VwGH Ro 2015/07/0044

VwGHRo 2015/07/004427.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der E GmbH in S, vertreten durch die Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH in 4865 Nußdorf, Stockwinkl 18, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. August 2015, Zl. LVwG-550480/45-Wg, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich), den Beschluss gefasst:

Normen

62014CJ0346 Kommission / Österreich ;
AufwandersatzV VwGH 2014;
VwGG §21 Abs1 Z2;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §49 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §104;
WRG 1959 §106;
WRG 1959 §30;
WRG 1959 §31;
WRG 1959 §55c Abs2 Z1;
WRG 1959 §55c Abs2 Z2;
WRG 1959 §55c Abs2 Z3;
WRG 1959 §55c Abs2 Z4;
WRG 1959 §55c Abs2 Z5;
WRG 1959 §55d;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 5. Februar 2015 wurde der Antrag der Revisionswerberin vom Februar 2012 (beantragte Projektänderung mit Schreiben vom 15. April 2014) auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung des Kleinwasserkraftwerkes "W-Bach" in S. in der Gemeinde G abgewiesen.

2 Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung zugrunde, dass der W-Bach im maßgeblichen Bereich - entgegen der im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2009 (NGP 2009) angenommenen Zustandsausweisung - keinen guten, sondern einen sehr guten Gesamtzustand aufweise. Der "sehr gute" Gesamtzustand würde sich durch das Projekt verschlechtern. Die Voraussetzungen für eine Genehmigung dieser Verschlechterung gemäß § 104a Abs. 2 WRG 1959 lägen nicht vor.

3 Die gegen diesen Bescheid von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde wurde nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) vom 4. August 2015 abgewiesen.

4 Auch das LVwG hielt begründend fest, dass sich der W-Bach - abweichend von der Zustandsausweisung im NGP 2009 - im maßgeblichen Bereich in einem sehr guten Gesamtzustand befinde. Die Ausweisung in der Tabelle "FG-Zustand" (Zustandsbewertung) des NGP 2009 sei unrichtig. Mit der Projekterrichtung würde sich der "sehr gute" Zustand verschlechtern. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Zustand laut NGP 2009 verbindlich wäre, würde eine Verschlechterung eintreten. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der gutachtlichen Stellungnahmen der Amtssachverständigen für Biologie und des sachverständigen Organs der wasserwirtschaftlichen Planung sei zu befürchten, dass nicht einmal der "gute" Zustand erreicht würde. Es komme daher zu einer Verschlechterung im Sinne des § 104a Abs. 1 Z 1 lit. a und lit. b WRG 1959. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme im Sinne des § 104a Abs. 2 WRG 1959 seien - aus näher dargelegten Gründen - nicht erfüllt.

5 Das LVwG erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision mit dem Antrag, das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit in Folge von Verfahrensmängeln aufzuheben.

7 Die belangte Behörde beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Abweisung der Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die Gründe der Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. den Beschluss vom 24. September 2015, Ro 2015/07/0011, 0012, 0010, mwN).

12 Das LVwG ließ im angefochtenen Erkenntnis die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung zu, die Frage, ob eine Zustandsausweisung in der Tabelle "FG-Zustand" (Anmerkung: des NGP 2009) verbindlich sei, erscheine von grundsätzlicher Bedeutung zu sein. Dazu liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

13 Die vorliegende Revision enthält keine gesonderte Darstellung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Es wird - im Abschnitt "Sachverhalt" - lediglich angemerkt, dass die ordentliche Revision für zulässig erklärt worden sei. Somit wird keine über die Ausführungen des LVwG zur Zulässigkeit der Revision hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung behauptet.

14 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. den hg. Beschluss vom 22. Dezember 2016, Ra 2014/07/0060, mwN).

15 In seinem ebenfalls den NGP 2009 betreffenden Erkenntnis vom 22. Dezember 2016, Ro 2014/07/0102, hat der Verwaltungsgerichtshof - unter anderem zur Frage, ob in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren auch eine andere Einstufung (Änderung der Zustandsbewertung) der Oberflächenwasserkörper gegenüber dem NGP 2009 vorgenommen werden kann - Folgendes ausgeführt:

"27 Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) besteht aus deskriptiven (§ 55c Abs. 2 Z. 1, 2 und 5 WRG 1959) und normativen (§ 55c Abs. 2 Z. 3 und 4 WRG 1959) Teilen. An die deskriptiven Teile knüpfen sich unmittelbar keine rechtlichen Folgen. Sie sind jedoch für die Sachverhaltsfeststellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren von Bedeutung. Steht der deskriptive Teil des NGP - etwa die Bestandsaufnahme nach § 55c Abs. 2 Z. 1 und § 55d WRG 1959 - mit dem tatsächlichen Zustand im Widerspruch, ist vom tatsächlichen Zustand und nicht von dem im NGP beschriebenen Zustand auszugehen (vgl. Bumberger/Hinterwirth, WRG, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 2. Aufl., 2013, K 3 zu § 55c WRG 1959).

28 Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass - wie die belangte Behörde zutreffend festhält - im Rahmen des zum angefochtenen Bescheid führenden Verfahrens sowohl eine andere Einteilung (Änderung der Grenzen und Längen) als auch eine andere Einstufung (Änderung der Zustandsbewertung) der Oberflächenwasserkörper gegenüber dem NGP 2009 vorgenommen werden konnte. Die Abgrenzung und Klassifizierung der Oberflächenwasserkörper erfolgte somit zu Recht im angefochtenen Bescheid, weil dem NGP insoweit keine normative Bedeutung zukommt (vgl. dazu den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 2014, B 351/2013-13, sowie die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 3. September 2015, C-346/14 , Europäische Kommission gegen Republik Österreich, Rz 45, 54 und 55, die mit schlüssiger Argumentation der gegenteiligen Ansicht entgegentreten)."

16 Die hier allein in Rede stehende, im angefochtenen Erkenntnis des LVwG zur Zulässigkeit der Revision dargelegte Rechtsfrage ist somit von der hg. Judikatur bereits beantwortet. Das LVwG ist auch nicht deshalb von dieser Rechtsprechung abgewichen, weil es seiner Entscheidung eine vom NGP 2009 abweichende Zustandsbewertung zugrunde gelegt hat.

17 Die Revision war daher zurückzuweisen.

18 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Den Ersatz eines Vorlageaufwandes für die Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG sieht das Gesetz nicht vor, weshalb der darauf gerichtete Antrag abzuweisen war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2015, Ra 2014/02/0049, 0050, mwN).

Wien, am 27. April 2017

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