Normen
ÄrzteG 1998 §100 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Vlbg §25 Abs2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
ÄrzteG 1998 §100 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Vlbg §25 Abs2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag des Revisionswerbers vom 12. Juni 2012 auf Zuerkennung der Invaliditätsversorgung zum 1. Juli 2012 gemäß § 25 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Vorarlberg abgewiesen. Gemäß § 25a VwGG wurde ausgesprochen, dass die (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens fest, der am 6. August 1953 geborene Revisionswerber sei von Oktober 1983 bis 30. Juni 2012 als niedergelassener Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, zuletzt als Wahlarzt, tätig gewesen. Am 12. Juni 2012 habe er den Antrag, ihm ab 1. Juli 2012 die Invaliditätsversorgung zu gewähren, gestellt. Seit 1. September 2013 beziehe der Revisionswerber eine frühzeitige Altersversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Vorarlberg.
Danach stellte das Verwaltungsgericht (auf der Grundlage medizinischer Gutachten) in einem ersten Schritt die geistigen und körperlichen Gebrechen des Revisionswerbers wie folgt fest:
"Hals- Nasen- und Ohrenkrankheiten:
- beidseitige symmetrische vorbestehende Hochtonschwerhörigkeit
- dekompensierter Tinnitus beiderseits als psychoreaktive Störung
Orthopädie:
- belastungsabhängige Cervicobrachialgie links bei multisegmental degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule (ICD-10: M53.1)
- wechselhafte Lumbalgie (ICD-10: M54.4)
- multiple Gelenkschmerzen (ICD-10: M25.5)
Psychiatrie und Neurologie:
- chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10: F45.41)
- gegenwärtig remittierte depressive Episode (ICD-10: F32.4)
- insbesondere im Jahr 2012 sei von darüber hinausgehenden Beeinträchtigungen auszugehen gewesen, wobei der Schweregrad der depressive Symptomatik, aber auch der Schmerzfehlverarbeitung überwiegend leichtgradiger Ausprägung gewesen sei.
Haut- und Geschlechtskrankheiten:
- Psoriasis inversa mit Nagel- und Gelenkbeteiligung (ICD-10:
L40.0; L40.5)
- Zustand nach Basaliomausscheidung präaurikular links 2004 (ICD-10: C 44.3)
- Basaliom Nase rechts (ICD-10: C 44.3)
- Plattenpithelkarzinom Nase median (C 44.3)
Weiters gäbe es Hinweise auf das Vorhandensein einer Psoriasis arthithis."
In einem zweiten Schritt stellte das Verwaltungsgericht fest, welche Einschränkungen des Leistungsvermögens aus den genannten medizinischen Beeinträchtigungen resultieren (z.B. Konzentrationsfähigkeit: leichtgradige Einschränkungen von 10 %, Durchhaltevermögen: Einschränkungen von 20 %,
Situationsgerechtes Verhalten: keine Einschränkungen,
Akkordarbeit: Einschränkungen von 30 %, usw.).
In einem dritten Schritt stellte das Verwaltungsgericht fest, welche Tätigkeiten der Revisionswerber auszuführen in der Lage sei (z.B. mittelschwere körperliche Arbeit: täglich 6 bis 7 Stunden, Tätigkeiten mit erhöhten psychomentalen bzw. psychoemotionalen und psychosozialen Leistungsanforderungen: täglich 7 bis 8 Stunden, usw.) und führte daran anschließend bezüglich der Möglichkeit des Revisionswerbers, den Beruf eines Wahlarztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten auszuüben - auf der Grundlage eines berufskundlichen Gutachtens - wie folgt aus:
Die Befähigung zu leichten, allenfalls auch mittelschweren Arbeiten sei völlig uneingeschränkt, eine Vollzeitarbeitsbelastung sei in physischer Hinsicht zumutbar. Es ergäben sich keine Einschränkungen der körperlichen Beweglichkeit oder der Befähigung zum Arbeiten in allen drei Arbeitshaltungen und auch keine völlige Unzumutbarkeit von Zwangshaltungen oder die Notwendigkeit einer persönlichen Pausgengestaltung. Der Revisionswerber sei in körperlicher Hinsicht zur Ausübung der Tätigkeit eines Wahlarztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten uneingeschränkt befähigt. Hinsichtlich der kognitiven Leistungsfähigkeit liege zwar eine unterdurchschnittliche Leistungsfähigkeit vor, eine solche liege jedoch nicht wesentlich unter dem Normbereich und auch in der altersentsprechenden Norm. In Hinblick auf das Anforderungsprofil seien die verminderte Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsleistung als marginal einzuschätzen und vernachlässigbar. Durch die Einschränkungen beim Eigenantrieb, beim Durchhaltevermögen und bei Arbeiten unter Zeitdruck sei eine Restarbeitsfähigkeit vorhanden, die den Revisionswerber in Hinblick auf die Anforderung bei der Führung einer Wahlarztpraxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten von einer solchen Erwerbstätigkeit nicht ausschließe. Für die Tätigkeit eines Wahlarztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten bestehe ein ausreichend großes Arbeitsmarktsegment und könne bei einer solchen Tätigkeit auch ein wesentlicher Beitrag zum Lebensunterhalt erwirtschaftet werden.
In seiner umfassenden Beweiswürdigung setzte sich das Verwaltungsgericht mit den vorliegenden Gutachten der Fachärzte für Orthopädie und Chirotherapie, für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, für Nervenheilkunde, Psychiatrie und Psychotherapie, forensische Psychiatrie und Suchtmedizin, sowie für Dermatologie und Venerologie und insbesondere mit dem vom Revisionswerber vorgelegten Gutachten Dris. H. detailliert auseinander. Dabei legte das Verwaltungsgericht im Einzelnen die Gründe dar, weshalb es dem letztgenannten Gutachten nicht folgte (Unschlüssigkeit sowie fehlende Aussagen in Bezug auf ein abweichendes Leistungskalkül).
Zum Einwand des Revisionswerbers, es wäre eine abschließende interdisziplinäre Begutachtung unterblieben, hielt das Verwaltungsgericht fest, das nervenärztlich-psychiatrische Gutachten, das von einer Gemeinschaftspraxis für interdisziplinäre medizinische Begutachtungen erstellt worden sei, weise darauf hin, dass die auf orthopädischem und HNO-ärztlichem Fachgebiet nachgewiesenen Beeinträchtigungen in der Gesamtbeurteilung fächerübergreifend und umfassend berücksichtigt worden seien.
In der rechtlichen Beurteilung verwies das Verwaltungsgericht auf § 100 Abs. 1 ÄrzteG 1998 sowie auf § 25 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Vorarlberg. Gemäß dem mit 1. Jänner 2014 in Kraft getretenen Abs. 2 der letztgenannten Bestimmung werde die Invaliditätsversorgung nur bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt (gemäß § 24 Abs. 1 der Satzung kann ab der Vollendung des 60. Lebensjahres die frühzeitige Altersversorgung in Anspruch genommen werden). Daher seien nach dem 1. Jänner 2014 eingetretene Änderungen im Gesundheitszustand des Revisionswerbers (zu diesem Zeitpunkt hatte er das 60. Lebensjahr bereits vollendet), die im vom Revisionswerber vorgelegten Gutachten Dris. H. genannt seien, für die gegenständliche Invaliditätsversorgung nicht mehr rechtserheblich gewesen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2012, Zl. 2009/11/0021, und vom 24. Mai 2011, Zl. 2009/11/0233) setze die Beurteilung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, in der Regel (wenn nicht Offenkundigkeit vorliegt) auf ärztlichen Sachverständigengutachten beruhende Sachverhaltsfeststellungen der Behörde über die körperlichen und geistigen Gebrechen des Beschwerdeführers und die davon ausgehenden Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes voraus, wobei die Sachverständigengutachten im Einzelnen darüber Aufschluss zu geben haben, ob der Betreffende zu einer ärztlichen Tätigkeit - wenngleich nicht ausschließlich in Art und Umfang der bisherigen Tätigkeit - noch in der Lage ist bzw. welche Arbeiten er nicht mehr verrichten kann.
Da der Revisionswerber, wie sich aus den vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten ergebe, trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen imstande sei, ärztliche Tätigkeiten zu verrichten und dadurch einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen, sei dem Antrag auf Invaliditätsversorgung (nach durchgeführter Verhandlung) nicht stattzugeben gewesen.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001 und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).
3. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
3.1. Soweit der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision vorbringt, das Verwaltungsgericht habe die von ihm mehrfach aufgezeigten Widersprüchlichkeiten und Unzulänglichkeiten der eingeholten Gutachten übergangen, eine ausreichende und abschließende Erörterung bzw. Bewertung seiner komplexen Leiden unterlassen und mangelhaft bzw. unschlüssig begründet, weshalb es nicht dem vom Revisionswerber vorgelegten Gutachten gefolgt sei, so wendet er sich damit gegen die ordnungsgemäße Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, insbesondere gegen die Beweiswürdigung, und behauptet damit erkennbar ein Abweichen des Verwaltungsgerichts von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Abgesehen davon, dass der Revisionswerber in diesem Zusammenhang abweichende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zitiert (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 6. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/02/0187, zum Erfordernis der Bezeichnung einer - zumindest nach Datum und Geschäftszahl konkretisierten - Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes), wird damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt, weil eine solche nur dann vorläge, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall erforderliche Beurteilung bzw. die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. aus vielen die hg. Beschlüsse vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008, vom 26. November 2015, Zl. Ra 2015/07/0129, vom 28. Jänner 2016, Zl. Ra 2015/07/0164, sowie vom 19. April 2016, Zl. Ra 2016/11/0033). Davon kann bei der dargestellten Begründung des angefochtenen Erkenntnisses (die mehrseitige Beweiswürdigung setzt sich mit den eingeholten, insbesondere jenem vom Revisionswerber vorgelegten Gutachten detailliert auseinander) keine Rede sein (vgl. zur Ermittlungs- und Begründungspflicht in Angelegenheiten der Invaliditätsversorgung durch die Ärztekammer insbesondere auch die in den hg. Erkenntnissen vom 24. Mai 2011, Zl. 2009/11/0233, und vom 20. November 2014, Zl. 2011/11/0225, dargestellten Anforderungen, von denen das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall sichtlich - insbesondere auch bezüglich der getroffenen Feststellungen - nicht abgewichen ist).
3.2. Zu ihrer Zulässigkeit führt die Revision überdies aus, das Verwaltungsgericht sei, indem es trotz mehrfachen Antrages kein zusammenfassendes Gutachten, das sämtliche fachspezifische Expertisen einschließe, eingeholt habe, von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0047) abgewichen. Demnach sei bei divergierenden Sachverständigenmeinungen die herrschende Auffassung unter Beiziehung eines weiteren Sachverständigen, der sämtliche vorliegende Gutachten zu beurteilen habe, zu ermitteln.
Mit diesem Vorbringen wird das letztzitierte hg. Erkenntnis im entscheidenden Punkt nur unvollständig (und insoweit sinnverändernd) wiedergegeben. Vielmehr wurde im zitierten Erkenntnis, Zl. 91/09/0047, einerseits ausgesprochen, dass bei divergierenden Sachverständigenmeinungen die herrschende Auffassung "allenfalls" unter Beiziehung eines weiteren Sachverständigen, der sämtliche vorliegenden Gutachten zu beurteilen hat, zu ermitteln ist. Andererseits wurde jedoch betont, dass die Behörde "bei Vorliegen zweier einander widersprechender Gutachten auf Grund eigener Überlegungen einem Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit bzw. Schlüssigkeit bei entsprechender Begründung hätte den Vorzug geben können" (vgl. ebenso die hg. Erkenntnisse vom 4. August 2015, Zl. 2012/06/0139, und vom 5. November 2015, Zl. 2013/06/0094, sowie die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 13 zu § 45 referierte hg. Rechtsprechung).
Von dieser Judikatur ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen, weil es, wie bereits erwähnt, in einer ins Detail gehenden Weise begründet hat, weshalb es den von ihm zugrunde gelegten und nicht dem vom Revisionswerber vorgelegten Gutachten gefolgt ist.
4. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Juni 2016
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