Jahre 1966, als er die damalige Miteigentümerin des Hauses R* W*, die Schwester des Klägers, geheiratet und mit ihr die Wohnung im ersten Stock des Hauses * bezogen hatte, nicht nur die Wohnung im ersten Stock adaptiert, sondern auch mit Wissen und Duldung der Miteigentümer und damit insbesondere auch des Klägers im Keller eine Schlosserwerkstätte, in der er 1969 auch einen Schlossereibetrieb zu führen begann, errichtet. Während dieser Zeit erwarb die Ehegattin des Beklagten, die zunächst nur zu einem Siebentel Miteigentümerin des Hauses gewesen war, mit vom Beklagten stammenden Leistungen weitere drei Siebentel Miteigentumsanteile, so daß sie seit der Verbücherung des Kaufvertrages am 28. 8. 1969 und damit etwa mit Beginn der Tätigkeit des Beklagten in der Schlosserwerkstätte zu vier Siebentel Miteigentümerin, der Liegenschaft war. Wenn nun auch der Beklagte nicht darauf bestand, selbst Miteigentümer der Liegenschaft zu werden, kann doch kein Zweifel bestehen, daß die Leistungen für den Erwerb der drei Siebentel-Miteigentumsanteile seiner Ehegattin und natürlich auch der Ausbau der Werkstätte nur im Zusammenhang mit der aufrecht bestehenden Ehe erfolgte. Auch war es klar und für alle Beteiligten erkennbar, daß der Beklagte die ausgebaute Werkstätte nicht nur bittweise gegen jederzeitigen Widerruf, sondern als Ehegatte der Mehrheitseigentümerin innehaben und durch ihre Benützung seinen und seiner Familie Unterhalt zur Gänze oder doch überwiegend decken wollte. Wenn daher die Miteigentümer auch noch zu einem Zeitpunkt, zu dem R* M* das Mehrheitseigentum erwarb, dem Beklagten freie Hand ließen, ist anzunehmen, daß sie den von ihm geschaffenen Zustand hinzunehmen bereit waren. Dieses Verhalten kann rechtlich nur als Zustimmung aller Miteigentümer zu einer Benützungsregelung zugunsten der R* M* für alle von ihr und ihren Angehörigen innegehabten Räumlichkeiten, verbunden mit einer familienrechtlichen Verpflichtung derselben, dem Beklagten die Werkstättenräume zur Ermöglichung seines Erwerbes und zur Deckung des Familienunterhaltes zu belassen, verstanden werden. Benützungsregelung ist die Zuweisung der gemeinschaftlichen Sache oder körperlich begrenzter Teile derselben zur ausschließlichen oder gemeinsamen, auf Dauer oder zumindest auf längere Zeit gedachten Benützung durch die Teilhaber (MietSlg 25.052 uva). Eine Benützungsregelung kann wie jede andere Vereinbarung auch durch schlüssiges Verhalten zustandekommen (MietSlg 25.055, 21.077, 16.032 ua). Im Zweifel ist allerdings anzunehmen, daß die Parteien keine so weitgehende Bindung beabsichtigten (MietSlg 25.052, 25.058, 24.057, 25.061, 19.036/28 ua). Eine schlüssige Zustimmung muß jedoch insbesondere in einer jahrelang unwidersprochen gehandhabten Übung erblickt werden (MietSlg 25.055). Sie ist insbesondere dann anzunehmen, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Erwerb von Miteigentumsanteilen durch R* M* auf Kosten des Beklagten mit der weiteren Duldung der Ausbaumaßnahmen durch den Beklagten und dessen Verbleiben im Haus zusammentraf. Da die übrigen Miteigentümer auch duldeten, daß der Beklagte die Kellerräume mit offensichtlicher Gestattung durch R* M* für seinen Beruf verwendete, ist darin auch die Ermächtigung an R* M* zu erblicken, ihm die Kellerräume, auch mit Wirkung für sie als übrige Miteigentümer auf Grund des mit ihm bestehenden familienrechtlichen Verhältnisses zur Benützung zu überlassen (vgl. SZ 42/126); der Miteigentümer, dem ein Teil der gemeinschaftlichen Sache zur ausschließlichen Benützung überlassen wurde, ist nämlich berechtigt, darüber materiell auch als Vertreter der anderen Miteigentümer zu verfügen (MietSlg 26.051, 25.053, 17.043; SZ 23/288 ua). Unter diesen Umständen ist es unerheblich, daß es von Haus aus klar war, daß der Beklagte allein in den Kellerräumen seine Schlosserwerkstätte innehaben werde. R* M* ihrerseits war es, auch wenn sie bis 1970 noch als Lehrerin tätig war und diese Beschäftigung erst mit der Geburt des zweiten Kindes aufgab, selbstverständlich klar, daß der Beklagte mit dem Schlossereibetrieb in den Kellerräumen (auch) den Unterhalt für sich und seine Familie schaffen wollte. Das Einverständnis der R* M*, die Kellerräume dem Beklagten für den Schlossereibetrieb zu überlassen, war nicht nur die wohl selbstverständliche Folge der Übernahme der Kosten für den Erwerb von Miteigentumsanteilen durch sie, sondern stand untrennbar mit der Ehe mit ihm im Zusammenhang. Das hinderte R* M* aber, wie der Oberste Gerichtshof in einem gleichgelagerten Ball ausgesprochen hat, während des aufrechten Bestandes der Ehe die Räumung der Kellerräume zu verlangen, auch wenn in der Folge das eheliche Verhältnis zerrüttet worden sein mag; die gesetzliche Beistandspflicht der Ehefrau ist nämlich mit der Entziehung der dem Ehemann überlassenen und als Existenzgrundlage dienenden Geschäftsräume unvereinbar; hat die Ehefrau dem Mann ihren Beistand, wenn auch über den gesetzlichen Rahmen hinausgehend, gewährt, dann ist sie daran gebunden (EvBl 1958/112). Wie es grundsätzlich unzulässig ist, bei bestehender Ehe die Aufhebung der Gemeinschaft eines im Miteigentum der Ehegatten stehenden, dem Zwecke der Ehewohnung gewidmeten Hauses zu begehren (JBl 1971, 366; SZ 32/147 uva), kann auch ein Ehegatte bei einer Vereinbarung wie der vorliegenden nicht einseitig von seinen Pflichten abstehen. R* M* wäre daher nicht berechtigt gewesen, die Räumung der Kellerräume selbst zu verlangen.
Miteigentümer sind allerdings grundsätzlich berechtigt, im Einvernehmen mit den anderen Miteigentümern des Hauses eine von der bestehenden Benützungsregelung abweichende neue Regelung zu treffen. Jede und damit auch eine neue Benützungsregelung setzt nach ständiger Rechtsprechung aber voraus, daß die Teile der Liegenschaft, die Gegenstand der Benützungsregelung sein sollen, auch tatsächlich verfügbar sind. Das ist nicht der Fall, wenn z.B. hierüber ein aufrechtes Mietverhältnis oder ein sonstiges Benützungsrecht besteht. Nur eine bloß tatsächliche Benützung von Räumen ohne Rechtstitel steht einer Verfügbarkeit nicht im Wege (MietSlg 25.026; SZ 41/30; SZ 33/26 ua). Diese Rechtsauffassung wurde zwar immer nur im Zusammenhang mit Benützungsregelungsanträgen an das Gericht Vertreten; das Gericht kann aber auch nur die mangelnde Einigung der Parteien über eine Benützungsreglung durch seine eigene Entscheidung ersetzen, die Voraussetzungen für die gerichtliche Entscheidung und die gütliche Einigung unter allen Miteigentümern müssen aber dieselben sein. Da alle Miteigentümer wissentlich geduldet und damit zugestimmt hatten, daß der Beklagte zumindest auf Grund seiner familienrechtlichen Beziehungen zur Miteigentümerin R* M* die Kellerräume benützte, standen damit aber am 13. 12. 1973 die Kellerräume nicht zur Verfügung. Nach der Grundlage der Vereinbarung hatte der nicht in * wohnende Kläger auch gar nicht die Absicht, die Kellerräume in seine Benützung zu nehmen, sondern sollte mit dem Beklagten zur Vereinbarung eines Mietvertrages kommen. Tatsächlich handelt es sich bei der Vereinbarung vom 13. 12. 1973 also gar nicht um eine Benützungsregelung; sie hatte jedenfalls als solche mangels Verfügbarkeit der Räume keine Wirkung oder nur Wirkung für einen Zeitpunkt, zu dem die Kellerräume ohne Inanspruchnahme der neuen Vereinbarung wieder zur Verfügung stellen würden. Grundsätzlich ist nämlich zuerst die Verfügbarkeit der Räume herbeizuführen, bevor eine (neue) Benützungsregelung erfolgen kann (MietSlg 24.058). Die Vereinbarung vom 13. 12. 1973 konnte jedenfalls den familienrechtlichen Titel, aus dem der Beklagte mit Wissen und Duldung aller Miteigentümer die Kellerräume innehatte, nicht aufheben und dem Kläger einen Räumungsanspruch verschaffen, den die Miteigentümerin, die zuvor darüber verfügungsberechtigt war, nicht geltend machen hätte können. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, daß er die sich aus dem Familienrecht ergebende Verpflichtung der R* M* gegenüber dem Beklagten nicht beachten müsse und daher von einer titellosen Benützung der Kellerräume ausgehen hätte können. Als Recht zu einem bestimmten, der familiären Stellung entsprechenden Verhalten ist allerdings das Familienrecht stets nur relativ. Es kann also nur das eine Familienmitglied von dem anderen verlangen. Pflicht von Dritten ist es aber doch, störende Eingriffe in die Betätigung und tatsächliche Gestaltung der familiären Beziehungen zu unterlassen (Koziol, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte 138). Gerade dies aber hat der Kläger mit der gegenständlichen Klage getan.
Der Anspruch des Klägers müßte unter diesen Umständen, selbst wenn man ihm formelle Berechtigung zuerkennen wollte, aber jedenfalls auch als den guten Sitten zuwider und damit undurchsetzbar angesehen werden. Gegen die guten Sitten verstößt, was dem Rechtsgefühl der Gemeinschaft, das ist aller billig und gerecht denkenden Menschen, widerspricht; die Gute-Sitte-Klausel soll den Richter in die Lage versetzen, bei offenbaren Rechtswidrigkeiten helfend einzugreifen (SZ 44/58; SZ 38/164 ua; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts3, 110; Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 181). Der Oberste Gerichtshof hat in einem Fall, in dem der Ehegatte das Haus, in dem sich die Ehewohnung befand, seiner Lebensgefährtin übertragen hatte, das Räumungsbegehren der Lebensgefährtin gegen die Ehegattin als den guten Sitten widersprechend abgelehnt (8 Ob 172/73). Nicht anders ist auch ein Fall zu behandeln, in dem die Ehefrau ihrem Bruder durch eine bloße Benützungsregelung, die dazu noch gar nicht zu einer tatsächlichen Benützung durch den Bruder führen sollte, Möglichkeiten einräumen will, die, selbst in Anspruch genommen, gegen ihre ehelichen Pflichten verstießen und von ihr daher nicht durchgesetzt werden könnten. Das muß besonders im vorliegenden Fall gelten, in dem der Kläger über alle Umstände bestens informiert war und die Vereinbarung vom 13. 12. 1973 praktisch nur zu dem Zweck geschlossen wurde, um dem Kläger die formelle Möglichkeit zu geben, gegen den Beklagten vorzugehen. Daß dieser sich geweigert hat, einen Mietvertrag mit dem Kläger abzuschliessen, ist ohne Bedeutung, wenn er bisher, offenbar in Berücksichtigung der ohnehin geleisteten Beiträge, nichts zu bezahlen hatte. Inwiefern der Beklagte aus anderem Rechtsgrund verpflichtet werden könnte, zu den Instandhaltungskosten des Hauses beizutragen, ist in diesem Verfahren nicht zu erörtern. Auch ein sittenwidriger Vertrag bleibt allerdings grundsätzlich aufrecht und ist nur anfechtbar (EvBl 1974/97 ua). Derjenige, gegen den sich die sittenwidrige Handlungsweise auswirken würde, ist jedoch berechtigt, die Sittenwidrigkeit einzuwenden (SZ 29/46; vgl. Koziol-Welser aaO 111). Die Anfechtung muß nicht durch formelle Berufung auf § 879 ABGB geschehen, es genügt die Unterbreitung des erforderlichen sachlichen Substrats unter Hinweis auf den Rechtsmißbrauch (8 Ob 172/73; vgl. EvBl 1973/277). Das Vorbringen des Beklagten in diesem Verfahren kann in dieser Hinsicht als ausreichend angesehen werden. Daß der Beklagte sein Recht durch eigenes besonders krasses ehewidriges Verhalten verwirkt hätte, wurde durch Vorbringen des Klägers nicht einmal angedeutet.
Entgegen der Auffassung der Untergerichte erweist sich demnach das Klagebegehren nicht als berechtigt, so daß in Abänderung ihrer Entscheidungen das Klagsbegehren abzuweisen, ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Eine Reduzierung der verzeichneten Kosten ergibt sich daraus, daß der Beklagte für die Tagsatzung vom 22. 1. 1975 Kosten für fünf halbe Stunden verzeichnete, obwohl die Tagsatzung nur vier halbe Stunden dauerte; unrichtig wurden auch die Kosten für das Berufungsverfahren auf Basis eines Streitwertes von über 5.000 S (statt richtig 4.000 S) berechnet.
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