OGH 5Ob187/73

OGH5Ob187/7314.11.1973

SZ 46/115

Normen

ABGB §1096
ABGB §1425
Mietengesetz §7
Mietengesetz §8 Abs2
ABGB §1096
ABGB §1425
Mietengesetz §7
Mietengesetz §8 Abs2

 

Spruch:

Der Vermieter ist verpflichtet, in Zuhaltung der geschlossenen Mietverträge und der ihm nach § 1006 ABGB obliegenden Vertragsverpflichtungen freiwillige Sonderzahlungen der Mieter anzunehmen, die ihn in die Lage versetzen, die damit nicht mehr als wirtschaftlich unzumutbar zu beurteilenden unbedingt notwendigen Erhaltungsarbeiten durchzuführen

OGH 14. November 1973, 5 Ob 187/73 (LGZ Wien 41 R 330/73; BG Innere Stadt Wien 48 Msch 45/70)

Text

Auf der den Antragsgegnern gehörigen Liegenschaft Wien 7, M-Straße 96, wurde 1868 ein Wohn- und Geschäftshaus errichtet, das aus einem straßenseitigen Gebäude und einem Hoftrakt besteht. Im Vordertrakt sind Geschäftslokalitäten mit Nebenräumen und die Hausbesorgerwohnung (Erdgeschoß) sowie in den drei Obergeschossen je vier Wohnungen untergebracht. Im Hofgebäude befinden sich im Parterre eine Werkstätte und in den beiden Obergeschossen je zwei Wohnungen. Am Hause sind umfangreiche Instandsetzungsarbeiten erforderlich. An zahlreichen Teilen des Objektes finden sich Schaden vor, die teilweise sogar die Substanz des Hauses berühren (vereinzelte Anmorschungen der Dippelräume der obersten Geschoßdecken). Es besteht jedoch keine Baufälligkeit.

Demzufolge haben die Mieter des Hauses am 14. September 1970 bei der Schlichtungsstelle für den 7. Bezirk einen Antrag gemäß §§ 7, 28 Abs. 2 MG eingebracht, wobei vorerst notwendige Erhaltungsarbeiten um etwa 1.8 Millionen Schilling vorgesehen wurden. Im Zuge des gemäß § 37 Abs. 2 MG eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens wurde zunächst das Gutachten des Bausachverständigen Dipl.-Ing. Walter L über den Umfang der unbedingt notwendigen Erhaltungsarbeiten und die Preisangemessenheit der Kostenvoranschläge unter besonderer Berücksichtigung der innerhalb der voraussichtlichen Dauer der Reparaturarbeiten von zwei Jahren zu gewärtigenden Lohn- und Materialpreiserhöhungen eingeholt. Des weiteren erfolgte auch eine Begutachtung durch die Sachverständigen Hans B und Hans A zur Frage, bis zu welchem Mietzinsvielfachen die im Hause gelegenen Mietobjekte voraussichtlich vermietbar sein würden.

Bei der Tagsatzung am 2. April 1973 haben die Antragsteller vorgebracht, daß die Mieter einen Betrag von 1.000000 S beim Erstgericht erlegt hätten, und zwar "als nicht auf die Mietzinse anrechenbaren Baukostenbeitrag mit der Zweckwidmung, daß die Hausinhabung, bzw. ein geeigneter Dritter diesen Betrag für unbedingt notwendige Erhaltungsarbeiten im Sinne des vorliegenden Antrages verwende, mit der Absicht, den für eine Zinseihöhung erforderlichen Betrag zu senken, die Erhaltungsarbeiten wirtschaftlich durchführbar zu machen und die Vermietbarkeit zu gewährleisten". Dazu wurde auch eine schriftliche Erklärung jener Mieter des Hauses vorgelegt, die diesen Betrag erlegten, daß keinerlei Ansprüche auf Rückerstattung des Betrages "außer bei Nichtzustandekommen des § 7 MG" möglich sei. Bei der (letzten) Tagsatzung am 26. April 1973 erklärten die Antragsteller schließlich ausdrücklich, "daß die Zurverfügungstellung des Betrages von 1.000.000 S nicht von der Mietdauer der jeweils leistenden Mieter abhänge und auf Rückforderung für den Fall der Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf der Rückzahlungsdauer des Reparaturdarlehens verzichtet werde" sowie weiters, "daß die Mieter bereit seien, die Beträge dann zur Verfügung zu stellen, wenn Zahlungen zu leisten seien". Tatsächlich wurde im Sinne der Mietererklärung ein Betrag von 958.000 S beim Erstgericht erlegt, für den Wertpapiere angeschafft wurden.

Das Erstgericht hat im zweiten Rechtsgange gemäß § 7 Abs. 2, 28 Abs. 2 MG ausgesprochen, daß unbedingt notwendige Erhaltungsarbeiten im Hause Wien 7, M-Straße 96, nämlich Baumeisterarbeiten um 1.507.356.41 S und 10 Arten von Professionistenarbeiten (um insgesamt 821.180.09 S) samt diesbezüglichen 6% Bauüberwachungskosten (49.270.81 S) zuzüglich der zu erwartenden Preiserhöhungen in den nächsten beiden Jahren (832.232.56 S) ab. züglich des von den Mietern zur Verfügung gestellten Betrages von 958.000 S, sohin mit dem Betrage von 2.252.039.87 S, zuzüglich notwendiger Geldbeschaffungskosten und angemessener Verzinsung des aufzunehmenden Kapitals unter Berücksichtigung der Hauptmietzinsreserve für die Dauer von 10 Jahren dem Gründe nach eine Erhöhung der Hauptmietzinse rechtfertigten. Das Erstgericht folgte dabei bezüglich des Gesamtkostenaufwandes für alle unbedingt notwendigen Arbeiten dem Sachverständigen Dipl.-Ing. Walter L, wobei im Zusammenhalt mit den beiden Vermietbarkeitsgutachten auch die weiteren bis zum Abschluß der Reparaturarbeiten zu gewärtigenden Preiserhöhungen Berücksichtigung fanden. Da die Hauseigentümer als Antragsgegner ausdrücklich eingewendet hatten, daß die von den Mietern vorgesehenen Reparaturen nicht alle unbedingt notwendigen Erhaltungsarbeiten darstellten und der gesamte Kostenaufwand unwirtschaftlich sei, überprüfte das Erstgericht im Sinne der vom Rekursgericht in seinem Aufhebungsbeschluß vom 10. Feber 1972 ausgesprochenen Rechtsauffassung, ob bei Berücksichtigung des Gesamtkostenaufwandes unter Anrechnung der einvernehmlich mit 110.000 S angegebenen 5jährigen Hauptmietzinsreserve die einzelnen Bestandobjekte auch nach einer derartigen Mietzinserhöhung vermietbar bleiben würden und sohin die Wirtschaftlichkeit der Reparaturarbeiten anzunehmen wäre. Die Sachverständigen gelangten dabei zu dem Ergebnis, daß sich schon bei Erhöhung der Mietzinse auf das Zwölffache des Jahresmietwertes mindestens sechs Wohnungen und eine Werkstätte als nicht vermietbar oder nur mit Verlust vermietbar erweisen würden. Das Erstgericht erachtete dementsprechend den Einwand der Vermieter über die Unwirtschaftlichkeit der Durchführung der Erhaltungsarbeiten insoweit als berechtigt, als nicht auf den von den Mietern erlegten Betrag von 958.000 S Bedacht genommen werde. Im Falle der Bedachtnahme hierauf werde das Gesamterfordernis aber so weit vermindert, daß nur mehr ein Darlehen von 2.142.039.87 S aufzunehmen sein werde. Bei Annahme von 9% Geldbeschaffungskosten und 7 3/4% antizipativer Vierteljahresverzinsung ergebe sich ein Mietzinsvielfaches von 9.96 S pro Friedenskrone, unter Berücksichtigung eines Zuschlages von 0.14 S für kleinere Reparaturen ein solches von 10.10 S pro Friedenskrone. Dabei seien aber bei Berücksichtigung der Vermietung der Wohnungen im ersten Stock (Straßenfront) als Büroräume alle Mietobjekte vermietbar. Das Erstgericht stützt sich dabei offenbar auf die Gutachten der Sachverständigen Hans B und Hans A, die eine derartige Annahme rechtfertigen. Damit erachtete das Erstgericht die von den Antragsgegnern auch nach Einzahlung des Betrages von 958.000 S durch die Mieter erhobenen Einwände, daß "die Erhaltungsarbeiten trotz dieses Erlages unwirtschaftlich seien, der verbleibende Restbetrag durch Fremdkapital nicht aufgebracht werden könnte", fürentkräftet. Die Verpflichtungserklärung der Mieter sei, da in einem Verfahren nach § 7 MG erfolgt, nicht gemäß § 2 Abs. 1, § 6 MG unzulässig, sondern wirksam. Der den Vermietern zur Verfügung gestellte Betrag werde auch aus steuerlichen Gründen nicht geschmälert, da er nur eine durchlaufende Post im Einkommen der Vermieter darstelle. Da die Gegenleistung der Zuwendung in der widmungsgemäßen Verwendung zur Erfüllung der Instandhaltungspflicht der Vermieter bestehe und sohin Schenkungsabsicht fehle, unterliege die Zuwendung auch nicht der Schenkungssteuer. Der Erlag des Betrages von 958.000 S bei Gericht habe nur die Bedeutung, den Willen der Mieter zur Leistung eines Beitrages klarzumachen, und führe nicht dazu, daß das Gericht nunmehr über diesen Betrag zu entscheiden haben werde. Der eingezahlte Betrag müsse daher wie ein zinsenfreies, nicht rückzahlbares Darlehen mit Zweckwidmung bei der Grundsatzentscheidung berücksichtigt werden. Nach entsprechender Erklärung der Erleger oder ihrer Bevollmächtigten werde der Betrag entweder sofort zurückgezahlt oder den Erlegern die Verfügungsermächtigung eingeräumt werden. Aus § 7 MG ergebe sich die Pflicht der Hauseigentümer, das vermietete Objekt so lange instand zu halten, als dies aus den Erträgnissen des Hauses möglich sei. Wenn die Mieter sich bereit erklärten, die Vermieter von der Last unwirtschaftlicher Maßnahmen zu befreien, und dies durch den Erlag der hiefür vorgesehenen Mittel unwiderlegbar dokumentierten, bestehe kein Anlaß, die Mietzinserhöhung nicht für zulässig zu erklären. Das Vermögen der Vermieter werde keineswegs geschmälert, da die Bestanddauer der instand gesetzten Teile des Hauses 10 Jahre übersteige. Es werde lediglich ein allfällig noch größerer Vermögensvorteil, der durch den Abbruch des Hauses erlangt werden könnte, ausgeschlossen. Ein wirtschaftlicher Nachteil der Vermieter in dieser Richtung könne aber in § 7 MG nicht Berücksichtigung finden. Die Erhaltungswürdigkeit des Hauses ergebe sich im gegenständlichen Falle schon aus den besonderen Interessen der Mieter, die bereit seien, hiefür beträchtliche Mittel aufzuwenden. Der weiter erhobene Einwand der Unmöglichkeit der Aufbringung von Fremdkapital für den vom Mietererlag nicht gedeckten Aufwand für die Erhaltungsarbeiten, insbesondere im Zusammenhang mit den derzeit wirksamen Kreditrestriktionen, berühre aber die Voraussetzungen für die Erlassung der Grundsatzentscheidung nicht, sondern könne erst bei Durchsetzung dieser Entscheidung bedeutsam sein, weil damit ein schuldhafter Verzug der Hauseigentümer auszuschließen wäre.

Das Rekursgericht hat dem Rekurse der Vermieter Folge gegeben und die erstgerichtliche Entscheidung dahin abgeändert, daß der Antrag nach §§ 7, 28 Abs. 2 MG abgewiesen werde; zugleich wurde ausgesprochen, daß eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege. Das Rekursgericht billigte zunächst die Auffassung, daß die Unmöglichkeit der Darlehensbeschaffung für die grundsätzliche Zulässigkeit der Mietzinserhöhung ohne Belang sei und erst in einem späteren Verfahren nach § 8 Abs. 2 MG Bedeutung haben könne. Auf Grund der gemäß § 32 Abs. 1 MG unanfechtbaren Tatsachenfeststellungen hielt das Rekursgericht auch die ziffernmäßigen Grundlagen der Entscheidung und die Annahme für gerechtfertigt, daß im Falle der Erhöhung der Hauptmietzinse auf das 10-fache die Bestandobjekte für die Dauer der Mietzinserhöhung voraussichtlich vermietbar wären. Wenngleich der Vermieter zur Annahme des von den Mietern hinterlegten Betrages an sich nicht verpflichtet wäre, da es sich weder um eine vereinbarte Mietzinsvorauszahlung noch um einen fälligen Hauptmietzins handle, sei doch davon auszugehen, daß der Vermieter nach § 1096 ABGB zur Erhaltung des Bestandobjektes verpflichtet und an den Mietvertrag grundsätzlich so lange gebunden sei, als er diesen Vertrag nicht wegen technischer oder wirtschaftlicher Abbruchreife gemäß § 19 Abs. 2 Z. 4 MG aufkundigen könne oder ihm die Erhaltung des Bestandobjektes wegen Unwirtschaftlichkeit nicht mehr zumutbar sei. Auf eine derartige Unwirtschaftlichkeit der Reparatur aus Gründen mangelnder Erzielbarkeit der zu erhöhenden Mietzinse und fehlender Gewährleistung der Darlehensrückzahlung aus den Erträgnissen des Hauses könne sich der Vermieter nach dem Grundsatz der Vertragstreue aber nicht berufen, wenn die Mieter die Voraussetzungen für die Einbringlichkeit der Mietzinse dadurch schafften, daß sie einen nicht rückzahlbaren Betrag zur Instandhaltung des Hauses leisteten, welcher die Verringerung des Mietzinsvielfachen auf einen mit Sicherheit erzielbaren Betrag zur Folge hätte. Das Rekursgericht teilte auch die Auffassung, daß für die Überlassung des Betrages eine rechtlich zulässige Konstruktion gefunden werden könne, die eine steuerliche Schmälerung des zur Verfügung gestellten Betrages verhindere.

Nicht gefolgt ist das Rekursgericht dem Erstbericht, soweit dieses die Auffassung vertrat, daß es über den Erlag nicht mehr zu entscheiden brauche und der Erlag den Antragstellern auf ihr Verlangen sofort wieder zurückzuzahlen sei. Da das Erstgericht den gerichtlichen Erlag, der zwar nicht auf § 1425 ABGB gestützt werden könne, bewilligt habe, werde jede künftige Verfügung nur mit ausdrücklichem Einverständnis beider Parteien möglich sein. Weil es diesbezüglich erforderlichenfalls aber einer Klärung im Rechtswege bedürfen könnte, bestehe keine Gewähr, daß den Antragsgegnern jeweils bei Bedarf ein entsprechender Betrag zur Auszahlung an die Professionisten zur Verfügung stehe. Es könne daher den Antragsgegnern nicht zugemutet werden, Instandhaltungsarbeiten, für deren rechtzeitige Bezahlung sie allein hafteten, in einem so großen Umfange in Angriff zu nehmen.

Schließlich ist das Rekursgericht aber noch der Auffassung, daß es nicht nur auf eine wirtschaftliche Belastung der Vermieter durch eine unwirtschaftliche Instandhaltung ankomme, sondern daß der Vermieter auch dann mit seinem Eigentum nicht unwirtschaftlich verfahren müsse, wenn die Lasten dieser Maßnahmen von den Mietern getragen würden. Es seien daher außer der zu erwartenden Unvermietbarkeit infolge der Hauptmietzinserhöhung auch noch die anderen Kriterien der objektiven Unwirtschaftlichkeit (Höhe des verlorenen Bauaufwandes, Vergleich mit den Neubaukosten unter Berücksichtigung des erhöhten Komforts und einer besseren Raumausnützung) zu prüfen.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen der Antragsteller Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

In der grundsätzlichen Entscheidung nach § 28 Abs. 2 MG ist auszusprechen, ob und wie weit die bestimmt bezeichneten Erhaltungsarbeiten die Erhöhung der Hauptmietzinse rechtfertigen und innerhalb welchen Zeitraumes die dafür erforderlichen Kosten aus den Hauptmietzinsen zu decken sind. Es sollen damit die Beteiligten über die Rechtslage aufgeklärt werden (vgl. 7 Ob 586/56 MietSlg.Bd. IX/10, 268; 5 Ob 106/62 MietSlg. Bd. XIV/I9, 306). Nach § 6 Abs. 1 MG ist der Vermieter grundsätzlich zur ordnungsgemäßen Erhaltung des Hauses verpflichtet. Nach Lehre (Klang[2] V, 41) und Rechtsprechung (3 Ob 202/53 u. a., 8 Ob 316/62 MietSlg. 9513) ist aber jener Fall auszunehmen, in welchem die Behebung der Schäden unwirtschaftlich ist, weil die Kosten dafür aus dem Ertrag des Hauses nicht hereingebracht werden können. Dabei ist allerdings auf die durch § 7 MG geschaffene Möglichkeit der Erhöhung des Hauptmietzinses Bedacht zu nehmen, wobei aber die künftige Vermietbarkeit gewährleistet sein muß. Im Hinblick darauf ist der Rechtsauffassung des Rekursgerichtes beizupflichten, daß dann, wenn der Hauseigentümer als Antragsgegner in einem von den Mietern eingeleiteten Verfahren nach §§ 7, 28 Abs. 2 MG ausdrücklich einwendet, die vorgesehenen Reparaturen seien nicht alle notwendigen Erhaltungsarbeiten und der gesamte Kostenaufwand sei unwirtschaftlich, die gesamten notwendigen Arbeiten mit dem voraussichtlich auflaufenden Kostenaufwand, sohin auch die während der Bauzeit infolge Lohn- und Materialpreiserhöhung zu gewärtigenden Steigerungen, festgestellt werden müßten, damit unter Berücksichtigung der genau festgestellten Mietzinsreserve das voraussichtliche Vielfache dem für die einzelnen Bestandobjekte noch erzielbaren Mietzins gegenübergestellt werden kann (MietSlg. 24.426).

Im vorliegenden Falle haben nun Mieter des betroffenen Hauses einen Betrag von 958.000 S mit der ausdrücklichen Zweckwidmung zur Verwendung im Rahmen der vorgesehenen Erhaltungsarbeiten für das Haus bei Gericht erlegt. Unter Bedachtnahme auf diesen Betrag gestaltet sich die voraussichtliche Mietzinserhöhung mit einem zu gewärtigenden Vielfachen von 10.1 S pro Friedenskrone in einem Ausmaß, das nach den diesbezüglich vorliegenden Sachverständigengutachten, auf denen die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes in diesem Zusammenhange beruhen, keine Unvermietbarkeit dieser Objekte für den Zeitraum der Mietzinserhöhung im Sinn des § 28 Abs. 3 MG erwarten läßt. Mit dieser im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens nach § 32 MG unüberprüfbaren Feststellung ist sohin schon der Einwand der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit in Richtung einer Unvermietbarkeit der Bestandobjekte entkräftet. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit von Ausbesserungsarbeiten würde aber auch bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen gegeben sein, wie sie etwa für den Erfolg einer Aufkündigung wegen wirtschaftlicher Abbruchreife im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 4 MG gefordert werden. Daß geradezu die technische Notwendigkeit zur Demolierung des Hauses bestunde, ist weder behauptet worden noch im Verfahren hervorgekommen. Es ergibt sich vielmehr aus dem Gutachten des Bausachverständigen, daß vorläufig nicht einmal von einer Baufälligkeit des Objektes die Rede sein kann. Bei der Instandsetzung des gegenständlichen, über 100 Jahre alten Gebäudes ist im Hinblick auf die unter anderem auch durch die Mietengesetzgebung geschaffenen besonderen Wertverhältnisse (häufige Höherwertigkeit des unbebauten Grundstückes) mit einem in Relation zum Verkehrswert verlorenen Bauaufwand zu rechnen. Diesem Fall einer gegenüber dem Instandsetzungsaufwand allenfalls weit zurückbleibenden Wertsteigerung kann bei der Beurteilung auf das Vorliegen wirtschaftlich nicht zumutbarer Erhaltungsauslagen demnach nicht das entscheidende Gewicht beigemessen werden, weil sonst Erhaltungsarbeiten an jedem so alten Hause als unwirtschaftlich abgelehnt werden müßten und diese Auffassung mit dem Sinn und Zweck der Vorschriften des Mietengesetzes, insbesondere den § 7, der ja dazu dienen soll, den Althausbestand bewohnbar zu erhalfen, nicht vereinbar wäre (vgl. 6 Ob 16/63). Mängel in der Ausstattung und Einteilung der Räume haben die Sachverständigen bei ihrer Überprüfung der zu erwartenden Vermietbarkeit berücksichtigt, und sie sind dennoch zu einer gegebenen Vermietbarkeit mit der dargelegten Begrenzung der Mietzinshöhe gelangt. Daß Neubaukosten nicht unverhältnismäßig höher wären als der derzeitige Reparaturaufwand, ist gar nicht behauptet worden. Es erübrigt sich damit die vom Rekursgericht geforderte Überprüfung dieser anderen Kriterien einer objektiven Unwirtschaftlichkeit des unbedingt notwendigen Instandsetzungsaufwandes, da eine solche Unwirtschaftlichkeit nach den vorliegenden Feststellungsgrundlagen verneint werden kann.

Da sohin die unbedingt notwendigen Erhaltungsarbeiten unter Berücksichtigung des von den Mietern bereits getätigten Erlages von 958.000 S nicht zu einer Mietzinserhöhung führen würden, welche die Mietgegenstände unter Berücksichtigung der Lage und Beschaffenheit des Gebäudes sowie nach dem Anbot und der Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt unvermietbar machen würde, ihr Leerstehen und damit die Unmöglichkeit zur Folge hätte, die Kosten m Ertrag des Zinses auch in Zukunft hereinzubringen (vgl. 5 Ob 218/59, MietSlg. 7.21 I; 8 Ob 316/62, MietSlg. 9.513), ist von Bedeutung, ob die Vermieter gehalten sind, von dem erlegten Geld der Mieter im Widmungssinne Gebrauch zu machen und ob dieser Geldbetrag den Vermietern in einer Weise zur Verfügung gestellt wurde, die ihren Einwand der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit im Verfahren nach §§ 7, 28 Abs. 2 MG zu entkräften geeignet erscheint.

Nach Auffassung des erkennenden Senates ist der Vermieter verpflichtet, in Zuhaltung der geschlossen Mietverträge und der ihm nach § 1096 ABGB obliegenden Vertragsverpflichtungen Sonderzahlungen der Mieter anzunehmen, die ihn in die Lage versetzen die damit nicht mehr als wirtschaftlich unzumutbar zu beurteilenden, unbedingt notwendigen Erhaltungsarbeiten durchzuführen.

Der von den Mietern getätigte Erlag von 958.000 S kann nicht nach § 1425 ABGB beurteilt werden, weil es sich jedenfalls dabei nicht um die Hinterlegung einer Schuld handeln kann. Soweit die Sinne der Rechtsprechung darauf hinweisen, daß auch Unklarheit der Rechtslage ein Grund zum Erlag im Sinne des § 1425 ABGB sein kann (vgl. MietSlg. 18.247; SZ 39/219), so kann es wohl keinem Zweifel begegnen, daß eine Verbindlichkeit der Mieter zur Zahlung eines solchen Betrages weder aus einer (gar nicht behaupteten) Vertragsgrundlage noch aus dem Gesetz abgeleitet werden könnte. Auf der anderen Seite kann aber nicht über sehen werden, daß eine ausdrückliche Zweckwidmung für die Durchführung der gegenständlichen Instandsetzungsarbeiten und ein Verzicht auf Rückforderung und Einreichung in das nach § 28 Abs. 3 MG zu bestimmende Mietzinsvielfache erfolgt ist. Es kann daher nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles dem Erstgericht nicht darin gefolgt werden, daß die erlegenden Mieter es in der Hand hätten, jederzeit einseitig und ohne Beteiligung der Antragsgegner die Rückzahlung dieses Erlagsbetrages zu fordern. Im Hinblick auf die besondere Gestaltung des Vollzuges solcher unbedingt notwendigen Erhaltungsarbeiten gemäß § 8 MG wird bei beharrlicher Nichtbeteiligung der Vermieter allenfalls ein geeigneter Dritter zu ermächtigen sein, die Arbeiten durchführen zu lassen. In sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 8 Abs. 2 MG, die diesen Dritten zur Beschaffung des hiezu erforderlichen Kapitals berechtigen, wird ihm auch die Verfügung über den zu Zwecken der Durchführung der Instandhaltungsarbeiten gewidmeten Erlag der Mieter einzuräumen sein. Im Hinblick auf die von den erlegen- den Mietern abgegebene Erklärung, die Beträge dann zur Verfügung zu stellen, wenn Zahlungen zu leisten sind, kann derzeit mit einer für das Grundsatzverfahren im Sinne des § 28 Abs. 2 MG hinreichenden Sicherheit davon ausgegangen werden, daß der Betrag von 958.000 S auf dessen Rückforderung die erlegenden Mieter in jedem Falle, außer bei Nichtdurchführung des "§ 7-Verfahrens", verzichtet haben, zur Verfügung steht und daher im Sinne der dargelegten Erwägungen bei der Beurteilung der behaupteten Unwirtschaftlichkeit dieser Arbeiten für die Vermieter zu berücksichtigen ist.

Zutreffend haben die Untergerichte dem weiteren Einwand der Vermieter entgegnet, daß auch der verbleibende Restbetrag des Erfordernisses durch Fremdkapital nicht aufgebracht werden könnte. Nach ständiger Rechtsprechung werden Schwierigkeiten in der Kapitalbeschaffung grundsätzlich als hinreichend angesehen, um die Verhängung einer Ordnungsstrafe gemäß dem § 8 Abs. 2 MG zu verhindern. Die Unmöglichkeit der Kreditbeschaffung müßte im übrigen auch bei Bestellung eines geeigneten Dritten zur Durchführung der Arbeiten im Sinne des § 8 Abs. 2 MG ihre Auswirkungen haben und zu einer faktischen Nichtdurchführung der Erhaltungsarbeiten führen. Es kann daher im vorliegenden Stadium des Verfahrens dahingestellt bleiben, ob und wie weit Kreditinstitute, abgesehen von den derzeitigen währungspolitischen Maßnahmen des Bundesministeriums für Finanzen und der damit verbundenen Kreditrestriktion, Instandhaltungsdarlehen zu geben bereit sind.

Ausgehend von dem dargelegten Zweck und dem begrenzten Wirkungsrahmen der Grundsatzentscheidung nach §§ 7, 28 Abs. 2 MG erscheint sohin nach dem bisher überschaubaren Sachverhalt der Antrag der Mieter berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof verkennt nun nicht, daß in Zeiten einer erheblichen Geldwertverdünnung und damit zusammenhängender unverhältnismäßig hoher Baukostensteigerungen, deren weitere Entwicklung nicht eindeutig abzusehen ist, aber auch zufolge der in diesem Zusammenhang von der öffentlichen Hand bewirkten Kreditrestriktionen, gerade in Grenzfällen wie dem vorliegenden die Finanzierung von hohen Instandsetzungskosten nach dem problematisch sein kann. Von einer generellen Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit für die Vermieter kann aber nicht die Rede sein. Es kann daher den Mietern bei einem völlig passiven Verhalten der Vermieter nicht verwehrt werden, von ihrem gesetzlichen Recht Gebrauch zu machen, zumal sie durch bedeutende finanzielle Aufwendungen den Weg hiezu geebnet haben. Auf der anderen Seite können sich die Vermieter über eine Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Verfügungsgewalt im Rahmen einer Hausinstandsetzung nicht mit Recht für beschwert erachten, weil diese Einschränkung ihrer Stellung als Hauseigentümer aus sachlichen Gründen im Gesetze vorgesehen ist. Gerade bei der Bedeckung der Kosten für die ordentliche Erhaltung des Hauses im Wege der §§ 7 Abs. 2, 28 Abs. 2 und 3 MG kommt es, abgesehen von der labilen Kostenentwicklung, notwendigerweise auch auf die nicht immer verläßliche Prognose künftiger wirtschaftlicher Entwicklungen in bezug auf die Erlangung von Fremdkapital und die taisächliche Vermietbarkeit der Objekte im Aufteilungszeitraum an. Insoweit haben die Vermieter daher auch eine allfällige Unsicherheit ihrer wirtschaftlichen Situation bezüglich des instandzusetzenden Hauses von vornherein in Kauf zu nehmen. Wenn sich allerdingsherausstellen sollte, daß die Finanzierung im erforderlichen Umfange undurchführbar sein sollte, weil unverhältnismäßig hohe Kostensteigerungen vorliegen oder eine hinlängliche Geldbeschaffung unmöglich ist, wird das Instandsetzungsprojekt ohne Mitwirkung der Hauseigentümer ohnehin auch nicht durch Ausschöpfung der in § 8 MG vorgesehenen Möglichkeiten zu verwirklichen sein.

Es war daher dem Revisionsrekurse der Antragsteller Folge zu geben und die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung nach den §§ 7, 28 Abs. 2 MG zu verfügen, zumal hinreichende Entscheidungsgrundlagen vorhanden sind und den Mietern die Chance zur endgültigen Sanierung des Hauses und damit ihrer Bestandobjekte nur gewahrt werden kann, wenn nicht weitere Verzögerungen eine neuerlich veränderte Sachlage schaffen.

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