VwGH Ra 2020/01/0323

VwGHRa 2020/01/03232.9.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des A K in W, vertreten durch Dr. Stefan Stoiber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Elisabethstraße 26, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 5. Juni 2020, Zl. VGW‑152/071/15495/2019‑27, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

KFG 1967 §103 Abs2
ParkometerG Wr 2006 §2
ParkometerG Wr 2006 §4 Abs2
StbG 1985 §10 Abs1 Z6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010323.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen, im Säumnisbeschwerdeweg ergangenen, Erkenntnis wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines indischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen (I.) und die ordentliche Revision für unzulässig erklärt (II.).

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, der Revisionswerber weise ‑ neben zwei Verwaltungsübertretungen nach der StVO (verbotenes Abstellen eines Kfz; Missachtung der vorgeschriebenen Fahrtrichtung) und einer Übertretung nach § 367 Z 25 Gewerbeordnung (Überschreiten des zweijährigen Prüfintervalls für einen Feuerlöscher) ‑ im Jahr 2018 vier Übertretungen nach § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 (Nichterteilung der Auskunft) sowie zwei Übertretungen nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 (Nichterteilung der Lenkerauskunft) auf. In Anbetracht der Vielzahl der Übertretungen, die der Revisionswerber in Ausübung seiner Tätigkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH begangen habe und angesichts des kurzen Wohlverhaltenszeitraums von nicht einmal zwei Jahren seit der letzten gefährdenden Handlung könne ihm „derzeit“ keine positive Zukunftsprognose erstellt werden.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, es lägen keine schwerwiegende Verwaltungsübertretungen nach § 10 Abs. 2 Z 2 StbG vor.

7 Mit diesem Vorbringen übersieht die Revision, dass das Verwaltungsgericht die Abweisung des Antrags nicht auf die Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z 2 StbG ‑ und sohin auf das Vorliegen von dort genannten „schwerwiegenden“ Verwaltungsübertretungen - sondern auf das Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG gestützt hat.

8 Bei der Prüfung des Verleihungshindernisses nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG ist (im Beschwerdeverfahren: vom Verwaltungsgericht) eine Prognose über das zukünftige Wohlverhalten des Verleihungswerbers zu treffen (vgl. etwa VwGH 23.12.2019, Ra 2019/01/0475, mwN).

9 Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber durch die als Zulassungsbesitzer begangenen Übertretungen nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 bzw. § 2 iVm § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 die Verfolgung von Verkehrsstraftätern behindert. Die mehrfache Übertretung der in den genannten Vorschriften normierten Auskunftspflichten lässt den Schluss zu, dass der Revisionswerber nicht gewillt ist, zu einer wirksamen Verfolgung von Verwaltungsübertretungen im Straßenverkehr im Rahmen seiner gesetzlichen Verpflichtungen beizutragen und kann daher als Indiz für mangelnde Vertrauenswürdigkeit herangezogen werden (vgl. VwGH 20.9.2011, 2008/01/0051).

10 Es ist auch zu beachten, dass die Verleihung der Staatsbürgerschaft den Abschluss einer (erfolgreichen) Integration des Fremden in Österreich darstellt (vgl. neuerlich VwGH Ra 2019/01/0475, mwN).

11 Dass das Verwaltungsgericht die vom Verwaltungsgerichtshof zum Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalls vorgenommen hätte, zeigt die Revision nicht auf und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar (vgl. VwGH 22.7.2019, Ra 2019/01/0258, mwN).

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 2. September 2020

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