OGH 7Ob59/74 (7Ob58/74)

OGH7Ob59/74 (7Ob58/74)18.4.1974

SZ 47/46

Normen

ABGB §1393
ABGB §1438
ZPO §1
ABGB §1393
ABGB §1438
ZPO §1

 

Spruch:

Die bloße Übertragung des Rechtes zur Erhebung der Prozeßeinwendung stellt die zur Kompensation erforderliche Gegenseitigkeit der Forderungen nicht her

OGH 18. April 1974, 7 Ob 58, 59/74 (OLG Innsbruck 1 R 219/73; LG Innsbruck 8 Cg 6/72

Text

Der Beklagte, der einen Wechsel persönlich angenommen hat, behauptete dessen vereinbarungswidrige Ausfüllung sowie Gegenforderungen aus der Nichteinhaltung einer Kreditvereinbarung. Während das Erstgericht die Klagsforderung mit 743.900 S zu Recht bestehend und die Gegenforderungen des Beklagten im Betrage von 762.000 S als nicht zu Recht bestehend erkannte und den Wechselzahlungsauftrag demnach voll aufrecht hielt, gab das Berufungsgericht der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte das Ersturteil hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Wechselzahlungsauftrages im Betrage von 243.900 S samt Nebengebühren, hob es aber im übrigen, also hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Wechselzahlungsauftrages über weitere 500.000 S samt Nebengebühren sowie im Kostenspruch auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird im bestätigenden Teil vom Beklagten teilweise, nämlich hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Wechselzahlungsauftrages im Betrage von 205.000 S samt Nebengebühren, mit Revision aus dem Gründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpft und insoweit die Abänderung des Teilurteiles des Berufungsgerichtes im Sinne der Aufhebung des Wechselzahlungsauftrages oder allenfalls die Aufhebung des Teilurteiles und die Rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht beantragt, während beide Parteien den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zur Gänze mit Rekurs (vom Beklagten unrichtig als Revisionsrekurs bezeichnet) anfechten und beantragen, daß dem Berufungsgericht in diesem Umfang eine neue Entscheidung, jeweils im Sinne des Prozeßstandpunktes der Rekurswerber, aufgetragen werde.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge, wohl aber den Rekursen beider Parteien.

Der Beschluß des Berufungsgerichtes auf Aufhebung des Ersturteiles im Umfang von 500.000 S samt Nebengebühren wurde aufgehoben und dem Berufungsgericht insoweit eine neue Entscheidung aufgetragen.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Hinsichtlich aller vorliegenden Rechtsmittel ist davon auszugehen, daß die Berechtigung der Fälligstellung aller bankmäßigen Verbindlichkeiten des Beklagten durch die Klägerin und der entsprechenden Ausfüllung des vom Beklagten akzeptierten Blankowechsels - nachdem die Untergerichte das Zustandekommen des vom Beklagten angestrebten Kreditvertrages verneinten - keinen Streitgegenstand mehr bildet; strittig sind nur noch die eingewendeten Gegenforderungen, die der Beklagte aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes mit der Begründung geltend machte, daß die um den Kredit bemühte "Firma Heinz D" auf Grund der Kreditzusage von Organen der Klägerin Bestellungen getätigt habe, die in der Folge wegen der Nichteinhaltung der Kreditzusage kostenpflichtig storniert werden mußten. Der ausdrücklichen Einwendung der Klägerin, daß der Beklagte zur Geltendmachung solcher Schadenersatzanspruche eines Dritten nicht legitimiert sei, hielt der Revisionswerber bloß entgegen, daß er zur Einwendung der Gegenforderung von der "Firma Heinz D" ausdrücklich ermächtigt worden sei und daß er außer seiner Tätigkeit als Geschäftsführer und Gesellschafter dieser Firma keine eigenen Geschäfte in dieser Branche geführt habe. Fest steht hiezu unbekämpft noch, daß es sich bei der genannten Firma um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. KG handelt, deren einziger Kommanditist der Beklagte ist, während Gesellschafter der Komplementärin, nämlich der Gesellschaft mit beschrankter Haftung, der Beklagte und seine Frau Gertrud sind und er selbst überdies Geschäftsführer der Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

Mit der Frage der Legitimation des Beklagten zur Geltendmachung der Gegenforderung hat sich das Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung nicht auseinandergesetzt. Es erachtete aber die Prüfung für erforderlich, welchen Schaden "der Beklagte" auf Grund der Kreditzusage des Sachbearbeiters der Klägerin tatsächlich erlitten habe.

Der Frage der Sachlegitimation des Revisionswerbers hinsichtlich der eingewendeten Gegenforderungen kommt jedoch entscheidende Bedeutung zu. Nach der dargestellten Aktenlage hat der Beklagte nicht behauptet, daß der durch Stornierung der beiden Aufträge entstandene Schaden ihm persönlich erwachsen sei. Auch die Urteilsfeststellungen ergeben solches nicht. Ihnen zufolge bestätigte die Firma L am 9. Feber 1972 den Eingang von 300.000 S als Schadenersatz von der Firma Heinz D, und auch der für die Zahlung "des Beklagten bezogene Überweisungsauftrag vom 23. Feber 1972 lautet auf diese Firma, für die allein der Beklagte selbst angibt, tätig geworden zu sein. Es fehlt deshalb die ursprüngliche Gegenseitigkeit der beiden Forderungen im Sinne der §§ 1438 und 1441 ABGB. Selbst bei passiver Korrealität kann ein Gesamtschuldner nicht mit den einem anderen Mitschuldner zustehenden Forderungen aufrechnen (Gschnitzer in Klang[2]VI, 518; SZ 26/48).

Die behauptete Schadenersatzforderung der Heinz D-Gesellschaft m. b.H. und Co. KG, an welcher der Beklagte nicht als persönlich haftender Gesellschafter beteiligt ist, könnte ihm dann nur unter der Voraussetzung einer Abtretung oder eines sonstigen materiellen Rechtes kompensationsweise geltend gemacht werden. Ein solches wurde aber nicht behauptet. Das Vorbringen, daß der Revisionswerber von der "Firma Heinz D" zur Einwendung der Gegenforderung ausdrücklich ermächtigt worden sei, beinhaltet nicht die Behauptung einer einer materiell-rechtlichen Übertragung der Forderung. Eine bloße Übertragung des Prozeßführungsrechtes ist aber dem österreichischen Recht fremd (SZ 42/105; RZ 1973, 20 u. a.). Das gleiche wie die Klagsführung muß insoweit auch für die Kompensationseinwendung gelten, zumal durch die Übertragung des Rechtes zur Erhebung der Prozeßeinwendung die zur Kompensation erforderliche Gegenseitigkeit der Forderungen nicht hergestellt wird. Ohne rechtliche Bedeutung ist andererseits das weitere Vorbringen, daß der Beklagte keine eigenen Geschäfte in der Branche geführt habe.

Da somit die Kompensationseinwendung des Revisionswerbers insoweit unschlüssig ist, als nach dem eigenen Vorbringen das Erfordernis der Gegenseitigkeit fehlt, erweist sich einerseits das Teilurteil des Berufungsgerichtes hinsichtlich der bekämpften Teilbestätigung über 205.000 S samt Nebengebühren als richtig, andererseits die Rechtssache aber auch im restlichen Umfang entgegen der Meinung des berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschlusses als spruchreif.

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