OGH 6Ob43/60

OGH6Ob43/602.3.1960

SZ 33/26

Normen

ABGB §834 f.
ABGB §834 f.

 

Spruch:

Gegenstand einer Benützungsregelung nach §§ 834 f. ABGB. sind nur für den Eigengebrauch der Miteigentümer verfügbare Räume.

Entscheidung vom 2. März 1960, 6 Ob 43/60.

I. Instanz: Bezirksgericht Innsbruck; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Viertels, der Erstantragsgegner Eigentümer einer Hälfte und die Zweitantragsgegnerin Eigentümerin eines Viertels des Hauses I., D.- Straße 8. Die Antragstellerin begehrte, die Benützung dieses Hauses durch Verfügung des Außerstreitrichters dahin zu regeln, daß ihr eine bislang vermietet gewesene Wohnung im ersten Stock, die zufolge Aufkündigung durch den Mieter frei werden sollte, zugewiesen werde. Die beiden Antragsgegner, die zusammen die Anteilsmehrheit haben, waren damit nicht einverstanden und sprachen sich auch im vorliegenden Verfahren gegen den Antrag aus.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, die Bestimmungen der §§ 883 ff. ABGB. gestatteten nur die Entscheidung, ob eine von der Mehrheit vorgeschlagene wichtige Veränderung unbedingt oder nur gegen Sicherstellung oder gar nicht stattfinden dürfe, eröffne aber keine Möglichkeit, einer von der Minderheit vorgeschlagenen Maßnahme zur Durchführung zu verhelfen; die Weigerung der Antragsgegner, die von der Antragstellerin begehrte Neuregelung durchzuführen sei auch aus verschiedenen Erwägungen nicht als schikanös anzusehen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es handle sich bei der begehrten Maßnahme um eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB.; ob die Minderheit die Mehrheit dazu zwingen könne, brauche nicht weiter geprüft zu werden, weil die Antragstellerin während des Verfahrens geltend gemacht habe, mit dem Erstantragsgegner vereinbart zu haben, daß ihr die strittige Wohnung überlassen werde; da der Erstantragsgeber diese Vereinbarung bestreite, müsse die Antragstellerin ihr Recht auf Erfüllung der Vereinbarung im Prozeßweg durchsetzen; dem Außerstreitrichter sei die Möglichkeit genommen, über streitige Rechtsverhältnisse zu entscheiden; die Behauptung einer vertraglichen Bindung schließe eine Entscheidung im außerstreitigen Verfahren aus.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach der Begründung, die der Erstrichter seinem Beschluß gab, handelte es sich bei diesem Beschluß nicht um eine Verweigerung der Sachentscheidung, sondern um eine negative Sachentscheidung, bei der sogar auf die Frage einer schikanösen Rechtsausübung durch die Antragsgegner eingegangen wurde.

Der Beschluß des Rekursgerichtes stellt hingegen nach seiner Begründung eindeutig eine Verweigerung der Sachentscheidung dar; das Rekursgericht ist der Ansicht, eine Entscheidung im außerstreitigen Verfahren sei ausgeschlossen, weil die Antragstellerin eine vertragliche Bindung behaupte und ihren Anspruch auf deren Erfüllung im Prozeßweg durchsetzen müsse.

Obgleich das Rekursgericht den Spruch seiner Entscheidung nur dahin faßte, es werde dem Rekurs der Antragstellerin keine Folge gegeben, richtet sich der Revisionsrekurs also gegen Difformatbeschlüsse (ähnlich EvBl. 1959 Nr.201); infolgedessen ist die Antragstellerin nicht auf die im § 16 AußStrG. zugelassenen Beschwerdegrunde beschränkt.

Die vom Erstrichter vertretene Auffassung, daß die §§ 833 ff. ABGB. dem Minderheitseigentümer keine Möglichkeit eröffneten, mit Hilfe des Gerichtes der Mehrheit eine von dieser abgelehnte Maßnahme aufzuzwingen, hat außer den in seinem Beschluß zitierten Entscheidungen und der Meinung Scheffknechts (NotZ. 1957 S. 165) wohl auch die Lehre Klangs (2. Aufl. III 1113 zu § 834 ABGB. unter 2, 1116 zu § 835 ABGB. unter II, 6) und Ehrenzweigs (2. Aufl. I/2 S. 154 § 193) für sich; ob sie sich der Oberste Gerichtshof im Hinblick auf die im Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen EvBl. 1953 Nr. 3, EvBl. 1953 Nr. 387 sowie 3 Ob 628/50, zu denen auch noch andere (z. B. 3 Ob 29/60) kämen, zueigen machen könnte, braucht nicht näher geprüft zu werden, weil Voraussetzung einer rechtsgestaltenden Verfügung des Außerstreitrichters, wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 362/57 ebenfalls ausgeführt hat, jedenfalls die Verfügbarkeit der aufzuteilenden oder wenigstens einem der Miteigentümer gegen Leistung einer Ausgleichszahlung zuzuweisenden Räume für den Eigengebrauch der Miteigentümer ist. Daran fehlt es aber nach dem Vorbringen der Antragstellerin und nach der gesamten Aktenlage, weil die ehemals von M. bewohnte Wohnung im Zeitpunkt der Beschlußfassung des Erstrichters wiederum vermietet war. Daß die Vermietung an L. hinter dem Rücken der Antragstellerin erfolgte, macht diese Vermietung nicht schlechtweg unwirksam (EvBl. 1958 Nr. 361 = RiZ. 1958 S. 168 = MietSlg. 6205). Ob sonstige Umstände die von der Antragstellerin schon aus eigenem (vgl. § 2 Abs. 2 Z. 7 AußStrG.) unternommene Prozeßführung gegen L. und insbesondere gegen den Zweitantragsgegner erfolgversprechend erscheinen lassen könnten, ob letzterer insbesondere verpflichtet ist, die vermietete Wohnung wieder verfügbar zu machen, braucht hier nicht geprüft zu werden, wie auch der Ausgang dieser Prozesse nicht abgewartet zu werden braucht, weil die schon wegen fehlender Verfügbarkeit der strittigen Wohnung berechtigte Abweisung des Benützungsregelungsantrages - auch dabei handelt es sich um eine negative Sachentscheidung - seine Wiederholung nach etwaiger Bewirkung der Verfügbarkeit nicht hindern kann und es jedenfalls auch auf die sonstigen, dann vorliegenden Umstände (Wohnbedarf usw.) ankommen wird.

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