BFG RV/3100729/2020

BFGRV/3100729/202027.1.2021

Kein Vorsteuerabzug, keine Anerkennung als Werbungskosten mangels Nachweises tatsächlich geleisteter Mietvorauszahlungen

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100729.2020

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/15/0033. Zurückweisung mit Beschluss vom 31.8.2023.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom 3. Juli 2018 gegen die Bescheide des Finanzamtes Stadt_1 vom 15. Juni 2018 betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer jeweils für die Jahre 2013 bis 2016 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin erklärte in den Streitjahren unter anderem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Vermietung mehrerer Wohnungen. Das Finanzamt erließ im Gefolge einer Außenprüfung am 15.6.2018 die verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016 jeweils abweichend von den eingereichten Abgabenerklärungen und verwies in den Bescheidbegründungen jeweils auf den Außenprüfungsbericht samt Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 15.6.2018 zu ABNr_1, welcher auszugsweise lautet:

"Tz. 1 Mietzinsvorauszahlungen. [Die Beschwerdeführerin] setzte in den Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen 2013 bis 2016 Werbungskosten unter dem Titel "Dauermietvorschreibung A" als Ausgaben an. Ermittlungen des Finanzamtes ergaben, dass es sich dabei um von [der Beschwerdeführerin] in den Jahren 2005 bis 2008 geleistete Mietvorauszahlungen handelt. Diesen Ausgaben liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die X GmbH & Co KG errichtete als Leasingnehmerin der Y1 GmbH, später umbenannt in Y2 GmbH, in den Jahren 2004 bis 2006 in der Adresse_1 17 Wohnungen, wobei 3 Einheiten (Top 15, 16, 17) zusammengelegt wurden und von [der Beschwerdeführerin] mit ihrer Familie seit 1.2.2006 privat bewohnt werden. Strittig in diesem Zusammenhang sind nun Zahlungen von [der Beschwerdeführerin] an die X KG zur Finanzierung der Errichtung dieses Wohnhauses. Ausgangspunkt für den Abzug der Zahlungen als Werbungskosten ist eine am 8.11.2008 zwischen der X KG, 100% Kommanditist ist [der Ehegatte der Beschwerdeführerin], und der Beschwerdeführerin geschlossene Vereinbarung. Im Jahr 2010 vereinbarte [die Beschwerdeführerin] für 15 Wohnungen in der Adresse_1 sowie in der Adresse_2 in Stadt Sub-Mietverträge. Diese Mieten wurden in weiterer Folge laufend vereinnahmt.

In einer Excel-Tabelle mit der Überschrift "Vorauszahlungsberechnung gemäß Steuererklärungen [der Beschwerdeführerin], die [der Ehegatte der Beschwerdeführerin] für seine Frau erstellte, wird ein Stand an Vorauszahlungen zum 1.9.2012 von EUR 963.669,12 dargestellt. Ausgehend von dieser Summe werden jährlich jene Beträge als Werbungskosten abgezogen, für die [die Beschwerdeführerin] ihrerseits als Mieterin an die Y2 GmbH (1.9.2012 bis 31.10.2014) und in weiterer Folge an Herrn B (Erwerb der Baurechte 8.3.2015) Mieten zu zahlen hatte bzw. hat.

Mit beiden Vermietern sind hinsichtlich der Mietzahlungen Gerichtsverfahren anhängig, wobei das BG Stadt_1 unter der GZ_1 bereits bezüglich der Forderungen der Y2 wie folgt erstinstanzlich entschieden hat: "Die Beklagte [Beschwerdeführerin] schuldet der Klägerin (Y2 GmbH) im maßgeblichen Zeitraum 1.9.2012 bis 31.10.2014 EUR 309.743,10. Demgegenüber besteht eine Gegenforderung der Beklagten von EUR 93.317,- aus Direkteinnahmen der Klägerin bezogen auf die Mieter der Beklagten." … "Weitere Forderungen der Beklagten gegenüber der Klägerin bestehen nicht."… "Zugunsten der Beklagten wurde daher entsprechend der Vereinbarung vom 7.11.2008 angenommen und auch festgestellt, dass die Beklagte insgesamt EUR 297.858,- an Mietvorauszahlungen erbracht hat." … "Weitere Mietvorauszahlungen der Beklagten sah sich das Gericht nicht veranlasst feststellen zu wollen, oder den Behauptungen der Beklagten folgen zu wollen, wonach die Beklagte weit über EUR 600.000,- zuletzt anhand der vom Zeugen [dem Ehegatten der Beschwerdeführerin] zur Verfügung gestellten Liste … über EUR 900.000,- vorausgezahlt haben will."…

Auf der Seite 28 des Urteiles ist angeführt, dass [die Beschwerdeführerin] für ihre Privatwohnung Adresse_1, 16, 17 vom Mietbeginn dem 1.2.2006 bis 31.8.2012 EUR 230.882,24 bezahlen hätte müssen, aus den übrigen Mietverhältnissen insgesamt EUR 258.228,-, was eine Forderung von EUR 489.110,24 für die Vermieterin ergibt. Daraus kann ersehen werden, dass die vom Gericht anerkannten Mietvorauszahlungen in Höhe von EUR 297.858,- im Jahr 2012 längst aufgebraucht waren. Für eine Verrechnung mit Mietforderungen der jeweiligen Vermieter ab 2013 standen keine Beträge mehr zur Verfügung. Auch die Ermittlungen und Befragungen des Finanzamtes ergaben keine Beweise in Form von Originalbelegen wie Sparbücher, Bankkonten, die die Mietvorauszahlungen von EUR 963.669,12 nachweisen hätten können.

Die von [der Beschwerdeführerin] am 30.5.2018 vorgelegten Kopien von Sparbüchern können die Vorauszahlungen nicht beweisen, weil es sich um Kopien handelt, die bis auf zwei Konten, die auf [die Beschwerdeführerin] lauten (1 Konto hatte am 3.12.1997 ein Guthaben von ATS 61.824,- (EUR 4.492,92), ein 2. Konto weist eine Auszahlung vom 21.10.1997 über ATS 699.918,- (EUR 50.865,02) aus), um Überbringer-Sparbücher handelt, die keinen Hinweis auf [die Beschwerdeführerin] enthalten. Außerdem wurden die Auszahlungen zwischen 1996 und 2000 getätigt und haben damit keinen zeitlichen Zusammenhang zu den angeblichen Mietvorauszahlungen zwischen 2005 und 2008.

Die vom [Ehegatten der Beschwerdeführerin] als Vertreter seiner Frau vorgelegten Kopien diverser Bareinzahlungsbestätigungen an verschiedene Baufirmen enthalten keinerlei Hinweise auf nachgewiesene Zahlungen der [Beschwerdeführerin] an die X KG. Als Beispiel sei hier angeführt, dass 37 Einzahlungsbelege einen Stempel mit dem Aufdruck "SB-Überweisung Auftrag abgegeben am 14.4.2006 14:55 Raiffeisenbank Stadt_2/Hauptanstalt" enthalten. Ein derartiger Stempel beweist nur, dass die Zahlungsbelege abgestempelt sind. 37 Abstempelungen über eine Summe von EUR 226.830,05 wurden vorgelegt. Ein Beweis für die tatsächliche Zahlung ist dieser Vorgang nicht. Außerdem befindet sich auf keinem der Belege ein Hinweis auf Frau Bf_Name. Auch dieser Vorgang wurde vom Bezirksgericht nach gutachterlicher Beurteilung nicht als Beweis anerkannt. Aus den oben angeführten Gründen ergibt sich, dass die unter der Bezeichnung "Dauermietvorschreibung A" angesetzten Werbungskosten in folgender Höhe nicht anerkannt werden können:

 

2013

20141

2015

2016

Kürzung Mietvorauszahlungen

    

Adresse_2

24.752,88

47.555,14

47.555,16

47.555,16

Adresse_1

33.524,88

36.633,38

33.815,40

33.815,40

     

Kürzung Vorsteuer

2.475,29

4.755,51

4.755,51

4.755,51

 

3.352,49

3.663,33

3.381,54

3.381,54

Summe Kürzung Vorsteuer

5.827,78

8.418,84

8.137,05

8.137,05

Tz 2. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Durch die Änderungen aus der Außenprüfung ergeben sich folgende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:

 

2013

2014

2015

2016

Einkünfte aus VuV lt Erklärung

11.400,89

-12.048,46

-59.992,39

14.550,21

Änderung Adresse_2

24.752,88

47.555,14

47.555,16

47.555,16

Änderung Adresse_1

33.524,88

36.633,38

33.815,40

33.815,40

Einkünfte aus VuV lt AP

69.678,65

72.140,06

21.378,17

95.920,77

Tz 3. Änderungen Vorsteuer. Aus den Feststellungen im Rahmen der Außenprüfung ergeben sich folgende geänderte Vorsteuerbeträge:

 

2013

2014

2015

2016

Vorsteuer lt Erklärung

8.983,32

10.379,74

39.531,50

16.057,53

Änderungen AP

-5.827,78

-8.418,84

-8.137,05

-8.137,05

Vorsteuer lt AP

3.155,54

1.960,90

31.394,45

7.920,48

." …

Die Beschwerdeführerin erhob am 3.7.2018 Beschwerde gegen die Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016 und begründete dies wie folgt: "…Ich bin der objektiv berechtigten Ansicht dass die Ausgaben in den betreffenden Jahre 2013 bis 2016 auch ordnungsgemäß durch nachweislich von mir getätigte Vorauszahlungen aus den Jahren 2005 bis 2008 auch geleistet wurden. Im übrigen verweise ich auf die Niederschrift des Berichtes vom 25.6.2018." Auf der mit 8.6.2018 datierten Niederschrift zur Schlussbesprechung findet sich folgender handschriftliche Vermerk: "…Zum angeführten Gerichtsurteil darf ich festhalten, dass ich ein solches… noch nicht zugestellt erhalten habe. In diesem sind auf Seite 35 EUR 297,858,- gemäß Beilage 112 als von mir geleistet bestätigt. Weiters sind auf Seite 1 EUR 93.317,- als Gegenforderungen aus Zahlungen von Mietern direkt an Y als zu Recht anerkannt worden. Im Urteil handelt es sich um den Zeitraum September 2012 bis Oktober 2014."

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 4.5.2020 wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016 als unbegründet ab. Die gesonderte Begründung zu diesen Bescheiden vom 28.4.2020 lautet auszugsweise: "…Zusätzlich vorgelegte Unterlagen wie Kopien von Sparbüchern, Tabellen, Listen, Zahlscheine, Rechnungen, händisch verfasste Belege, Auszahlungsbestätigungen, Kassenausgangsbelege, Kasseneingangsbelege, Rechnungsbelege lassen keinen Hinweis darauf erkennen, dass diese Gelder von [der Beschwerdeführerin] stammen. …"

Die Beschwerdeführerin beantragte am 4.6.2020 die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte zusammengefasst vor, die Vereinbarung sei vom Ehegatten der Beschwerdeführerin und C für die X GmbH & Co KG unterfertigt worden und habe nicht nur Mietvorauszahlungen von EUR 297.858,- vom Zeitraum 1.2.2006 bis 30.7.2007 sondern auch Zahlungen der Beschwerdeführerin "für den Zeitraum 2005, 2006 (z.B. über D), 2007 und 2008" von insgesamt EUR 684.452,-umfasst, welche "entsprechend der Originalbelege von 2005 bis 2008 über die EUR 684.452,- auch ordnungsgemäß und zeitnahe in der Buchhaltung der X KG erfasst worden" seien. Die Summe von EUR 684.452,- sei zum Zeitpunkt der Vereinbarung vom 7.11.2008 "betragsmäßig nicht erforderlich" gewesen, "weil zu diesem Zeitpunkt die Rückführung seitens der X an [die Beschwerdeführerin] durch Zahlung der vertraglich vereinbarten Verbindlichkeiten der Y gegenüber der X KG aufgrund der damals 2008 stattgefundenen Gespräche mit der Y noch zu erwarten war. Gerade deshalb ist auf den Vereinbarungstext zu diesen Zahlungen von 2005, 2006 (zB über D) 2007 und 2008 zu verweisen, der vollkommen unabhängig von den Zahlungen über EUR 297.858,- vom 1.2.2006 bis 30.7.2007 steht. Dieser Vereinbarungstext lautet: "Aufgrund der Liquiditätsschwierigkeiten durch fehlende Zahlungen seitens der Leasingfirma (Y) an die Vermieterin (X KG) für die Adresse_1, hat die Vermieterin (X KG) die Mieterin [die Beschwerdeführerin] ersucht, Zahlungen für Mietvorauszahlungen zu leisten und dafür angeboten, dass die Mieterin zur Absicherung aller ihrer Zahlungen von der Vermieterin (X KG) in weiterer Folge Mietverträge für frei werdende Einheiten in der Adresse_1 und Adresse_2 erhält.". In einem Wohnungsübergabeprotokoll vom 1.2.2006 sei festgehalten, dass Vorauszahlungen sowohl auf Mieten als auch Betriebskosten bis zur endgültigen Verrechnung angerechnet würden, und dass zwischenzeitliche Zahlungen der Mieterin die Zeiträume der Vorauszahlungen verlängern würden. In der Vereinbarung vom 7.11.2008 sei nicht auf die Verrechnung von Mietvorauszahlungen über EUR 297.858,- für einen Zeitraum von 2006 bis 2012 verwiesen. Im Zuge eines Verfahrens zu GZ_2 habe das Bezirksgericht hinsichtlich der Vorauszahlungen von EUR 297.858,- festgehalten, dass nicht relevant "für die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer Forderung der X gegen [die Beschwerdeführerin]" sei, "von wem die Zahlungen der Beklagten gegenüber der X KG (oder Lieferanten derselben) geleistet worden sind…". Vorauszahlungen seien gemäß § 19 EStG gleichmäßig auf den Vorauszahlungszeitraum zu verteilen.

Mit Schreiben vom 18.9.2020 legte die Beschwerdeführerin eine Kopie des Urteils des Landesgerichts Stadt_1 zu GZ_3 vor.

Mit Schreiben vom 23.10.2020 legte die Beschwerdeführerin eine Kopie des Urteils des Bezirksgerichts Stadt_1 zu GZ_4 vor.

Das Finanzamt legte die Beschwerde am 12.11.2020 dem Bundesfinanzgericht vor und ergänzte sein Vorbringen wie folgt: "Strittig ist, ob und wenn ja, in welcher Höhe im Prüfungszeitraum bzw in den nachfolgenden Jahren noch sogenannte Mietvorauszahlungen vorhanden waren, welche von [der Beschwerdeführerin] an die X KG im Zuge der Errichtung der Wohnungen bis 2008 geleistet wurden. Weder im Gerichts-, im BP- noch im Beschwerdeverfahren konnten Originalbelege als Beweis für geleistete Mietvorauszahlungen vorgelegt werden. …". Das Finanzamt beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erstattete am 26.11.2020 eine weitere Äußerung und brachte neben Ausführungen zu diversen zivilgerichtlichen Verfahren vor, die Originalbelege über EUR 684.000,-, welche als Vorauszahlungen für Mieten und Betriebskosten von 2005 bis 2008 geleistet wurden, seien dem Prüfer vorgelegt worden und stünden weiter jederzeit zur Verfügung.

Das Bundesfinanzgericht richtete am 7.12.2020 folgendes Ersuchen um Stellungnahme und Urkundenvorlage an die Beschwerdeführerin:

"1) Geben Sie - bezugnehmend auf Ihr Vorbringen zur Leistung von Bestandszinsvorauszahlungen an die X GmbH & Co KG - an, ob Sie mit der X GmbH & Co KG Vereinbarungen diesbezüglich geschlossen haben. Legen Sie bezughabende Beweismittel, aus denen der Zeitpunkt des Abschlusses und der Inhalt allenfalls getroffener Vereinbarungen hervorgeht, im Original vor.

2) Legen Sie Nachweise über sämtliche von Ihnen an die X GmbH & Co KG als Bestandszinsvorauszahlungen geleisteten Zahlungen im Original vor."

Binnen der gesetzten Frist von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens (Zustellung durch Hinterlegung, am Rückschein ist der 14.12.2020 als erster Tag der Abholfrist vermerkt) erstattete die Beschwerdeführerin keine weitere Stellungnahme. Am 27.1.2020 sprach der Ehegatte der Beschwerdeführerin vor und legte namens der Beschwerdeführerin ein Konvolut an Unterlagen sowie einen Ordner zur Einsichtnahme vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Die Beschwerdeführerin hat in den Jahren 2013 bis 2016 Mietentgelte für insgesamt 15 Wohnungen an den Adressen Adresse_1, Adresse_2 in Stadt vereinnahmt, und zwar insgesamt EUR 69.678,65 im Jahr 2013, EUR 72.140,06 im Jahr 2014, EUR 21.378,17 im Jahr 2015 und EUR 95.920,77 im Jahr 2016. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und ist zwischen den Parteien unstrittig.

Die Beschwerdeführerin hat in den Jahren 2013 bis 2016 unter dem Titel "Dauermietvorschreibung A" Werbungskosten in den Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen angesetzt und für diese Kosten den Vorsteuerabzug beansprucht:

 

2013

2014

2015

2016

"Dauermietvorschreibung A" Adresse_2

24.752,88

47.555,14

47.555,16

47.555,16

"Dauermietvorschreibung A" Adresse_1

33.524,88

36.633,38

33.815,40

33.815,40

     

Geltend gemachte Vorsteuer

5.827,78

8.418,84

8.137,05

8.137,05

Dies ergibt sich aus den vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen und den eingereichten Abgabenerklärungen und ist zwischen den Parteien unstrittig.

Nicht erwiesen ist, dass die Beschwerdeführerin Bestandszinsvorauszahlungen (Mietvorauszahlungen) für die Jahre 2013 bis 2016 hinsichtlich jener Mietobjekte, für welche sie in diesen Jahren Mietentgelte vereinnahmt hat, geleistet hat. Die Beschwerdeführerin hat weder bezughabende Vereinbarungen vorgelegt noch Nachweise dafür erbracht, dass sie derartige Zahlungen geleistet hat.

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben die Abgabepflichtigen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. § 138 Abs. 1 BAO hat die Feststellung solcher Verhältnisse im Auge, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung somit näher steht als die Behörde. Es handelt sich um Tatsachen, für die die Behörde keine zweckdienliche Nachprüfungsmöglichkeit hat, für deren Beweisbarkeit der Abgabepflichtige aber vorsorgend wirken kann (VwGH 24.2.2004, 99/14/0247).

Bei den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich die Kopie einer mit "Vertragliche Regelungen und einvernehmliche und rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen Bf_Name und der Firma X GmbH & Co KG" betitelten, von der Beschwerdeführerin ("Die Mieterin") und zwei weiteren, namentlich nicht bezeichneten Personen für die X GmbH & Co KG ("Für die Vermieterin") mit dem handschriftlichen Vermerk "am 7. Nov. 2008 in Abstimmung mit … [unleserlich] … fixiert" unterfertigten Vereinbarung. Diese lautet auszugsweise: "Aufgrund des Mietvertrages zwischen unserer Gesellschaft und [der Beschwerdeführerin] vom 21.1.2006 wird folgendes auf Basis des Wohnungsübergabeprotokolls vom 1.2.2006 einvernehmlich zwischen Vermieter und Mieterin bestätigt. Der Mietvertrag für die Top 15/16/17 begründet die Zusammenlegung inklusive der Top 18 und Top 19 laut Plan aus der getroffenen Vereinbarung vom Oktober 2004 (Baubeginn). Die unter "Index" festgehaltenen und zugesagten Vorauszahlungen seitens der Mieterin werden auf zukünftige Mieten und Betriebskosten angerechnet … Die von der Mieterin geleisteten Zahlungen/Vorauszahlungen (in Höhe von EUR 297.858,- erbracht im Zeitraum 1.2.2006 bis 30.7.2007) werden von der Vermieterin in einer gesonderten Auflistung festgehalten, und für Mieten und Betriebskosten - diese nur nach Anerkenntnis durch die Mieterin - in Höhe dieses Betrages berücksichtigt und verrechnet. … Aufgrund der Liquiditätsschwierigkeiten, durch fehlende Zahlungen seitens der Leasingfirma an die Vermieterin für die Adresse_1, hat die Vermieterin die Mieterin ersucht Zahlungen für Mietvorauszahlungen zu leisten und dafür angeboten, dass die Mieterin zur Absicherung aller ihrer Zahlungen von der Vermieterin in weiterer Folge Mietverträge für frei werdende Einheiten in der Adresse_1 und Adresse_2 erhält. Diese Einheiten kann sodann die Mieterin auf eigenes Risiko untervermieten. Die jeweils vereinbarten Mieten und Betriebskosten für diese Einheiten werden mit den Vorauszahlungen bzw. Zahlungen von Rechnungen oder Zahlungen der Mieterin für die Fa. X verrechnet. Da die Rückzahlung dieser Zahlungen von der Vermieterin an die Mieterin noch nicht erfolgt ist, wurde vereinbart: Diese Zahlungen aus 2005, 2006 (z.B. über D), 2007 und 2008 werden dann mit den Mieten/Betriebskosten aus diesen frei werdenden Wohnungen die an die Mieterin erst vermietet werden oder/und mit den Mieten und Betriebskosten der Top 15, 16, 17 verrechnet und saldenmäßig abgerechnet. … Alle Zahlungen und Liquiditätszuwendungen, sowie Aufwendungen für die eigene Wohnung (15/16/17) sind als Gesamtsumme für alle gemieteten Einheiten der Mieterin zusammenzufassen und insgesamt saldomäßig abzurechnen, bis sämtliche Beträge, die von der Mieterin zur Verfügung gestellt wurden bzw. bezahlt werden, saldiert und inklusive Zinsen abgerechnet. …"

Ebenfalls bei den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich die Kopie eines mit "Seite 4, Wohnungsübergabe am 1. Februar 2006" überschriebenen Dokumentes. In diesem findet sich folgender handschriftliche Passus: "Die Vorauszahlung bzw. weitere Vorauszahlungen werden sowohl auf Mieten als auch Betriebskosten bis zur endgültigen Verrechnung angerechnet. Zwischenzeitliche Zahlungen durch die Mieterin (BK oder Mieten) verlängern die Zeiträume der Vorauszahlungen."

Weder aus den "Vertraglichen Regelungen" noch aus der "Wohnungsübergabe" geht hervor, auf welches Mietobjekt oder welche Wohnung oder welchen Mietvertrag darin Bezug genommen wird. Es ist nicht erkennbar, für welches Objekt oder welchen Zeitraum die in den "Vertraglichen Regelungen" angesprochenen Zahlungen von EUR 297.858,- geleistet worden sein sollen.

Die Beschwerdeführerin hatte ausweislich des Zentralen Melderegisters im Zeitraum 10.2.2006 bis 7.9.2018 ihren Hauptwohnsitz an der Adresse Adresse_1 in Stadt. Bei der in den "Vertraglichen Regelungen" angesprochenen "eigenen Wohnung (15/16/17)" handelt es sich zweifelsfrei um die von der Beschwerdeführerin selbst bewohnte Wohnung. Laut den "Vertraglichen Regelungen" sollen auch Aufwendungen für die eigene Wohnung mit den geleisteten Vorauszahlungen verrechnet werden.

Bei den vorgelegten Verwaltungsakten befinden sich auch zwei Sachverständigengutachten vom 7.6.2016 und 2.3.2017 sowie ein Sachverständigenergänzungsgutachten vom 28.8.2017 des Sachverständigen, Wirtschaftstreuhänders und Steuerberaters E, mit deren Erstellung dieser vom Bezirksgericht Stadt_1 in der Rechtssache GZ_1 beauftragt worden war. Gegenstand dieses Verfahrens vor dem Bezirksgericht Stadt_1 zwischen der Y2 GmbH als Klägerin und der Beschwerdeführerin als Beklagter waren eine Klagsforderung in Geld und die Räumung des von der Beklagten bewohnten Bestandobjektes Tops 15, 16 und 17 im Haus Adresse_1.

Laut Gutachtensauftrag hatte der Sachverständige festzustellen, "welche Vorauszahlungen auf die Betriebskosten- und Mietzinsforderungen auf die im folgenden ausgeführten Bestandobjekte für den Zeitraum vom 1.9.2012 bis 21.10.2014 tatsächlich erfolgt sind…". Die Liste der Bestandobjekte umfasst insgesamt 15 Wohnungen in der Adresse_2 und in der Adresse_1 sowie das Objekt Adresse_1, 16 und 17 (die von der Beschwerdeführerin selbst bewohnte Wohnung). Der Sachverständige stellte zusammengefasst fest, dass eine Aussage über tatsächlich erfolgte Vorauszahlungen der Beschwerdeführerin bezogen auf die angeführten Bestandsobjekte nicht möglich war (vgl. Gutachten vom 7.6.2016 bzw. 2.3.2017, Zusammenfassung).

Insgesamt enthält das Beschwerdevorbringen zu den angeblich von der Beschwerdeführerin geleisteten Mietvorauszahlungen keine Anhaltspunkte, die darauf hindeuten würden, dass die Beschwerdeführerin in Bezug auf bestimmte Mietobjekte Bestandszinsvorauszahlungen geleistet hätte. Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich in der allgemein gehaltenen Behauptung, es seien derartige Vorauszahlungen zur Verrechnung vorhanden. Für eine zivilrechtliche Anerkennung als Mietvorauszahlung wäre im übrigen erforderlich, dass der Zeitraum, für den sie geleistet wurde, bestimmt oder zumindest bestimmbar ist (vgl. RIS-Justiz RS0070187).

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin Mietentgelte für 15 verschiedene Wohnungen vereinnahmt hat. Die Beschwerdeführerin hat keinerlei Vorbringen dazu erstattet, für welches der 15 Mietobjekte jeweils Mietvorauszahlungen in welcher Höhe und für welchen Zeitraum geleistet worden sein sollten, ihr Vorbringen erschöpft sich im Gegenteil in der pauschalen Behauptung, die in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung als Werbungskosten angesetzten Beträge seien geleistet worden und daher verrechenbar.

Eine Zuordnung der behaupteten Vorauszahlungen zu den einzelnen Mietobjekten lässt sich nicht einmal aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, geschweige denn aus den vorgelegten Unterlagen ableiten. Dazu kommt, dass insbesondere der Inhalt der "Vertraglichen Regelungen" darauf hindeutet, dass Vorauszahlungen auch für die von der Beschwerdeführerin selbst bewohnte Wohnung geleistet worden sein sollen. Diese scheidet jedoch als Einkunftsquelle aus.

Bei den über Ersuchen der Richterin um Vorlage von Originalbelegen und -vereinbarungen zur Einsicht vorgelegten Dokumenten (1 Ordner) befanden sich fünf Blätter, auf denen der Name der Beschwerdeführerin (Bf_Name - laut dem Zentralen Melderegister der Name der Beschwerdeführerin vor der ersten Ehe) vermerkt ist. Das erste Blatt (eine offensichtliche Farbkopie) bildet eine Vereinbarung zwischen der X GmbH & Co KG und der F vom 30.1.2007 ab. In gelber Farbe sind die Worte "von Bf_Name" zu lesen. Das zweite Blatt (ebenfalls eine Kopie) bildet eine Auftragsbestätigung über eine Überweisung der X KG an G vom 12.7.2007 ab. Ein handschriftlicher Vermerk lautet "bar bezahlt durch Bf_Name". Das dritte Blatt (ebenfalls eine Kopie) bildet ein an Ing. Wanner adressiertes Schreiben vom 14.5.2007 ab, über das ein mit 19.7.2007 datierter Kassa-Ausgangsbeleg über EUR 14.800,- geheftet wurde. Auf diesem Kassa-Ausgangsbeleg findet sich der Vermerk "für X - Rest - lt VB von Bf_Name". Das vierte Blatt (ebenfalls eine Kopie) ist ein Schreiben der X GmbH & Co KG vom 10.4.2006 an D, welches auszugsweise lautet: "Bezugnehmend auf das heutige Gespräch überreichen wir Ihnen in der Beilage die original unterfertigten Überweisungsbelege für Zahlungen unserer Gesellschaft, welche vom Treuhandkonto aus dem Ihnen angewiesenen Betrag der Dornbirner Sparkasse in Höhe von EUR 271.948,46 für Bf_Name als Vorauszahlungen für Mieten- und Betriebskosten von ihr gemieteter Wohnungen vorzunehmen wären. Eine diesbezügliche Vereinbarung mit Bf_Name haben wir getroffen. Die Überweisungsbelege haben wir bereits unterfertigt und bitten Sie uns die Kopien zur Verbuchung nach Durchführung der Zahlung zu übermitteln." Das fünfte Blatt (wiederum eine Farbkopie) ist mit "Buchungsbeleg 15.4.2006" überschrieben, bildet eine alphabetische Liste von Namen samt zugeordneter Beträge und Buchhaltungskonten ab und enthält einen handschriftlichen Vermerk "von D für mich Bf_Name". Das nächstfolgende Blatt im Ordner ist hinsichtlich der abgebildeten Liste von Namen samt zugeordneter Beträge und Buchhaltungskonten identisch mit dem vorangegangen, jedoch findet sich statt des handschriftlichen Vermerks ein roter Originalstempel "Gebucht" und die Dateibezeichnung "xxx.xls" darauf.

Insofern die Beschwerdeführerin auf auszugsweise überlassene Schriftsätze, Protokolle über Zeugeneinvernahmen, Feststellungen bzw. rechtliche Würdigungen aus diversen zivilgerichtlichen Verfahren verweist, entfalten diese keinerlei Bindungswirkung im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht. Abgesehen davon finden sich in keinem einzigen von der Beschwerdeführerin zitierten oder vorgelegten Urteil eines Zivilgerichtes Hinweise darauf, wann konkret die Beschwerdeführerin in welcher Höhe für welches Mietobjekt Mietzinsvorauszahlungen für die Jahre 2013 bis 2016 geleistet haben sollte.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug sind unter anderem, dass Lieferungen oder sonstige Leistungen an den Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt werden und die Umsatzsteuer in einer Rechnung ausgewiesen wird (§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994) und die Lieferungen oder sonstigen Leistungen nicht zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet werden (§ 12 Abs 3 UStG).

Die Beschwerdeführerin hat keinerlei Rechnungen iSd UStG über die angeblich geleisteten Bestandszinsvorauszahlungen vorgelegt. Schon aus diesem Grund war der Vorsteuerabzug zu versagen. Auch hat sie nicht nachgewiesen, dass sie derartige Bestandszinsvorauszahlungen in Bezug auf die Streitjahre tatsächlich geleistet hätte.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Hinsichtlich der strittigen Bestandszinsvorauszahlungen hat die Beschwerdeführerin weder den Nachweis erbracht, dass diese tatsächlich geleistet wurden, noch, dass die behaupteten Zahlungen der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen gedient haben.

Die Beschwerdeführerin hat keine Einwendungen gegen die vom Finanzamt ermittelten Bemessungsgrundlagen erhoben. Daher war die Beschwerde insgesamt abzuweisen.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage war nicht zu lösen.

Innsbruck, am 27. Jänner 2021

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Verweise:

VwGH 24.02.2004, 99/14/0247

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