VwGH Ro 2015/07/0013

VwGHRo 2015/07/001329.5.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des C H in M, vertreten durch Krist Bubits Rechtsanwälte OG in 2340 Mödling, Elisabethstraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 22. Jänner 2015, Zl. LVwG-1/120/7-2015, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), im Umlaufweg den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §39;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §39;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 14. Juli 2013 stellte der Revisionswerber bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See (BH) den "Antrag auf forst- und wasserrechtliche Maßnahmen und Prüfungsverfahren im Zusammenhang mit den in H errichteten Forststraßen, die zur Zerstörung des Hauses H und zur Gefährdung der Anrainer geführt hat und noch führt".

Im Zuge des Verfahrens vor der BH stellte der nunmehr rechtsfreundlich vertretene Revisionswerber mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2013 unter a) den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung im gegenständlichen Verfahren gemäß § 39 Abs. 1 iVm. § 138 Abs. 1 lit a WRG 1959.

Unter b) beantragte der Revisionswerber, "gem. § 122 Abs. 1 WRG, dem Grundstückseigentümer der oberliegenden Grundstücke Nr. 1, Nr. 2 sowie 3, alle KG H, bescheidmäßig

1) unter Berücksichtigung der Vorschläge der Sachverständigen Mag. F, DI B und Mag. L der Ziviltechniker GmbH, Ingenierbüro für Geologie, Hydrogeologie und Geotechnik die erforderlichen Maßnahmen zur Beseitigung der oben genannten wasserpolizeilichen Missstände und der Gefahr für das Grundstück des Antragstellers zu verfügen, insbesondere die erforderliche Querentwässerung der Weganalage samt der Verlegung von Drainagen vorzusehen, sodass eine schadlose Ableitung der Niederschläge in Hinkunft möglich ist, sowie

2) die Befestigung der 'Einrissfläche' des Hanges 'G' binnen 21 Tagen aufzutragen."

In eventu beantragte der Revisionswerber unter

d) festzustellen, "dass den Grundstücken Nr. 1, Nr. 2 sowie 3, alle KG H, eine wasserrechtliche Bewilligung für die bestehende Weganlage nicht erteilt werden kann".

Mit Bescheid vom 14. Jänner 2014 wies die BH den Antrag auf Erlassung wasserpolizeilicher Maßnahmen hinsichtlich der Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse im Bereich der genannten Grundstücke in Spruchpunkt I. als unzulässig zurück. Begründend führte die BH aus, dass die mehrfach vom Revisionswerber zitierte Norm des § 39 WRG 1959 nicht zur Anwendung komme, da sich diese lediglich auf landwirtschaftlich genutzte Flächen beziehe und nicht (primär) auf den Schutz von Objekten abstelle. Die gegenständliche, oberhalb des Grundstückes des Revisionswerbers verlaufende Weganlage falle zudem in den Zuständigkeitsbereich der Forstbehörde und gelte dies auch für die zugehörige "Wegentwässerung". Damit werde in dieser Sache auch kein wasserrechtliches Verfahren durchgeführt, bestehe keine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde und könne in der Folge auch dem Revisionswerber keine Parteistellung in einem wasserrechtlichen Verfahren zuerkannt werden.

Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht in Spruchpunkt I. die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides der BH vom 14. Jänner 2014 als unbegründet ab.

Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, es sei unbestritten, dass es zur fraglichen Zeit, Anfang Juni 2013, im Bereich des "X-Tales" zu außergewöhnlich heftigen Niederschlägen gekommen sei und dieses Niederschlagsereignis zahlreiche katastrophalen Folgen - in Form von Vermurungen aber auch durch Hang- und Geländerutschungen - nach sich gezogen habe. Im Bereich des gegenständlichen Objektes sei es zu Evakuierungen der Bewohner gekommen, bei den Hangrutschungen habe es sich nicht um "gewöhnliche" Rutschungen gehandelt; es sei teilweise der "gesamte Wald heruntergekommen". Bringungsanlagen seien unter- und überspült, ganze Teile davon ausgewaschen, Durchlassrohre und natürliche Gerinne verlegt worden. Zusammenfassend müsse dieses außergewöhnliche und katastrophale Niederschlagsereignis wohl als Naturereignis bezeichnet und eingestuft werden.

Fest stehe auch, dass es bergseitig des Objektes auf Grst. Nr. 4, KG H, welches sich im Eigentum des Revisionswerbers befinde, zu einer Hangrutschung gekommen sei, infolge derer das Wohnobjekt, ein einstöckiges Holzhaus ohne Unterkellerung, vollständig von der Bodenplatte abgetrennt und dieses über den talseitigen Abhang hinunter bis auf die Interessentenstraße "H" verfrachtet worden sei. Der Ausgangspunkt für diese Hangrutschung, eine "sichelförmig ausgebildete Anrissfläche", finde sich ca. 35 Meter nördlich des Objektes auf den Fremdgrundstücken Nrn. 2 und 3, je KG H. Auslöser für die Hangrutschung seien die außergewöhnlich hohen Niederschlagsmengen ("Bäche von Wasser", "beeindruckende Wassermassen") gewesen, wobei sich allerdings oberhalb des Hanganrisses zwei forstliche Bringungsanlagen befänden, welche die (natürlichen) Abflussverhältnisse der Oberflächenwässer beeinflusst hätten. Einerseits handle es sich bei diesen Wegen um den forstrechtlich bewilligten "Eiböckwaldweg" und andererseits um eine nicht bewilligte, nicht näher bezeichnete Bringungsanlage im Sinne des § 59 Abs. 1 ForstG ua. auf den Grundstücken Nrn. 5 und 2, KG H, welche offensichtlich von den Grundstückseigentümern in den letzten Jahren errichtet oder zumindest umfangreich erweitert worden sei. Eine Bewilligung für diese Bringungsanlage liege nicht vor. Fest stehe auch, dass dieser Weg aufgrund seiner Steilheit nicht dem Stand der Technik entspreche. Die Wasserableitung sei auch nicht den Gegebenheiten angepasst worden.

In beweiswürdigender Hinsicht sei festzustellen, dass sich der maßgebliche Sachverhalt zum einen aus den verwaltungsbehördlichen Akten und zum anderen aus den vom Revisionswerber vorgelegten Gutachten sowie aus Zeugenaussagen ergebe. Die verschiedenen Aussagen stimmten in den entscheidungsrelevanten Angaben überein. Auch hätten sich keine Hinweise gezeigt, warum die Zeugen nicht die Wahrheit gesagt hätten. Dies gelte im Besonderen auch im Hinblick auf die Beschreibung des Ereignisses selbst und die daraus resultierenden Auswirkungen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Landesverwaltungsgericht aus, dass § 60 Abs. 2 ForstG einschlägige Vorschriften für die Abwehr jener Gefahren, die aus der Änderung der bisherigen Abflussverhältnisse bei der Errichtung von Forststraßen auftreten könnten, enthalte. Damit würden aber mit dieser Bestimmung die identen Schutzbereiche wie jene des § 39 WRG 1959 abgedeckt und böten in gegenständlicher Angelegenheit die forstrechtlichen Bestimmungen spezifische Abwehrmöglichkeiten des Betroffenen. Bereits aus diesem Grund finde § 39 WRG 1959 auf gegenständliche Grundstücke keine Anwendung. § 39 WRG 1959 diene nur dann als wirksames Rechtsinstrument zur Abwehr von Nachteilen, wenn keine andere Möglichkeit zum Schutz der Eigentümerrechte bestehe.

Hinzu komme, dass von einer willkürlichen Änderung der Abflussverhältnisse auch im Falle von Naturereignissen nicht die Rede sein könne. Gerade jene katastrophalen Niederschlagsereignisse (mit enorm hohen Regenmengen) vom Anfang Juni 2013 müssten aber wohl als solches Naturereignis eingestuft werden. Daran ließen, wie auch in der Beweiswürdigung ausgeführt, die Zeugenaussagen und die im Akt aufliegenden Fotografien keinen Zweifel. Geländeausspülungen, Gerinneverlegungen, aber auch Sofortmaßnahmen (Baggerungen zur Änderung der Abflussverhältnisse) im Zuge des Niederschlagsereignisses, ließen eine konkrete Zuordnung der eingetretenen Schäden im Konkreten ohnehin nicht mehr zu. Eine willkürliche Änderung der Abflussverhältnisse im Zusammenhang mit den eingetretenen Ereignissen könne aus diesem Grund nicht unmittelbar hergestellt werden. Auch vor diesem Hintergrund sei in gegenständlicher Angelegenheit § 39 WRG 1959 nicht anwendbar.

Die Begründung der Zulässigkeit der ordentlichen Revision lautet wie folgt:

"Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zudem fehlt es an einer Rechtsprechung zu diesem Themenkreis. Zwar verweist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.2.2013, 2011/07/0264, darauf, dass die Anwendbarkeit des § 39 WRG (nur) dann auszuschließen ist, wenn die Maßnahme durch straßenrechtliche (oder baurechtliche) Vorschriften erfasst ist, wobei dies nicht unbedingt das Erfordernis einer entsprechenden Bewilligung bedeutet. Ob damit aber auch ähnlich wirksame Vorschriften zum Schutz von Grundeigentümern, wie sie eben im Forstgesetz enthalten sind, mitumfasst sind, hat er bislang noch nicht konkret ausgesprochen. Um in dieser Rechtsfrage möglicherweise Klarheit zu schaffen, wird die ordentliche Revision für zulässig erklärt."

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass das Verwaltungsgericht - unabhängig von der Argumentationslinie, dass die Anwendbarkeit des § 39 WRG 1959 durch das Bestehen entsprechender forstrechtlicher Bestimmungen ausgeschlossen wird - in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zusätzlich auf ein Naturereignis Bezug nimmt, bei welchem von einer willkürlichen Änderung nach § 39 WRG 1959 keine Rede sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2013, Zl. 2011/07/0264, mwN).

Damit beruht das angefochtene Erkenntnis aber auf einer tragfähigen Alternativbegründung (vgl. den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2014, Zl. Ra 2014/11/0095, mwN). In einer solchen Konstellation hätte der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die Gründe der Zulässigkeit der Revision gesondert darzulegen gehabt, sofern er der Ansicht ist, dass im Zusammenhang mit der Alternativbegründung des Verwaltungsgerichtes eine weitere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant zu erachten sei (vgl. den hg. Beschluss vom 28. November 2014, Zl. Ro 2014/06/0077). In der Revision werden keine Gründe für deren Zulässigkeit in diesem Sinne gesondert aufgezeigt.

Die vorliegende Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2015

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