VwGH Ra 2017/01/0156

VwGHRa 2017/01/015620.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des Ehsan Mohamaei (geboren am 20. Juni 1991) in Linz, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. April 2017, Zl. L525 2149440-1/5E, betreffend Wiedereinsetzung in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §52 Abs1;
BFA-VG 2014 §52 Abs2;
VwGVG 2014 §33;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017010156.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 23. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit Bescheid vom 10. Februar 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag vollinhaltlich ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran fest und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Gegen den Bescheid erhob der Revisionswerber, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe (im Folgenden: Rechtsberater) Beschwerde. Nach einem Verspätungsvorhalt durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wurde durch den Rechtsberater als Vertreter des Revisionswerbers ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht und ausgeführt, der zuständige Rechtsberater sei irrtümlich vom 17. Februar 2017 als Zustelldatum ausgegangen und habe die Beschwerde deshalb verspätet eingebracht. Den Revisionswerber treffe kein Verschulden an der Fristversäumung.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 5. April 2017 wies das BVwG den Antrag auf Wiedereinsetzung ab und die Beschwerde zurück. Hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung wies das BVwG darauf hin, dass ein Verschulden des Vertreters nach der hg. Rechtsprechung dem Vertretenen zugerechnet werde und somit kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund vorgebracht worden sei. Da die Wiedereinsetzung nicht zu bewilligen sei, sei die Beschwerde unbestritten verspätet. Weiters sprach das BVwG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird ausgeführt, die Fristversäumnis sei im vorliegenden Fall weder von der Verfahrenspartei selbst noch ihrem gewillkürten Vertreter verursacht worden. Schuldtragend sei jene Organisation, welche dem Revisionswerber von staatlicher Seite als Rechtsberater beigegeben worden sei. Zur Frage, ob Fehler dieser Organisation bei der Wahrung von Rechtsmittelfristen und deren Auswirkungen auf Anträge auf Wiedereinsetzung dem Revisionswerber zugerechnet werden können, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Zu der von der Revision aufgeworfenen Rechtsfrage, ob Fehler des bevollmächtigten Rechtsberaters dem Asylwerber zugerechnet werden können, liegt bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor:

11 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 6. September 2016, Ra 2015/20/0283, mwN).

12 Gemäß § 52 Abs. 2 zweiter Satz BFA-VG haben die Rechtsberater die betreffenden Fremden oder Asylwerber auf deren Ersuchen im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.

13 Im Erkenntnis vom 30. Mai 2017, Ra 2017/19/0113, hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG verwiesen werden kann, festgehalten, dass immer dann, wenn ein Fremder das als Vollmachtserteilung zu verstehende Ersuchen um Vertretung im Sinn des BFA VG an die mit der Besorgung der Rechtsberatung betraute juristische Person richtet oder der juristischen Person schriftlich ausdrücklich Vollmacht erteilt, dem Fremden das Handeln des sodann von der juristischen Person konkret mit der Durchführung seiner Vertretung betrauten Rechtsberaters wie bei jedem anderen Vertreter zuzurechnen ist.

14 Im vorliegenden Fall hat das BVwG festgestellt, dass der Revisionswerber bei Beschwerdeerhebung durch den Rechtsberater vertreten war und verweist auf eine näher bezeichnete Vollmacht des Revisionswerbers. Das Verhalten des Rechtsberaters ist daher dem Revisionswerber zuzurechnen.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. Juni 2017

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