Spruch:
Bei einem im Korrespondenzweg gestellten und dann angenommenen Anbot gilt auch bei Handelsgeschäften der Wohnsitz des Offerenten als Ort des Vertragsabschlusses.
Entscheidung vom 7. März 1956, 3 Ob 37/56.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Kläger begehrt die Verurteilung der beklagten Partei zur Bezahlung des Gegenwertes von engl. Pfund 1311.16.3 s.A. mit der Begründung, er habe bei der beklagten Partei 100 m3 Buchenholz, gedämpft, parallel besäumt, nicht gebogene Stücke, zum Preis von 27 engl. Pfund pro Kubikmeter fob Triest, bei Zahlung im Wege des österreichischgriechischen Tabak-Clearings, durch unwiderrufliches Akkreditiv bei einer Wiener Großbank bestellt. Nach der Bestellung sollte die Qualität des Holzes zu 75 bis 80% Klasse I a, die restliche Menge gute II a Klasse sein. Die Breite hatte zu 20% 12 bis 15 cm, der Rest 16 cm und aufwärts, mit einer Durchschnittsbreite von 22 cm zu sein, die Stärken sollten 38/20, 48/20, 58/15, 68/15, 78/15, 96/15 mm/m[3] betragen, die Hölzer, wie üblich, an ihren Enden mit angenagelten Stirnleisten oder mit einem anderen Schutz gegen das Aufspringen (Risse usw.) versehen sein. Schließlich sollte bestellungsgemäß ein Zertifikat der C. Co. GesmbH. Wien beigebracht werden, in dem bestätigt sein sollte, daß die gelieferte Ware, sowohl was Qualität, Ausführung und Spezifizierung anlangt, als auch die Quantität anlangend, mit der Bestellung übereinstimme. Bereits aus der pro-forma-Rechnung und den Rechnungen über die beiden Teillieferungen habe der Kläger ersehen, daß das inzwischen noch nicht eingelangte Holz nicht die vereinbarte Qualität haben werde, und habe telegraphisch die beklagte Partei darauf aufmerksam gemacht, daß das zu liefernde Holz der Bestellung entsprechen müsse, zumal er erfahren habe, daß die beklagte Partei dem griechischen Holzhändler A. qualitätsmäßig nicht entsprechendes Holz geliefert habe. Da die beklagte Partei nicht antwortete, habe er ein zweites Mal im gleichen Sinne an die Beklagte telephoniert. Als die erste Sendung am 12. September 1949 im Hafen Piräus einlangte, habe der Kläger die Ware sofort besichtigt und die schlechte und vertragswidrige Qualität der Ware festgestellt, die Mängel der beklagten Partei angezeigt, von ihr verlangt, die weiteren Lieferungen einzustellen, und sie für jeden Schaden verantwortlich gemacht. Die am 19. September 1949 vorgenommene Untersuchung durch Sachverständige, die in Gegenwart des Vertreters der beklagten Partei B. und des Klägers vorgenommen wurde, habe ergeben, daß das Holz entgegen der Vereinbarung nur zu 25% gedämpft war, daß die Dämpfung dieser 25% mangelhaft und fehlerhaft war, daß das Holz schwarze Flecken aufgewiesen habe, daß nur ein Prozentsatz von 12% der Teillieferung gesundes Holz von I a Qualität war, ein Prozentsatz von 15% II. Qualität, und daß der Rest von 73% III. und IV. Qualität war, so daß dem Kläger ein Schaden in der Höhe von 55% des Kaufpreises entstanden sei. Auch die am 2. Oktober 1949 eingelangte zweite Teillieferung habe in keiner Weise den vereinbarten Bedingungen entsprochen, weshalb sie am 20. Oktober 1949 von zwei Sachverständigen untersucht wurde, die feststellten, daß ein Prozentsatz von ungefähr 40% der Sendung ungedämpft, der restliche Prozentsatz zwar gedämpft war, aber in äußerst mangelhafter Weise, so daß dieser Teil zum größten Teil schwarze Flecken aufwies, daß die meisten Stücke Kerne hatten, viele Risse aufwiesen, und zwar meist in der ganzen Länge der Bretter, daß die Hölzer voll von kleinen und großen Ästen waren und daß sich beim Nachmessen ein Manko von mehr als 3 m3] ergab. Beide Sachverständigengutachten seien der beklagten Partei jeweils zugleich übersandt worden. Der Schaden des Klägers betrage bei der ersten Lieferung Pfund 653.9.3, bei der zweiten 658.6.0, zusammen 1311.15.3. Über Anzeige des Klägers habe das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft die Bundesholzwirtschaftsstelle mit der Angelegenheit befaßt, deren Sanktionskomitee festgestellt habe, daß die Lieferung nicht vertragsmäßig erfolgt sei.
Das Prozeßgericht erkannte mit Zwischenurteil zu Recht, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach zu Recht bestehe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Prozeßgerichtes.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Vor Eingehen in die Ausführungen der Revision war zunächst die Frage zu prüfen, ob der gegenständliche Kaufvertrag in Wien oder in Athen abgeschlossen wurde und ob daher gemäß § 36 ABGB. österreichisches oder gemäß § 37 ABGB. ausländisches (griechisches) Recht anzuwenden ist. Die Untergerichte haben festgestellt, daß die beklagte Partei durch ihren Athener Vertreter B. dem Kläger ein Kaufoffert gestellt und daß dieser das Offert angenommen und die Annahme dem B. als dem Vertreter der beklagten Partei erklärt hat. Wenn nun die beklagte Partei die Order, die der Kläger auf Grund des ihm gestellten Antrages erteilt hat, nach Empfang des Auftrages durch ihren Vertreter B. unterfertigte und dann dem Kläger übersandte, so ist dies rechtlich bedeutungslos. Denn der Antrag der beklagten Partei ist bereits vorher durch den Kläger angenommen worden, und durch die Annahme ist der Kaufvertrag bereits zustandegekommen. Bei einem im Korrespondenzweg erfolgten und dann vom Oblaten angenommen Anbot gilt aber der Wohnsitz des Offerenten als Ort des Vertragsabschlusses (GlUNF. 1100 und 4204, GerH. 1929 S. 131, welche Entscheidung zwischen einem nach bürgerlichem Recht und nach Handelsrecht zu beurteilenden Fall unterscheidet). Da das nunmehr in Geltung stehende Handelsgesetzbuch eine andere Regelung nicht enthält, sind die Vorschriften des ABGB. nunmehr auch bei Handelsgeschäften hinsichtlich eines Anbotes anzuwenden, und es gilt daher auch bei solchen Geschäften der Wohnsitz des Offerenten als Ort des Vertragsabschlusses. Wenn man aber den Feststellungen der Vorinstanzen entnehmen wollte, daß erst die Order des Klägers als Antrag des Klägers anzusehen ist, der von der Beklagten angenommen wurde, und demnach griechisches Recht zur Anwendung kommen müßte, so ändert dies am materiellen Ergebnis nichts, denn die Bestimmungen der hier in Betracht kommenden Art. 25, 26, 192, 193, 522, 524, 526, 543 und 544 des griechischen Zivilgesetzbuches enthalten im wesentlichen die gleichen Regelungen wie die in Betracht kommenden Bestimmungen des ABGB. und HGB.
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