VwGH Ro 2015/01/0015

VwGHRo 2015/01/001524.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des J D in H, vertreten durch Mag. Franz Hintringer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Museumstraße 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 2. März 2015, Zl. LVwG-780021/11/MB, betreffend Richtlinienbeschwerde nach § 89 Abs. 4 SPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
SPG RichtlinienV 1993 §9 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
SPG RichtlinienV 1993 §9 Abs1;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 2. März 2015 wurde gemäß § 89 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) festgestellt, dass durch das Handeln eines der Landespolizeidirektion Oberösterreich zuzurechnenden Organes am 6. Juli 2014 gegen 03:10 Uhr die Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht verletzt worden seien (Spruchpunkt I.). Der Revisionswerber wurde gemäß §§ 35 und 53 VwGVG iVm § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung verpflichtet, dem Bund den Verfahrensaufwand in der Höhe von EUR 887,20 zu ersetzen (Spruchpunkt II.). Zudem wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt III.).

2 Begründend ging das Verwaltungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen davon aus, dass der Anwendungsbereich der Verhaltensrichtlinie des § 9 Abs. 1 Richtlinien-Verordnung (RLV) mit dem Einschreiten "absolut begrenzt" sei. Da nicht - wie in § 30 Abs. 1 SPG - auf die konkrete Ausübung der Befugnisse abgestellt werde, sondern die bloße Betroffenheit von der Amtshandlung ausreiche, sei das formale Ende der Amtshandlung für die Anwendung der Verhaltensregel des § 9 Abs. 1 RLV nicht als "harte (zeitliche) Zäsur" anzusehen, zumal die Beendigung meist keine "scharfen zeitlichen Grenzen" aufweise. Vor dem Hintergrund der Intention des Gesetzgebers bei Einführung des Systems der relevierbaren Berufspflichten und im Hinblick auf § 9 Abs. 1 RLV müsse dem Betroffenen eine (kurze) Überlegungsfrist gewährt werden, in der er seinen Informationsentschluss fassen könne. Diese Überlegungsfrist sei aber iSd §§ 31 Abs. 1 und 89 Abs. 2 SPG derart zu verstehen, dass ein enger (zeitlicher) Konnex zur Amtshandlung erforderlich sei.

3 Im vorliegenden Fall habe im Zeitpunkt des Auskunftsersuchens des Revisionswerbers keine Amtshandlung stattgefunden. Vielmehr habe 45 Minuten vor dem Auskunftsersuchen eine Amtshandlung stattgefunden, in die der Revisionswerber eingebunden gewesen sei. Im Zuge dieser Amtshandlung hätten die Berufspflichten nach der RLV bestanden. Der enge zeitliche Konnex zu dieser Amtshandlung sei durch den verstrichenen Zeitraum durchbrochen worden, sodass "der Anwendungsbereich der RLV iSd § 9 Abs. 1 nicht mehr gegeben" gewesen sei.

4 Selbst wenn man von einem solchen (zeitlichen) Zusammenhang ausginge, sei der Anordnung des § 9 Abs. 2 RLV durch das einschreitende Organ entsprochen worden. Dem Revisionswerber sei die zur Identifizierbarkeit notwendige Dienstnummer ausreichend zur Kenntnis gebracht worden. Der Revisionswerber habe die verbale Bekanntgabe verstanden und sich diese Dienstnummer auch gemerkt. Das einschreitende Organ habe zudem davon ausgehen können, dass der Revisionswerber die Dienstnummer mit seinem Handy - für ihn hörbar - aufgenommen habe. Nach § 9 Abs. 2 RLV sei die Bekanntgabe der Dienstnummer in der Regel durch Aushändigen einer Visitenkarte durchzuführen. Dies sei aber nach der Formulierung der Bestimmung nur der "Regelmodus" nicht aber ein "verpflichtende(r) Modus". Sofern gewährleistet sei, dass dem Betreffenden die Dienstnummer auf andere Weise (z.B. auch verbal) unverzüglich zur Kenntnis gelange, könne diese auch auf andere zweckmäßige Weise bekanntgegeben werden. Lediglich bei Bekanntgabe der Dienstnummer im Wege der Visitenkarte sei auf dieser auch die Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer enthalten. Werde die Bekanntgabe auf eine andere zweckmäßige Weise durchgeführt, reduziere sich "die Kommunikation auf die Dienstnummer". Es könne daher, da "der Modus der verbalen Mitteilung der Dienstnummer" gewählt worden sei, keine Verletzung der RLV erkannt werden.

5 Zur Begründung des Spruchpunktes III. führte das Verwaltungsgericht aus, die ordentliche Revision sei zulässig, da Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen seien, denen grundsätzliche Bedeutung zukämen und zu denen keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorläge. Als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei "die Interpretation des Begriffes der Amtshandlung" zu nennen. Hier sei einerseits die Frage der Abgrenzung zur schlichten Dienstverrichtung bzw. Aufgabenwahrnehmung der Exekutivorgane angesprochen, andererseits sei die Abgrenzung zum Begriff des Einschreitens iSd § 31 SPG "Thema". In weitere Folge könne "die zeitliche Komponente der Geltung des § 9 Abs. 1 RLV" als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angesehen werden, zumal auf die Betroffenheit von einer Amtshandlung abgestellt werde und dies einen Unterschied zu § 30 SPG darstelle.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die dem Verwaltungsgerichtshof samt der von der belangten Behörde erstatteten Revisionsbeantwortung unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

Die Revision ist unzulässig:

7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

9 Um den Begründungserfordernissen für den Ausspruch der Zulässigkeit einer Revision durch das Verwaltungsgericht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG zu genügen, ist es erforderlich darzulegen, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen habe (vgl. den hg. Beschluss vom 23. März 2016, Ro 2015/12/0016, mwN).

10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die Gründe der Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. den hg. Beschluss vom 24. September 2015, Ro 2015/07/0011, mwN).

11 Im vorliegenden Fall erachtet das Verwaltungsgericht die Revision deshalb für zulässig, weil in Bezug auf seine Annahme, eine Pflicht zur Bekanntgabe der Dienstnummer gemäß § 9 Abs. 1 RLV habe mangels engen zeitlichen Konnexes zur Amtshandlung nicht (mehr) bestanden, grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen seien. Das angefochtene Erkenntnis stützt sich aber auch auf die oben zitierte tragfähige Alternativbegründung, wonach selbst bei Annahme einer Pflicht zur Bekanntgabe der Dienstnummer gemäß § 9 Abs. 1 RLV keine Verletzung der RLV vorliege.

12 In einer solchen Konstellation ist die wiedergegebene Rechtsprechung, wonach der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die Gründe ihrer Zulässigkeit gesondert darzulegen hat, auch auf seines Erachtens im Zusammenhang mit der Alternativbegründung relevante weitere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu übertragen (vgl. nochmals den zitierten Beschluss Ro 2015/12/0016, mwN).

13 Die vorliegende Revision enthält allerdings keine derartigen gesonderten Darlegungen zu im Zusammenhang mit der Alternativbegründung relevanten Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. dazu auch den hg. Beschluss vom 29. Mai 2015, Ro 2015/07/0013).

14 Die Revision eignet sich somit wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

15 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. Mai 2016

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