VwGH Ra 2015/04/0102

VwGHRa 2015/04/01028.8.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler, den Hofrat Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz‑Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision des A E in S, vertreten durch MMag. Dr. Philipp Götzl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Imbergstraße 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 27. Oktober 2015, Zl. LVwG‑5/50/24‑2015, betreffend vergaberechtliches Feststellungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. S AG in S, vertreten durch Heid Schiefer Rechtsanwälte OG in 5020 Salzburg, Franz‑Josef‑Straße 19/8, 2. ARGE SgmbH / G GmbH in), zu Recht erkannt:

Normen

BVergG 2006 §130 Abs2
BVergG 2006 §131 Abs1
BVergG 2006 §2 Z49
BVergG 2006 §312 Abs3 Z4
BVergG 2006 §320
LVergKG Slbg 2007 §14 Abs3 Z4
LVergKG Slbg 2007 §14 Abs3 Z6
LVergKG Slbg 2007 §14 Abs3 Z7
LVergKG Slbg 2007 §35 Abs2
LVergKG Slbg 2007 §35 Abs3
LVergKG Slbg 2007 §35 Abs7
LVergKG Slbg 2007 §4 Abs1 Z1
62008CJ0406 Uniplex VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015040102.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Spruchpunkte I.1, II.1 und III. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Das Land Salzburg hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der revisionswerbenden Partei wird abgewiesen.

Begründung

I.

1 1. Die erstmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) führte als öffentliche Auftraggeberin ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellenbereich zur Vergabe eines Bauauftrages durch. Sie lud per E‑Mail mehrere Unternehmen, darunter den Revisionswerber, zur Angebotslegung für die Leistung „Grabenlose Rohrverlegung, PA2417, Jahresausschreibung für Grabenlose Rohrverlegung und gesteuerte Spülbohrung“ ein. Die Vergabe erfolgte nach dem Bestbieterprinzip. Nach der (bestandfest gewordenen) Ausschreibung sollten sowohl hinsichtlich Los 1 (Grabenlose Rohrverlegung) als auch hinsichtlich Los 2 (Spülbohrung) der Preis jeweils mit 70 Prozent, die Qualifikation des Schlüsselpersonals mit 15 Prozent und die Anzahl der Referenzprojekte mit 15 Prozent bei der Ermittlung des Bestanbots bewertet werden.

2 Der Revisionswerber legte (wie die zweitmitbeteiligte Partei) fristgerecht ein Angebot. Mit dem Formblatt „BGE“ teilte die Zweitmitbeteiligte als „BIEGE“ mit, dass die Bietergemeinschaft aus der SGmbH und aus der GGmbH bestehe und dass die SGmbH als bevollmächtigter Vertreter (Federführer) alle im Verzeichnis angeführten Mitglieder der Bietergemeinschaft gegenüber der Auftraggeberin, insbesondere in sämtlichen Belangen der Vertragsabwicklung, rechtsverbindlich ohne jede Einschränkung vertrete. Am 8. April 2015 fand mit den Bietern eine Verhandlungsrunde statt, in der als Abgabedatum für die zweite und letzte Runde im Verhandlungsverfahren der 13. April 2015 festgelegt wurde. Der Revisionswerber und die zweitmitbeteiligte Bietergemeinschaft gaben ein „Last And Final Offer“ ab.

3 In der vom Revisionswerber am 20. April 2015 abgerufenen Zuschlagsentscheidung wurde die SGmbH als in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin genannt. Ein Nachprüfungsantrag hinsichtlich der Zuschlagsentscheidung wurde nicht eingebracht. Nach Ablauf der Stillhaltefrist erteilte die Auftraggeberin der zweitmitbeteiligten Partei am 30. April 2015 den Zuschlag.

4 2. Am 14. September 2015 brachte der Revisionswerber beim Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) einen Feststellungsantrag ein, in dem er unter anderem mehrere Feststellungen, die Nichtigerklärung des zwischen der Auftraggeberin und der Zweitmitbeteiligten abgeschlossenen Vertrages und im Fall eines Absehens von den Nichtigerklärungen die Verhängung einer wirksamen und angemessenen Geldbuße über die Auftraggeberin beantragte.

5 3.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht durch einen Einzelrichter nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Feststellungsanträge, wonach der Zuschlag im Verfahren „PA2417, Los 1, Grabenlose Rohrverlegung“ nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden sei (Spruchpunkt I.1) und wonach die Durchführung des entsprechenden Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb rechtswidrig gewesen sei (Spruchpunkt I.2), gemäß § 33 Abs. 4 Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007 (S.VKG 2007) als unzulässig zurück.

6 Weiters wurden die Anträge auf Feststellung, dass die Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren „PA2417, Los 1, Grabenlose Rohrverlegung“ an die Zweitmitbeteiligte ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung (Spruchpunkt II.1), die Durchführung des Vergabeverfahrens „Grabenlose Rohrverlegung 2015 Nichtvertragsfirmen“ ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb (Spruchpunkt II.2) und die Zuschlagserteilung im Verfahren „Grabenlose Rohrverlegung 2015 Nichtvertragsfirmen“ an die Zweitmitbeteiligte ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung rechtswidrig gewesen seien (Spruchpunkt II.3), gemäß § 32 Abs. 1 S.VKG 2007 abgewiesen.

7 Schließlich sprach das Verwaltungsgericht aus, dass der Antrag des Revisionswerbers, der Auftraggeberin den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr aufzuerlegen, abgewiesen werde (Spruchpunkt III.) und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt IV.).

8 3.2. In der Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Zurückweisung im Spruchpunkt I.1 sei geboten gewesen, weil die behauptete Rechtswidrigkeit, wonach der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden wäre, bereits mit der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung hätte geltend gemacht werden können. Der Revisionswerber hätte auch die übrigen von ihm im Feststellungsantrag behaupteten Mängel betreffend die Zuschlagsentscheidung im Rahmen eines Nachprüfungsantrages, gerichtet gegen die Zuschlagsentscheidung, aufgreifen können.

9 Hinsichtlich der in Spruchpunkt I.2 erfolgten Zurückweisung des Feststellungsantrages hielt das Verwaltungsgericht ebenso fest, dass der begehrten Feststellung § 33 Abs. 4 S.VKG 2007 entgegenstehe. Auch hier hätte der behauptete Verstoß bereits im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens (gerichtet gegen die Aufforderung zur Angebotslegung) geltend gemacht werden können.

10 Die mit Spruchpunkt II.1 abgewiesene Feststellung setze voraus, dass der Zuschlag ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung (trotz der vergaberechtlichen Verpflichtung zur Bekanntgabe einer solchen) erteilt worden sei. Der Auftraggeber habe in die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung bestimmte Angaben aufzunehmen. Würden diese zusätzlichen Angaben rechtswidrig unterlassen, solle dies nach der Intention des Gesetzgebers für sich alleine weder die Gültigkeit der Zuschlagsentscheidung beeinträchtigen noch einen Anwendungsfall einer Feststellung gemäß § 312 Abs. 3 Z 4 BVergG 2006 (hier: § 14 Abs. 3 Z 4 S.VKG 2007) darstellen. Lediglich die gänzliche Unterlassung der Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung könne zu einer Feststellung nach § 32 Abs. 1 Z 3 S.VKG 2007 führen. Vorliegend habe der Revisionswerber die Zuschlagsentscheidung am 20. April 2015 erhalten. Da die Auftraggeberin somit ihrer Verpflichtung entsprochen habe, sei der Feststellungsantrag des Revisionswerbers abzuweisen gewesen.

11 Zu einem Nachtragsangebot der Zweitmitbeteiligten hielt das Verwaltungsgericht fest, dass dieses etwa 2 % des Jahresauftragswertes ausmache, weshalb von einer Erweiterung des Auftrages in großem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Leistungen nicht die Rede sein könne. Eine Verpflichtung zur Neuausschreibung der gesamten ursprünglichen Leistung auf Grund einer Erweiterung des Leistungsumfanges sei daher zu verneinen gewesen.

12 Hinsichtlich der Spruchpunkte II.2 und II.3 sei auf Sachverhaltsebene hervorgekommen, dass in Zusammenhang mit einem weiteren vom Revisionswerber vorgelegten Leistungsverzeichnis von der Auftraggeberin kein Vergabeverfahren durchgeführt worden sei. Insbesondere habe die Auftraggeberin das Leistungsverzeichnis nicht in Zusammenhang mit einer Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in einer anderen Weise zur Einleitung eines Vergabeverfahrens genutzt. Vielmehr seien die im Leistungsverzeichnis enthaltenen Preise vom Revisionswerber dazu verwendet worden, um eine von ihm erbrachte Leistung für ein Unternehmen, das die Auftraggeberin beauftragt habe, abzurechnen. Da es auch im Feststellungsverfahren dem Antragsteller obliege, den Verfahrensgegenstand zu definieren, vorliegend aber auf der Grundlage des vom Revisionswerber vorgelegten Leistungsverzeichnisses „Grabenlose Rohrverlegung 2015 Nichtvertragsfirmen“ kein Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt worden sei und somit auch die Auftraggeberin keinen Zuschlag erteilt habe, seien die diesbezüglichen Anträge auf Feststellung ebenfalls abzuweisen gewesen.

13 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt hat.

14 Die Auftraggeberin erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der die kostenpflichtige Zurück- bzw. die Abweisung der Revision beantragt wird.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15 1. Die Zulässigkeit der Revision wird unter anderem damit begründet, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob nach §§ 3 f S.VKG 2007 im Feststellungsverfahren im Unterschwellenbereich dann, wenn Gegenstand die Nichtigerklärung eines Vertrages bzw. eine sonstige Sanktion sei und überdies auch mehrere Feststellungsanträge zusammengefasst würden, eine Einzelrichterzuständigkeit vorliege oder nicht. Dabei sei zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der Nichtigerklärung und Verhängung einer Geldbuße kein Antragsrecht einer Partei bestehe, sondern die diesbezüglichen Sanktionen Rechtsfolgen der Feststellungen seien. Gerade in Hinblick auf diese Sanktionen und den Umstand, dass sie nicht mehr von einem Antragsrecht umfasst seien, könnten die einschlägigen Vorschriften betreffend die Senatsbesetzung (§§ 3 f S.VKG 2007) ausschließlich dahin beurteilt werden, dass immer dann, wenn sich aus dem Beweisverfahren eine mögliche Feststellung ergeben könne und auch eine Sanktion in Form einer Nichtigerklärung oder sonstigen Sanktion denkbar sei, die Abhaltung der Verhandlung sowie die Entscheidung nur in Senatsbesetzung in Betracht komme.

16 Weiters verstoße das angefochtene Erkenntnis gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in der Zuschlagsentscheidung der Bieter genannt werden müsse und nicht ein Bevollmächtigter, dessen Vollmacht gegenüber dem Empfänger der Zuschlagsentscheidung nicht einmal ausgewiesen sei.

17 Die Revision ist zulässig. Sie erweist sich teilweise auch als begründet.

18 2.1. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des Salzburger Vergabekontrollgesetzes 2007 (S.VKG 2007), LGBl. Nr. 28 in der Fassung LGBl. Nr. 60/2015, lauten auszugsweise wie folgt:

Senatsentscheidungen des Landesverwaltungsgerichts

§ 3

(1) Zur Entscheidung über Beschwerden gemäß § 2 sind Senate des Landesverwaltungsgerichts berufen, die aus einem Richter und zwei fachkundigen Laienrichtern (§ 7 S.LVwGG) bestehen. Die fachkundigen Laienrichter sind von der Landesregierung in der erforderlichen Anzahl zu bestellen, wobei zwei Bestellungen auf Grund von Vorschlägen der Wirtschaftskammer Salzburg und zwei Bestellungen auf Grund von Vorschlägen der Landesgruppe Salzburg des Österreichischen Städtebundes und des Salzburger Gemeindeverbandes zu erfolgen haben. Als weitere Laienrichter sind Personen zu bestellen, die in einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen. Jedem Senat hat ein auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Salzburg bestellter fachkundiger Laienrichter und entweder ein auf Vorschlag der Interessenvertretungen der Gemeinden bestellter fachkundiger Laienrichter oder ein fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der zu solchen bestellten Landesbediensteten anzugehören.

(2) Die fachkundigen Laienrichter müssen besondere Kenntnisse des Vergabewesens in rechtlicher, wirtschaftlicher oder technischer Hinsicht besitzen. Bei ihrer Bestellung ist auf ein zahlenmäßig ausgewogenes Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Mitgliedern Bedacht zu nehmen.

Einzelrichter-Entscheidungen

§ 4

(1) Das Landesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter:

1. über Anträge betreffend Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich, ausgenommen Verfahren gemäß § 14 Abs 3 Z 6 und 7,

2. über Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

(2) Auf Antrag eines gemäß Abs 1 entscheidungsbefugten Richters kann eine Entscheidung dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat übertragen werden, wenn

1. die Entscheidung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung des Landesverwaltungsgerichts oder des Verwaltungsgerichtshofes bedeuten würde;

2. die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Landesverwaltungsgerichts oder des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet worden ist; oder

3. eine einheitliche Rechtsprechung des Landesverwaltungsgerichts oder des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

Über die Übertragung entscheidet der zuständige Senat.

(3) Werden mehrere Nachprüfungsanträge hinsichtlich derselben gesondert anfechtbaren Entscheidung gestellt, so können ‑ unbeschadet einer Verbindung der Nachprüfungsverfahren gemäß § 21 Abs 4 ‑ nur alle Nachprüfungsverfahren, nicht jedoch einzelne dem zuständigen Senat übertragen werden. Werden mehrere Feststellungsanträge betreffend dasselbe Vergabeverfahren gestellt, so können ‑ unbeschadet einer Verbindung der Feststellungsverfahren gemäß § 32 Abs 3 ‑ nur alle Feststellungsverfahren, nicht jedoch einzelne dem zuständigen Senat übertragen werden. Wenn ein Feststellungsantrag zu einem Vergabeverfahren gestellt wird, in dessen Rahmen ein Nachprüfungsantrag dem Senat übertragen worden ist, so ist auch über den Feststellungsantrag vom zuständigen Senat zu entscheiden.“

„Entscheidungen in Vergabekontrollverfahren

§ 14

(1) Das Landesverwaltungsgericht ist nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Unterabschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Unterabschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Unterabschnitt) zuständig. Darauf gerichtete Beschwerden oder Anträge sind unmittelbar beim Landesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) [...]

(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Landesverwaltungsgericht zuständig:

1. im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidrig nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt worden ist;

2. in einem Verfahren gemäß Z 1 auf Antrag des Auftraggebers zur Feststellung, ob der Beschwerdeführer auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte;

3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidrig ohne vorherige Bekanntmachung bzw ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt worden ist;

4. zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidrig ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 oder § 272 BVergG 2006 oder gemäß § 107 BVergGVS 2012 erteilt worden ist;

5. zur Feststellung, ob der Zuschlag bei der Vergabe einer Leistung auf Grund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems wegen eines Verstoßes gegen § 152 Abs 4 bis 6, § 158 Abs 2 bis 5 oder § 290 Abs 2 bis 5 BVergG 2006 oder gegen § 130 Abs 4 bis 6 BVergGVS 2012 rechtswidrig war;

6. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;

7. in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 35 Abs 7.

(4) und (5) [...]“

„Feststellung von Rechtsverstößen, Nichtigerklärung und Verhängung von Sanktionen

§ 35

(1) [...]

(2) Soweit in diesem Absatz und in den Abs 4 und 5 nicht anderes bestimmt ist, hat das Landesverwaltungsgericht im Oberschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 32 Abs 1 Z 2 bis 4 für absolut nichtig zu erklären. Das Landesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages oder von einer Aufhebung des Vertrages gemäß den Abs 4 oder 5 abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und zwingende Gründe eines Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrechtzuerhalten. Wirtschaftliche Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen, können die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht rechtfertigen, andere wirtschaftliche Interessen nur dann, wenn die Nichtigkeit in Ausnahmefällen unverhältnismäßige Folgen hätte.

(3) Soweit in den Abs 4 bis 6 nicht anderes bestimmt ist, hat das Landesverwaltungsgericht im Unterschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 32 Abs 1 Z 2 bis 4 für absolut nichtig zu erklären, wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftraggebers auf Grund der Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 oder des Bundesvergabegesetzes Verteidigung und Sicherheit 2012, der dazu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbaren Unionsrechts offenkundig unzulässig war.

(4) bis (6) [...]

(7) Wenn das Landesverwaltungsgericht von der Nichtigerklärung des Vertrages gemäß Abs 2 erster Satz oder Abs 3 abgesehen hat, ist eine Geldbuße über den Auftraggeber zu verhängen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein muss. Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt 20 %, im Unterschwellenbereich 10 % der Auftragssumme. Geldbußen fließen dem ERP‑Fonds zu.

(8) [...]“

19 2.2. § 3 Abs. 1 S.VKG 2007 ordnet an, dass das Verwaltungsgericht über Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens im Allgemeinen in ‑ jeweils aus einem Richter und zwei fachkundigen Laienrichtern bestehenden ‑ Senaten entscheidet. Davon abweichend sieht § 4 Abs. 1 Z 1 S.VKG 2007 eine Einzelrichterzuständigkeit betreffend Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich vor, wobei hier jedoch Verfahren gemäß § 14 Abs. 3 Z 6 und 7 S.VKG 2007 ausdrücklich ausgenommen sind. Für sie gilt somit eine Senatszuständigkeit. Diese Gegenausnahme geht auf die ‑ der Umsetzung der Richtlinie 2007/66/EG dienenden ‑ Novelle LGBl. Nr. 35/2010 zurück. Die Gesetzesmaterialien zu dieser Novelle (RV 330 BlgLT 14. GP 11) begründen die Senatszuständigkeit (bzw. die Zuständigkeit der Kammer im damaligen Vergabekontrollsenat) in Verfahren gemäß § 14 Abs. 3 Z 6 und 7 S.VKG 2007 wie folgt:

„Künftig kann der Vergabekontrollsenat im Rahmen von Feststellungen auch bereits geschlossene Verträge für nichtig erklären und in bestimmten Fällen über Auftraggeber Geldbußen bis zu 20 % der Auftragssumme verhängen. Angesichts der Gravität solcher Entscheidungen sollen diese jedenfalls von Kammern, denen drei UVS-Mitglieder angehören, und nicht von einzelnen Mitgliedern getroffen werden.“

20 Mit der Wortfolge „Verfahren gemäß § 14 Abs 3 Z 6 und 7“ knüpft § 4 Abs. 1 Z 1 S.VKG 2007 an die Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages (Z 6) und an die Verhängung von Sanktionen (Z 7) an. Auslegungsbedürftig ist dieser Verweis deshalb, weil nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 3 Z 6 und 7 S.VKG 2007 das Verwaltungsgericht nach Zuschlagserteilung „in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages“ (Z 6) und „in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 35 Abs 7“ (Z 7) zuständig ist. Durch den weiteren Verweis auf § 14 Abs. 3 Z 3 bis 5 S.VKG 2007 stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der dort genannten Feststellungsverfahren einerseits und den Verfahren zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages (Z 6) und zur Verhängung von Sanktionen (Z 7) andererseits.

21 Der Wortlaut des § 14 Abs. 3 Z 6 und 7 S.VKG 2007 (arg: „in einem Verfahren gemäß Z 3 bis 5 zur [...]“) könnte dahin verstanden werden, dass mit „Verfahren gemäß § 14 Abs 3 Z 6 und 7“ in § 4 Abs. 1 Z 1 S.VKG 2007 auch das vorausgehende Feststellungsverfahren gemeint ist bzw. die Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages und die Verhängung von Sanktionen zu diesem Feststellungsverfahren zählen. Dies hätte ‑ wie der Revisionswerber offenbar meint ‑ zur Folge, dass in Feststellungsverfahren, die grundsätzlich in einer Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages oder in einer Verhängung von Sanktionen münden können, ein Senat des Verwaltungsgerichts zur Entscheidung berufen ist. Der Revisionswerber verweist in diesem Zusammenhang auf die hg. Rechtsprechung zu § 334 BVergG 2006 (vgl. VwGH 18.3.2015, 2012/04/0070) und zu § 16 NÖ Vergabe‑Nachprüfungsgesetz (vgl. VwGH 9.9.2015, Ro 2014/04/0007), wonach betreffend die Nichtigerklärung des Vertrages und die Verhängung von Sanktionen kein Antragsrecht besteht. In diese Richtung scheinen auf den ersten Blick auch die bereits zitierten Gesetzesmaterialien zur Änderung des S.VKG 2007 durch die Novelle LGBl. Nr. 35/2010 zu deuten. Sie streichen hervor, dass die in § 14 Abs. 3 Z 6 und 7 S.VKG 2007 enthaltenen Zuständigkeiten nicht selbständig, sondern nur in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 des § 14 Abs. 3 S.VKG 2007 ausgeübt werden können (vgl. RV 330 BlgLT 14. GP 13).

22 Damit ist aber bloß gesagt, dass der Verhängung einer Geldbuße und der Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages eine näher bezeichnete Feststellung vorauszugehen hat (vgl. VwGH 23.10.2017, Ra 2017/04/0005). Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich zwingend um ein einziges, von ein und demselben Spruchkörper zu führendes Verfahren handeln muss (vgl. etwa zur Zuständigkeit unterschiedlicher Spruchkörper für die Entscheidung in der Hauptsache und für die Entscheidung über den Gebührenersatz gemäß § 292 Abs. 1 BVergG 2006) und deshalb der Verweis in § 4 Abs. 1 Z 1 S.VKG 2007 auch das vorangegangene Feststellungsverfahren mitumfasst.

23 Es sprechen im konkreten Fall vielmehr die besseren Gründe dafür, dass die Wortfolge „Verfahren gemäß § 14 Abs 3 Z 6 und 7“ ausschließlich auf Verfahren zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages und zur Verhängung von Sanktionen Bezug nimmt. Zunächst lässt sich die aus den zitierten Gesetzesmaterialien (vgl. oben Rn. 19) hervorgehende Begründung der mit der Novelle LGBl. Nr. 35/2010 eingefügten Gegenausnahme für eine enge Auslegung der betreffenden Wortfolge ins Treffen führen. So ist den Erläuterungen eindeutig zu entnehmen, dass auf Grund der „Gravität“ der Nichtigerklärung bereits geschlossener Verträge und der Verhängung von Geldbußen bis zu 20 % der Auftragssumme eine Senatszuständigkeit vorgesehen werden sollte und nicht ‑ wie sonst in Verfahren im Unterschwellenbereich ‑ eine Zuständigkeit durch Einzelrichter. Schon daraus ist abzuleiten, dass der Verweis in § 4 Abs. 1 Z 1 S.VKG 2007 nicht auch das vorangehende Feststellungsverfahren umfasst. Eine derart weite Auslegung des Verweises würde auch die in der Wortfolge „Verfahren gemäß § 14 Abs 3 Z 6 und 7“ enthaltene Einschränkung auf die Z 6 und 7 ins Leere gehen lassen. Hätte der Gesetzgeber mit dem gegenständlichen Verweis nämlich auch die Feststellungsverfahren erfassen wollen, wäre es ohne Zweifel naheliegender gewesen, auch die Z 3 bis 5 des § 14 Abs. 3 S.VKG 2007 in § 4 Abs. 1 Z 1 S.VKG 2007 anzuführen.

24 Ausgehend davon erweist sich das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach im vorliegenden Fall der zuständige Senat des Verwaltungsgerichts und nicht ein Einzelrichter zur Entscheidung berufen gewesen wäre, als unbegründet.

25 3.1. Der Revisionswerber bringt weiters vor, er habe die im Feststellungsverfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten nicht zuvor in einem Nachprüfungsverfahren vorbringen können, weil eine Zuschlagsentscheidung lautend auf den tatsächlichen Bestbieter, nämlich die zweitmitbeteiligte Bietergemeinschaft als Ganzes, nicht ergangen sei. Die Zuschlagsentscheidung habe auf die Bieterin SGmbH gelautet. Die Wesentlichkeit dieser Rechtswidrigkeit liege nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon dann vor, wenn dadurch die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages erschwert oder behindert werde, was im Fall der Unterlassung der Begründung in der Regel anzunehmen sei. Der Bieter habe einen Anspruch auf eine ausreichende Begründung der für ihn letzten Entscheidung im Vergabeverfahren vor der Zuschlagserteilung. Dem Bieter sei die Zuschlagsentscheidung zuzustellen. Erst dadurch werde die Stillhaltefrist ausgelöst. Vor Ablauf der Stillhaltefrist könne ein rechtswirksamer Zuschlag bei sonstiger Nichtigkeit nicht erteilt werden. Der Revisionswerber habe vor Zuschlagserteilung keine Zuschlagsentscheidung zugestellt bekommen. Eine Zuschlagsentscheidung, die lediglich auf ein Mitglied der Bietergemeinschaft laute, sei keine Zuschlagsentscheidung im Sinne der §§ 131 und 272 BVergG 2006, weil dem einzelnen Mitglied der Bietergemeinschaft keine Parteistellung zukomme. Laute eine Zuschlagsentscheidung nicht auf den Bieter, liege gar keine anfechtbare Zuschlagsentscheidung vor. In Zusammenhang mit der Judikatur des EuGH zu Begründungsmängeln ‑ der Revisionswerber verweist hier auf das Urteil in der Rs C‑406/08 ‑ führe auch ein grober Begründungsmangel (wie vorliegend: gar keine Begründung) zur absoluten Nichtigkeit und damit zum Nichtvorliegen einer Zuschlagsentscheidung, weil der Bieter jedenfalls einen Rechtsanspruch darauf habe, dass die für ihn im Verfahren letzte Entscheidung ausreichend begründet sei.

26 3.2. Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Z 49 BVerG 2006 ist eine Zuschlagsentscheidung die an die Bieter abgegebene, nicht verbindliche Absichtserklärung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Dies stellt den Mindestinhalt der Zuschlagsentscheidung im Sinne des BVergG 2006 dar (vgl. Walther in Heid/Presslmayr [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht4 [2015] Rz. 2132). Auch § 131 Abs. 1 erster Satz BVergG 2006 ordnet an, dass der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen hat, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Gemäß § 131 Abs. 1 zweiter Satz BVergG 2006 sind in dieser Mitteilung den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntmachung dieser Informationen öffentliche Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Sind diese weiteren Bekanntgaben nicht oder nicht ausreichend in der Zuschlagsentscheidung enthalten, kann dies zur Anfechtbarkeit der (somit rechtswidrigen) Zuschlagsentscheidung führen. Es ändert aber nichts daran, dass eine wirksame Zuschlagsentscheidung vorliegt (vgl. RV 327 BlgNR 24. GP 27 sowie Aicher in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg.], Bundesvergabegesetz 2006, § 131 Rz. 35). Für das Vorliegen einer gültigen Zuschlagsentscheidung reicht es nach der Intention des Gesetzgebers somit aus, wenn eine nach außen ergangene Erklärung des Auftraggebers vorliegt, aus der ersichtlich ist, an welchen Bieter der Zuschlag beabsichtigt ist (vgl. Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg.], Bundesvergabegesetz 2006, § 312 Rz. 270/4). In Hinblick auf einen Feststellungsantrag gemäß § 312 Abs. 3 Z 4 BVergG 2006 bzw. § 14 Abs. 3 Z 4 S.VKG 2007 wird diese Voraussetzung nur dann erfüllt sein, wenn der in der Zuschlagsentscheidung genannte Bieter mit dem tatsächlichen Zuschlagsempfänger übereinstimmt.

27 Soweit der Revisionswerber im vorliegenden Fall die fehlende Begründung der Zuschlagsentscheidung rügt, ist ihm entgegen zu halten, dass dieser behauptete Mangel nicht das Zustandekommen einer wirksamen ‑ jedoch gesondert anfechtbaren ‑ Zuschlagsentscheidung hindert.

28 Dem steht auch nicht das vom Revisionswerber ins Treffen geführte Urteil des EuGH vom 28. Jänner 2010 in der Rechtssache C‑406/08, Uniplex, entgegen. Darin hat der Gerichtshof ausgesprochen, dass es für den unionsrechtlich gebotenen effektiven Rechtsschutz darauf ankommt, ob der Bieter in die Lage versetzt wird, wirksam einen Nachprüfungsantrag einzubringen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu bereits klargestellt, dass nicht jedes vom Bieter in der Zuschlagsentscheidung vermisste Begründungselement zur objektiven Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führt (vgl. VwGH 9.4.2013, 2011/04/0224). Es ist keine umfassende Unterrichtung der betroffenen Bieter über sämtliche Details der für die Zuschlagsentscheidung relevanten Gründe gefordert. Vielmehr reicht eine bloße Zusammenfassung, die jedoch genügen muss, um das angestrebte Rechtsschutzziel zu erreichen (vgl. VwGH 9.4.2013, 2011/04/0173).

In diesen Verfahren ging es ausschließlich darum, ob die mangelhafte Begründung die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung bewirkt. Die Frage der Gültigkeit der Zuschlagsentscheidung war in diesem Zusammenhang nicht Gegenstand.

29 Das Vorbringen des Revisionswerbers, es liege im vorliegenden Fall keine wirksame Zuschlagsentscheidung vor, erweist sich jedoch aus folgenden Erwägungen als begründet:

30 Den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu Folge hat die zweitmitbeteiligte Partei als Bietergemeinschaft ein Angebot gelegt. Der Auftraggeberin wurde zudem mitgeteilt, dass die Bietergemeinschaft aus der SGmbH und der GGmbH bestehe und dass die SGmbH als bevollmächtigte Vertreterin alle im Verzeichnis angeführten Mitglieder der Bietergemeinschaft gegenüber der Auftraggeberin vertrete. In der Zuschlagsentscheidung wurde die SGmbH als in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin genannt. Nach Ablauf der Stillhaltefrist erging der Zuschlag an die zweitmitbeteiligte Partei.

31 Damit ist die für das Vorliegen einer gültigen Zuschlagsentscheidung notwendige Voraussetzung, dass nämlich der in der Zuschlagsentscheidung genannte Bieter mit dem tatsächlichen Zuschlagsempfänger übereinstimmt, nicht erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Auslegung von Willenserklärungen des Auftraggebers der objektive Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt maßgebend (vgl. VwGH 17.9.2014, 2013/04/0149, mwN). Auch wenn sich die Auftraggeberin im vorliegenden Fall womöglich nur in der Bezeichnung vergriffen hat, ist nicht ersichtlich, dass für einen teilnehmenden Bieter (im gegenständlichen Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung) erkennbar gewesen wäre, dass mit der in der Zuschlagsentscheidung als präsumtive Zuschlagsempfängerin genannten SGmbH die zweitmitbeteiligte Bietergemeinschaft gemeint sein könnte. Damit lag keine mit der Zuschlagserteilung korrespondierende Zuschlagsentscheidung vor.

32 Das Verwaltungsgericht hat den diesbezüglichen Feststellungsantrag gemäß § 32 Abs. 1 Z 3 S.VKG 2007 daher zu Unrecht abgewiesen, weshalb der Spruchpunkt II.1 des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Das gilt auch für Spruchpunkt I.1. des angefochtenen Erkenntnisses, weil das Verwaltungsgericht die hier ausgesprochene Zurückweisung des Feststellungsantrages gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 S.VKG 2007 damit begründete, dass der Revisionswerber die behauptete Rechtswidrigkeit bereits mit der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung hätte geltend machen können.

33 Durch die Aufhebung der Spruchpunkte I.1 und II.1 erweist sich auch die in Spruchpunkt III. erfolgte Abweisung des beantragten Ersatzes der entrichteten Pauschalgebühren als rechtswidrig.

34 4.1. Schließlich bringt der Revisionswerber vor, dass es (nach der Zuschlagserteilung) durch die mitbeteiligte Bietergemeinschaft zu einer wesentlichen Änderung ursprünglich vorhandener Positionen gekommen sei. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es sich beim Nachtragsangebot der zweitmitbeteiligten Partei lediglich um ein kleines Angebot von zehn Stück der Kleinbohranlage G handle. Diese zehn Einheiten würden nicht den tatsächlichen Einsatz widerspiegeln und nach Erfahrung des Revisionswerbers meist das Siebzehnfache im Jahre betragen. In diesem Zusammenhang fehlten Feststellungen aber völlig. Überdies sei die Bauposition MT durch die Bauposition G nachträglich verändert worden, um offenbar der zweitmitbeteiligten Bietergemeinschaft, die dieses Gerät ursprünglich nicht zur Verfügung gehabt habe, die Auftragsabwicklung zu ermöglichen. Es liege unabhängig von der Höhe des Auftragswertes eine wesentliche Änderung von einzelnen Positionen vor.

35 Das Verwaltungsgericht gehe ‑ so der Revisionswerber der Sache nach zu den Spruchpunkten II.2 und II.3 weiter ‑ davon aus, dass es in Zusammenhang mit dem Leistungsverzeichnis „Nichtvertragsfirmen“ zu keiner „Aufforderung zur Angebotsabgabe oder einer anderen Weise zur Einleitung eines Vergabeverfahrens“ gekommen sei. Es übersehe dabei aber, dass im bezüglichen Leistungsverzeichnis eine Angebotsfrist vorgesehen gewesen sei. Die Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zur Aufnahme der erforderlichen Beweise gelte unabhängig davon, ob von den Parteien ein entsprechendes Beweisanbot gestellt worden sei.

36 4.2. Betreffend das vom Revisionswerber gerügte Nachtragsanbot der mitbeteiligten Bietergemeinschaft ist die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach das Nachtragsanbot etwa 2 % des Jahresauftragswertes ausmache und deshalb eine Verpflichtung zur Neuausschreibung zu verneinen sei, nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht ist fallbezogen ‑ nachdem die im Nachtragsanbot enthaltenen Positionen im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung näher erläutert wurden ‑ zum Ergebnis gekommen, dass es sich um eine im Verhältnis zum Gesamtauftragswert äußerst geringe Abänderung des Leistungsumfanges handle.

37 Soweit der Revisionswerber in seinem Vorbringen auf das Leistungsverzeichnis „Nichtvertragsfirmen“ Bezug nimmt, wendet er sich der Sache nach gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, die aber nur in beschränktem Maße, nämlich nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit, nicht aber hinsichtlich ihrer Richtigkeit, einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterliegt (siehe VwGH 23.11.2016, Ra 2015/04/0084, mwN).

38 Im vorliegenden Fall vermag der Revisionswerber allein mit dem Vorbringen, es sei durch die im Leistungsverzeichnis vorgesehene Angebotsfrist zur Einleitung eines Vergabeverfahrens gekommen, nicht aufzuzeigen, dass die einzelfallbezogene Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würde.

39 Die Revision war somit ‑ soweit sie die Spruchpunkte I.2, II.2 und II.3 des angefochtenen Erkenntnisses betrifft ‑ gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

40 5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014. Das auf Ersatz der Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren der revisionswerbenden Partei war abzuweisen, weil in dem in der Verordnung vorgesehenen Pauschalbetrag die Umsatzsteuer bereits mitenthalten ist (vgl. VwGH 20.2.2018, Ra 2017/20/0303, mwN).

Wien, am 8. August 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte