VwGH Ro 2014/07/0102

VwGHRo 2014/07/010222.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Sulzbacher, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des GH in F, vertreten durch Dr. Hans-Peter Draxler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstr.11/4.Stock, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 18. November 2013, Zl. BMLFUW-UW.4.1.12/0413-1/6/2013, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

62014CJ0346 Kommission / Österreich ;
VwGG §48 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §104;
WRG 1959 §106;
WRG 1959 §30;
WRG 1959 §31;
WRG 1959 §55c Abs2 Z1;
WRG 1959 §55c Abs2 Z2;
WRG 1959 §55c Abs2 Z3;
WRG 1959 §55c Abs2 Z4;
WRG 1959 §55c Abs2 Z5;
WRG 1959 §55d;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten auf Ersatz von Schriftsatzaufwand wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 16. April 2010 stellte der Revisionswerber beim Landeshauptmann von Kärnten (LH) den Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung für eine Wasserkraftwärmekoppelungsanlage am A.-Bach.

2 Im Zuge des Vorprüfungsverfahrens nach § 104 WRG 1959 holte der LH das Gutachten eines Amtssachverständigen für Gewässerökologie ein.

3 Mit Schreiben vom 19. November 2010 teilte das wasserwirtschaftliche Planungsorgan mit, dass dem Projekt des Revisionswerbers nicht zugestimmt werden könne.

4 Mit Bescheid vom 21. März 2011 wies der LH das Ansuchen des Revisionswerbers "auf wasserrechtliche Vorprüfung bzw. Bewilligung einer Wasserkraftwärmekoppelungsanlage" am A.-Bach gemäß §§ 106, 104 WRG 1959 "als unzulässig ab".

5 Gegen diesen Bescheid des LH erhob der Revisionswerber fristgerecht Berufung an die belangte Behörde.

6 Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. November 2013 die Berufung des Revisionswerbers gegen den Bescheid des LH vom 21. März 2011 "gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 i. d.g.F. iVm §§ 104, 104a, 105 und 106 WRG i.d.g.F." ab.

7 Nach Zitierung der bezughabenden Rechtsvorschriften hielt die belangte Behörde unter anderem begründend fest, dass vom geplanten Vorhaben folgende Oberflächenwasserkörper, nämlich der OWK 9007917, der OWK 9007919, der OWK 9007921, der OWK 9007100 und der OWK 9007920 betroffen seien.

8 Hinsichtlich der Einteilung der Wasserkörper hielt die belangte Behörde Nachstehendes fest: Der OWK 9007917 (geplanter Kraftwerkstandort mit Rückgabe) sei als im "guten Potential" befindlich ausgewiesen; der OWK 9007919, der OWK 9007921 und der OWK 9007100 (geplante Ausleitungsstrecke) seien als im "sehr guten Zustand" ausgewiesen; der OWK 9007920 sei aufgrund der derzeitigen hydromorphologischen Belastung als im "mäßigen Zustand" befindlich ausgewiesen. Der Amtssachverständige für Gewässerökologie habe schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Detailwasserkörper OWK 9007919, 9007920 und 9007921 zu einem Detailwasserkörper zusammenzufassen seien, da sich alle drei in einem sehr guten ökologischen Zustand befänden. Die Bewertung für den derzeitigen OWK 9007920 als "mäßig" sei mangels einer mehr als punktuellen Fixierung von Bachverlauf und Bachsohle auf "sehr gut" zu korrigieren. Hierzu sei festzuhalten, dass es durch die in diesem OWK befindliche Geschiebesperre zu keiner Kontinuumsunterbrechung komme und die Geschiebesperre als eine lediglich punktuelle Fixierung nicht zu einer morphologischen Veränderung führe, die eine Verschlechterung des sehr guten ökologischen Zustandes bewirke. Die Sperre sei so ausgelegt, dass Grobgeschiebe und Totholz im Hochwasserfall zurückgehalten würden, um Verklausungen und katastrophale Hochwasserereignisse im Siedlungsgebiet bachabwärts zu verhindern. Durch den ständigen Durchfluss der Sperranlage würden die ganz überwiegende Sedimentfracht und andere Wasserinhalte ganzjährig weitertransportiert. Aus dem Rückhalt untergeordneter Mengen von Sediment und Totholz könne keine mehr als geringfügige Beeinflussung des natürlichen Zustandes des Unterliegerbereiches der Sperre konstruiert werden, da das Zwischeneinzugsgebiet ebenfalls Sediment und Totholz in die Strecke abgebe (daher auch eine weitere Sperre am Talausgang). Morphologisch, hydrologisch, qualitativ und biologisch sei die Strecke in einem sehr guten Zustand. Es gebe zusammengefasst keinen Grund, in der Sperre einen mehr als nur punktuellen Eingriff in die Morphologie des Gewässers zu sehen.

9 Somit befänden sich sowohl der Detailwasserkörper, der die OWK 9007919, 9007920 und 9007921 zusammenfasse, als auch der OWK 9007100 in einem sehr guten Zustand. Der OWK 9007917 weise ein gutes Potential auf.

10 Beim gegenständlichen Vorhaben würden projektgemäß mehr als 20 % der Jahreswassermenge an der Fassungsstelle ausgeleitet. Durch das Projekt und die damit verbundenen Anlagen komme es somit zu einer maßgeblichen Änderung des ursprünglichen Zustandes des Oberflächenwasserkörpers.

11 Zur Rechtmäßigkeit hinsichtlich der Neueinteilung von Wasserkörpern im laufenden Verfahren sei auszuführen, dass mit dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2009 auf Basis einer umfassenden Bestandsanalyse die signifikanten Gewässerbelastungen und die zu erreichenden Erhaltungs- und Sanierungsziele festgelegt würden. Dabei sei zu beachten, dass die Zustandsbewertungen eine "Momentaufnahme" auf Basis der zum Zeitpunkt der Erstellung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes vorliegenden Daten (Monitoringergebnisse, Belastungssituation, unterschiedliche Sicherheiten der Bewertung) darstellten. Diese in den Jahren 2004 bzw. 2007 erhobenen Daten dienten als Unterstützung, sollten aber anhand aktueller bzw. detaillierter Informationen überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan bestünde aus verbindlichen und nicht verbindlichen Teilen. Die Kapitel 5 (Umweltziele) und 6 (im öffentlichen Interesse anzustrebende wasserwirtschaftliche Ordnung) des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes seien mit der Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan-Verordnung vom 30. März 2010 (NGPV 2009, BGBl. II 2010/103) verbindlich erklärt worden. An die nichtverbindlichen Teile (wie die Einteilung der Oberflächenwasserkörper) knüpften sich unmittelbar keine Rechtsfolgen. Stehe der nicht verbindliche Teil mit dem tatsächlichen Zustand im Widerspruch, sei vom tatsächlichen Zustand und nicht von dem im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan beschriebenen Zustand auszugehen.

12 Da die zum Zeitpunkt der Erstellung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes vorliegenden Daten lediglich eine Momentaufnahme der Zustandsbewertung darstellten, seien die Daten eines Gewässerabschnittes, der durch ein wasserrechtlich eingereichtes Projekt betroffen sei, im konkreten wasserrechtlichen Verfahren einer umfassenden Prüfung hinsichtlich des aktuellen Zustandes zu unterziehen und gegebenenfalls zu aktualisieren.

13 § 30a Abs. 3 Z. 2 WRG 1959 lege eine Definition des Wasserkörpers in Entsprechung der Wasserrahmenrichtlinie fest:

"Ein Oberflächenwasserkörper ist ein einheitlicher und bedeutender Abschnitt eines Oberflächengewässers." Die Abgrenzung der Oberflächenwasserkörper entspreche den Vorgaben des CIS Guidance Documents "Identification of water bodies" und in Österreich dem Arbeitspapier "Methodik der Ist-Bestandsanalyse für Gewässer mit

10 - 100 km2 Einzugsgebiet". Nach diesen Vorgaben bedeute

"einheitlich", einheitlicher Gewässertyp sowie einheitlicher Zustand und "bedeutend" eine Mindestlänge von 1 km. Ändere sich nun das Belastungsszenario etwa durch den Bau eines Kraftwerks und würde der Oberflächenwasserkörper nicht mehr den Bestimmungen entsprechen, weil etwa kein einheitlicher Zustand mehr gegeben wäre, könne diese Problematik nicht anders gelöst werden, als dass "mit einer anderen Einteilung des Oberflächenwasserkörpers eine solche Einteilung im Anhang des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes beschrieben" werde, die am ehesten den genannten Vorgaben entspreche.

14 In der Bestimmung des § 55d Abs. 1 WRG 1959 sei festgehalten, dass die Bestandsaufnahmen, die die Grundlage für einen wesentlichen Inhalt des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes darstellten, die in Anhang B Teil 1 Z. 1 bis 6 genannten Informationen umfassen müssten und insbesondere nach Vorliegen neuer Überwachungsergebnisse anzupassen bzw. auf dem letzten Stand zu halten seien. Darunter fielen auch die Oberflächenwasserkörper und deren Einteilung. Eine Aktualisierung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes finde gemäß § 55c Abs. 5 WRG 1959 spätestens bis zum 22. Dezember 2015 und danach alle sechs Jahre statt. Da die Anhänge zum Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan aber keine verbindlichen Teile darstellten und bei Abweichungen vom tatsächlichen Zustand eben nicht vom Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan auszugehen sei, könne in einem Berufungsverfahren (oder auch Bewilligungsverfahren) durchaus eine vom Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan abweichende Sachlage festgestellt werden. Dann sei von dieser aktualisierten Sachlage auszugehen. Die Bestandsaufnahmen bildeten im Vergleich zum Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan dafür jedenfalls eine aktuellere Grundlage, wobei auch hier nicht gewährleistet sei, dass durch konkrete Ermittlungen in einem Verfahren nicht auch von Bestandsaufnahmen verschiedene Tatsachen ermittelt würden.

15 Gegen diesen Bescheid richtete die revisionswerbende Partei zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2014, B 272/2014- 8, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

16 In ihrer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten (Übergangs‑)Revision beantragte die revisionswerbende Partei, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden, in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

17 Das an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Revision als unbegründet abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk-ÜG vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG nach dem Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass für die Behandlung der Revision nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. November 2016, Ro 2014/07/0101, mwN).

19 Die für den vorliegenden Revisionsfall maßgebenden Bestimmungen der §§ 55c und 55d WRG 1959 samt Überschriften lauten wie folgt:

"Nationale Gewässerbewirtschaftungspläne für Einzugsgebiete (Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan)

§ 55c. (1) Nationale Gewässerbewirtschaftungspläne sind generelle Planungen, die die für die Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse der Flussgebietseinheiten Donau, Rhein und Elbe (§ 55b Abs. 1) anzustrebende wasserwirtschaftliche Ordnung in möglichster Abstimmung der verschiedenen Interessen mit den nötigen Erläuterungen darstellen und deren Verwirklichung als im öffentlichen Interesse gelegen anerkannt ist. Zur Erfüllung dieser wasserwirtschaftlichen Zielsetzungen, insbesondere zur Erreichung der in §§ 30a, c und d festgelegten Umweltziele, hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft - entsprechend dem Verfahren nach § 55h - mit Verordnung für jede Flussgebietseinheit einen Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan zu erlassen. Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ist im Bundesgesetzblatt sowie im Amtsblatt zur Wiener Zeitung bekannt zu geben. Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan ist ferner im Wasserinformationssystem Austria und beim Landeshauptmann jener Länder, die vom Plan berührt sind, zur öffentlichen Einsicht aufzulegen.

(2) Ein Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan hat die in Anhang B enthaltenen Vorgaben zu umfassen, insbesondere

1. eine allgemeine Beschreibung der Merkmale der Flussgebietseinheit sowie eine Zusammenfassung der signifikanten Belastungen und anthropogenen Einwirkungen auf den Gewässerzustand (Bestandsaufnahme § 55d);

  1. 2. eine Zusammenfassung der Überwachungsergebnisse (§§ 59e, f);
  2. 3. die zur Erreichung der in den §§ 30a, c und d festgelegten Umweltziele allgemein verbindlichen für die Flussgebietseinheit auf Basis der Planungsräume erstellten Maßnahmenprogramme (§ 55f Abs. 1) zur Umsetzung der konkreten Vorgaben des § 55e;

    4. die zur konkreten Erreichung dieser Vorgaben geplanten (Umsetzungs)maßnahmen (zB Regionalprogramme gemäß § 55g, Einbringungsbeschränkungen und -verbote gemäß § 32a);

    5. die Angabe jener Fälle, für die eine Ausnahme von den Umweltzielen gemäß §§ 30a, c und d in Anspruch genommen wurde, samt Begründung.

(3) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist die zuständige Behörde für die entsprechende Koordination eines Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes gegenüber dem Ausland. Dies hat grundsätzlich im Wege der bi- oder multilateralen Gewässerschutzkommissionen zu erfolgen.

(4) Die Erstellung der Nationalen Gewässerbewirtschaftungspläne hat in folgenden Teilschritten zu erfolgen:

1. Erstellung eines Zeitplanes und eines Arbeitsprogrammes für die Aufstellung des Planes, einschließlich der zu treffenden Anhörungsmaßnahmen, spätestens drei Jahre vor Beginn des Zeitraums, auf den sich der jeweilige Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan bezieht;

2. vorläufiger Überblick über die für die internationale Flussgebietseinheit sowie den nationalen Teil der internationalen Flussgebietseinheit (gegliedert in Planungsräume) festgestellten wichtigsten Wasserbewirtschaftungsfragen, spätestens zwei Jahre vor Beginn des Zeitraums, auf den sich der jeweilige Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan bezieht;

3. Entwürfe des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes für die internationale Flussgebietseinheit sowie den nationalen Teil der internationalen Flussgebietseinheit (gegliedert in Planungsräume), spätestens ein Jahr vor Beginn des Zeitraums, auf den sich der jeweilige Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan bezieht;

4. Veröffentlichung des ersten Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes spätestens bis zum Beginn des Zeitraums, auf den sich der jeweilige Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan bezieht.

(5) Ein Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan ist spätestens bis zum 22. Dezember 2015 und danach alle sechs Jahre zu überprüfen und zu aktualisieren. Die Abs. 2 bis 4 gelten hierfür sinngemäß.

Bestandsaufnahme (Ist-Bestandsanalyse und Abweichungsanalyse)

§ 55d. (1) Als Grundlage für den Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan haben der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft entsprechend seinen Aufgaben für die überregionale wasserwirtschaftliche Planung (§ 55 Abs. 3) und der Landeshauptmann entsprechend seinen Aufgaben für die regionale und lokale wasserwirtschaftliche Planung (§ 55 Abs. 2) die jeweils hiefür bedeutsamen natürlichen, wirtschaftlichen und sozioökonomischen Gegebenheiten, einschließlich der Auswirkungen von signifikanten anthropogenen Belastungen (§§ 59, 59a) und bisherigen Entwicklung zu erheben und unter Berücksichtigung der voraussehbaren Veränderungen in Bestandsaufnahmen festzuhalten. Die Bestandsaufnahmen haben die in Anhang B Teil I Z 1 bis 6 genannten Informationen zu umfassen und sind insbesondere nach Vorliegen neuer Überwachungsergebnisse anzupassen bzw. auf dem letzten Stand zu halten. Die Aufgabenverteilung richtet sich nach § 55h Abs. 1.

(2) Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme dienen als Grundlage für die Ausarbeitung bzw. die Weiterentwicklung der Überwachungsprogramme (§§ 59e, f) und für die Vorbereitung der Maßnahmenprogramme (§ 55f).

(3) Die Erfassung aller für die wasserwirtschaftliche Planung erforderlichen Planungsgrundlagen erfolgt beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Wasserinformationssystem Austria (§ 59), in dem alle für die überregionale wasserwirtschaftliche Planung bedeutsamen Gegebenheiten verfügbar zu halten sind."

20 Die revisionswerbende Partei bringt unter anderem vor, die belangte Behörde führe aus, dass sich an die nichtverbindlichen Teile des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes 2009, wie die Einteilung der OWK, keine Rechtsfolgen knüpften. Stehe der nichtverbindliche Teil mit dem tatsächlichen Zustand im Widerspruch, sei vom tatsächlichen Zustand und nicht von dem im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan beschriebenen Zustand auszugehen. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass eine Neueinteilung im laufenden Verfahren rechtmäßig sei.

21 Die belangte Behörde übersehe dabei, dass dem nichtverbindlichen Teil des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes dort Bedeutung zukomme, wo er Grundlage oder Anhaltspunkt für normative Maßnahmen sei. Das könne hinsichtlich der Darstellung des Gewässerzustandes der Fall sein, da an den Gewässerzustand zahlreiche Bestimmungen des WRG 1959 wie etwa die §§ 30 ff WRG 1959 anknüpfen würden. Die betreffe eben auch die Einteilung der OWK. Wenn die belangte Behörde argumentiere, dass nur Kapitel 5 und 6 des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes für verbindlich erklärt worden seien, sei diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass unter Punkt 6.3.1.5 des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes wiederholt auf die im Anhang zum Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan ersichtlich gemachten OWK Bezug genommen werde.

22 In der Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan-Verordnung 2009 werde für die im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan Anhang -Wasserkörpertabellen-Fließgewässer angeführten Gewässerabschnitte eine stufenweise Gesamtzielerreichung für den ökologischen Zustand festgelegt. Auf der Grundlage der in den Kapiteln 5.1.3, 5.2.3 und 5.3.4 des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes dargelegten Beurteilung werde für diese Wasserkörper der Gesamtzustand und die Risikoabschätzung aller Wasserkörper zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes, der Zeitpunkt der Zielerreichung (incl. Zwischenziele) für jene Wasserkörper, die sich in einem schlechteren als dem Zielzustand befänden, sowie für jene Wasserkörper, für die ein Risiko der Verfehlung des Zielzustandes nicht ausgeschlossen werden könne, und die Gründe für die Fristerstreckung der Zielerreichung ausgewiesen und festgelegt (§ 4 Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan-Verordnung 2009). Zur stufenweisen Zielerreichung des ökologischen Zustandes seien die im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan Anhang-Wasserkörpertabellen-Fließgewässer angeführten Gewässerabschnitte durch die in Kapitel 6 Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan angeführten Maßnahmen, die auf der Grundlage des WRG 1959 und anderer Materien mit gewässerschutzrelevanten Regelungen gesetzt würden, zu bewirtschaften und zu entwickeln, sodass der jeweilige ökologische Zustand oder das jeweilige ökologische Potential erhalten bleibe bzw. nicht weiter verschlechtert werde (§ 6 Nationaler Gewässerbewirtschaftungsplan-Verordnung). In der gesamten Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan-Verordnung werde wiederholt auf die im Anhang des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes angeführte OWK verwiesen.

23 Wie soeben dargestellt, komme dem Anhang des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes besondere Bedeutung als Grundlage und Anhaltspunkt für die Anwendung normativ begründeter Maßnahmen, wie z.B. im Rahmen des WRG 1959, der Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan-Verordnung, der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer und vieler anderer Gesetze und Verordnungen zu. Einen normativen Charakter selbst habe er jedoch nicht unmittelbar, sondern mittelbar.

24 Es widerspreche jedenfalls der Rechts- und Planungssicherheit der Rechtsunterworfenen, wenn die Einteilung der OWK während des laufenden Verfahrens eigenmächtig von der Behörde geändert werde. Der Rechtsunterworfene wäre somit ohne jegliche Rechtssicherheit der Willkür des Staates und seiner Behörde ausgeliefert. Wenn überhaupt, hätte frühestens mit Erlassung des Bewilligungsbescheides, mit dem die neuen Gegebenheiten aufgrund der Errichtung des Baus des Wasserkraftwerkes in die Neubewertung einbezogen würden, über die Neueinteilung der OWK abgesprochen werden dürfen.

25 Der angefochtene Bescheid beruhe somit auf einer rechtswidrigen Anwendung des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes 2009.

26 Der Revisionswerber sei durch den angefochtenen Bescheid, der auf einer durch die belangte Behörde vorgenommenen willkürlichen Neueinteilung der OWK beruhe, seines Rechtes auf objektive rechtmäßige Beurteilung seines innovativen Projektes, das durch seine Vorbildwirkung und Nachhaltigkeit besteche, beraubt. Dieses habe er im Vertrauen auf ein gesetzmäßiges Verfahren geplant.

27 Der Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) besteht aus deskriptiven (§ 55c Abs. 2 Z. 1, 2 und 5 WRG 1959) und normativen (§ 55c Abs. 2 Z. 3 und 4 WRG 1959) Teilen. An die deskriptiven Teile knüpfen sich unmittelbar keine rechtlichen Folgen. Sie sind jedoch für die Sachverhaltsfeststellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren von Bedeutung. Steht der deskriptive Teil des NGP - etwa die Bestandsaufnahme nach § 55c Abs. 2 Z. 1 und § 55d WRG 1959 - mit dem tatsächlichen Zustand im Widerspruch, ist vom tatsächlichen Zustand und nicht von dem im NGP beschriebenen Zustand auszugehen (vgl. Bumberger/Hinterwirth, WRG, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 2. Aufl., 2013, K 3 zu § 55c WRG 1959).

28 Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass - wie die belangte Behörde zutreffend festhält - im Rahmen des zum angefochtenen Bescheid führenden Verfahrens sowohl eine andere Einteilung (Änderung der Grenzen und Längen) als auch eine andere Einstufung (Änderung der Zustandsbewertung) der Oberflächenwasserkörper gegenüber dem NGP 2009 vorgenommen werden konnte. Die Abgrenzung und Klassifizierung der Oberflächenwasserkörper erfolgte somit zu Recht im angefochtenen Bescheid, weil dem NGP insoweit keine normative Bedeutung zukommt (vgl. dazu den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 2014, B 351/2013-13, sowie die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 3. September 2015, C-346/14 , Europäische Kommission gegen Republik Österreich, Rz 45, 54 und 55, die mit schlüssiger Argumentation der gegenteiligen Ansicht entgegentreten).

29 Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass dem deskriptiven Teil des NGP Bedeutung dort zukommt, wo er Grundlage oder Anhaltspunkt für normative Maßnahmen ist, da an den Gewässerzustand zahlreiche Bestimmungen des WRG 1959 anknüpfen (vgl. etwa §§ 30 ff WRG 1959).

30 Im Übrigen gleicht der vorliegende Revisionsfall in den für seine Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten vollkommen jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 24. November 2016, Zl. Ro 2014/07/0101, zugrunde lag; auf dieses wird somit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.

31 Aus den in diesem Erkenntnis genannten Erwägungen war auch die vorliegende Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

32 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

33 Das LVwG hat den Revisionsausführungen in dem als Gegenschrift bezeichneten Schriftsatz nur entgegen gehalten, es verweise auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde. Schriftsatzaufwand steht für eine solche - keine Auseinandersetzung mit der Revision enthaltende - Äußerung nicht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 2016, Zl. Ro 2014/07/0057, mwN).

Wien, am 22. Dezember 2016

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