Spruch:
Ist bei Verpflichtung zu einer Zug um Zug vom Kläger zu erbringenden Gegenleistung diese vom Kläger nicht genau angegeben, so ist es Sache des Beklagten, die Gegenleistung genau zu bezeichnen.
Die im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Vater zwischen der Mutter, dem ältesten Sohn und den übrigen Kindern geschlossene Vereinbarung, daß zunächst die Mutter den Hof übernehmen soll und nach ihrem Tod der älteste Sohn gegen Auszahlung der Geschwister, ist entgeltliches Geschäft unter Lebenden, das weder formgebunden, noch einseitig widerruflich ist. Ihre Wirksamkeit wird vom Kärntner Höferecht nicht berührt.
Entscheidung vom 26. November 1952, 1 Ob 931/52.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
In der Abhandlung nach dem am 17. Juli 1933 verstorbenen Johann J. wurde am 12. Oktober 1933 eine Erbteilung vorgenommen. Das vom Notar aufgenommene Protokoll beurkundet unter anderem eine von dem "nach dem Gesetz berufenen ältesten Sohn Johann J." mit der Witwe Gertraud J. abgeschlossene Vereinbarung, wonach diese den Hof übernimmt, ihrem Sohne Johann J. aber das Recht einräumt, den Hof nach ihrem Ableben um den von ihren Erben zu vereinbarenden oder gerichtlich festzusetzenden Übernahmswert zu übernehmen, ein Recht, welches durch ein Veräußerungsverbot gesichert werden sollte. Der älteste und nach dem Gesetz zur Hofübernahme berufene Sohn war jedoch nicht Johann J., sondern der Kläger Peter J. In einer Erklärung vom 30. Mai 1934 beurkundeten die Witwe und Johann J., das erwähnte Abkommen sei richtig mit Peter J. abgeschlossen worden. Dementsprechend wurde auch im Grundbuch das bereits für Johann J. eingetragene Veräußerungsverbot gelöscht und ein Veräußerungsverbot zugunsten des Peter J. eingetragen.
Gertraud J. hat dennoch die Liegenschaft ihrem jüngsten Sohn Christian J. letztwillig vermacht.
Die beiden Unterinstanzen haben die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger die Liegenschaft samt Zubehör herauszugeben, Zug um Zug gegen den mit den Erben zu vereinbarenden oder gerichtlich festzustellenden Übernahmswert, der den Erben nach Maßgabe ihrer Erbportionen auszufolgen ist.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hatte ursprünglich nur die Übertragung der Liegenschaft begehrt. Erst infolge der Einwendung der Beklagten, er sei jedenfalls nur berechtigt, das Gut Zug um Zug gegen Bezahlung des Schätzwertes zu verlangen, ergänzte der Kläger sein Begehren vorsichtsweise wie im Spruche des Erstgerichtes.
Eine Leistung, die Zug um Zug gegen eine Gegenleistung geschuldet wird, ist als fällig anzusehen, auch wenn die Gegenleistung noch nicht erbracht ist. Es besteht also grundsätzlich kein Hindernis gegen die Verurteilung zu einer solchen Leistung.
Wenn aber die Leistung vor der Verurteilung nicht erbracht sein muß, so kann es auch nicht schaden, wenn die Gegenleistung ziffernmäßig noch nicht präzisiert ist. Im übrigen ist die Verknüpfung einer Leistung mit einer Zug um Zug zu erbringenden Gegenleistung, soweit nicht schon das Zugeständnis einer solchen Verknüpfung im Klagebegehren erfolgt, Gegenstand einer Einwendung des Beklagten. Ihm obliegt auch die entsprechende Bezeichnung der Gegenleistung, wenn er die vom Kläger zugegebene nicht als ihm gebührende gelten lassen will. Die Beklagte hätte es also vielleicht in der Hand gehabt, im Verfahren erster Instanz den Antrag zu stellen, die vom Kläger gewählte Formulierung durch eine auf einen bestimmten, von ihr zu behauptenden Betrag lautende Formulierung zu ersetzen. Sie selbst hat aber nur die ebenso unbestimmte Formulierung "Schätzwert der Liegenschaft" beantragt. Sie kann sich also nicht darüber beschweren, daß in das Urteil der unteren Instanzen die ihr gebührende Gegenleistung nicht mit einem bestimmten Betrag festgesetzt ist. Das Verfahren der unteren Instanzen war also nicht mangelhaft, weil es sich nicht von Amts wegen mit der Festsetzung der Höhe der Gegenleistung befaßt hat. Es fehlt nicht an der Fälligkeit, es mangelt dem Exekutionstitel auch nicht an der notwendigen Bestimmtheit. Wenn der Kläger auf Grund des Urteils Exekution führt, so wird es seine Sache sein, einem etwaigen Aufschiebungsantrag der Beklagten durch den Nachweis zu begegnen, daß er die inzwischen durch Vereinbarung oder durch das Gericht bestimmte Abschlagsumme Zug um Zug zu erbringen oder sicherzustellen bereit ist.
Das Berufungsgericht hat die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen.
Die Untergerichte haben angenommen, daß bei der Erbteilung am 12. Juli 1933 zwischen den Erben Übereinstimmung darüber bestand, daß der Kläger der nach dem Gesetze berufene Hofübernehmer war und daß er mit seiner Mutter die Vereinbarung über die Liegenschaft getroffen hat. Nur irrtümlich wurde in das Protokoll der Name Johann statt Peter aufgenommen. Bei dieser Sachlage ist es völlig belanglos, ob und unter welchen Umständen eine Richtigstellung erfolgte. Denn auch wenn sie unterblieben wäre, könnte der Kläger auf Grund des festgestellten Sachverhaltes die damals vereinbarten Rechte geltend machen. Nur wenn nicht eine bloße Richtigstellung des Protokolls, sondern eine Abänderung der ursprünglichen Vereinbarung hätte vorgenommen werden sollen, wäre die Frage der Zustimmung aller übrigen Erben materiell von Bedeutung gewesen.
Die damals getroffene Vereinbarung war nicht eine letztwillige Verfügung. Es handelte sich um ein entgeltliches Geschäft. Der Kläger hat seinen Anspruch auf Übernahme des Hofes hingegeben und es wurde ihm dafür der Anspruch zuerkannt, die Wirtschaft nach dem Tode der Mutter zu übernehmen. Es liegt also ein entgeltliches Geschäft zwischen Lebenden vor, dessen Natur nicht dadurch geändert wurde, daß es auf den Tod eines der Kontrahenten abgestellt war. Die Vereinbarung war also weder einseitig widerruflich noch irgendwie formgebunden.
Auch der Hinweis auf das Kärntner Höferecht verfängt nicht. Denn dieses regelt nur den Erbübergang bei der gesetzlichen Erbfolge und in gewissen Fällen bei der letztwilligen Erbfolge. Der Eigentümer ist aber durch das Höferecht in seiner Verfügung über den Hof unter Lebenden nicht beschränkt. Die Vereinbarung, die Gertraud J. mit dem Kläger getroffen hat, könnte also auch dann nicht unwirksam sein, wenn der Kläger nach § 7 Z. 4 des Kärntner Erbhofgesetzes von der Übernahme des Hofes ausgeschlossen wäre. Es fehlt überdies an jeder Feststellung von Tatsachen, die zu diesem Ausschlusse vom Übernahmsrecht führen könnten.
Die Revision erweist sich also in allen Belangen als unbegrundet.
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