Normen
ABGB §1332;
BFA-VG 2014 §52 Abs1;
BFA-VG 2014 §52 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §33;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010237.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19. Oktober 2017 wurde dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen Afghanistans, der ihm mit Erkenntnis vom 7. September 2016 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt und die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
2 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 22. März 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den vom Revisionswerber - wegen Versäumung der Beschwerdefrist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den genannten Bescheid des BFA - eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet ab (A), die erhobene Beschwerde als verspätet zurück (B) und sprach aus, dass die Revision gegen diesen Beschluss gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, das BVwG weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, indem es zwar aufgrund näher beschriebener Umstände die falsche Berechnung der Rechtsmittelfrist für die Beschwerdeerhebung durch eine rechtskundige Mitarbeiterin der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation als ein nicht über den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden angesehen, jedoch dennoch dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Verfahrens nicht stattgegeben habe. Das BVwG habe in einem "zweiten Prüfungsschritt" das Verhalten jenes Mitarbeiters der Rechtsberatungsorganisation, durch welchen die Beschwerde schließlich verfasst und eingebracht worden sei, einer Würdigung unterzogen und mit der diesbezüglich vorgenommenen Beurteilung in unvertretbarer Weise die Rechtslage verkannt.
7 Der Verwaltungsgerichthof hat wiederholt festgehalten, dass die Frage, ob das Verwaltungsgericht fallbezogen zu Recht das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens verneint hat, keine Rechtsfrage darstellt, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn die Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 22.3.2018, Ra 2018/01/0107, mwN).
8 Gemäß § 52 Abs. 2 zweiter Satz BFA-VG haben die Rechtsberater die betreffenden Fremden oder Asylwerber auf deren Ersuchen im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.
9 Immer dann, wenn ein Fremder das als Vollmachtserteilung zu verstehende Ersuchen um Vertretung im Sinn des BFA-VG an die mit der Besorgung der Rechtsberatung betraute juristische Person richtet oder der juristischen Person schriftlich ausdrücklich Vollmacht erteilt, ist dem Fremden das Handeln des sodann von der juristischen Person konkret mit der Durchführung seiner Vertretung betrauten Rechtsberaters wie bei jedem anderen Vertreter zuzurechnen (VwGH 20.6.2017, Ra 2017/01/0156, mwN).
10 Der Revisionswerber ist der Feststellung des BVwG, dass er einer näher bezeichneten juristischen Person Vollmacht erteilt hat, nicht entgegengetreten. Dass das BVwG das Verhalten des von der juristischen Person mit der Beschwerdeeinbringung betrauten Rechtsberaters nicht als bloß ein den minderen Grad des Versehens nicht übersteigendes Verschulden gewertet und dieses dem Revisionswerber zugerechnet hat (VwGH 30.5.2017, Ra 2017/19/0113, bzw. nochmals VwGH 20.6.2017, Ra 2017/01/0156), ist nicht als unvertretbar zu erkennen.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
12 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Verwaltungsgerichtshofes über den mit der Revision verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Wien, am 28. Mai 2018
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