Spruch:
Eine dem Gemeinschuldner noch vor der Konkurseröffnung angefallene und von ihm angetretene Erbschaft fällt in die Konkursmasse; die Einantwortungsurkunde ist in diesem Fall dem Masseverwalter zuzustellen
Beendigung des Abhandlungsverfahrens mit der rechtskräftigen Einantwortung des Nachlasses
OGH 7. Jänner 1970, 5 Ob 216/69 (LGZ Graz 1 R 111/69; BGZ Graz 17 A 615/56).
Text
Zum Nachlaß der Friederike S gehörten u a je 1/4 Anteile der Liegenschaften EZ X und EZ Y. Auf Grund der Teilungsklage der übrigen Miteigentümer der Liegenschaft EZ Y erging gegen die Verlassenschaft, vertreten durch einen dazu bestellten Verlassenschaftskurator, mit Zustimmung des Verlassenschaftsgerichts ein Anerkenntnisurteil; die gerichtliche Feilbietung dieser Liegenschaft führte jedoch zu keinem Ergebnis. Bei der Verlassenschaftsabhandlung am 26. September 1968 wurde in Anwesenheit des erbserklärten Erben Josef S, über dessen Vermögen nach der Annahme seiner Erbserklärung der Konkurs eröffnet worden war, sowie seines Masseverwalters das Hauptinventar errichtet und hiebei der in die Verlassenschaft fallende Anteil der zuletzt genannten Liegenschaft mit 12.447 S bewertet. Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung und in einer späteren Eingabe behauptete Josef S, daß ihm mit Beschluß des Konkursgerichts die freie Verfügung über seinen Erbanspruch, betreffend die Liegenschaft EZ X, überlassen worden sei.
Mit Beschluß des Erstgerichts v 11. November 1968 wurden die Endverfügung und die Einantwortungsurkunde erlassen. In der Endverfügung wurde u a der Verlassenschaftskurator seines Amts enthoben. Nach dem Inhalt der Einantwortungsurkunde wurde der Nachlaß der Friederike S dem Josef S und der Maria N zu je einem Drittel sowie der Angelika K und dem Franz S zu je einem Sechstel eingeantwortet. Beschluß und Einantwortungsurkunde wurden laut Rückschein dem Masseverwalter des Josef S am 15. November 1968 zugestellt. Offenbar im Hinblick auf die von Josef S behauptete Ausscheidung seiner Erbansprüche betreffend die Liegenschaft EZ X, aus seiner Konkursmasse wurde die Zustellung der Endverfügung und der Einantwortungsurkunde an Josef S persönlich angeordnet, die für ihn bestimmten Beschlußausfertigungen wurden jedoch gleichfalls seinem Masseverwalter zugestellt; daß diese Ausfertigungen dem Josef S dennoch zugekommen wären, ergibt sich aus den Akten nicht.
Die Miterben Maria N, Angelika K und Franz S erhoben gegen die Endverfügung und die Einantwortungsurkunde Rekurs, weil das Verfahren zur Ermittlung des Nachlaßvermögens mangelhaft geblieben sei. Insbesondere sei der Verlassenschaftskurator nicht zum angeblichen Schuldenstand gehört worden. Bevor das Rekursgericht über dieses Rechtsmittel erkannte, beantragte der Verlassenschaftskurator die abhandlungsbehördliche Genehmigung eines von ihm abgeschlossenen Kaufvertrages über den in die Verlassenschaft fallenden 1/4 Anteil der Liegenschaft EZ Y. Nach dem Inhalt dieses Vertrages verkauften sämtliche Miteigentümer die Liegenschaft, die nunmehr auf 276.000 S geschätzt worden war, um 300.000 S an eine Bau- und Siedlungsgenossenschaft.
Mit Beschluß v 20. Jänner 1969 genehmigte das Verlassenschaftsgericht den Abschluß dieses Kaufvertrages hinsichtlich des in den Nachlaß fallenden 1/4 Anteils der Liegenschaft EZ Y und bestätigte gleichzeitig, daß der Verlassenschaftskurator berechtigt gewesen sei, den Kaufvertrag zu unterfertigen. Dieser B wurde zunächst nur dem Verlassenschaftskurator zugestellt. Mit B 6. Februar 1969 bestätigte das Rekursgericht die Endverfügung und die Einantwortungsurkunde. Dieser B wurde für Josef S nur seinem Masseverwalter, u zw am 18. Februar 1969, zugestellt.
Mit Eingabe v 31. März 1969 beantragte Josef S mit der Behauptung, daß das Konkursgericht mit Beschluß v 25. März 1969 seine sämtlichen Erbansprüche nach Friederike S aus der Konkursmasse ausgeschieden und ihm zur freien Verfügung überlassen habe, die verlaßbehördliche Genehmigung des Kaufvertrages, betreffend den in den Verlaß fallenden 1/4 Anteil der Liegenschaft EZ Y, aufzuheben und den Kaufvertrag für ungültig zu erklären. Ohne über diesen Antrag zu entscheiden, verfügte daraufhin das Verlassenschaftsgericht die Zustellung seines Genehmigungsbeschlusses v 20. Jänner 1969 an Josef S mit dem Bemerken, daß es ihm freistehe, gegen diesen Beschluß ein Rechtsmittel zu ergreifen. Nunmehr erhob Josef S gegen den zuletzt genannten Beschluß Rekurs, in dem er im wesentlichen ausführte, daß zur Zeit der Genehmigung des Kaufvertrages durch das Verlassenschaftsgericht der Verlassenschaftskurator bereits enthoben und der Nachlaß den Erben, also auch ihm, eingeantwortet gewesen sei.
Das Rekursgericht gab diesem Rekurs nicht Folge.
Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs des Josef S zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Durch die rechtswirksame Einantwortung eines Nachlasses wird das Abhandlungsverfahren beendet. Darin liegt, daß das Abhandlungsgericht keine fernere Möglichkeit hat, sich mit der Verlassenschaftsangelegenheit dieses Erblassers zu befassen. Das bedeutet aber, daß alle Rechtsmittel ausgeschlossen sind, die nur im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung, also beim Abhandlungsgericht, beantragt werden können (Weiß in Klang[2] III 1050; SZ 34/157; SZ 25/170; JBl 1947, 21; JBl 1949, 70; NZ 1933, 137; GlUNF 796; GlUNF 936). Die Rechtswirksamkeit der Einantwortung ist durch die Zustellung der Einantwortungsurkunde an die erbserklärten Erben oder deren Vertreter bedingt (SZ 21/54). Ist dem Gemeinschuldner noch vor der Konkurseröffnung eine Erbschaft angefallen und hat er diese angetreten, dann bildet sie bei der Konkurseröffnung bereits einen Bestandteil seines Vermögens und gehört in die Konkursmasse Lehmann, Komm z österr KO, AO u AnfO I, 57). Auch wenn man mit Bartsch - Pollak, KO I, 58 die Auffassung vertritt, daß der Nachlaß, hinsichtlich dessen der spätere Gemeinschuldner vor der Konkurseröffnung bereits eine Erbserklärung abgegeben hat, ein Sondervermögen bildet, über das gem § 98 Abs 2 KO ein abgesonderter Konkurs eröffnet werden könnte, so ergibt sich doch aus § 3 Abs 1 und § 4 Abs 2 KO, daß hinsichtlich dieses Vermögens der Gemeinschuldner keine den Konkursgläubigern gegenüber wirksamen Rechtshandlungen setzen kann. Daher ist die Einantwortungsurkunde in einem solchen Fall anstelle des Erben seinem Masseverwalter zuzustellen, u zw ohne Rücksicht darauf, ob der Erbe vor der Eröffnung des Konkurses über sein Vermögen die Erbserklärung abgegeben hat oder ob in Ermangelung einer solchen Erklärung bis zur Konkurseröffnung der Masseverwalter für ihn die Erbschaft angetreten hat. Daran ändert es auch nichts, wenn, wie hier, der Gläubigerausschuß mit Genehmigung es Konkurskommissärs vor der Einantwortung des Nachlasses "Anwartschaftsrechte" des Erben hinsichtlich einzelner Nachlaßgegenstände aus der Konkursmasse ausschied und dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überließ (hier mit Beschluß v 28. Juli 1966), denn der Nachlaß kann nur insgesamt, nicht aber hinsichtlich einzelner Nachlaßgegenstände gesondert abgehandelt werden. Ein auf einzelne Nachlaßgegenstände beschränkter Freigabebeschluß führt daher nur dazu, daß mit der nachfolgenden Einantwortung die freigegebenen Erbschaftsgegenstände nicht in die Masse fallen, sondern konkursfreies Vermögen des Gemeinschuldners werden. Da im vorliegenden Fall die Einantwortungsurkunde dem Masseverwalter am 13. November 1968 zugestellt wurde und von ihm unangefochten blieb, sowie dem Rekurs der übrigen Erben gegen die Einantwortung nicht Folge gegeben wurde, ist die Einantwortung des Nachlasses der Friederike S an ihre Erben seit dem 18. Februar 1969 (letzter Tag der Zustellungen der Rekursentscheidung an die Beteiligten) rechtswirksam. Von diesem Zeitpunkt an konnten daher im Abhandlungsverfahren ergangene Verfügungen nicht mehr mit an die Abhandlungsbehörde gerichteten Rechtsmitteln angefochten werden. Keinesfalls eröffnete die Zustellung des erstrichterlichen Beschlusses v 20. Jänner 1969 an den Rekurswerber am 10. April 1969 und die damit verbundene Rechtsbelehrung für den Rekurswerber eine Anfechtungsmöglichkeit dieses Beschlusses im Rahmen des bereits beendeten Abhandlungsverfahrens. Das Rekursgericht hätte daher die Entscheidung über den nach abgeschlossenem Abhandlungsverfahren erhobenen Rekurs ablehnen müssen (vgl GlUNF 936). Da somit auch bei einer dem Gesetz entsprechenden Entscheidung des Rekursgerichts der erstrichterliche Beschluß aufrecht geblieben wäre, fehlt dem Revisionsrekurswerber die Beschwer zur Anfechtung des Beschlusses der zweiten Instanz. Der Mangel einer Beschwer führt aber zur Zurückweisung des Rechtsmittels (SZ 8/194; SZ 10/195; EvBl 1960/25; 1 Ob 8/60, 5 Ob 406/60, 5 Ob 8/64, 5 Ob 134/64 u a).
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