OGH 6Ob126/74

OGH6Ob126/7414.11.1974

SZ 47/128

Normen

EO §8
ZPO §226
EO §8
ZPO §226

 

Spruch:

Ein Klagebegehren auf Zahlung Zug um Zug gegen Lieferung von Waren des klagenden Unternehmens im Werte des Klagsbetrages ist hinreichend bestimmt. Die Vollstreckung eines solchen Exekutionstitels ist in der Form möglich, daß der betreibende Gläubiger die dem Titel entsprechende Gegenleistung anbietet und beim Vollzug zusammen mit den Preislisten bereithält

OGH 14. November 1974, 6 Ob 126/74 (LG Linz 14 R 28/74, BG Linz-Land C 1011/73)

Text

Die Klägerin klagte gegen den Gatten der Beklagten Karl Z, zu 3 Cg 99/62 des Landesgerichtes Linz sowie gegen die Beklagte zu 27 Cg 178/62 desselben Gerichtes auf Grund einer Bestellung von Musikgeräten (Musiktruhe, ein Radioapparat und ein Plattenspieler) Beträge von 14.071.59 S und 15.175.25 S ein. Am 4. September 1963 schlossen die Klägerin einerseits und die nunmehrige Beklagte und deren Gatte andererseits einen außergerichtlichen Vergleich, in welchem sich die Ehegatten Z verpflichteten, Geräte welche die Klagerin führt, bis zu einem Verkaufswert von 12.700 S innerhalb von 3 Jahren zu kaufen. In den Verfahren trat ewiges Ruhen ein. Der Gatte der Beklagten ist mittlerweile verstorben. Die Beklagte erfüllte ihre Verpflichtung aus dem Vergleich nicht.

Gestützt auf diesen unbestrittenen Sachverhalt begehrte die Klagerin auf Grund des abgeschlossenen Vergleiches die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung von 12.700 S Zug um Zug gegen Lieferung von Elektrogeräten der Klägerin über diesen Betrag.

Die Beklagte stellte den Abschluß des Vergleiches außer Streit, beantragte jedoch, das Klagebegehren abzuweisen und wandte Verjährung ein da es sich um ein Geschäft des täglichen Lebens handle. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, daß der Vergleich unter die Bestimmung des § 1486 Z. 1 ABGB falle, da Gegenstand desselben die Lieferung von Geräten der Klägerin im Rahmen ihres kaufmännischen Betriebes sei. Die objektive Klagsmöglichkeit sei bereits nach Ablauf der im Vergleich vorgesehenen drei Jahre mit 4. September 1966 eingetreten, weshalb der Anspruch zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage bereits verjährt gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und änderte das angefochtene Urteil im Sinne einer vollen Klagsstattgebung ab. Es führte aus, der Vergleich habe eine Alternativobligation der Beklagten zum Inhalt. Die ursprünglich aus dem Kaufvertrag resultierende Forderung der Klägerin sei durch den Vergleich noviert worden. Wenn aber der Rechtsgrund einer Forderung durch Neuerungsvertrag geändert sei, unterliege die novierte Forderung der allgemeinen dreißigjährigen Verjährung. Auf alle Fälle beginne aber die Verjährung erst nach der Lieferung der Ware zu laufen, weshalb auch aus diesem Grund Verjährung nicht eingetreten sei. Das Klagebegehren bestehe daher zu Recht.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Zur Frage der Verjährung sei zunächst darauf verwiesen, daß die besondere Verjährungsfrist des § 1486 Z. 1 ABGB nach Lehre und Rechtsprechung (Klang in Klang [2] VI, 623; Ehrenzweig, System[2] I/1 § 130, 312; JBl. 1970, 40; JBl. 1961, 122; SZ 39/223 u. a.) erst mit dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware beginnt. Da eine solche Lieferung noch nicht erfolgte, weil die Beklagte mit der Auswahl der Waren in Verzug geraten ist, hat die Verjährungsfrist noch nicht zu laufen begonnen.

Die Revision meint ferner, das Urteil des Berufungsgerichtes sei nicht vollstreckbar, weil die Zug-um-Zug-Leistung nicht näher bezeichnet sei. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Beklagte hat sich verpflichtet, innerhalb von drei Jahren ab Vergleichsabschluß bei der Klägerin, einem Elektro- und Maschinen-Groß- und Einzelhandelsunternehmen, Geräte, welche die Klägerin führt, bis zu einem Verkaufswert von 12.700 S zu kaufen. Hiebei handelt es sich, da keine bestimmte Warengattung bezeichnet wurde, um eine Wahlschuld gemäß § 906 ABGB (HS I 2. Teil Nr. 28; 8 Ob 302/65; 5 Ob 246/67 u. a.). Dabei genügt es zur Bestimmbarkeit des Kaufpreises, wenn vertragsgemäß dem Käufer das Recht der Auswahl der Waren eingeräumt wird, die im Betrieb des Verkäufers regelmäßig zum Zweck des Verkaufes geführt werden. Eine ausdrückliche Vereinbarung des Preises ist beim hier vorliegenden Handelskauf nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, daß der Kaufpreis unter Zugrundelegung des Markt-, Laden- oder kundenüblichen Preises objektiv bestimmbar ist (HS I 2. Teil Nr. 28; 8 Ob 285/68 u. a.). Es kann daher auch keine Rede davon sein, daß der abgeschlossene Vergleich nur einen Vorvertrag nach § 936 ABGB darstelle.

Bei einer Wahlschuld kann nun der Wahlberechtigte Gläubiger nicht zur Wahl gezwungen werden, sondern es treffen ihn, wenn er die Wahl unterläßt, nur die Folgen des Gläubigerverzugs (Ehrenzweig, System[2], § 297 III b; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 376; SZ 15/137; HS I 2. Teil Nr. 28; 8 Ob 285/68). Da es im vorliegenden Fall die Beklagte unterlassen hat, von ihrem Wahlrecht innerhalb der eingeräumten Frist Gebrauch zu machen, war somit die Klägerin berechtigt, den Kaufpreis einzuklagen. Die von der Revision behauptete mangelnde Fälligkeit der Forderung liegt somit gleichfalls nicht vor.

Es bedurfte auch überhaupt keiner Einschränkung dieses Begehrens durch eine seitens der Klägerin zu erbringende Zug-um-Zug-Leistung. Da die Klägerin jedoch in ihr Klagebegehren die eigene Verpflichtung zur Zug-um-Zug-Leistung aufgenommen hat, muß noch untersucht werden, ob hiedurch eine Unbestimmtheit des Klagebegehrens eingetreten ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie die Entscheidung SZ 26/94 meint, die in das Klagebegehren aufgenommene unbestimmte Gegenleistung bei Erlassung eines stattgebenden Urteils dann einfach wegzulassen ist, wenn der Beklagte nicht seinerseits die Gegenleistung konkret bezeichnet und im Verlauf des Verfahrens auch bewiesen hat. Diese Möglichkeit besteht deshalb nicht mehr, weil nur ein Rechtsmittel der Beklagten vorliegt und die Streichung der Zugum-Zug-Leistung einen Verstoß gegen § 405 ZPO darstellen würde. In der Lehre vertritt Fasching III, 28 die Ansicht, die Berufung auf eine unbestimmt bezeichnete Zug-um-Zug-Leistung im Klagebegehren könne niemals dessen Unbestimmtheit bewirken. Im gleichen Sinne haben die Entscheidungen SZ 25/310; SZ 26/94; SZ 27/124; 5 Ob 266/66; 1 Ob 23/71 6 Ob 249/72 und 1 Ob 82/74 ausgesprochen, daß es Sache des Beklagten sei, die vom Kläger gewählte unbestimmte Formulierung der Gegenleistung durch eine eigene konkrete Formulierung zu ersetzen, was hier nicht geschehen ist, da es die Beklagte unterlassen hat, das ihr zustehende Wahlrecht auszuüben. Für die Zulässigkeit eines derartigen Zug-um-Zug-Begehrens spricht im vorliegenden Fall vor allem die Erwägung, daß die Gegenleistung der Klägerin durch die säumig gewordene Beklagte aus einer größeren Anzahl von Waren hatte bestimmt werden sollen, also nicht etwa eine bestimmte, aber nur ungenügend bezeichnete Gegenleistung vorliegt. Gleichgültig ob man den Standpunkt Gschnitzers in Klang[2] IV/1, 376 vertritt, wonach in einem solchen Falle das Wahlrecht auf den anderen Teil übergehe, welcher sich auch durch gerichtliche Hinterlegung von seiner Schuld befreien könne, oder meint, der Gläubiger der Gegenleistung könne sein Wahlrecht noch bis zum Zeitpunkt der Zahlung ausüben, in jedem Falle wäre eine Vollstreckung des Exekutionstitels in der Form möglich, daß der Gläubiger eine dem Titel entsprechende Gegenleistung im Exekutionsantrag anbietet und beim Vollzug zusammen mit den Preislisten bereithält. Die von Heller - Berger - Stix I, 221 unter Berufung auf die Entscheidung EvBl. 1959/83 vertretene Ansicht ein Exekutionsantrag sei abzuweisen, wenn die im Exekutionstitel enthaltene Gegenleistung nicht bestimmt angeführt ist, betrifft insofern einen anderen Sachverhalt, als in der zitierten Entscheidung ebenso wie in den Entscheidungen 1 Ob 569/53, 3 Ob 299/59 und MietSlg. 23.706 die Zug-um-Zug-Gegenleistung nicht der Wahl des Beklagten (und Verpflichteten) unter vielen verschiedenen Leistungen unterlag, sondern eine bestimmte Gegenleistung (Ersatzwohnung; der Beklagten gehörige Möbel) unzureichend umschrieben war.

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