VwGH Ra 2021/15/0033

VwGHRa 2021/15/003331.8.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der N W in I, vertreten durch Ing. MMag. Dr. Gerhard Benda, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 17b, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 27. Jänner 2021, Zl. RV/3100729/2020, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2013 bis 2016, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021150033.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Bei der Revisionswerberin, die im Streitzeitraum unter anderem Einkünfte aus der Vermietung mehrerer Wohnungen erklärte, wurde eine Außenprüfung durchgeführt. Der Prüfer stellte fest, die Revisionswerberin habe in den Jahren 2013 bis 2016 Mietvorauszahlungen für von ihr angemietete und in weiterer Folge weitervermietete Wohnungen als Werbungskosten in Abzug gebracht. Die verfahrensgegenständlichen Wohnungen seien von der X GmbH & Co KG als Leasingnehmerin der Y GmbH errichtet worden. Die Errichtungskosten seien teilweise mit Mitteln abgedeckt worden, die die Revisionswerberin der X GmbH & Co KG in den Jahren 2005 bis 2008 zur Verfügung gestellt habe. Grundlage der als Mietvorauszahlung geltend gemachten Werbungskosten sei eine zwischen der X GmbH & Co KG, deren Kommanditist der Ehemann der Revisionswerberin sei, und der Revisionswerberin getroffene Vereinbarung vom 8. November 2008. Laut dieser Vereinbarung habe die Revisionswerberin für 17 Wohnungen eine Mietvorauszahlung von 297.858 € an die X GmbH & Co KG geleistet, die mit zukünftigen Mieten und Betriebskosten zu verrechnen sei. Die angeführten Mietvorauszahlungen seien Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Revisionswerberin und den nachmaligen Vermietern der Wohnungen (Anm: Nachdem über das Vermögen der X GmbH & Co KG das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, wurden die von der Revisionswerberin angemieteten Wohnungen am 30. August 2014 an die Leasinggeberin Y GmbH übergeben, welche sie mit 30. Oktober 2014 an MS weiterveräußert hat), wobei das Gericht über die Forderungen der Y GmbH bereits entschieden habe. Das Gericht habe ‑ entsprechend der Vereinbarung vom 8. November 2008 ‑ festgestellt, dass die Revisionswerberin Mietvorauszahlungen von 297.858 € geleistet habe, die im Jahr 2012 längst aufgebraucht gewesen seien. Der Behauptung der Revisionswerberin, sie habe der X GmbH & Co KG weitere 684.457,19 € als Mietvorauszahlung zur Verfügung gestellt, habe das Gericht hingegen keinen Glauben geschenkt. Auch die Erhebungen des Finanzamts hätten keine Nachweise für weitere Mietvorauszahlungen ergeben. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Jahre 2013 bis 2016 seien daher um die in Abzug gebrachten Mietvorauszahlungen zu erhöhen.

2 Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ den Prüfungsfeststellungen entsprechende Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016.

3 Einer Beschwerde gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide, die im Anschluss an die Außenprüfung ergangen sind, gab das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung keine Folge, woraufhin die Revisionswerberin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) beantragte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für nicht zulässig erklärt wurde, wies das BFG die Beschwerde als unbegründet ab. Es stellte fest, die Revisionswerberin habe in den Jahren 2013 bis 2016 Mietentgelte für 15 Wohnungen vereinnahmt und unter dem Titel „Dauermietvorschreibung“ Werbungskosten geltend gemacht, für die sie auch den Vorsteuerabzug beansprucht habe. Nicht erwiesen sei, dass die Revisionswerberin Bestandszinsvorauszahlungen (Mietvorauszahlungen) für die Jahre 2013 bis 2016 hinsichtlich jener Mietobjekte, für die sie in diesen Jahren Mietentgelte vereinnahmt habe, geleistet habe. Die Revisionswerberin habe weder bezughabende Vereinbarungen vorgelegt noch Nachweise dafür erbracht, dass sie derartige Zahlungen geleistet habe.

5 In den Verwaltungsakten liege die Vereinbarung vom 8. November 2008, laut welcher die Revisionswerberin eine Mietvorauszahlung von 297.858 € an die X GmbH & Co KG geleistet habe, die mit zukünftigen Mieten und Betriebskosten zu verrechnen sei. Weiters die Kopie eines mit „Seite 4, Wohnungsübergabe am 1. Februar 2006“ überschriebenen Dokuments, in dem sich folgender handschriftlicher Passus finde: „Die Vorauszahlung bzw. weitere Vorauszahlungen werden sowohl auf Mieten als auch Betriebskosten bis zur endgültigen Verrechnung angerechnet. Zwischenzeitliche Zahlungen durch die Mieterin (BK oder Mieten) verlängern die Zeiträume der Vorauszahlungen.“ Weder aus den Vereinbarung vom 8. November 2008, noch aus dem Dokument betreffend „Wohnungsübergabe“ gehe hervor, auf welches Mietobjekt oder welche Wohnung oder welchen Mietvertrag darin Bezug genommen werde. Es sei insbesondere nicht erkennbar, für welches Objekt oder welchen Zeitraum die in der Vereinbarung vom 8. November 2008 angesprochenen Zahlungen von 297.858 € geleistet worden seien, obwohl die Objekte von der Revisionswerberin teilweise selbst bewohnt und mit den Vorauszahlungen demnach auch Aufwendungen für die eigene Wohnung der Revisionswerberin verrechnet würden.

6 Weiters lägen Sachverständigengutachten vom 7. Juni 2016, 2. März 2017 und 28. August 2017 vor, die das Gericht in einem Verfahren der Y GmbH als Klägerin und der Revisionswerberin als Beklagter in Auftrag gegeben habe. Gegenstand dieses Verfahrens seien Mietzinsforderungen der Y GmbH und die Räumung der von der Revisionswerberin bewohnten Objekte gewesen. Der Sachverständige sei beauftragt worden, festzustellen, welche Vorauszahlungen die Revisionswerberin für die verfahrensgegenständlichen Objekte für den Zeitraum 1. September 2012 bis 21. Oktober 2014 tatsächlich geleistet habe. Der Sachverständige habe zusammengefasst festgestellt, dass eine Aussage über tatsächlich erfolgte Vorauszahlungen der Revisionswerberin nicht möglich sei.

7 Das Beschwerdevorbringen zu den von der Revisionswerberin angeblich geleisteten Mietvorauszahlungen und die über Aufforderung des BFG vorgelegten Unterlagen enthielten keine Anhaltspunkte, die darauf hindeuteten, dass die Revisionswerberin in Bezug auf bestimmte Mietobjekte Bestandszinsvorauszahlungen geleistet habe. Das Vorbringen erschöpfe sich in der allgemein gehaltenen Behauptung, die in der Einnahmen‑Ausgaben‑Rechnung als Werbungskosten angesetzten Beträge seien geleistet worden und daher verrechenbar.

8 In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhalts führte das BFG aus, Voraussetzung für den Vorsteuerabzug sei unter anderem, dass Lieferungen oder sonstige Leistungen an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt würden und die Umsatzsteuer in einer Rechnung ausgewiesen werde (§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994). Die Revisionswerberin habe keine Rechnungen iSd UStG über die angeblich geleisteten Bestandszinsvorauszahlungen vorgelegt. Sie habe auch nicht nachgewiesen, dass sie in Bezug auf die Streitjahre derartige Bestandszinsvorauszahlungen tatsächlich geleistet habe.

9 Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 seien Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Die Revisionswerberin habe weder den Nachweis erbracht, dass die strittigen Bestandszinsvorauszahlungen tatsächlich geleistet worden seien, noch habe sie nachgewiesen, dass die behaupteten Zahlungen der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen gedient hätten.

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, Beweisanträgen der Revisionswerberin sei nicht oder unzureichend nachgekommen und der Sachverhalt sei unzureichend und unzutreffend ermittelt worden. Diese Verfahrensmängel beträfen nicht nur das vom Finanzamt geführte Verfahren, sondern auch das Verfahren vor dem BFG. Die Revisionswerberin habe alle in Frage kommenden Anträge gestellt und alles ihr Zumutbare versucht, um den komplexen Sachverhalt aufzuklären. Bei einer entsprechenden Führung des Abgabenverfahrens wären die beantragten Beweise erhoben worden, und es hätte sich ein für die Revisionswerberin günstigerer Sachverhalt ergeben. Sie habe Gericht und Behörde durch ihr Vorbringen in die Lage versetzt, die erforderlichen Erhebungen vor- und Beweise aufzunehmen. Der Revisionswerberin sei es trotz mehrfachen Versuches nicht gelungen, mit dem BFG Kontakt aufzunehmen, „um nachzuweisen, dass die vorgelegten Urkunden als Kopien den Originalen entsprächen“. Die Entscheidung des BFG lasse auch vermissen, „auf welchen Überlegungen zu welchen Zeiträumen die Berücksichtigung von Ausgaben und Einnahmen beruht (=Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben) und dass die maßgeblichen jedenfalls erkennbar ins Treffen geführten Beweismittel nicht ausreichend berücksichtigt worden sind; das betrifft nicht nur die Frage der geführten gerichtlichen Verfahren, der Rechtsstellung der betroffenen, der abgeschlossenen Verträge und der Verbindlichkeiten, sondern auch deren Zuordnung“.

15 Mit diesem Vorbringen macht die Revision Verfahrensfehler (Feststellungs- und Begründungsmängel) geltend.

16 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die revisionswerbende Partei günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentlichste zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. z.B. VwGH 14.2.2023, Ra 2020/13/0007, mwN). Ein Verweis auf die weitere Revisionsbegründung oder andere Schriftsätze reicht für die Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht aus (vgl. VwGH 16.6.2023, Ra 2021/15/0020, mwN).

17 Soweit die Revision rügt, das BFG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil es die jährlichen Dauermietvorschreibungen nicht als Rechnungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und damit als Grundlage für den Vorsteuer- bzw. Werbungskostenabzug angesehen habe, ist zunächst darauf zu verweisen, dass nach § 28 Abs. 3 VwGG in den „gesonderten“ Gründen zur Zulässigkeit der Revision konkret darzulegen ist, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. nochmals VwGH 16.6.2023, Ra 2021/15/0020, mwN). Im Übrigen hat das BFG die Feststellung getroffen, die Revisionswerberin habe keine Bestandszinsvorauszahlungen für die Streitjahre geleistet, weshalb es an der für den Vorsteuerabzug geforderten Gegenleistung und an den als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen fehlt. Dass die diesbezügliche Beweiswürdigung des BFG in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen worden wäre, zeigt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht auf.

18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 31. August 2023

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