OGH 2Ob362/54

OGH2Ob362/541.9.1954

SZ 27/210

Normen

ABGB §523
ABGB §1327
Erste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §81
ZPO §416
ABGB §523
ABGB §1327
Erste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §81
ZPO §416

 

Spruch:

Durch die Verkundung des Scheidungsurteiles und den Rechtsmittelverzicht wird die Ehe noch nicht aufgelöst; das Urteil ist daher wirkungslos, wenn ein Ehegatte vor Urteilszustellung stirbt.

Doch hat die Witwe im Falle eines Schadenersatzprozesses wegen fahrlässiger Tötung ihres Mannes nicht Anspruch auf Unterhalt nach § 91 ABGB., sondern nur nach § 68 EheG.

Anschaffungskosten für Trauerkleider gebühren ihr auch dann, wenn sie im Unfallszeitpunkt in ehebrecherischer Lebensgemeinschaft mit einem anderen Manne gestanden ist.

Entscheidung vom 1. September 1954, 2 Ob 362/54.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Im Scheidungsstreit der Ehegatten J. fand am 19. Oktober 1951 die Schlußverhandlung und im Anschluß die Verkundung des Urteils statt, wonach die zwischen den Ehegatten J. geschlossene Ehe aus dem Verschulden des Mannes geschieden, gleichzeitig aber über Antrag des Mannes die Mitschuld der Frau ausgesprochen wird. Nach der Verkundung des Urteils verzichteten die Parteien auf Rechtsmittel dagegen. Bevor nun das Urteil vom 19. Oktober 1951 den Parteien in schriftlicher Ausfertigung zugestellt worden war, ist Franz J. am 5. November 1951 bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt. Das Landesgericht Feldkirch stellte mit Beschluß vom 30. November 1951 im Scheidungsverfahren fest, daß infolge des am 5. November 1951 eingetretenen Todes des Beklagten Franz J. das am 19. Oktober 1951 mündlich verkundete, jedoch noch nicht zugestellte Urteil des Landesgerichtes Feldkirch, betreffend die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Mannes und die Feststellung der Mitschuld der Frau, wirkungslos geworden und der Rechtsstreit als erledigt anzusehen ist. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch, der der Scheidungsakt zur Einsicht und allfälligen Antragstellung übermittelt wurde, stellte keinen Antrag nach der 5. Durchführungsverordnung zum Ehegesetz.

Das Landesgericht Feldkirch erkannte mit rechtskräftigem Urteil vom 14. Mai 1952, Vr 859/51-28, den Erstbeklagten im vorliegenden Streite schuldig, am 5. November 1951 des Vergehens nach § 335 StG. (fahrlässige Tötung des Franz J. und Kurt Z.) begangen zu haben.

Die vorliegende Schadenersatzklage richtet die Klägerin gegen die Beklagten, gestützt auf folgendes Vorbringen: Der Erstbeklagte habe der Klägerin, für deren Unterhalt der getötete Franz J. nach dem Gesetz zu sorgen hatte, das, was ihr dadurch entgangen sei, zu ersetzen. Zur Zeit des Verkehrsunfalles habe sich der LKW. im Eigentum der Zweitbeklagten befunden, die als Halterin zur ungeteilten Hand mit dem Erstbeklagten für den entstandenen Schaden hafte.

Das Erstgericht hat den Erstbeklagten schuldig erkannt, der Klägerin den Betrag von 2916.29 S (11. Juni 1952) und längstens auf die Dauer des Witwenstandes der Klägerin eine monatliche Rente von 200 S zu bezahlen. Das Begehren gegen die Zweitbeklagte wurde abgewiesen.

Das Berufungsgericht sprach der Klägerin nur 799.50 S zu.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge, stellte das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich des Zuspruches eines Betrages von 1647.70 S für Trauerkleider wieder her, hob es im vom Berufungsgericht abgeänderten Teile (Unterhaltsbegehren) und im Kostenausspruch auf und verwies die Rechtssache im Umfange der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im wesentlichen begrundet. Mit Recht bekämpft sie die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Ehe zwischen der Klägerin und Franz J. im Zeitpunkt des Todes des Letzgenannten durch das am 19. Oktober 1951 verkundete Urteil und den im Anschluß daran erklärten Rechtsmittelverzicht beider Teile aufgelöst gewesen sei. Der Oberste Gerichtshof hat zu der hier berührten Frage in einer Entscheidung aus jüngster Zeit Stellung genommen und hiezu ausgeführt, daß die Prozeßführungsbeschränkungen der §§ 81 und 84 der ersten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz nur prozeßrechtliche Folgerungen aus dem materiellen Rechte darstellen. Da der Tod eines Ehegatten die Ehe sofort zur Auflösung bringt, ist eine Auflösung der Ehe durch gerichtliche Entscheidung nicht mehr möglich. Nach § 416 Abs. 1 ZPO. wird das Urteil den Parteien gegenüber, von den besonderen Fällen des § 416 Abs. 3 ZPO. abgesehen, erst mit der Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung wirksam. Nach den ausdrücklichen Vorschriften der Abs. 1 und 2 des § 416 ZPO. kommt der Urteilsverkundung lediglich die Bedeutung zu, daß das Gericht an die verkundete Entscheidung gebunden ist. Die Zustellung ist demnach nicht bloß für den Beginn der Rechtsmittel- und Leistungsfristen, sondern überhaupt für die Wirksamkeit des Urteils gegenüber den Parteien, aber auch gegenüber dritten Personen, sofern eine solche in Frage kommt, maßgebend. Vor der Zustellung ist demnach ein nach außen hin wirksames Urteil überhaupt nicht vorhanden. Dem Rechtsmittelverzicht kommt lediglich die Bedeutung eines Ausschlusses der Anfechtbarkeit zu. Dafür, daß er darüber hinaus der Entscheidung volle Wirksamkeit zu verleihen vermag, fehlt im Gesetze ein hinreichender Anhaltspunkt. Diese Wirkung könnte, wie sich aus § 416 Abs. 3 ZPO. für die dort aufgezählten Fälle ergibt, nur der Verkundung zukommen und müßte dies dann auch für die Verkundung von Entscheidungen zutreffen, die Kraft gesetzlicher Vorschrift von vornherein unanfechtbar sind. Daß letzteres der Fall ist, wird, abgesehen davon, daß § 416 Abs. 1 ZPO. eine solche Wirkung grundsätzlich ausschließt, auch von der Seite nicht behauptet, die dem Rechtsmittelverzicht eine derartige Bedeutung zuerkennt (vgl. AV. vom 15. September 1942, Deutsche Justiz S. 606 Nr. 350 A). Novak (JBl. 1946 S. 136) hat daher zutreffend ausgeführt, daß es auch im Falle des Rechtsmittelverzichtes gemäß § 416 Abs. 1 ZPO. an sich auf die Zustellung der Urteilsausfertigung ankommt, und hat seinen Standpunkt, daß gleichwohl die Urteilswirkungen auf die Verkundung zurückzubeziehen seien, darauf gestützt, daß dieselben Erwägungen, die der abweichenden Regelung des § 416 Abs. 3 ZPO. für die dort angeführten Fälle zugrunde gelegen sind, auch für den Rechtsmittelverzicht zutreffen. Dies mag durchaus richtig sein, kann aber nichts daran ändern, daß der Gesetzgeber den Fall des Rechtsmittelverzichtes im § 416 Abs. 3 ZPO. nicht einbezogen hat, ohne daß ein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß es sich hiebei um ein Versehen gehandelt habe. Übrigens wäre auch im Falle des Rechtsmittelverzichtes nach Urteilsverkündigung das Verfahren durch den Tod einer nicht durch einen prozeßbevollmächtigten vertretenen Partei gemäß § 155 ZPO. unterbrochen und könnte während der Dauer dieser Unterbrechung die Zustellung der Ausfertigungen des vorher verkundeten Urteils nicht vorgenommen werden (Neumann I, S. 748). Liegt somit, abgesehen von der Bindung des Gerichtes, ein wirksames Urteil vor der Zustellung der Ausfertigungen an die Parteien in § 416 Abs. 1 ZPO. überhaupt nicht vor, so muß dies umso mehr für Rechtsgestaltungsurteile gelten, deren Wirkung gerade darin besteht, daß sie Änderungen der materiellrechtlichen Rechtslage herbeiführen. Deshalb muß es schon sehr zweifelhaft erscheinen, ob tatsächlich in den §§ 46 EheG., 79 Abs. 2 und 81 der ersten Durchführungsverordnung hiezu unter Rechtskraft die formelle Rechtskraft zu verstehen ist. Wäre dies aber selbst der Fall, so muß jedenfalls nach § 416 Abs. 1 zur Unanfechtbarkeit die Zustellung der Urteilsausfertigungen hinzukommen, damit der verkundete Ausspruch der Rechtsgestaltung die Auflösung der Ehe wirklich herbeizuführen vermag. Wird die Ehe vorher durch den Tod eines Gatten aufgelöst, so ist für eine Auflösung durch Richterspruch kein Raum mehr und das nachträglich zugestellte Rechtsgestaltungsurteil daher wirkungslos (vgl. Schwind, Komm. zum Ehegesetz, S. 183, 322; Sperl, Lehrbuch, S. 522, 524). -

Die Feststellung der Wirkungslosigkeit eines Eheauflösungsurteils ist allerdings im § 81 der 1. DVO. zum EheG. nicht ausdrücklich vorgesehen. Ein derartiger Ausspruch ist jedoch erforderlich, um beispielsweise eine bereits vorgenommene Eintragung der erfolgten Scheidung in den Personenstandsbüchern wieder zu beseitigen. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine Aufhebung der Rechtskraftbestätigung (E. v. 30. Juni 1954, 1 Ob 408/54 SZ. XXVII/186.).

Von der in der soeben wiedergegebenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vertretenen Rechtsansicht abzugehen, besteht keine Veranlassung. Aus dem Gesagten folgt, daß, da Franz J. nach der Verkundung des Urteils und nach dem im Anschluß daran von den Parteien erklärten Rechtsmittelverzicht, aber vor Zustellung der Urteilsausfertigungen an die Parteienvertreter gestorben ist, das Scheidungsurteil gemäß § 81 der 1. DVO. wirkungslos geworden ist. Die vom Revisionsgericht vertretene Rechtsauffassung enthebt es einer Auseinandersetzung mit der Frage, welche Bedeutung dem Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 30. November 1951 im Scheidungsstreite zukommt. Beizutreten ist der Meinung des Berufungsgerichtes, daß eine Anwendung der Vorschrift des § 1 der fünften Durchführungsverordnung zum EheG. nie in Frage kam, weil diese die Geltendmachung des Verschuldens des anderen Ehepartners mittels Klage oder Widerklage voraussetzt, Franz J. im Scheidungsstreite jedoch lediglich einen Mitschuldantrag gestellt hatte.

Trotz der oben vertretenen Auffassung über die Wirkungslosigkeit des Scheidungsurteiles durch den Eintritt des Todes des Mannes wäre es verfehlt, der Tatsache der Verkundung des Urteils und der Erklärung des Rechtsmittelverzichtes keine Bedeutung beizumessen. Nach § 1327 ABGB. muß den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetze zu sorgen hatte, das, was ihnen durch den Tod entgangen ist, ersetzt werden. Der Anspruch nach § 1327 ABGB. ist kein Unterhalts-, sondern ein Schadenersatzanspruch. Die Klägerin kann durch den Tod ihres Gatten daher nicht besser gestellt werden, als sie es im Falle des Ausbleibens des Unfalls gewesen wäre. Aus der Natur des Schadenersatzanspruchs folgt bereits, daß dieser nur einen Ausgleich für zugefügte Schädigungen bezweckt, nicht aber Erlangung unerwarteten Gewinnes. Es wäre ein in der Tat widersinniges Ergebnis, der Klägerin mit dem Todesfall ihres Gatten die Möglichkeit zu geben, auf einen bereits fallengelassenen gesetzlichen Unterhaltsanspruch nach § 91 ABGB. zurückzugreifen. Durch den Tod des Franz J. ist die Klägerin nicht um einen Anspruch nach § 91 ABGB., sondern günstigsten Falles um einen Anspruch nach § 68 EheG. gebracht worden, denn im Falle des Weiterlebens des Franz J. wäre mit der Zustellung der Ausfertigung des bereits verkundeten Urteils, gegen das auf Rechtsmittel verzichtet wurde, die Ehe aufgelöst gewesen. Zu ersetzen ist den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetz zu sorgen hatte, das dadurch (Tod) Entgangene, also alles, was sie erhalten hätten, wenn der Getötete weiter gelebt hätte und nun deshalb, weil er nicht mehr lebt, nicht erhalten (Wolff bei Klang 2. Aufl. zu § 1327, S. 148 ff.). Hätte der Getötete weitergelebt, so hätte ihn keine unmittelbar aus dem Gesetz entspringende Unterhaltspflicht mehr getroffen; denn § 68 EheG. sieht lediglich vor, daß dem Ehegatten, der sich nicht selbst unterhalten kann, sofern beide Ehegatten schuld an der Scheidung sind, aber keiner die überwiegende Schuld trägt, ein Beitrag zu seinem Unterhalt zugebilligt werden kann, wenn und soweit dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des anderen Gatten und der nach § 71 unterhaltspflichtigen Verwandten des Bedürftigen der Billigkeit entspricht. Mit Recht hebt Schwind in seinem Kommentar zum Eherecht auf Seite 231 hervor, daß derjenige, dem ein Beitrag zugebilligt werden kann, noch keinen Anspruch aus dem Gesetze unmittelbar hat, sondern daß ein Anspruch erst dadurch entsteht, daß er ihm vom Richter zugebilligt wird. Zwischen mitschuldigen Ehegatten besteht somit ein echter Unterhaltsanspruch nicht (Volkmar - Antoni, Eherecht S. 267), weshalb auch die Zubilligung eines Unterhaltsbeitrages grundsätzlich dann nicht in Frage kommt, wenn die Verwandten des bedürftigen Gatten diesem einen Unterhalt leisten können oder wenn durch die Leistung des Beitrages der Unterhalt von Kindern oder eines neuen Ehegatten des anderen in Frage gestellt würde.

Der Revision ist zuzugeben, daß das Begehren der Klägerin auf Ersatz entgangenen Unterhaltes nicht nur unter dem Gesichtspunkt des § 1327 ABGB., sondern auch unter jenem des § 10 Abs. 2 KfzVerkehrsGes. zu prüfen ist, was sich schon aus der Inanspruchnahme der zweitbeklagten Partei als Halterin des Lastkraftwagenzuges ergibt. Feststellungen der Untergerichte darüber fehlen, ob der vom Erstbeklagten abgestellte Anhänger als im Betriebe befindlich anzusehen war (vgl. die bei J. Flögel, Straßenverkehrsrecht, S 482 angeführten Beispiele). Eine Klärung dieser Frage wäre dann nicht entbehrlich, wenn der Standpunkt vertreten wird, daß § 10 Abs. 2 KFG. weitergeht als § 1327 ABGB. Das Revisionsgericht ist freilich der Auffassung, daß beide Gesetzesstellen im Gründe dasselbe Ziel verfolgen und der einzige Unterschied nur im Ausmaß der Leistung liegt. Auch der abgeschwächte Anspruch des 68 EheG. ist ein solcher, der auf gesetzlicher Grundlage beruht. Liegen die Voraussetzungen hiefür vor, so wird in aller Regel der Anspruch eines Unterhalts gerechtfertigt sein. Nach den getroffenen Feststellungen des angefochtenen Urteils würden die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 1327 ABGB. fehlen; denn danach hat die Klägerin ihren Ehemann Franz J. am 21. April 1951 unter dem Vorwande, nach Salzburg zu fahren, verlassen und die Ehegemeinschaft mit ihm nicht mehr aufgenommen. Sie zog zum Malermeister D. nach G., mit dem sie nicht nur die Ehe gebrochen, sondern eine eheähnliche Gemeinschaft begrundet hat, die von Anfang Mai bis Anfang Dezember 1951 dauerte. Die Klägerin hatte die Absicht, D. zu heiraten, und wollte von einer Rückkehr zu ihrem Mann nichts mehr wissen. Deshalb brachte sie auch wenige Tage nach dem Weggang von ihrem Mann die Scheidungsklage gegen ihn ein, mit der sie Scheidung aus seinem Verschulden wegen Mißhandlungen, Drohungen und unzureichender Unterhaltsleistung begehrte. Im Fragebogen zur Erlangung des Armenrechtes beantwortete sie die Frage, ob sie Anspruch auf Unterhalt gegen den Gatten habe, mit nein, ebenso alle Fragen unter Punkt 12 negativ. Franz J. beantwortete in seinem Fragebogen Punkt 9 (ob er für den Unterhalt jemandes zu sorgen habe) mit "fällt leer aus" und führte in den Punkten 10 und 11 an, daß er zur Zeit (4. Mai 1951) existenzlos sei und zeitweise Notbeschäftigungen als Kellner in verschiedenen Gastbetrieben habe. Im Laufe des Scheidungsstreits gab die Klägerin an, daß der Mann ihr seit der Trennung nur einmal einen Betrag von 10 S oder nach ihrer Parteiaussage einen solchen von 25 S gab. Der Mann setzte dem Scheidungsbegehren der Frau keinen Widerspruch entgegen, beantragte jedoch Feststellung des überwiegenden Verschuldens der Klägerin mit der Begründung, daß diese die häusliche Gemeinschaft einseitig und unbegrundet aufgehoben habe, mit D. intime Beziehungen unterhalte und schon vorher in ehewidrigen Beziehungen zu anderen Männern gestanden sei. Nach Einvernahme mehrerer Zeugen wurde die Ehe aus dem Verschulden beider Ehegatten geschieden. Beide Teile gaben durch den Rechtsmittelverzicht zu erkennen, daß dieses Urteil ihrem Begehren entspreche. Die Behauptung der Klägerin in diesem Streite, schon vor der Scheidung die Absicht gehabt zu haben, die eheliche Gemeinschaft mit Franz J. wieder aufzunehmen, erweist sich schon mit Rücksicht auf ihre eigene Äußerung, wonach Franz J. nach der Urteilsverkundung erklärt habe, nicht mehr mit ihr zusammengehen, sondern nach Kanada auswandern zu wollen, als unglaubwürdig. Die Klägerin hatte mit D. noch am 21. November 1951 Geschlechtsverkehr, also mehrere Wochen nach dem Tode des Franz J. Sie bekam von diesem lediglich einmal als eine Art Ablösebeitrag 25 S, sonst nichts. Sie begehrte von ihm weder einen einstweiligen Unterhalt, noch eine Unterhaltsleistung für die Zeit nach der Scheidung, insbesondere auch keimen Unterhalt nach § 68 EheG. Die Gendarmerie A. berichtete im Scheidungsstreite, daß Franz J. während seines ganzen Aufenthaltes in A. eigentlich nie in einem dauernden Arbeitsverhältnis gestanden ist, sondern nur Gelegenheitsbeschäftigungen als Kellner hatte und den vielleicht größten Teil seines Unterhaltes durch Inanspruchnahme der öffentlichen Mildtätigkeit erwerbe.

Den Feststellungen des angefochtenen Urteils stehen andere Feststellungen des Erstgerichtes gegenüber, bezüglich derer sich das Berufungsgericht auf den Satz beschränkt, es möge, was die Unterhaltsfähigkeit und die tatsächliche Unterhaltsleistung des Franz J. an die Klägerin anlangt, dahingestellt bleiben, ob es wirklich zutreffe, daß Franz J. vor dem Weggang der Klägerin den Unterhalt ausreichend geleistet habe, wie das Erstgericht annimmt, obwohl die bezüglichen Angaben der Klägerin im Scheidungsprozeß eindeutig für das Gegenteil sprechen würden. Es ließ damit die Frage, ob es die gegenteiligen Feststellungen des Erstgerichtes übernimmt oder nicht, offen. Ein Abgehen von den Feststellungen des Erstgerichtes wäre, ohne das Berufungsverfahren mangelhaft zu machen, auch nur nach Beweiswiederholung möglich gewesen. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes war Franz J. arbeitsfähig, allerdings nicht ununterbrochen, sondern hauptsächlich nur als Gelegenheitsarbeiter in seinem Beruf als Kellner beschäftigt und verfügte über ein solches Einkommen, daß er damit die Kosten des Haushalts einschließlich Wohnungszins bestreiten konnte und die Klägerin auch fallweise mit Kleidungsstücken versorgte. Dem Strafakt ist zu entnehmen, daß im Besitz des Verunglückten ein ansehnlicher Geldbetrag gewesen sein soll. Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Erstrichter Arbeitsunfähigkeit behauptet und in ihrer Parteienaussage u. a. angegeben, daß sie im Bezug einer Fürsorgerente stehe. Ob die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 68 EheG. für die Zeit nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft mit D., der schon vor dem Tode des Franz J. von ihr nach seiner Aussage nichts mehr wissen wollte, vorliegen, läßt sich insolange nicht klar entscheiden, als eine Stellungnahme der zweiten Instanz zu den Feststellungen des Erstgerichtes über Arbeitsfähigkeit, Arbeitsleistung, Einkommen und Vermögen des Franz J. fehlt und überdies eine umfassende Prüfung des klägerischen Anspruchs in dieser Richtung (Arbeitsunfähigkeit der Klägerin, Abgang unterhaltspflichtiger Verwandter und angebliche Bedürftigkeit der Klägerin) bisher überhaupt nicht stattgefunden hat. Nach § 1327 ABGB. kann von den Hinterbliebenen der Ersatz entgangenen Unterhalts auch dann begehrt werden, wenn der Getötete im Zeitpunkt des Unfalles aus besonderen Gründen vorübergehend kein Einkommen hatte (4. April 1951, 2 Ob 78/51), wie auch nach § 10 Abs. 2 KFG. eine vorübergehende schlechte Arbeitslage nicht maßgebend ist (J. Flögel, Straßenverkehrsrecht, 7. Auflage S. 503).

Der Revision ist Recht zu geben, daß sich der Beklagte nicht auf den Wegfall der in § 68 EheG. normierten Beitragspflicht mit dem Tode des Unterhaltspflichtigen gemäß § 78 Abs. 3 EheG. berufen kann, wenn er selbst es war, der den Tod verschuldet und damit den Fortbestand der allfälligen Beitragspflicht vernichtet hat. Dieser Standpunkt deckt sich mit dem bereits oben vorgetragenen, daß kein Teil aus dem Tode des Verunglückten ungerechten Vorteil ziehen darf. Richtig ist auch der weitere Standpunkt der Revision, daß bei Annahme einer grundlosen Aufgabe des gemeinsamen Ehelebens und zeitweiliger Eingehung einer Lebensgemeinschaft mit einem anderen durch den Ehepartner vor der Scheidung ein allfälliger Anspruch nach § 68 EheG. nicht verwirkt wird. Anspruch hat der, der a) zur Zeit des Todes des Verletzten unterhaltsberechtigt war, mag auch der Anspruch zeitweilig geruht haben und b) durch den Tod des Unterhaltspflichtigen tatsächlich einen Schaden der schon früher erwähnten Art erleidet.

Die Rechtsrüge erweist sich demnach insoweit als berechtigt, als der klägerische Anspruch auf Ersatz entgangenen Unterhaltes in Frage steht.

Die Frage, ob der Anspruch auf Ersatz der Anschaffungskosten für Trauerkleider der Witwe des verunglückten Franz J. im Gesetz begrundet sei, ist mit der Lehre und dem überwiegenden Teile der Rechtsprechung zu bejahen. Das Gesetz ordnet an (§ 1327 ABGB.), es seien, falls aus einer körperlichen Verletzung der Tod erfolge, alle Kosten zu ersetzen, demnach ohne Rücksicht darauf, wem sie erwachsen sind. Dazu gehören nach der Lehre auch Kosten, die dritten Personen infolge des Todesfalles erwachsen sind, wie Kosten der Trauerkleidung im angemessenen, durch Beruf, Stand, Ortsgebrauch und Verwendungszweck begrenzten Ausmaße; sofern es sich um den überlebenden Ehegatten oder die nächsten Angehörigen handelt (Wolff bei Klang, 1. Aufl., zu § 1327 S. 150 und 2. Aufl., zu § 1327 S. 148, Ehrenzweig II. 1, S. 633, Wachtel, Eisenbahnhaftpflichtgesetz S. 180, 181). Die Rechtslage ist demnach hinsichtlich dieser Kosten, die nämliche wie die der Beerdigungskosten oder der Kosten des ortsüblichen Totenmahles. Die Ersatzpflicht findet in der Sitte, welche vom überlebenden Ehegatten und den nächsten Angehörigen Pietät und darum auch die äußere Ersichtlichmachung der bei einem Todesfall empfundenen Trauer in der Kleidung fordert und diese Angehörigen darum zur Anlegung von Trauerkleidern bzw. zur Beschaffung von solchen nötigt, ihre Rechtfertigung. Diese Auslagen gehören demnach zu den vom Ersatzpflichtigen gemäß § 1327 ABGB. zu ersetzenden Kosten des Todesfalles.

Die hier vertretene Ansicht findet auch - die österreichische Rechtsprechung vor 1945 befaßte sich mit dieser Frage nicht - in der Entscheidung des Brünner Obersten Gerichtes Slg. OG. 8737, und in der deutschen Rechtsprechung (RGZ. 139, 393) volle Deckung und wird auch von der deutschen Literatur gebilligt (vgl. auch Entscheidung des Oberlandesgerichtes Köln JBl. 1926 S. 116). Die in der Entscheidung 2 Ob 368/52 vom 14. Mai 1952 ausgesprochene gegenteilige Meinung kann darum nicht aufrechterhalten werden.

Aus den dieser Rechtsmeinung zugrunde liegenden Erwägungen ergibt sich aber auch, daß die Ersatzpflicht nur insoweit gegeben ist, als die Kosten der Trauerkleidung nach den Umständen des Falles als notwendig, das heißt als im Hinblick auf das Verhältnis des Anspruchswerbers zum Verstorbenen nach der herrschenden Sitte geboten anzusehen sind. Es wird demnach in jedem Fall zu prüfen sein, ob die angeführten Rücksichten der Pietät und Sitte die Anschaffung und Anlegung von Trauerkleidern unter Zugrundelegung der konkreten Beziehungen des Verstorbenen zu seinen Hinterbliebenen notwendig machten, so daß die Anschaffungskosten diesen vom Ersatzpflichtigen zu vergüten sind.

Auf den vorliegenden Rechtsfall angewendet, führen diese allgemeinen Erwägungen zu folgendem Ergebnis:

Das angefochtene Urteil hat es abgelehnt, der Klägerin die begehrten Anschaffungskosten für Trauerkleidung zuzusprechen, weil die von ihr herangezogenen Pietätsgrunde unter den festgestellten Verhältnissen für die Berechtigung einer solchen Forderung nicht ausreichen. Es könne nicht unbeachtet bleiben, daß die Klägerin im Zeitpunkt des Todes des Franz J. in Haus- und Geschlechtsgemeinschaft zum Malermeister D. stand. Abweichend davon hat es bei Zubilligung der Begräbniskosten den Standpunkt eingenommen, daß der Klägerin doch das Recht zugebilligt werden müsse, im Hinblick auf die bestandene Ehe, somit aus rein menschlichen Gründen für ein ordentliches Begräbnis ihres Mannes zu sorgen. Nach der Aktenlage ist der Verstorbene an seiner Frau gehangen, wenn er sie auch wegen seiner großen Reizbarkeit und Nervosität oft beschimpfte und mißhandelte. Die Abkehr der Ehegattin von ihm und die Zuwendung zum Malermeister D., mit dem sie bis nach dem Tode ihres Gatten zusammenlebte, schließt es nicht aus, daß die Klägerin durch den unerwarteten Tod ihres Gatten ergriffen war und mit der Anlegung von Trauerkleidern nicht bloß Trauergefühle vorschützte, sondern echte Trauer empfand. Da das Begehren auf Ersatz der Anschaffungskosten aus keinem anderen Gründe bestritten und auch die einzelnen Posten der Höhe nach nicht bekämpft wurden, war durch Stattgebung des bezüglichen Begehrens das Urteil der zweiten Instanz abzuändern.

Im Rahmen der Mängelrüge wird ausgeführt, daß das Berufungsgericht eine Prüfung der Voraussetzungen für den auch geltend gemachten Anspruch nach § 68 EheG. offenbar unterlassen habe. Dieser Vorwurf ist nach dem bereits bei Erledigung der Rechtsrüge Gesagten begrundet.

Wegen der Berechtigung der Rechts- und Mangelrüge war das Urteil des Berufungsgerichtes teils abzuändern, teils aufzuheben und die Rechtssache im Umfange der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die zweite Instanz zurückzuverweisen, umsomehr, als das Berufungsgericht infolge seiner vom Revisionsgericht nicht geteilten Rechtsauffassung sich mit der Berufung der Klägerin überhaupt nicht beschäftigt hat (§ 510 Abs. 1 ZPO.; JudB. 230).

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