VwGH Ra 2019/05/0006

VwGHRa 2019/05/00062.5.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der J S in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 15. November 2018, Zl. LVwG-100052/27/MK, betreffend Übertretung der Oö. Bauordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs1 Z1
VStG §45
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §28
VwGVG 2014 §50

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050006.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0019, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 31. Mai 2017 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf und führte im Wesentlichen aus, die der Revisionswerberin zur Last gelegte Tat habe zum Gegenstand, dass am 12. Jänner 2016 der baubehördlichen Anordnung der Untersagung der Benützung des Nebengebäudes nicht entsprochen worden sei. Gegen das Benützungsverbot sei aber Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden, wobei der Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 27. August 2015 aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes in der betreffenden Rechtssache sei am 26. September 2017 ergangen. Im angelasteten Tatzeitpunkt sei somit die aufschiebende Wirkung aufrecht gewesen, und eine Bestrafung der Revisionswerberin wegen Zuwiderhandelns gegen das Benützungsverbot im Tatzeitpunkt komme folglich nicht in Betracht.

2 Im fortgesetzten Verfahren wurde mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 15. November 2018 das die gegenständliche Tat betreffende Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 10. März 2016 aufgehoben (Spruchpunkt I.) und ausgesprochen, dass die Revisionswerberin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe (Spruchpunkt II.). Ferner wurde die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt (Spruchpunkt III.).

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, es kostenpflichtig aufzuheben. 4 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine "Revisionsbeantwortung" und beantragte, der Revision stattzugeben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die Revision ist im Hinblick auf die Verkennung der Verpflichtung, in der Sache selbst zu entscheiden, gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG zulässig.

6 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, dadurch, dass das Verwaltungsgericht das behördliche Straferkenntnis lediglich aufgehoben, das Verwaltungsstrafverfahren aber nicht eingestellt habe, habe es gegen seine Verpflichtung zur Sachentscheidung verstoßen. Diese Verpflichtung ergebe sich sowohl aus der Verfassungsbestimmung des Art. 130 Abs. 4 B-VG als auch aus der einfachgesetzlichen Bestimmung des § 50 VwGVG und § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG. In Verwaltungsstrafverfahren hätten die Verwaltungsgerichte jedenfalls, also ohne dass die ausnahmsweise nach § 28 VwGVG bestehende Möglichkeit zur Aufhebung des Bescheides zum Tragen kommen könne, in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen sei. Des Weiteren verstoße das Verwaltungsgericht durch die unterlassene Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens auch gegen die Bindung des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes sowie gegen § 45 Abs. 1 Z 1 VStG.

7 § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 lautet auszugsweise:

"Erkenntnisse

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

..."

8 § 50 VwGVG ist Teil des mit "Verfahren in Verwaltungsstrafsachen" überschriebenen 2. Abschnitts des 3. Hauptstücks ("Besondere Bestimmungen") des VwGVG und demnach "in Verwaltungsstrafsachen" anzuwenden. Während § 28 VwGVG unter engen (hier nicht näher darzustellenden) Voraussetzungen dem Verwaltungsgericht erlaubt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Behörde zurückzuverweisen anstatt selbst die Sachentscheidung zu treffen, verpflichtet § 50 VwGVG das Verwaltungsgericht, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist (vgl. VwGH 1.10.2018, Ra 2018/03/0006, mwN). Der letztere Fall betrifft die Einstellung des Beschwerdeverfahrens nach dem VwGVG und nicht die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 VStG, mit welcher über die Beschwerde in der Sache selbst entschieden wird (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2017/21/0185, mwN).

9 Wenn das Verwaltungsgericht das angefochtene Straferkenntnis - wie im vorliegenden Fall - nur (ersatzlos) behebt, wird die Verwaltungsstrafsache nicht abschließend erledigt (vgl. erneut VwGH 1.10.2018, Ra 2018/03/0006, mwN) und damit nicht in der Sache selbst - sei es durch Einstellung des Strafverfahrens oder im Sinne eines Schuldspruches - entschieden (VwGH 7.3.2017, Ra 2016/02/0271). Das Verwaltungsgericht hat seiner Pflicht zur Entscheidung in der Sache somit nicht entsprochen.

10 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. 11 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 2. Mai 2019

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