OGH 5Ob122/74

OGH5Ob122/7412.6.1974

SZ 47/75

Normen

Allgemeines Grundbuchsgesetz §27 Abs1
Allgemeines Grundbuchsgesetz §27 Abs1

 

Spruch:

Daß in einem sonst maschinengeschriebenen Kaufvertrag, welcher nach Art eines Formulars die Höhe des Kaufpreises zunächst offengelassen hatte, der tatsächlich vereinbarte Kaufpreis handschriftlich in den hiefür angesehenen Raum eingefügt wurde, begrundet keinen sichtbaren Mangel der Urkunde im Sinne des § 27 Abs. 1 GBG

OGH 12. Juni 1974, 5 Ob 122/74 (LG Salzburg 10 R 308/73; BG Salzburg TZ 535/73)

Text

Ob der Liegenschaft EZ X ist das Eigentumsrecht für Moritz T zur Hälfte sowie für Michael T und Rosa M zu je 1/4 einverleibt.

Das Erstgericht bewilligte auf Grund des Kaufvertrages vom 26. November/28. Dezember 1972, der Schreiben vom 18. Dezember 1972 sowie weiterer Urkunden ob dem Hälfteanteil des Moritz T und dem Viertelanteil der Rosa M die Vormerkung des Eigentumsrechtes für Alois B entsprechend seinem Grundbuchsgesuche. Zugleich wurde ihm eine Frist von 14 Tagen zur Erhebung der Rechtfertigungsklage erteilt.

Der obgenannte Kaufvertrag ist in der Form eines Anbotes aller drei Liegenschaftsmiteigentümer gehalten, wobei Kaufgegenstand und Kaufpreis genannt werden. Es wird eine Anbotsfrist bis 28. Feber 1973 gestellt. Das Anbotschreiben ist mit "G am 26. 11. 1972" datiert und mit Moritz T und Rosa M handschriftlich unterfertigt. Das Kaufvertragsanbot ist mit Maschine geschrieben. In seinem mit "Kaufpreis" überschriebenen Punkt II ist nach den Worten "ein Betrag von S" ein Raum zum Einsetzen des Kaufpreises frei gelassen, in dem handschriftlich "100.000 DM" eingefügt wurde. Freiräume zur Einfügung des Kaufpreisbetrages in Worten sowie des Zahlungstages sind offen geblieben. Ausdrücklich vorgesehen ist, daß dem Moritz T die Hälfte, den beiden anderen Miteigentümern je ein Viertel des Kaufpreises zu leisten ist. Der Antragsteller hat sowohl das Kaufvertragsanbot mit Datum 28. Dezember 1972 mit dem Beifügen der Annahme selbst unterfertigt als auch seinem Gesuche die Durchschläge von Schreiben an Moritz T und Rosa M beigeschlossen, die die Annahme des Kaufanbotes enthalten. Postaufgabescheine vom 19. Dezember 1972 weisen nach, daß der Antragsteller an Moritz T und Rosa M Briefe abgesandt hat.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs dieser beiden Liegenschaftsmiteigentümer Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahingehend ab, daß der Antrag des Alois B abgewiesen wird. Ausgehend davon, daß gemäß §§ 35 f. GBG eine Vormerkung nur auf Grund solcher Urkunden bewilligt werden könne, die den Erfordernissen der §§ 26 und 27 GBG genügen, erachtete das Rekursgericht, daß das Kaufvertragsanbot infolge der handschriftlichen Einfügung des Kaufpreises mit "100.000 DM" einen Mangel im Sinne des § 27 Abs. 1 GBG vor allem deshalb aufweise, weil der Urkunde nicht zu entnehmen sei, wann dieser handschriftliche Vermerk beigefügt wurde. Bei einer allfälligen nachträglichen Einfugung müsse aber durch einen von den Parteien unterfertigten Vermerk auf die Einfügung Bezug genommen werden. Bei der Beurteilung dessen, was ein sichtbarer Mangel im Sinne des § 27 Abs. 1 GG sei, müsse im Einklang mit der im Grundbuchsrecht geltenden besonderen Formstrenge ein strenger Maßstab angelegt werden.

Infolge Revisionsrekurses des Antragstellers stellte der oberste Gerichtshof den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 35 GBG kann auf Grund einer Urkunde, die nicht alle in §§ 31 bis 34 GBG festgesetzten besonderen Erfordernisse zur Einverleibung, wohl aber die allgemeinen Erfordernisse im Sinne der §§ 26, 27 GBG zur grundbücherlichen Eintragung besitzt, die Vormerkung des in Anspruch genommenen Rechts bewilligt werden. Die dem Grundbuchsgesuch des Antragstellers beigeschlossenen Urkunden genügen den Erfordernissen des § 26 GBG, da ihnen der Rechtsgrund des Kaufes und der Abschluß des Vertrages durch Herstellung der Willensübereinstimmung der beteiligten Parteien über alle wesentlichen Punkte des Geschäftes zu entnehmen ist. Auch den Erfordernissen des § 27 Abs. 2 GBG erscheint in der vorgelegten Vertragsurkunde hinlänglich Genüge getan.

Was nun den einzigen vom Rekursgericht herangezogenen Abweisungsgrund anlangt, der im Vorliegen eines sichtbaren, die Glaubwürdigkeit der das Kaufvertragsanbot enthaltenden Urkunde schwächenden Mangel einer handschriftlichen Einfügung erblickt wird, so bezweckt das in § 27 Abs. 1 GBG aufgestellte Erfordernis des Fehlens sichtbarer Mängel auf Urkunden, auf Grund deren die beantragte bücherliche Eintragung geschehen soll, daß nicht etwa durch Einfügungen Unklarheiten über die im Vertrage festgehaltenen Rechte und Verbindlichkeiten der Vertragsparteien geschaffen werden und auch nicht der Verdacht erweckt wird, daß nachträglich der Vertragsinhalt einseitig abgeändert wurde. Damit soll Verfälschungen der Urkunde vorgebeugt und das Entstehen künftiger Zweifel und Streitfragen ausgeschlossen werden. Derartige Gefahren bestehen insbesondere dann, wenn durch Einfügungen Ausbesserungen oder Korrekturen vorgenommen werden sollen. In diesen Fällen ist daher durch entsprechende Zusätze bei Unterfertigung klarzustellen, welcher Wortlaut der Urkunde nun nach dem Parteiwillen endgültig gelten soll. In dieser Richtung liegt auch eine Rechtsprechung vor, wie sie vom Rekursgericht durch Bezugnahme auf RPflSlgG 95 (Namensrichtigstellung) erwähnt wurde. Ein solcher Sachverhalt ist aber im vorliegenden Falle nicht gegeben. Das maschingeschriebene Kaufvertragsanbot enthält nach Art eines Formulars einen Freiraum, der für die Einfügung des Kaufpreises und noch weiterer, für die Gültigkeit des Kaufgeschäftes allerdings nicht essentieller Angaben vorgesehen war. Daß diese offene Stelle im maschingeschriebenen Text mit dem hiefür vorgesehenen Kaufpreis handschriftlich ausgefüllt worden ist, kann keinen sichtbaren Mangel der Urkunde bewirken, zumal auch eine handschriftlich abgefaßte Vertragsurkunde Grundlage für eine bücherliche Eintragung sein kann (vgl. ZBl. 1914/445). Der Auffassung des Rekursgerichtes, das diesen Mangel vor allem deshalb wahrnehmen will, weil der Urkunde nicht zu entnehmen sei, wann der handschriftliche Vermerk beigefügt wurde, kann nicht gefolgt werden. Es kann dies dahingestellt bleiben, weil mit der dargestellten, durch die Unterfertigung seitens der Vertragsparteien gebilligten Vorgangsweise am äußerlichen Erscheinungsbild der Urkunde Unklarheiten und Zweifel jedenfalls nicht hervorgerufen werden konnten.

Was nun die Bedeutung des Umstandes anlangt, daß von den drei Miteigentümern der Liegenschaft nur zwei das Anbotschreiben unterfertigt haben, so ist hier wohl darauf Bedacht zu nehmen, daß die Urkunden, auf Grund deren eine bücherliche Vormerkung bewilligt werden soll, gemäß § 26 Abs. 2 GBG einen gültigen Rechtsgrund enthalten müssen, wenn es sich um die Erwerbung eines dinglichen Rechtes handelt. Ob auf der Seite der Miteigentümer nur der Wille bestand, die ganze Liegenschaft zu veräußern, ist aber im gegenständlichen Grundbuchsverfahren nicht zu entscheiden. Wie weit das vorgemerkte Recht nun besteht oder nicht besteht, wird, wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, im Rahmen des fristgerecht eingeleiteten Rechtfertigungsprozesses zu klären sein, der zu 3 Cg 53/73 des Landesgerichtes Salzburg anhängig ist. Aus dem Vertragstext, an den allein sich der Grundbuchsrichter zu halten hat, ergibt sich kein der begehrten Vormerkung des Eigentumsrechtes an den Liegenschaftsanteilen des Moritz T und der Rosa M entgegenstehendes Hindernis. Nur dann hätte die angesuchte Eintragung verweigert werden dürfen, wenn der Inhalt des Vertrages erkennen ließe, dieser solle nur dann gelten, wenn sämtliche Miteigentümer ihre Liegenschaftsanteile verkaufen und ihre Aufsandungserklärung gleichzeitig abgeben (vgl. SZ 3/124). Das ist aber nicht der Fall.

Nicht gleichzuhalten wäre die Sachlage, wenn etwa die Pflegschaftsbehörde einer Verfügung eines handlungsunfähigen Miteigentümers ihre Genehmigung versagt hätte und demzufolge die Nichtigkeit der ganzen Verfügung bewirkt würde (vgl. SZ 6/303; Klang[2] III, 1092).

Zu dem in § 26 Abs. 1 GBG enthaltenen Erfordernis der Ausfertigung der Vertragsurkunde in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ist darauf hinzuweisen, daß zwar für zwischen einem Österreicher und einem Ausländer geschlossene obligatorische Verträge, die lediglich einen Rechtstitel für den Erwerb einer Liegenschaft bilden, nicht die lex rei sitae, sondern das Recht des Abschlußortes maßgebend ist und bei Verträgen, bei denen das schriftliche Anbot vom Oblaten angenommen wird, der Wohnsitz des Offerenten als Ort des Vertragsabschlusses gilt, der das anzuwendende Recht bestimmt(vgl. Walker - Verdroß - Droßberg - Satter in Klang[2] I/1, 233, 237; Ehrenzweig[2]I/1, 111 f.; SZ 29/22). Die Vorschrift des § 313 dBGB (notarielle Beurkundung des Kaufvertrages) ist aber unter Berücksichtigung des Art. 11 EGBGB nicht für Inlandsverträge über "ausländische" Grundstücke wirksam. Für solche sind allenfalls die Formerfordernisse des Ortes der gelegenen Sache maßgebend (vgl. SZ 43/171 und das dort zitierte Schrifttum). Auch hier ist aber kein Mangel erkennbar.

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