VwGH Ra 2017/17/0335

VwGHRa 2017/17/03357.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des J K in D, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 24. März 2017, Zl LVwG-1-745/2016-R13, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss

Normen

AVG §13;
VwRallg;

 

Spruch:

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 24. März 2017 wurde die gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 24. März 2016 wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers als verspätet zurückgewiesen. Das genannte Straferkenntnis sei nach einem Zustellversuch hinterlegt und ab dem 26. März 2016 zur Abholung bereitgehalten worden. Auf Ersuchen des Verwaltungsgerichtes an den Rechtsvertreter des Revisionswerbers um Auskunft betreffend eine allfällige Ortsabwesenheit des Revisionswerbers zum Hinterlegungszeitpunkt des Straferkenntnisses sei weder vorgebracht worden, dass der Revisionswerber von der Abgabestelle ortsabwesend gewesen sei, noch seien Bescheinigungsmittel für eine Ortsabwesenheit vorgelegt worden. Die Rechtsmittelfrist für die Erhebung einer Beschwerde gegen das Straferkenntnis sei damit am 25. April 2016 abgelaufen; die am 13. September 2016 eingebrachte Beschwerde erweise sich demnach als verspätet. Die innerhalb der Beschwerdefrist eingebrachte Rechtfertigung des Revisionswerbers im Verwaltungsstrafverfahren sei mit näherer Begründung nicht als Beschwerde zu werten; aufgrund des unzweifelhaften Inhaltes dieser Rechtfertigung sei auch kein gemäß § 13 Abs 3 AVG verbesserungsfähiges Gebrechen vorgelegen.

2 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG).

3 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Die Revision bringt zum Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG im hierfür alleine maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen (vgl zB den hg Beschluss vom 18. März 2016, Ra 2015/01/0255) vor, das Verwaltungsgericht sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels nicht schade. Vom Revisionswerber sei in "der Eingabe vom 05.04.2016" ausgiebig auf den Tatvorwurf eingegangen und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt worden. Der objektive Erklärungswert und die Zielsetzung des Antrages in dieser Eingabe sei klar gewesen, sodass sich diese als Beschwerde darstelle und das Verwaltungsgericht eine inhaltliche Entscheidung über die Beschwerde zu treffen gehabt hätte.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen sind und es somit darauf ankommt, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Maßgebend für die Wirksamkeit einer Prozesserklärung ist das Erklärte und nicht das Gewollte (vgl zB den hg Beschluss vom 14. Oktober 2015, Ra 2015/04/0055, mwN).

7 Nach der ständigen hg Rechtsprechung ist die in vertretbarer Weise vorgenommene einzelfallbezogene Auslegung von Parteierklärungen nicht revisibel und kommt einer vertretbaren Auslegung keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Auslegung einer Erklärung im Einzelfall wäre nur dann als revisibel anzusehen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (siehe zB den hg Beschluss vom 7. März 2017, Ro 2014/04/0066, mwN). Dass dies hier der Fall sei, vermochte die Revision nicht darzulegen; dies ist nach Lage des Falles auch nicht ersichtlich.

8 Insbesondere übersieht der Revisionswerber, dass das in den Zulässigkeitsgründen zur Behauptung des Vorliegens eines Abweichens von der hg Rechtsprechung genannte Erkenntnis zur Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes nicht einschlägig ist, da im dortigen Fall das tatsächlich eingebrachte Rechtsmittel (nur) mit einer unrichtigen Bezeichnung versehen war, während es sich im gegenständlichen Fall bei der - anwaltlich eingebrachten - Rechtfertigung vom 4. April 2015 bereits ihrem objektiven Erklärungswert nach um kein Rechtsmittel handelte (vgl hierzu etwa den hg Beschluss vom 20. November 1991, 91/02/0098, mwN).

9 Wenn das Verwaltungsgericht daher nach Lage des Falles die im Verwaltungsstrafverfahren durch seine rechtsfreundliche Vertretung abgegebene Rechtfertigung des Revisionswerbers nicht als Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 24. März 2016 gewertet hat, kann von einer krassen Fehlbeurteilung nicht die Rede sein. Die in der Zulässigkeitsbegründung der Revision behauptete Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen. Wien, am 7. Juni 2017

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