Spruch:
Eine Zession nur zu dem Zwecke, daß der Zedent Zeugenstellung erlangt und nicht das Prozeßrisiko trägt, widerspricht den guten Sitten und ist wirkungslos.
Entscheidung vom 13. Juni 1956, 3 Ob 226/56.
I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Der Kläger tritt im vorliegenden Rechtsstreit als Zessionar des Nebenintervenienten Fritz S. auf, der vom Beklagten ein Vitaminpräparat kaufte, gegen das Versprechen, im Falle der Abnahme einer weiteren bestimmten Menge des Präparates die Alleinvertretung für dieses Präparat vom Beklagten zu erhalten. Die Ware wurde von S. als mangelhaft gerügt und zur Verfügung gestellt. Der Kläger begehrt die Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich Fracht und Werbungskosten in der Höhe des Klagsbetrages. Der Beklagte bestritt die Mängel und die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge und erhob auch die Einrede der Scheinzession, weil dadurch nur die Zeugenstellung des Zedenten und die Abwälzung des Prozeßrisikos auf eine vermögenslose Person erreicht werden sollte. Dem Kläger war das Armenrecht bewilligt worden. Aus dem vorgelegten Armenrechtszeugnis ergab sich, daß er stellenlos ist und ein Einkommen von zirka 500 S monatlich für Aushilfsarbeiten hat.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es hielt die Einrede der Scheinzession für berechtigt, woraus sich ergebe, daß dem Kläger die Aktivlegitimation fehle. Fritz S. hätte die Zession verschieden begrundet, einmal als Darlehen an den Kläger, dann als Gesellschaftseinlage für ein zu grundendes Unternehmen. Tatsächlich sei die Zession erfolgt, um das Risiko des Prozeßausganges von Fritz S. abzuwälzen. Auch in der Sache selbst wurde der Anspruch als nicht gegeben angenommen. Die Mängelrüge sei nicht rechtzeitig erfolgt und die behaupteten Mängel lägen nicht vor.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es übernahm die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes und schloß sich dessen Meinung an, daß die Mängelrüge nicht rechtzeitig erfolgt, vielmehr die Ware von S. genehmigt worden sei. Das Berufungsgericht hielt aber auch die Einrede der Scheinzession für begrundet. Alle erhobenen Umstände führten zwingend zu der vom Erstgericht getroffenen Feststellung, daß durch die Zession das Prozeßrisiko auf den völlig mittellosen Kläger abgewälzt werden sollte.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Revisionswerber meint, daß auch bei Zugrundelegung des von den Untergerichten festgestellten Sachverhaltes von einem ungültigen Geschäft nicht gesprochen werden könne. Selbst wenn S. nur darum nicht klagen wollte, weil er die Führung des Prozesses ohne Armenrecht bei einem entfernten Gericht nicht riskieren wollte oder konnte, lediglich zu Inkassozwecken seinen Anspruch zedierte und dem Kläger dies dadurch schmackhaft machte, daß er ihm ein Darlehen in der Höhe des hereingebrachten Betrages versprach, sei dies ein gültiger Vorgang. Aber auch wenn man ein Scheingeschäft annehmen wolle, müsse das Geschäft nach der Beschaffenheit des tatsächlich zugrunde liegenden Geschäftes beurteilt werden. Dies könnte aber wieder nur ein Inkassomandat sein.
Die Rechtsrüge ist unbegrundet. Wohl ist eine Zession zur Einziehung (Inkassomandat) als gültiges Rechtsgeschäft in der Rechtsprechung anerkannt, weil sie dem Verkehrsbedürfnis entspricht. Darum handelt es sich hier aber nicht. Der Kläger hat in erster Instanz niemals die Behauptung aufgestellt, daß ein Inkassomandat vorliege. Eine solche Annahme kann auch auf Grund der getroffenen Feststellungen nicht erfolgen. Es handelt sich im Gründe aber auch gar nicht um die Einrede des Scheinvertrages, vielmehr darum, daß der Beklagte die Gültigkeit einer Zession bekämpft, die nur aus dem Gründe erfolgte, um dem Zedenten Zeugenstellung zu verschaffen und das Prozeßrisiko auf den vermögenslosen Partner und damit mittelbar auf den Prozeßgegner abzuwälzen. Das aber ist ein Vorgang, der gegen die guten Sitten verstößt. Da sich die sittenwidrige Handlungsweise zuungunsten des Beklagten auswirken müßte, muß ihm auch das Recht eingeräumt werden, die Sittenwidrigkeit einzuwenden. Ob man daher - wie es das Reichsgericht in der Entscheidung DREvBl. 1940 Nr. 100 tut - die Einrede des Scheinvertrages bei einer Abtretung für zulässig hält, wenn der Vertrag gegen die guten Sitten verstößt weil der Gläubiger seine Forderung an einen Vermögenslosen in der Absicht abgetreten hat, den Beklagten im Falle seines Obsiegens um den Kostenanspruch zu bringen, oder ob man die Einrede der Sittenwidrigkeit eines solchen Geschäftes unmittelbar zuläßt, beides führt zum gleichen Ergebnis. Der Oberste Gerichtshof hält allerdings den zweiten, unmittelbaren Weg für den richtigeren. Denn es ist durchaus nicht erlaubt - wie der Revisionswerber meint -, eine Forderung durch einen Vermögenslosen nur aus dem Gründe einklagen zu lassen, um sich dem Kostenrisiko zu entziehen. Ein solches "Inkassomandat" widerspricht den guten Sitten und ist ungültig.
Es fehlt dem Kläger daher die Aktivlegitimation, wie die Untergerichte richtig erkannt haben, so daß es überhaupt nicht notwendig war, den zedierten Anspruch und seine sachliche Berechtigung weiter zu untersuchen.
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