VwGH Ra 2017/20/0126

VwGHRa 2017/20/012610.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision

1. des M A, (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0126), 2. der E A, (protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0127), 3. des T A,

(protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0128), 4. des T A,

(protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0129), und 5. der D A,

(protokolliert zur hg. Zl. Ra 2017/20/0130), alle in L, alle vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. März 2017, Zlen. L523 2137110-1/6E (zu 1.), L523 2137109-1/8E (zu 2.), L523 2137112-1/4E (zu 3.), L523 2137114-1/4E (zu 4.) und L523 2137108-1/4E (zu 5.), betreffend AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien, ein jesidisches Ehepaar und ihre drei minderjährigen Kinder, alle Staatsangehörige Armeniens, stellten am 11. Juni 2013 Anträge auf internationalen Schutz.

2 Mit den Bescheiden vom 15. September 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf internationalen Schutz gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), erklärte die Abschiebungen der revisionswerbenden Parteien nach Armenien gemäß § 46 FPG für zulässig und setzte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit dem angefochten Erkenntnis wurden die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien als unbegründet abgewiesen. Zudem wurde ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zur Zulässigkeit wird im Wesentlichen vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe in seiner Abwägung gemäß § 9 BFA-VG den insgesamt achtjährigen Aufenthalt der revisionswerbenden Parteien (von 2007 bis 2011 und von 2013 bis 2017), in denen sie sich in Österreich integriert hätten, nicht ausreichend gewürdigt und bei seiner Beweiswürdigung die überlange Dauer zwischen der Stellung ihrer Asylanträge am 11. Juni 2013 und der Einvernahme der revisionswerbenden Parteien durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15. September 2016 bzw. den mittlerweile vergangenen Zeitraum seit den asylrelevanten Vorfällen nicht berücksichtigt.

8 Soweit sich die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit gegen die Beweiswürdigung wendet, ist darauf hinzuweisen, dass im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Oktober 2016, Ra 2016/20/0260, mwN). Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausführlich im Rahmen der Beweiswürdigung in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise dargelegt, weshalb den Angaben der revisionswerbenden Parteien kein Glauben geschenkt werde. Die Revision vermag mit ihrem Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass dem Bundesverwaltungsgericht ein vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmender Fehler unterlaufen wäre.

9 Weiters ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Jänner 2017, Ra 2017/20/0002, mwN). Es trifft zwar zu, dass das Verwaltungsgericht in seiner Abwägung lediglich einen eineinhalbjährigen Aufenthalt der revisionswerbenden Parteien in Österreich vor dem Jahr 2013 (sohin insgesamt fünfeinhalb Jahre) berücksichtigte, doch erweist sich die unter Berücksichtigung der Integrationsbemühungen der revisionswerbenden Parteien erfolgte Interessenabwägung - vor dem Hintergrund der unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes, wonach sich die revisionswerbenden Parteien mehrfacher Alias-Identitäten bedienten und in Österreich sowie in anderen Ländern wiederholt unberechtigte Asylanträge stellten - als nicht unvertretbar.

10 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 10. August 2017

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