Normen
62003CC0026 Stadt Halle Schlussantrag;
BVergG §141 Abs5;
BVergG §141;
BVergG §2 Z16 lita;
BVergG §2 Z16;
BVergG §27;
BVergG §312;
BVergG §320;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
62003CC0026 Stadt Halle Schlussantrag;
BVergG §141 Abs5;
BVergG §141;
BVergG §2 Z16 lita;
BVergG §2 Z16;
BVergG §27;
BVergG §312;
BVergG §320;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Zum Ausgangssachverhalt wird zunächst auf die Darstellung im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2013/04/0061 und 0062, verwiesen.
2. Nach der - dem soeben zitierten hg. Erkenntnis zugrunde liegenden - Nichtigerklärung von mehreren Entscheidungen der Auftraggeberin A (= mitbeteiligte Partei) mit Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 11. März 2013 widerrief die mitbeteiligte Partei, nachdem eine zuvor bekannt gegebene Widerrufsentscheidung unangefochten geblieben war, am 6. Mai 2013 das Vergabeverfahren
"A - Unterstützung des Sicherheitsdienstes". Begründet wurde dies damit, dass nach der Angebotsprüfung kein Angebot im Verfahren verblieben sei.
Bereits zuvor hatte die mitbeteiligte Partei die Beschwerdeführerin am 21. April 2013 davon in Kenntnis gesetzt, dass nach Widerruf des Vergabeverfahrens "die neuerliche Ausschreibung des Auftrags in einem Verhandlungsverfahren (vermutlich ohne Bekanntmachung) geplant" sei. In einem weiteren, auf Nachfrage der Beschwerdeführerin ergangenen Schreiben vom 25. April 2013 hatte die mitbeteiligte Partei konkretisierend festgehalten, dass sie, wie aus dem E-Mail vom 21. April 2013 deutlich hervorgehe ("vermutlich" bzw. "geplant"), "noch keine endgültige Entscheidung über die weitere Vorgangsweise getroffen" habe. Eine Entscheidung, die einer Anfechtung zugänglich wäre, liege daher noch gar nicht vor.
Am 28. Juni 2013 richtete die mitbeteiligte Partei erneut ein Schreiben an die Beschwerdeführerin, in dem sie u.a. wörtlich wie folgt ausführte:
"Nach Widerruf dieses Vergabeverfahrens (gemeint: Vergabeverfahren 'A - Unterstützung des Sicherheitsdienstes')
plant die Auftraggeberin ... das Verhandlungsverfahren über den
gleichen Gegenstand einzuleiten."
Die mitbeteiligte Partei ersuchte um Mitteilung, ob seitens der Beschwerdeführerin weiterhin Interesse an dem (im Wesentlichen unveränderten) Auftrag bestehe und ob seit Vorlage der Unterlagen im vergangenen Vergabeverfahren für die Eignungsprüfung relevante Änderungen eingetreten seien (insbesondere hinsichtlich der Zertifizierung des Unternehmens gemäß den Normen ISO 9001:2008 und EN 50518).
Mit Schreiben vom 5. Juli 2013 teilte die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Partei mit, dass weiterhin erhebliches Interesse am gegenständlichen Auftrag bestehe und sie erstattete Vorbringen hinsichtlich der (in der ursprünglichen Ausschreibung verlangten) Zertifizierung nach ISO 9001:2008.
Mit Schreiben vom 12. Juli 2013 teilte die mitbeteiligte Partei der Beschwerdeführerin schließlich Folgendes mit:
"Zu Ihrem Schreiben vom 5.7.2013 teilen wir - ungeachtet der fehlenden Verpflichtung dazu - namens der Auftraggeberin (...) mit, dass (die Beschwerdeführerin) gemäß den eigenen Angaben nicht über die geforderten Qualifikationen zur Erfüllung der Eignungskriterien verfügt.
Das folgende Verhandlungsverfahren wird ohne Beteiligung (der Beschwerdeführerin) unter Berufung auf den Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 BVergG durchgeführt werden."
3. Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2013 beantragte die Beschwerdeführerin daraufhin, das Bundesvergabeamt möge die Wahl des Verhandlungsverfahrens unter Berufung auf den Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 BVergG 2006 gemäß dem Schreiben der Auftraggeberin vom 12. Juli 2013, die Nichtzulassung der Beschwerdeführerin zu diesem Verhandlungsverfahren sowie die Festlegung, die Beschwerdeführerin müsse in diesem Verhandlungsverfahren über die Zertifizierung nach ISO 9001:2008 verfügen, jeweils für nichtig erklären. Für den Fall des Vorliegens einer derartigen Entscheidung wurde auch die Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe beantragt. Für den Fall, dass das Bundesvergabeamt die gegenständlichen Anträge als verfristet erachten sollte, wurde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 BVergG 2006 deswegen unzulässig, weil im vorangegangenen Vergabeverfahren ein geeignetes Angebot (nämlich von ihr selbst) gelegt worden sei und weil davon auszugehen sei, dass die mitbeteiligte Partei hinsichtlich der verlangten Zertifizierungen grundlegende Änderungen vorzunehmen gedenke. Weiters brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie über ein - der ISO 9001:2008 - gleichwertiges Qualitätsmanagementsystem verfüge. Im Übrigen widerspreche die Festlegung der ISO 9001:2008 dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter, weil dadurch der Bewerberkreis in unzulässiger Weise eingeschränkt werde.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesvergabeamtes (im Folgenden: Behörde) wurde zunächst der Wiedereinsetzungsantrag gegen den Ablauf der Frist zur Bekämpfung der Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung abgewiesen (Spruchpunkt I.) und der auf Nichtigerklärung der Wahl dieses Verhandlungsverfahrens gerichtete Nachprüfungsantrag zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Weiters wurden die Anträge, gerichtet auf Nichtigerklärung der Nichtzulassung der Beschwerdeführerin zum Verhandlungsverfahren, der Festlegung, die Beschwerdeführerin müsse in diesem Verhandlungsverfahren über die Zertifizierung nach ISO 9001:2008 verfügen, und der Aufforderung zur Angebotsabgabe jeweils abgewiesen (Spruchpunkte III. bis V.). Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ersatz der Pauschalgebühren gemäß § 319 BVergG 2006 wurde ebenfalls abgewiesen (Spruchpunkt VI.).
Die Behörde stellte zunächst den Gang des in der Folge widerrufenen ersten Vergabeverfahrens betreffend den Auftragsgegenstand "A - Unterstützung des Sicherheitsdienstes" dar.
4.1. Im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung befasste sich die Behörde zunächst mit der Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags. Diesbezüglich wies sie darauf hin, dass es sich vorliegend um die Vergabe einer nicht prioritären Dienstleistung handle, bei der gemäß § 141 Abs. 5 BVergG 2006 jede nach außen in Erscheinung tretende Festlegung des Auftraggebers als gesondert anfechtbare Entscheidung gelte. Daher sei auch das Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 28. Juni 2013 als gesondert anfechtbare Entscheidung zu werten. Ein durchschnittlich fachkundiger Bieter hätte bei Anwendung der üblichen Sorgfalt davon ausgehen müssen, dass der Auftraggeber nach erfolgtem Widerruf des vorhergehenden Vergabeverfahrens nunmehr ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gewählt habe. Da der Beschwerdeführerin der gewählte Verfahrenstypus spätestens am 28. Juni 2013 bekannt gewesen sei, sei die Festlegung der Verfahrensart bestandfest geworden. Es sei weder vom Vorliegen eines unabwendbaren noch eines unvorhergesehenen Ereignisses iSd § 71 Abs. 1 AVG auszugehen. Somit seien der Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen und der Antrag auf Nichtigerklärung der Wahl des Vergabeverfahrens als verspätet zurückzuweisen gewesen (Spruchpunkte I. und II.).
4.2. Betreffend die Nichtzulassung der Beschwerdeführerin zum Verhandlungsverfahren führte die Behörde aus, in den Angebotsunterlagen sei festgelegt worden, dass ein Unternehmer während der gesamten Vertragslaufzeit eine Zertifizierung nach ISO 9001:2008 oder eine vergleichbare Zertifizierung aufweisen müsse. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Schreiben vom 5. Juli 2013 angegeben, noch nicht über eine Zertifizierung nach ISO 9001:2008 zu verfügen. Die Behörde teilte die Auffassung der Beschwerdeführerin zum Vorliegen einer vergleichbaren Zertifizierung nicht. Diesbezüglich verwies sie insbesondere auf die im Nachprüfungsverfahren zum ersten Vergabeverfahren eingeholte Stellungnahme der Akkreditierung Austria, die den Schluss zulasse, dass die Beschwerdeführerin nicht über eine mit der ISO 9001:2008 vergleichbare Zertifizierung verfüge. Weiters verwies die Behörde darauf, dass die ISO 9001:2008 eine allgemeine, nicht branchenspezifische Norm für Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme darstelle, während es sich bei der EN 50518, die kaum Gemeinsamkeiten mit der ISO 9001 besitze und bei der essentielle Teile des Qualitätsmanagements fehlen würden, um eine branchenspezifische Norm betreffend Anforderungen für Alarmempfangsstellen handle. Eine Gleichwertigkeit sei daher bereits aus formalen Gründen zu verneinen.
4.3. Die Behörde erachtete auch die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht, wonach die Festlegung der Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 vergaberechtlichen Grundsätzen widerspreche, als nicht nachvollziehbar. Zu den wettbewerbsrechtlichen Argumenten verwies die Behörde auf die Mindestanzahl von drei zur Angebotsabgabe einzuladenden Unternehmern, die vorliegend erfüllt sei. Die Forderung nach einer Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 bzw. einer vergleichbaren Zertifizierung sei - auch im Hinblick darauf, dass es sich bei der Auftraggeberin um ein Bundesmuseum mit wertvollen Kunstwerken in einem besonders schutzbedürftigen Gebäude handle - als sachlich gerechtfertigte Vorgabe für die technische Leistungsfähigkeit anzusehen.
4.4. Da es der Beschwerdeführerin aus den dargestellten Gründen an der grundsätzlichen Eignung fehle, verneinte die Behörde die Antragslegitimation der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Antrags auf Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Im Übrigen sei die Aufforderung zur Angebotsabgabe an die drei geeigneten Unternehmer auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
4.5. Da die Beschwerdeführerin auch nicht teilweise obsiegt habe, sei die mitbeteiligte Partei nicht zum Ersatz der Pauschalgebühr zu verpflichten gewesen.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin bestreitet zunächst, dass das Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 28. Juni 2013 eine feststellbare Willenserklärung zur Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung darstelle, zumal die mitbeteiligte Partei nicht erklärt habe, ob ein Verhandlungsverfahren mit oder ohne Bekanntmachung durchgeführt werde. Im Schriftverkehr vom April 2013 habe die mitbeteiligte Partei die Aussage, es sei eine neuerliche Ausschreibung geplant, selbst nicht als anfechtbare Entscheidung über die weitere Vorgangsweise qualifiziert. Das Schreiben vom 28. Juni 2013 könne daher nur als vorbereitende und nicht überprüfbare Willensmitteilung verstanden werden. Hinzu komme, dass der interne Aktenvermerk der mitbeteiligten Partei, in dem der Beschluss zur Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung festgehalten worden sei, mit 9. Juli 2013 datiert sei. Der Nachprüfungsantrag vom 19. Juli 2013 sei somit fristgerecht eingebracht worden, weil die Beschwerdeführerin erst mit dem Schreiben vom 12. Juli 2013 Kenntnis von der Festlegung der Wahl des Vergabeverfahrens erlangt habe.
Die Beschwerdeführerin bestreitet auch die Zulässigkeit der Festlegung des Eignungskriteriums "Zertifizierung nach ISO 9001:2008", weil damit eine erhebliche Beschränkung des Bieterkreises erfolge. Diese Festlegung sei als unverhältnismäßig anzusehen, zumal in anderen Ausschreibungen über ähnliche Leistungsgegenstände von der Bundesbeschaffung GmbH geringere Anforderungen vorgesehen seien. Weiters moniert die Beschwerdeführerin, die Behörde habe zu Unrecht die Gleichwertigkeit ihres Qualitätsmanagementsystems mit einem nach ISO 9001:2008 zertifizierten System verneint.
- 6. Die Behörde legte die Verfahrensakten vor.
- 7. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie dem Vorbringen der Beschwerdeführerin inhaltlich entgegentrat. Zur fehlenden Eignung der Beschwerdeführerin, ein ausschreibungskonformes Angebot zu legen, verwies die mitbeteiligte Partei darauf, dass die Beschwerdeführerin selbst angegeben habe, nicht über die geforderte Zertifizierung gemäß ISO 9001:2008 zu verfügen. Dass die vorliegende Zertifizierung nach EN 50518 damit nicht vergleichbar sei, habe die Behörde nachvollziehbar begründet. Schließlich erfordere eine Zertifizierung die Prüfung durch eine unabhängige Instanz, welche die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen habe.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend nicht um einen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
2. § 141 des Bundesvergabegesetzes 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17 (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 128/2013), lautet auszugsweise wie folgt:
"Nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge
§ 141. (1) Für die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen durch Auftraggeber gelten ausschließlich die Bestimmungen dieses Abschnittes, der 1. Teil mit Ausnahme des § 2 Z 16, die §§ 3 Abs. 1 und 6, 6, 9, 10, 12 Abs. 1 und 3, 13, 16, 20 Abs. 2, 3 und 5, 21, 44, 49, 51, 87a, 98, 99a und 140 Abs. 9 sowie der 4. bis 6. Teil dieses Bundesgesetzes.
...
(5) Als gesondert anfechtbare Entscheidung gilt jede nach außen in Erscheinung tretende Festlegung des Auftraggebers.
..."
3. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Wahl der Verfahrensart und zum Antrag auf Wiedereinsetzung (Spruchpunkte I. und II.):
3.1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für den Fall gestellt hat, dass die Behörde einen ihrer Nachprüfungsanträge als verfristet ansehen sollte. Es ist daher zuerst (vor Eingehen auf den Wiedereinsetzungsantrag) die Rechtzeitigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung der Wahl der Verfahrensart zu prüfen.
3.2. Die Behörde hat den Antrag auf Nichtigerklärung der Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung als verspätet zurückgewiesen, weil die Festlegung der mitbeteiligten Partei zur Wahl des Vergabeverfahrens bereits mit Schreiben vom 28. Juni 2013 erfolgt und diese Entscheidung daher bestandfest geworden sei. Dazu ist Folgendes anzumerken:
3.3. Die Erläuterungen (RV 1171 BlgNR XXII. GP, 91) führen zu § 141 Abs. 5 BVergG 2006 aus, dass sich das Gesetz betreffend die Frage, welche Entscheidungen angefochten werden können, "in seiner Terminologie an § 2 Z 16 lit. a und VfSlg. 16.462/2002" anlehnt. Weiters wird auf die Erläuterungen zu § 2 Z 16 verwiesen, in denen wiederum ausgeführt wird, dass durch die Ergänzung des Textes (gemeint: "nach außen in Erscheinung tretende" Entscheidung) der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis VfSlg. 16.462/2002 Rechnung getragen werden soll, wonach bloße Beschlüsse im Rahmen der internen Willensbildung des Auftraggebers keinesfalls Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens sein können (siehe RV 1171 BlgNR XXII. GP, 13 f). Weiters verweisen die zitierten Erläuterungen auf die Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rs C-26/03 , Stadt Halle, Rz 34, wonach jede Maßnahme eines öffentlichen Auftraggebers, die im Zusammenhang mit einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag getroffen wird (...) und die Rechtswirkungen entfalten kann, eine dem vergabespezifischen Rechtsschutzsystem unterliegende Entscheidung darstellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei "Entscheidungen" des Auftraggebers nicht um Vorgänge interner Willensbildung, sondern um Willenserklärungen handelt, die nach außen in Erscheinung treten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2003, Zl. 2001/04/0144). Bei der Auslegung von Willenserklärungen des Auftraggebers ist der objektive Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2011, Zl. 2007/04/0076). Im Erkenntnis vom 13. November 2013, Zl. 2012/04/0022, hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung fallbezogen deswegen bejaht, weil der Inhalt der Entscheidung (dort: keine Neuvergabe durchführen zu wollen) nach ihrem objektiven Erklärungswert eindeutig feststellbar war.
3.4. Im vorliegenden Fall ist zwar unstrittig, dass das Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 28. Juni 2013 der Beschwerdeführerin zugekommen und damit nach außen in Erscheinung getreten ist. Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber nicht die Auffassung der Behörde, dass - gemessen am dargestellten Inhalt des Schreibens - der Wille der mitbeteiligten Partei, ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchzuführen, damit eindeutig festgelegt bzw. erklärt worden ist. Anders als im Schreiben vom 12. Juli 2013, in dem auf den Tatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 BVergG 2006 verwiesen und damit die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung eindeutig zum Ausdruck gebracht wurde, ist im Schreiben vom 28. Juni 2013 lediglich von der geplanten Einleitung eines Verhandlungsverfahrens die Rede. Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, dass darin keine Aussage dazu enthalten ist, ob ein Verhandlungsverfahren mit oder ohne vorherige Bekanntmachung intendiert ist.
Der bloße Umstand, dass die mitbeteiligte Partei zuvor ein Vergabeverfahren widerrufen hat, weil kein geeignetes Angebot gelegt worden sei, führt nicht dazu, dass die Beschwerdeführerin auf Grund des Schreibens der mitbeteiligten Partei vom 28. Juni 2013 von der Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung ausgehen musste. Auch aus dem Antwortschreiben der Beschwerdeführerin vom 5. Juli 2013, in dem diese - im Konjunktiv - festhielt, dass ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung ein unzulässiges Verfahren darstellen würde, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass dem Schreiben der mitbeteiligten Partei der eindeutige Inhalt in Richtung einer Festlegung der Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung beizumessen ist. Es wäre auch mit dem gebotenen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, das Vorliegen einer gesondert anfechtbaren Entscheidung und damit den Beginn der Präklusionsfrist zu Lasten der Antragstellerin bereits mit Vorhandensein einer diesbezüglich nicht eindeutigen Äußerung der Auftraggeberin anzunehmen.
Die Behörde hat den diesbezüglichen - auf die Nichtigerklärung der Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gerichteten - Nachprüfungsantrag der Beschwerdeführerin somit zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen.
3.5. Damit kann aber auch die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung keinen Bestand haben, weil dieser Antrag nur für den Fall gestellt wurde, dass einer der (Primär)Anträge für verfristet erachtet werden sollte.
4. Zu den weiteren Anträgen auf Nichtigerklärung (Spruchpunkte III. bis V.):
Mit den Spruchpunkten III., IV. und V. hat die Behörde die Anträge auf Nichtigerklärung der Nichtzulassung der Beschwerdeführerin zum Verhandlungsverfahren, auf Nichtigerklärung der Festlegung, die Beschwerdeführerin müsse im gegenständlichen Verhandlungsverfahren über eine Zertifizierung nach ISO 9001:2008 verfügen, sowie auf Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe jeweils abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt festgehalten, dass - wenn die (allenfalls falsche) Wahl des Vergabeverfahrens unangefochten bleibt und diese Entscheidung somit bestandfest wird - sich der weitere Ablauf des Verfahrens dann nach dieser (nicht mehr angreifbaren) Wahl zu richten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 2012, Zl. 2008/04/0112, mwN).
Im vorliegenden Fall hat die Behörde die unter den Spruchpunkten III. bis V. abgehandelten Nichterklärungsanträge der Beschwerdeführerin unter der Prämisse beurteilt, dass die Wahl des Vergabeverfahrens - nämlich die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung - bestandfest geworden ist. Diese Prämisse ist mit der Aufhebung des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides weggefallen.
Anzumerken ist, dass die mitbeteiligte Partei als Auftraggeberin bei der Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen angesichts der Aufzählung der anzuwendenden Bestimmungen in § 141 Abs. 1 BVergG 2006 hinsichtlich der Wahl des Vergabeverfahrens zwar nicht an bestimmte Verfahrenstypen gebunden ist. Das ändert aber nichts daran, dass mit der Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung eine Festlegung getroffen wurde, auf der die weiteren hier angefochtenen Entscheidungen aufbauen. Dass Entscheidungen des Auftraggebers aufeinander aufbauen, lässt sich auch der hg. Rechtsprechung entnehmen, wonach eine unanfechtbar gewordene (bestandfeste) Entscheidung des Auftraggebers im Rahmen der Nachprüfung von auf dieser Entscheidung aufbauenden Entscheidungen des Auftraggebers nicht mehr überprüft werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 2007, Zl. 2005/04/0234, sowie vom 12. Juni 2013, Zl. 2011/04/0169).
Im vorliegenden Fall hat die Behörde die grundlegende Entscheidung der mitbeteiligten Partei betreffend die Wahl der Verfahrensart nicht inhaltlich auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft, weil sie zu Unrecht von einem diesbezüglich verspäteten Antrag ausgegangen ist. Sollte die im fortzusetzenden Verfahren vorzunehmende inhaltliche Überprüfung aber zur Nichtigerklärung der Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung führen, dann könnten auch die weiteren angefochtenen Entscheidungen, die sich erkennbar nach dieser Wahl richten und somit auf dieser aufbauen, keinen Bestand haben. Die auf der Wahl des Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung aufbauenden Entscheidungen können nämlich nicht losgelöst von einer allfälligen Unzulässigkeit der Festlegung dieser Verfahrensart bestehen bleiben. Ausgehend davon waren die Spruchpunkte III. bis V. - ohne dass damit eine inhaltliche Überprüfung der darin jeweils zum Ausdruck kommenden Einschätzung der Behörde verbunden wäre - schon aus diesem Grund aufzuheben.
5. Da der nur teilweise obsiegende Antragsteller gemäß § 319 Abs. 1 BVergG 2006 Anspruch auf Ersatz der Pauschalgebühren hat, fällt mit der Aufhebung der Spruchpunkte I. bis V. des angefochtenen Bescheides auch die Entscheidungsgrundlage für den Spruchpunkt VI. weg.
6. Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Novelle BGBl. II Nr. 8/2014 - auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 17. September 2014
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