VwGH Ro 2014/07/0101

VwGHRo 2014/07/010124.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des G H in F, vertreten durch Dr. Hans-Peter Draxler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstr. 11/4.Stock, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 18. November 2013, Zl. BMLFUW‑UW.4.1.12/0414‑/I/6/2013, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3
AVG §52 Abs1
AVG §53 Abs1
AVG §7 Abs1
AVG §7 Abs1 Z3
VwGG §41 Abs1
VwRallg
WRG 1959 §104
WRG 1959 §104a Abs1
WRG 1959 §104a Abs2
WRG 1959 §104a Abs2 Z2
WRG 1959 §105
WRG 1959 §30a Abs3 Z2
32000L0060 Wasserrahmen-RL
62013CJ0461 Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RO2014070101.J00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 23. Dezember 2010 stellte der Revisionswerber beim Landeshauptmann von Kärnten (LH) den Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung für eine Wasserkraftwärmekoppelungsanlage am D.‑Bach.

2 Im Zuge des Vorprüfungsverfahrens nach § 104 WRG 1959 holte der LH das Gutachten eines Amtssachverständigen für Gewässerökologie ein.

3 Mit Schreiben vom 20. September 2010 legte der Revisionswerber zu diesem Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerökologie ein Privatgutachten von Dr. H. vor.

4 Zu diesem Privatgutachten nahm der Amtssachverständige für Gewässerökologie Stellung.

5 Mit Schreiben vom 19. November 2011 teilte das wasserwirtschaftliche Planungsorgan mit, dass dem Projekt des Revisionswerbers nicht zugestimmt werden könne.

6 Mit Bescheid vom 8. Februar 2011 wies der LH das Ansuchen des Revisionswerbers „auf wasserrechtliche Vorprüfung bzw. Bewilligung einer Wasserkraftwärmekoppelungsanlage“ am D.‑Bach gemäß §§ 106, 104 WRG 1959 „als unzulässig ab“. Begründend führte der LH aus, dass es durch das geplante Projekt zu einer Verschlechterung des sehr guten Zustandes im betroffenen Gewässerabschnitt gemäß § 104a Abs. 1 WRG 1959 komme, sodass nach § 104a Abs. 2 WRG 1959 zu prüfen gewesen sei, ob eine Ausnahme von dem Verschlechterungsverbot möglich sei. Der Gegenbeweis, dass im betroffenen Gewässerabschnitt ein guter Zustand vorliege, habe vom Revisionswerber nicht erbracht werden können. Der Nutzen der Anlage des Revisionswerbers liege nicht in einem übergeordneten öffentlichen Interesse. Der Nutzen könne durch andere Mittel erreicht werden, die eine bessere Umweltoption darstellen würden. Vier bestehende Kraftwerksanlagen würden als bessere Umweltoption bereits ein Vielfaches der gegenständlich beantragten Leistung produzieren. Im unmittelbaren Nahbereich der beantragten Anlage befände sich bereits eine Kleinwasserkraftanlage. Zudem sei die Trocknung von Biomasse auch ohne Eingriff in ein Gewässer durch alternative Methoden möglich.

7 Gegen diesen Bescheid des LH erhob der Revisionswerber fristgerecht Berufung an die belangte Behörde.

8 Um zu prüfen, in welchem Zustand sich die betroffenen Gewässerabschnitte befänden und ob es durch das geplante Vorhaben zu einer Verschlechterung nach § 104a Abs. 1 WRG 1959 komme, führte die belangte Behörde am 30. Mai 2012 einen Lokalaugenschein unter Beisein des Revisionswerbers durch.

9 Im Zuge der Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde erstattete ein Amtssachverständiger für Gewässerökologie eine gutachterliche Stellungnahme.

10 Mit Schreiben der belangten Behörde vom 5. Februar 2013 wurde dem Revisionswerber die Möglichkeit gegeben, zum Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerökologie eine Stellungnahme zu erstatten. Unter einem wurde dem Revisionswerber von der belangten Behörde mitgeteilt, dass ‑ da es durch das geplante Vorhaben im Sinne der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des gewässerökologischen Amtssachverständigen zu einer Verschlechterung nach § 104a Abs. 1 WRG 1959 komme ‑ hinsichtlich § 104a Abs. 2 WRG 1959 nunmehr auch ein Gutachten eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt werde.

11 Im Rahmen des schriftlichen Parteiengehörs zum Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerökologie legte der Revisionswerber mit Schreiben vom 28. Februar 2013 ein gewässerökologisches Gutachten von Dr. H. vor.

12 Die belangte Behörde übermittelte dem Revisionswerber auch das Gutachten ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen zum Parteiengehör. Im Rahmen des schriftlichen Parteiengehörs und nach Gewährung einer Fristerstreckung durch die belangte Behörde erstattete der Revisionswerber unter Vorlage von Beilagen eine Stellungnahme zum Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen und zum Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerökologie.

13 Zu dieser Stellungnahme gab der wasserbautechnische Amtssachverständige ein weiteres Gutachten ab.

14 Mit Schreiben vom 31. Oktober 2013 stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Fristerstreckung hinsichtlich der Erstattung einer Stellungnahme zum wasserbautechnischen Gutachten bis 30. November 2013. Diesem Antrag wurde von der belangten Behörde mit Verfügung vom 4. November 2013 nicht stattgegeben.

15 Mit Eingabe vom 13. November 2013 erstattete der Revisionswerber zum wasserbautechnischen Gutachten eine weitere Stellungnahme.

16 Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. November 2013 wies die belangte Behörde die Berufung des Revisionswerbers gegen den Bescheid des LH vom 8. Februar 2011 „gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1991 i.d.g.F. iVm §§ 104, 104a, 105 und 106 WRG i.d.g.F.“ ab.

17 Nach Zitierung der bezughabenden Gesetzesvorschriften führte die belangte Behörde hinsichtlich der Auswirkungen des Vorhabens auf öffentliche Interessen begründend aus, dass Österreich als Mitgliedstaat der Europäischen Union zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet sei. Maßgeblich seien die Zielvorgaben der Wasserrahmenrichtlinie in Gestalt der §§ 30acd WRG 1959.

18 Gemäß § 30a Abs. 1 WRG 1959 seien die Oberflächengewässer einschließlich erheblich veränderter oder künstlicher Gewässer (§ 30b) derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, dass eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes verhindert ‑ und unbeschadet der §§ 30e, 30f und § 104a ‑ bis spätestens 22. Dezember 2015 der Zielzustand erreicht werde. Der Zielzustand in einem Oberflächengewässer sei dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen und einem guten chemischen Zustand befinde. In einem erheblich veränderten oder künstlichen Gewässer sei der Zielzustand dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen Potential und einem guten chemischen Zustand befinde.

19 Bei dem in § 30a WRG 1959 zu berücksichtigenden Verschlechterungsverbot gehe es um ein Verbot einer Verschlechterung des jeweiligen Ausgangszustandes, wobei sich dieses Verschlechterungsverbot auf „Zustandsklassen“ beziehe. Vom Verschlechterungsverbot umfasst sei eine Änderung der Zustandsklasse (etwa von „gut“ auf „mäßig“), nicht jedoch eine Änderung innerhalb der Zustandsklasse.

20 Das Verschlechterungsverbot habe keinen generellen Charakter, da Ausnahmen vom Verbot möglich seien. Durch § 104a WRG 1959 werde die Möglichkeit für das Abweichen von Umweltzielen geschaffen. Die Beurteilung erfolge im Rahmen der durchzuführenden Prüfung öffentlicher Interessen unter Beiziehung des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes.

21 Ein Abweichen von den Umweltzielen ‑ so führte die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter aus ‑ sei nur unter genau definierten Bestimmungen möglich, wobei bei Anwendung des § 104a WRG 1959 einem bestimmten Prüfschema zu folgen sei. Die Ausnahme vom Verschlechterungsverbot komme nur für Vorhaben zur Anwendung, die in § 104a Abs. 1 WRG 1959 normiert seien.

22 Aufgrund des Wortlautes und der Vorgaben des § 104a WRG 1959 sei zu Beginn zu prüfen, ob durch das geplante Vorhaben eine Änderung des Zustandes des Oberflächenwasserkörpers eintrete. Vom Vorhaben betroffen seien die Gewässerabschnitte OWK 901740001 und OWK 901740008.

23 Der OWK 901740001 D.‑Bach (von km 0,00 bis km 2,50, Rückleitung) sei als erheblich veränderter Wasserkörper im guten Potential und der OWK 901740008 D.‑Bach (von km 2,50 bis km 2,70, Ausleitung) sei als im sehr guten ökologischen Zustand ausgewiesen.

24 Der Amtssachverständige für Gewässerökologie habe hinsichtlich des sehr guten ökologischen Zustandes des OWK 901740008 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Einwirkung der Ufersicherung auf den Lauf des D.‑Baches im Wesentlichen aus den einzelnen Buhnen bestehe.

25 Die Wegsicherung durch eine Ufermauer mit 130m Länge erweise sich als punktueller Eingriff in die Ufermorphologie:

- Die eigentliche Einwirkung auf die Uferdynamik erfolge durch 6, aus örtlichen Natursteinen sauber gemauerten Buhnen, die rechtwinkelig 6 bis 8 m in den Bachlauf ragten.

- Die Buhnen bewirkten in erster Linie, dass sich die Uferanschlagslinie auf Breite der Buhnen (jeweils 1 bis 1,5 m) nicht linksufrig verlegen könne. Durch den steilen, natürlich vorhandenen Hang auf dieser Seite sei auch von Natur aus keine weitreichende Uferdynamik möglich, der Bachverlauf sei in diesem Abschnitt jedenfalls gestreckt.

- Die Buhnen bewirkten in zweiter Linie, dass sich zwischen den Buhnen ruhigere Fließverhältnisse und teilweise Weidenbewuchs entwickelt hätten, wie es auch an anderen Stellen des völlig ungestörten Bachverlaufs zu finden sei.

26 Die Uferbefestigungsmauer selbst stelle nur untergeordnet die Wasseranschlagslinie dar und entspreche diese durch die Konstruktion aus den autochthonen Steinen des D.‑Bachs auch dem natürlichen Ufergefüge aus teilweise sehr großen Steinen und Felsen. Beim Brückenbau über den D.‑Bach nahe der geplanten Wasserfassung würden solche auch als Basis der Brückenkonstruktion verwendet. Die Wasseranschlagslinie beim D.‑Bach könne in der Natur nicht exakt festgestellt werden. Diese liege im Bereich der Ufermauer. Ein Grund für eine andere Bewertung könne nicht erkannt werden.

- Die Sohle werde nur durch die Aufstandsflächen der Buhnen sehr lokal verändert. Diese Aufstandsflächen entsprächen auch den naturgegebenen größeren Steinen und Felsen am Ufer, stellten also keine mehr als geringfügige Veränderung der Bachsohle dar.

- Die Buhnen befänden sich alle linksufrig. Das rechte Ufer sei in diesem Bereich sowie stromauf- und stromabwärtig völlig ungestört.

- Die lokalen Eingriffe wirkten in Summe (!) auf etwa 130 m Lauflänge ein. Die einzelnen direkt betroffenen Stellen ließen sich in wenigen Metern Lauflänge zusammenfassen. Die 130 m punktuell beeinflusste Lauflänge entsprächen 2,9 % der Lauflänge von 4,5 km des OWK 901740008. Um als eine mehr als punktuell eingeschränkte Dynamik bewertet zu werden, müssten entsprechend Leitfaden zur hydromorphologischen Zustandserhebung von Fließgewässern (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft 2009) mindestens 30 % der Abschnittslänge betroffen sein.

Die Einwirkung der Brücke nahe dem geplanten Ausleitungsstandort sei ebenfalls nur punktuell, zudem würden die Brückenfundamente teilweise auf natürlich vorhandenen Felsen gegründet. Auch die Schlitzsperre im Oberlauf unterhalb der R.‑Alm stelle keine mehr als punktuelle Einwirkung auf die Ökomorphologie dar und sei somit kein Grund für eine schlechtere Bewertung als sehr gut. Sie liege auch nicht im OWK 901740008, sondern im OWK 901740010.

Im Sinne des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des Amtssachverständigen für Gewässerökologie sei der insgesamt betroffene Abschnitt 130 Meter lang, davor und danach habe die Ufersicherung keinen Einfluss auf die Dynamik des D.‑Baches. Die eigentlichen Eingriffe in die Uferlinie seien wenige Zehnermeter lang. Die Methodik zur Beschreibung des hydromorphologischen Zustands benutze aus pragmatischen Gründen 500 Meter Abschnitte des Gewässers. Entscheidend sei, ob der gesamte betroffene Oberflächenwasserkörper durch eine einzelne oder die Summe einzelner Einwirkungen in seinem Charakter beeinträchtigt werde. Im Gegenstand sei offensichtlich, dass die bestehenden Einwirkungen nur punktuell in einem Abschnitt von insgesamt 130 Metern Länge an einem Ufer wirkten. Da die Sohldynamik durch die vorhandenen Ufersicherungen nicht mehr als punktuell (insgesamt wenige Quadratmeter) eingeschränkt sei, erfolge keine Beeinträchtigung des sehr guten morphologischen Kriteriums zur ökologischen Zustandsbewertung. Es werde auch darauf hingewiesen, dass es für den Antragsteller keinen Nutzen brächte, eine Strecke von einem Kilometer (pragmatisch festgelegte Mindestlänge für einen Oberflächenwasserkörper) als nicht sehr gut auszuweisen: Noch immer wären dann insgesamt 3,5 km Lauflänge als Wasserkörper im sehr guten Zustand.

27 Ein Vergleich mit dem Urzustand des D.‑Baches vor Errichtung der Buhnen und der Ufermauer sei spekulativ. Zwei Szenarien seien denkbar: Ein Anreißen des linken Prallufers, bis durch Hangrutschung der Bachlauf nach rechts abgedrängt werde, oder ein „Weggraben“ des gesamten linksufrigen Höhenzugs durch den D.‑Bach. Das erste Szenario sei wohl der Grund der Errichtung der Ufermauer, welche die Straße sichern sollte. Das zweite Szenario sei unwahrscheinlich und könne sich nur in geologischen Zeiträumen abspielen. Durch die einseitige Ufersicherung werde weder die Sohle, noch das rechte Ufer in seiner Dynamik betroffen; lediglich die Schwankungsbreite des Verlaufs Richtung linkes Ufer werde im Ausmaß von wenigen Metern gedämpft; nach rechts könne sich ja die Dynamik ungeschmälert entwickeln.

28 Beim gegenständlichen Vorhaben würden projektsgemäß mehr als 20 % der Wassermenge eines Jahres an der Fassungsstelle ausgeleitet. Durch das Projekt und die damit verbundenen Anlagenteile komme es somit zu einer Änderung des ursprünglichen Zustandes des Oberflächenwasserkörpers.

29 Wenn durch das geplante Vorhaben von einer Änderung auszugehen sei, sei zu fragen, ob eine Veränderung im hydromorphologischen Sinne (die das Nichterreichen des guten ökologischen Zustandes oder ein Abweichen vom Zustand erwarten lasse) oder eine Veränderung durch Schadstoffeintrag im Sinne einer Verschlechterung von einem sehr guten auf einen guten Zustand vorlägen.

30 Im gegenständlichen Fall bestünde durch Ausleitung von mehr als 20 % der Jahreswassermenge eine Änderung des D.‑Baches im hydromorphologischen Sinne, die eine Abweichung vom Zustand erwarten ließe.

31 Dem Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerökologie sei zu entnehmen, dass es bei Verwirklichung des Projektes durch die Ausleitung von mehr als 20 % der Jahreswasserfracht an der Fassungsstelle zu einer Verschlechterung des sehr guten ökologischen Zustandes von der geplanten Fassungsstelle auf 1.117 m über der Adria auf etwa 2 km Lauflänge bis zum Ende des OWK 901740008 komme.

Da ein Vorhaben nach Abs. 1 des § 104a WRG 1959 vorliege ‑ so führte die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter aus ‑, seien im Rahmen der Prüfung der öffentlichen Interessen zusätzlich die Voraussetzungen nach § 104a Abs. 2 zu prüfen. Derartige Vorhaben könnten somit nur entsprechend den Voraussetzungen des Abs. 2 sowie § 105 WRG bewilligt werden. Hierbei müsse festgehalten werden, dass für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot alle in Abs. 2 kumulativ genannten Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Könne nur eines dieser Kriterien nicht erfüllt werden, komme eine Ausnahme nach § 104a WRG 1959 nicht in Betracht.

32 Gemäß § 104a Abs. 2 WRG 1959 sei bei Vorliegen eines Vorhabens nach Abs. 1 leg.cit. zu prüfen, ob die Gründe für die Änderung bzw. die Verschlechterung von übergeordnetem öffentlichem Interesse seien und/oder ob der Nutzen, den die Verwirklichung der in §§ 30a, 30c und 30d WRG 1959 genannten Ziele für die Umwelt habe, durch den Nutzen der neuen Änderung für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung übertroffen werde.

33 Bei Beurteilung und Auslegung eines übergeordneten öffentlichen Interesses sei zu klären, welchen Zielen das Projekt diene, ob und welche öffentlichen Interessen es verfolge und welcher durch die Beurteilung der öffentlichen Interessen aufgezeigter Nutzen daraus erwachse.

34 Entsprechend der einschlägigen Literatur könnten gemäß § 104a Abs. 2 Z. 2 WRG 1959 wasserbezogen sachfremde höherwertige Zielsetzungen als Rechtfertigung einer Ausnahme vom Verschlechterungsverbot gelten.

35 Wesentliche mit dem gegenständlichen Vorhaben verbundene Ziele seien gemäß § 105 WRG 1959 auch in den Bestimmungen des WRG 1959 zu finden. Als öffentliche Interessen gemäß § 105 WRG seien u.a. zu werten:

- Die Erhaltung des ökologischen Zustands der Gewässer gemäß § 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959;

- die möglichst vollständige wirtschaftliche Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft gemäß § 105 Abs. 1 lit. i WRG 1959;

- die Erfüllung der aus anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften resultierenden Zielsetzungen gemäß § 105 Abs. 1 lit. n WRG 1959. Der Gesetzgeber berücksichtige hier explizit auch eine wesentliche Beeinträchtigung der aus anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften resultierenden Zielsetzungen.

36 Als öffentliches Interesse gemäß § 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959 sei der Schutz des ökologischen Zustandes der Gewässer zu werten. § 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959 schütze bei der Heranziehung der Begriffsbestimmung nach § 30a Abs. 3 Z. 4 WRG 1959 einen bestehenden Zustand (Ist-Zustand) vor einer Verschlechterung. Der Oberflächenwasserkörper 901740008 sei von einer Verschlechterung des „sehr guten“ Zustandes auf den „guten“ Zustand betroffen.

Zur möglichst vollständigen Ausnutzung der Wasserkraft sei im Hinblick auf das geplante Vorhaben auszuführen, dass bei Beschränkung auf Ausleitungslaufkraftwerke die genutzte Gewässerstrecke möglichst vollständig ausgenutzt werde, da unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Randbedingungen die Auslegung der Druckrohrleitung die hydraulischen Verluste im technisch möglichen Umfang beschränke und die Ausbauwassermenge bzw. die maschinelle Ausrüstung dem Stand der Technik entsprechend gewählt worden sei.

37 Bei der Prüfung, ob das gegenständliche Vorhaben die Zielsetzung der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern in besonderen Maße im Sinne des öffentlichen Interesses nach § 105 Abs. 1 lit. n WRG 1959 erfülle, müsse geprüft werden, ob und in welchem Maße durch die Verwirklichung des konkreten Vorhabens zur Erfüllung der Verpflichtung dieser rechtsverbindlichen Vorschriften beigetragen werde. Durch die Festlegung eines öffentlichen Interesses gemäß § 105 Abs. 1 lit. n WRG 1959 werde man dem Erfordernis der Bedachtnahme auf Verpflichtungen aus gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien, wie der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung der Energie aus erneuerbaren Quellen und dem Kyoto‑Protokoll sowie dem Ökostromgesetz, BGBl. I Nr. 149/2002, gerecht. Aus dieser Richtlinie und aus dem Ökostromgesetz, BGBl. I Nr 149/2002, lasse sich der Wille der Gesetzgeber erkennen, dass vermehrt der Schwerpunkt auf die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren CO2-neutralen Energiequellen gesetzt werde.

38 Hierbei müsse auf das gegenständliche Projekt und die damit verbundene tatsächlich erzeugte Energie Bezug genommen werden. Dies könne nicht bedeuten, dass jede Kilowattstunde, die von solchen Energieträgern stamme, schon für sich ein übergeordnetes öffentliches Interesse darstelle. Hierzu sei es notwendig, das zu betrachtende Kraftwerksprojekt in die richtige Relation zu setzen, ansonsten käme es zu einer pauschalen Durchbrechung des Verschlechterungsverbotes/Sanierungsgebots der §§ 30 ff und 104a WRG 1959. Das öffentliche Interesse an der Erzeugung von erneuerbarer Energie könne nicht allein auf die negative Energiebilanz Österreichs zurückgeführt werden.

39 Der wasserbautechnische Amtssachverständige führe hierzu schlüssig und nachvollziehbar aus, dass die Bedeutung des gegenständlichen Projektes im Zusammenhang mit dem Kyoto-Protokoll, mit der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung der Energie aus erneuerbaren Quellen und mit dem Ökostromgesetz entsprechend der geringen Größe von 8,00 GWh (Regelarbeitsvermögen mit Berücksichtigung des Eigenbedarfes) mit „mittel“ mit der Tendenz zu „gering“ zu beschreiben sei. Auch wenn das gegenständliche Projekt tendenziell den oben angeführten Richtlinien und Vorgaben entspreche bzw. diesen Zielen dienlich sei, könne das Projekt entsprechend der sehr geringen Größe aber keinen wesentlichen Beitrag leisten.

40 Neben der Prüfung der öffentlichen Interessen nach § 105 Abs. 1 lit. m, i und n WRG 1959 seien aber auch wasserbezogen sachfremde höherwertige Zielsetzungen als Rechtfertigung einer Ausnahme zu prüfen.

41 Bei dem gegenständlichen Projekt handle es sich um eine Wasserkraftwärmekoppelungsanlage, mit der Strom erzeugt und die Verluste bei der Erzeugung elektrischer Energie soweit möglich zurückgewonnen und als Wärmeenergie für die Trocknung von Biomasse (Hackschnitzeltrocknung) verwendet werden sollten. Im Weiteren solle die Biomasse energetisch durch Verbrennung zur Wärmeproduktion ‑ nach Möglichkeit mit Einspeisung in ein Fernwärmenetz ‑ genutzt werden.

42 Das eigentliche Ziel der Wasserkraftnutzung sei die Gewinnung von Strom, da Strom die höchstwertige Energieform darstelle, und nicht etwa die Produktion von großen Verlusten, die dann bestmöglich teilweise zurückgewonnen würden, um als geringerwertige Wärmeenergie mit niedriger Temperatur genutzt zu werden. Bei Wasserkraftanlagen könne nach dem Stand der Technik der Großteil der potentiellen Energie des Wassers genutzt werden ‑ die Turbinenverluste und die Generatorverluste machten zusammen nur in etwa 15 % der potentiellen Energie aus. Auf die Generatorverluste (nur diese könnten teilweise zurückgewonnen werden) entfalle gar nur ein Anteil von ca. 5 %. Wenn gedanklich die rückgewinnbare Energie einem fiktiven, erhöhten Regelarbeitsvermögen bzw. daraus abgeleitet einer fiktiven CO2‑Einsparung zugeschlagen werde, werde auf der sicheren Seite (zu Gunsten des Revisionswerbers) die maximale Bedeutung des Kraftwerkes in energiewirtschaftlicher Hinsicht der Bewertung zugrunde gelegt.

43 Die nachfolgende Nutzung der Verluste bzw. in der Diktion des Revisionswerbers die „energetische Aufwertung durch das Projekt getrocknete Biomasse“ müsse bei der Beurteilung des Wasserkraftprojektes in energiewirtschaftlicher Hinsicht außer Acht bleiben. Im Rahmen des Wasserrechtes sei die Ausnutzung der Wasserkraft Gegenstand der Beurteilung und es würde auch bei einem nachfolgenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nicht über die Verwendung bzw. Nachnutzung der gewonnenen elektrischen Energie oder die Verwendung und Nachnutzung von zurückgewonnenen Verlusten bei der Energieerzeugung abgesprochen werden. Es werde bei der Beurteilung der Bedeutung der Wasserkraftgewinnung im öffentlichen Interesse von vornherein davon ausgegangen, dass die Erzeugung von elektrischer Energie als höchstwertige Energieform im öffentlichen Interesse liege und es werde generell eine nutzbringende Verwendung dieser wertvollen Energieform vorausgesetzt. Die Bedeutung bzw. das Gewicht ergebe sich aber ganz maßgeblich aus der Menge der erzeugten elektrischen Energie, ausgedrückt durch das Regelarbeitsvermögen (RAV).

44 Würde man Nachnutzungen der elektrischen Energie bzw. von zurückgewonnenen Verlusten in Rechnung stellen, müsste für andere Verwendungen der erzeugten elektrischen Energie wie etwa für den Betrieb von Wärmepumpen oder die Steuerung/Positionierung von Windrädern noch eine wesentlich größere fiktive „Aufwertung“ in Rechnung gestellt werden. Dies würde aber unzulässig den eigentlichen Bewertungsgegenstand ‑ Wasserkraftnutzung ‑ unkenntlich machen, da die gesamte produzierte und ins Netz eingespeiste Energie für die Nachfolgenutzung zur Verfügung stehe.

45 Im vorliegenden Fall komme noch hinzu, dass die Nachnutzung nur wenige Prozent des RAVs betreffe und somit extrem klein sei. Es sei in der Praxis im Hinblick auf die betriebliche Umsetzung auch zweifelhaft, ob diese Rückgewinnung von Verlusten betriebswirtschaftlich darstellbar sei. Im Projekt würde diese Thematik in keiner Weise ausführungsreif behandelt, sondern nur die Idee skizziert. Bei bestehenden Kraftwerken erfolge eine derartige Nachnutzung nicht, was darauf hinweise, dass die Nutzung unwirtschaftlich sei. Die Nachnutzung von Verlusten bei der Erzeugung elektrischer Energie sei nur bei thermischen Anlagen Stand der Technik; dort liege der Wirkungsgrad aber ohne Rückgewinnung von Verlusten bei lediglich etwa 40 % und die Verluste fielen konzentriert als Wärme an, während bei der Wasserkraftnutzung lediglich ca. 5 % (Generatorenverluste) und einige Prozent (Transformatorenverluste) als Wärme anfielen.

46 Hinsichtlich der Bioheizanlagen habe der wasserbautechnische Amtssachverständige festgehalten, dass die Einspeisung in ein Fernwärmenetz zur Versorgung der Gemeinde R. derzeit nicht realistisch erscheine. Laut Angabe der Stadtgemeinde H. sei ein Fernwärmenetz nicht vorhanden und derzeit auch nicht projektiert. Mangels eines Fernwärmeleitungsnetzes sei die Versorgung von R. derzeit nicht möglich, sodass die Ausführungen im Projekt zu einer Bioheizanlage nicht von Relevanz seien.

47 Da die oben erwähnten öffentlichen Interessen der Einhaltung des ökologischen Zustandes im Interessenkonflikt mit den öffentlichen Interessen der möglichst vollständigen Ausnutzung der Wasserkraft bzw. der Erfüllung der Zielsetzung der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern stünden, und aus den oben geprüften Interessen mangels eindeutig feststellbarer Bedeutsamkeit und Wirkungsfunktion kein übergeordnetes öffentliches Interesse abgeleitet werden könne, sei folglich eine Interessenabwägung im Sinne des „höheren Nutzens“ vorzunehmen.

48 Hinsichtlich der Beurteilung des „höheren Nutzens“ ‑ so führte die belangte Behörde in der Begründung weiter aus ‑ sei zu fragen, ob

- der Nutzen für die Umwelt laut den Zielen der §§ 30a, 30c und 30d WRG 1959

- - durch den Nutzen des Projekts für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung

- übertroffen werde.

49 Um eine einheitliche, nachvollziehbare und transparente Handhabung des Ausnahmetatbestandess nach § 104a WRG 1959 zu unterstützen, verwende die belangte Behörde zur Beurteilung der Einschätzung des „höheren Nutzens“ den Kriterienkatalog. Der Kriterienkatalog stelle einen Leitfaden dar, der sich an alle Behörden richte, die im Zuge von wasserrechtlichen Bewilligungs-, Änderungs- oder Wiederverleihungsverfahren Vorhaben zu beurteilen hätten, bei denen mit einer Verschlechterung des Zustandes eines Oberflächenwasserkörpers oder mit der Nichtzielerreichung zu rechnen sei.

50 Im Kriterienkatalog sollten Kennzeichen für die Beurteilung von Wasserkraftprojekten bzw. von Gewässerabschnitten unter energiewirtschaftlichen, ökologischen und sonstigen wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten festgelegt werden. Diese Kriterien sollten die Interessensabwägung, ob bei einer Verschlechterung des Gewässerzustands das Interesse an der Wasserkraftnutzung jenes an der Erhaltung des ökologischen Zustandes überwiege, unterstützen und dazu beitragen, die energiewirtschaftlich und ökologisch am besten geeigneten Optionen bzw. Standorte zu identifizieren.

51 Der strategische Ansatz mit planungsbezogenen Kriterien samt einem erarbeiteten Prüfschema sei für ein einheitliches und nachvollziehbares Vorgehen bei der Prüfung des Ausnahmetatbestands nach § 104a WRG 1959 erforderlich, sodass nachstehend im Sinne einer transparenten und umfassenden Prüfung das Prüfschema herangezogen werde.

52 In der Interessensabwägung, ob bei einer Verschlechterung des Gewässerzustands das Interesse an der Wasserkraftnutzung jenes an der Erhaltung des ökologischen Zustandes überwiege, spiele die ökologische Wertigkeit der betroffenen Gewässerstrecke eine entscheidende Rolle. Wie im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2009 (NGP) ausgeführt, gebe es aus gewässerökologischer Sicht Gewässerstrecken, die eine besondere Bedeutung hätten: Es handle sich hierbei u.a. um Gewässerabschnitte im sehr guten Zustand.

53 Darüber hinaus werde im NGP darauf verwiesen, dass bei der Beurteilung der ökologischen Sensibilität von Gewässerstrecken ein entscheidendes Kriterium sei, ob es den Gewässerabschnitt im zugehörigen Flusseinzugsbiet nur noch selten gebe. Die Tatsache, dass große Kraftwerke in der Regel das deutlich bessere Verhältnis zwischen Energieerzeugung und der räumlichen Ausdehnung bzw. der Intensität des Eingriffs als Klein- und Kleinstwasserkraftwerke hätten, sollte in die Beurteilung eines Kleinwasserkraftwerkes, das sich in einem sehr guten Gewässerabschnitt befinde, mit einfließen. Gerade aufgrund der besseren Relation von Energieerzeugung und Gewässerverbrauch für große Kraftwerke könne hieraus keine sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung von kleinen Kraftwerken erkannt werden.

54 Unter Berücksichtigung der Ausführungen im NGP seien vier ökologische Kriterien festgelegt worden, die wesentlich für die Beurteilung der ökologischen Wertigkeit bzw. Sensibilität von Gewässerstrecken gegenüber einer hydromorphologischen Veränderung im Rahmen einer Wasserkraftnutzung seien:

- Natürlichkeit

- Seltenheit

- Ökologische Schlüsselfunktion

- Räumliche Ausdehnung der negativen ökologischen Wirkung

55 Hinsichtlich der Natürlichkeit in Bezug auf den Zustand des Wasserkörpers bestehe aufgrund des sehr guten ökologischen Zustandes des OWK 901740008 eine hohe ökologische Wertigkeit; bezugnehmend auf die Morphologie bestünden mindestens zwei aufeinander folgende 500 m‑Abschnitte mit sehr guter Morphologie, sodass ebenfalls ein hohe ökologische Wertigkeit vorliege.

56 Zur Seltenheit sei auszuführen, dass in Bezug auf den Gewässertyp aufgrund der Gesamtlänge des Typs „1 km mit naturnaher Morphologie“ eine hohe ökologische Wertigkeit vorliege.

57 Zur Seltenheit in Bezug auf (sehr) gute ökologische Zustände: Der Anteil der Wasserkörper mit einem sehr guten ökologischen Zustand sei 20 % bis 50 % des Typs, somit sei eine mittlere ökologische Wertigkeit gegeben.

58 In Bezug auf (freie) Fließstrecken liege aufgrund einer freien Fließstrecke von 5‑10 km eine hohe ökologische Wertigkeit vor.

59 Hinsichtlich der ökologischen Schlüsselfunktion müsse ausgeführt werden, dass keine wesentlichen Habitate für gewässerökologisch bedeutende/sensible Fischarten oder genetisch wertvolle Populationen bestünden, sodass hier eine geringe ökologische Wertigkeit vorliege.

60 Es bestünden jedoch wesentliche Habitate sonstiger gewässerökologisch bedeutender/sensibler Arten der sonstigen biologischen Qualitätselemente bzw. genetisch wertvoller Populationen, nämlich Polycentropus excisus und Rhyacophila obliterata, die laut roter Liste Österreichs gefährdet seien (hohe ökologische Wertigkeit). Die sehr guten Abschnitte der Ausleitungsstrecke bewirkten den Eintrag gewässertypischer Arten in den im guten Potential befindlichen Abschnitt an der Mündung (hohe ökologische Wertigkeit).

61 Zur Gewährleistung der gewässertypspezifischen ökologischen Mindestfunktion sei festzuhalten, dass bei einem Einzugsgebiet an der Fassungsstelle von 10 km2 von einer mittleren ökologischen Sensibilität ausgegangen werde.

62 Zur räumlichen Ausdehnung der negativen Wirkung sei in Bezug auf die longitudinale Auswirkung festzustellen, dass nur ein Detailwasserkörper von der Verschlechterung betroffen sei (geringe ökologische Wertigkeit). Bei der lateralen Auswirkung bestehe eine geringe negative Wirkung auf gewässertypspezifische angrenzende Landlebensräume (geringe ökologische Wertigkeit).

63 Hinsichtlich der Prüfung des Nutzens für den Erhalt der Umweltziele seien auch die Auswirkungen auf die Immissionssituation zu prüfen: Durch die Veränderung der Abflussmenge könnten sich Auswirkungen auf den qualitativen Zustand des Fließgewässers ergeben. Im gegenständlichen Fall bestünde eine neutrale Auswirkung.

64 Zusammenfassend könne hinsichtlich des Nutzens bei Einhaltung der Umweltziele festgestellt werden, dass die ökologischen Kriterien untereinander nicht zu gewichten seien. Die Indikatoren eines Kriteriums seien untereinander gleichrangig, wobei es wenig Sinn mache, dass ein wesentliches Habitat für sonstige gewässerökologisch bedeutende Arten nicht mehr als „hohe Schlüsselfunktion“ qualifiziert würde, weil in dieser Strecke keine wesentlichen Habitate für das Überleben der Fischpopulation bestünden. Insofern ergebe sich die Gesamtbeurteilung eines Kriteriums aus der höchsten Beurteilung der Einzelindikatoren. Die Einstufung eines bestimmten Indikators als „hoch“ solle aufzeigen, dass für diesen Gewässerabschnitt eine hohe Wertigkeit der Gewässerstrecke bestehe. Da aber keine Gewichtung der Kriterien selbst vorgeschlagen werde, ergebe sich die Gesamtbeurteilung hinsichtlich der Wertigkeit/Sensibilität der betroffenen Gewässerstrecke aus der Zusammenschau aller vier Kriterien. Die Beurteilung eines Indikators als „hoch“ ergebe noch keine automatische Gesamtbeurteilung.

65 Unter Berücksichtigung der vorangegangen Ausführung sei festzustellen, dass

- für das Kriterium Natürlichkeit eine hohe ökologische Wertigkeit

- für das Kriterium Seltenheit eine hohe ökologische Wertigkeit (höchste Beurteilung der Einzelindikatoren)

- für das Kriterium Ökologische Schlüsselfunktion eine hohe ökologische Wertigkeit (höchste Beurteilung der Einzelindikatoren) und

- für das Kriterium Räumliche Ausdehnung der negativen Wirkung eine geringe ökologische Wertigkeit

bestünde. Somit liege in der Gesamtbeurteilung bei Zusammenschau aller vier Kriterien eine hohe ökologische Wertigkeit der betroffenen Gewässerstrecke vor. In diesem Zusammenhang sei auch im NGP als allgemeiner Planungsgrundsatz festgehalten worden, dass bei naturnahen Gewässerstrecken in einem hydromorphologisch sehr guten Zustand von einem hohen Nutzen an der Erhaltung eines bestimmten Gewässerzustandes auszugehen sein werde, vor allem dann, wenn es im Flusseinzugsgebiet nur noch wenige dieser Strecken gebe.

66 Die im Rahmen des geplanten Vorhabens neutralen Auswirkungen auf die Immissionssituation fielen bei der Beurteilung nicht ins Gewicht.

67 Im Zusammenhang mit dem Nutzen für die menschliche Gesundheit hielt die belangte Behörde in ihren Begründungsausführungen zu den Auswirkungen auf die Grundwasserqualität wie folgt fest:

68 Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Absenkung des Wasserspiegels um ca. 1 dm in der Entnahmestrecke bei vorliegenden, steilen Einhängen für die Grundwasserspiegellagen im weiteren Umfeld von vernachlässigbarer Bedeutung sei. Soweit im Nahbereich des Gerinnes Wasser genutzt werde, sei von einer Nutzung aus Quellen auszugehen und es würden derartige Quellen durch die deutlich tiefer im Talgrund liegende Vorflut bzw. geringe Spiegeländerungen der Vorflut nicht merklich beeinflusst. Das Vorhaben habe weder positive noch negative Auswirkungen auf die Grundwasserquantität.

69 Aufgrund der neutralen Beurteilung der Auswirkungen könne das Vorhaben weder Vorteile für die Umwelt noch Vorteile für die menschliche Gesundheit verbuchen.

70 Zu den Auswirkungen auf die Grundwasserqualität hielt die belangte Behörde im Sinne des wasserbautechnischen Gutachtens fest, dass durch das Kraftwerksprojekt keine Schadstoffe ins Gewässer oder ins Grundwasser eingeleitet würden. Im Hinblick auf eine Wechselwirkung von Grundwasser und Oberflächengewässer sei festzustellen: Die qualitative Belastung des Oberflächengewässers sei aufgrund des naturbelassenen Einzugsgebietes als sehr gering einzuschätzen. Auswirkungen des Wasserentzuges im Hinblick auf eine Selbstreinigung des Gewässers (dies werde durch die Entnahme reduziert) spiele im gegenständlichen Fall keine merkliche Rolle. Negative Auswirkungen auf die Grundwasserqualität seien nicht zu erkennen.

71 Aufgrund der neutralen Beurteilung der Auswirkungen könne das Vorhaben weder Vorteile für die Umwelt noch Vorteile für die menschliche Gesundheit verbuchen.

72 Zu den Auswirkungen auf die Wasserversorgung hielt die belangte Behörde fest, dass im gegenständlichen Fall eine Entnahme von Oberflächenwasser für die Trinkwasserversorgung im Sinne des wasserbautechnischen Gutachtens nicht realistisch sei, da im Nahbereich des Gerinnes keine Siedlungen bestünden. Zudem wäre bei der gegebenen stark unterschiedlichen Wasserführung im Gerinne eine allfällige lokale Wasserversorgung wesentlich besser über Quellen möglich. Da sich die Ausleitungsstrecke in einer Schlucht befinde, könne das Gerinne auch nicht für Zwecke der Viehtränke genutzt werden.

73 Aufgrund der neutralen Beurteilung der Auswirkungen könne das Vorhaben weder Vorteile für die Umwelt noch Vorteile für die nachhaltige Entwicklung verbuchen.

74 Im Zusammenhang mit dem Nutzen für die Erhaltung der Sicherheit des Menschen hielt die belangte Behörde begründend zu den lokalen/überregionalen Auswirkungen auf die Hochwassersituation fest: Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe schlüssig ausgeführt, dass die Entnahmemenge von max. 0,5 m3/s für Hochwasserabflüsse ohne Relevanz bzw. vernachlässigbar gering sei. Die Wasserentnahme selbst (Tiroler Wehr) behindere den Hochwasserabfluss nicht. Ein relevantes Hochwassergefährdungspotential sei entsprechend der naturnahen Umgebung des Baches auch nicht realistisch. Insgesamt ergäben sich weder lokale noch überregionale Auswirkungen auf die Hochwassersituation durch das Projekt.

75 Aufgrund der neutralen Beurteilung der Auswirkungen könne das Vorhaben weder Vorteile für die Umwelt noch Vorteile für die Sicherheit der Menschen verbuchen.

76 Zum Nutzen für die nachhaltige Entwicklung hielt die belangte Behörde im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf den Feststoffhaushalt in ihrer Begründung wie folgt fest: Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe festgehalten, dass durch den Wassereinzug die Schleppkraft im Gerinne gering reduziert und somit tendenziell die Fähigkeit des Gerinnes Geschiebeeinstöße weiter zu transportieren, reduziert werde. Im Hinblick auf die sehr geringe Entnahme im Vergleich zu den Hochwasserabflüssen und die großen bettbildenden Abflüsse und die daraus resultierende weitgehende Abpflasterung seien diese Auswirkungen zwar tendenziell negativ, spielten aber keine merkliche Rolle. Ein nennenswerter Geschiebetrieb finde nur bei größeren Abflüssen statt, wo die Entnahmemenge vernachlässigbar gering sei. Insgesamt ergäben sich keine merklichen Auswirkungen auf den Feststoffhaushalt.

77 Aufgrund der neutralen Beurteilung der Auswirkungen könne das Vorhaben weder Vorteile für die Umwelt noch Vorteile für die nachhaltige Entwicklung verbuchen.

78 Im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf sonstige Nutzungsinteressen hielt die belangte Behörde fest, dass der Bach nicht unmittelbar durch begleitende Wanderwege erschlossen sei. Aufgrund der geographischen Situation der Ausleitungsstrecke bestehe derzeit keine touristische Nutzung, sodass das Vorhaben weder Vorteile für die Umwelt noch Vorteile für die nachhaltige Entwicklung verbuchen könne, und daher neutrale Auswirkungen vorlägen.

79 Im Zuge der Beurteilung der nachhaltigen Entwicklung würden auch die energiewirtschaftlichen Kriterien für das geplante Vorhaben geprüft. Die Herleitung von Kriterien zur energiewirtschaftlichen Beurteilung von Wasserkraftprojekten orientiere sich an den klassischen energiewirtschaftlichen Optimierungsgrundätzen sowie an den Anforderungen an eine klimafreundliche Stromerzeugung. Die für eine Beurteilung von Wasserkraftprojekten relevanten energiewirtschaftlichen Aspekte würden anhand der vier nachstehenden Kriterien geprüft:

- Versorgungssicherheit

- Versorgungsqualität

- Klimaschutz

- Technische Effizienz.

80 Diese Kriterien seien auf eine originäre energiewirtschaftliche Beurteilung der Wasserkraftnutzung zu beschränken; es erfolge keine vergleichende Beurteilung mit Energieeffizienzmaßnahmen oder der Nutzung anderer regenerativer Energieformen. Hierzu sei für den vorliegenden Fall zu bemerken, dass die Abhandlung der potentiellen Vorteile des Vorhabens durch die vorgesehene Hackschnitzeltrocknung und die Nutzung einer Bioheizanlage bereits im Zuge der vorangegangenen Prüfung von öffentlichen Interessen bzw. im Zuge der Beurteilung eines möglichen übergeordneten öffentlichen Interesses erfolgt sei. Die Nachfolgenutzung von Verlusten bei der Erzeugung von elektrischer Energie (gegenständlich durch die Hackschnitzeltrocknungsanlage), die Verluste betrügen überdies nur wenige Prozent des RAV, spiele keine Rolle. Im Kriterienkatalog werde aus gutem Grund die Nutzung der erzeugten elektrischen Energie nicht bewertet, ebenso wenig die Nutzung von Erzeugungsverlusten. Überdies sei im gegenständlichen Fall auch ein eventuell zurückgewinnbarer Anteil der Verluste bei der Erzeugung elektrischer Energie einem fiktiven RAV bzw. einer daraus abgeleiteten CO2-Einsparung zugeschlagen worden. Auch für diese geringfügig erhöhten Kennziffern habe sich dieselbe Beurteilung ergeben.

81 Die relevante Größe für die Versorgungssicherheit entsprechend Kriterienkatalog sei das RAV. Das RAV sei im Projekt mit 8,00 GWh angegeben worden; eine genaue Berechnung nach Stand der Technik abgeleitet aus der Dauerlinie sei weder zur Einreichung noch in den Nachreichungen vorgelegt worden. Die Abschätzung des RAV aus dem Einreichprojekt sei vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten als plausibel zugrunde gelegt worden. Dieses RAV von 8,00 GWh inkludiere bereits den jetzt extra angesprochenen „Eigenbedarf“. Im Antrag des Revisionswerbers werde das RAV aufgeteilt in die Anteile „zu verkaufender Strom“ = 7,433 GWh, „Eigenbedarf“ = 0,567 GWh bzw. in Summe 8,00 GWh. Der „Eigenbedarf“ entsprechend Antrag sei somit bereits im Gutachten beim RAV von 8,00 GWh berücksichtigt worden.

82 Das RAV sei damit im Sinne der Beurteilung des wasserbautechnischen Amtssachverständigen mit der Bewertung „mittel“ mit der deutlichen Tendenz zu „niedrig“ einzustufen (Bandbereich für „mittel“ 5-50 GWh). Eine Aufwertung zufolge des Punktes Eigenversorgung sei im Sinne des Kriterienkatalogs nicht vorzunehmen, da die elektrische Versorgung der Gemeinde bereits gegeben sei. Auch bei Aufwertung des RAV um den Anteil rückgewinnbarer Verluste ‑ Unterschied nur wenige Prozent ‑ bleibe die Beurteilung „mittel“ mit Tendenz zu „niedrig“ aufrecht.

83 Im Zusammenhang mit derVersorgungsqualität sei die Maßzahl nach dem Kriterienkatalog der Quotient aus RAV (Mittel des Zeitraums Dezember plus Jänner) und RAV des gesamten Regeljahres. Die exakten Werte des RAV im Dezember und Jänner in Relation zum RAV des gesamten Jahres würden sich unmittelbar aus einer nach Stand der Technik erstellten energiewirtschaftlichen Berechnung ergeben. Derartige Berechnungen seien weder zur Einreichung noch aktuell vorgelegt worden. Im wasserbautechnischen Gutachten sei deshalb zunächst eine auf der sicheren Seite liegende Abschätzung gewählt und eine Bewertung „mittel“ festgestellt worden. Mit den nachträglich vorgelegten hydrologischen Kennwerten des D.‑Baches bei der geplanten Wasserfassung könnte die Kennziffer für die Versorgungsqualität genauer abgeschätzt werden. Es ergebe sich unter Ansatz der von den Konsenswerbern angegebenen Dotierwassermengen von 32 l/s eine Kennziffer von 0,37; das ergebe die Bewertung „mittel“ mit der Tendenz zu „niedrig“. Eine Berücksichtigung der Nachnutzung eines Teiles der Verluste über die Verbrennung von Biomasse sei im Sinne des schlüssigen Gutachtens des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zu Recht nicht erfolgt, da die Bewertung die Wertigkeit der Wasserkraftnutzung darstellen solle.

84 Im Zusammenhang mit dem Klimaschutz hielt die belangte Behörde fest, dass mit der Verwendung der entsprechenden Daten des Einreichprojektes RAV = 8,00 GWh und Engpassleistung = 2000 kW sich 4000 Jahres‑Volllaststunden ergeben würden. Für diese Volllaststunden ergebe sich eine Substitution zu nahezu 100 % von GuD (Gas und Dampf) und eine CO2‑Substitution von -0,0531 x 4000 + 615,8 = 403 kg / MWh.

85 Die CO2‑Ersparnis errechne sich somit zu 8,00 x 0,403 = 3,22 (in 1000 t). Die Bewertung sei somit im Sinne des wasserbautechnischen Gutachtens „mittel“ hart an der Grenze zu „niedrig“ (Bandbereich für „mittel“ 3-30).

86 Zum Einwand, dass die „falsche“ Berechnungsmethode für KW Anzumerken sei, dass nicht frei wählbar sei, welcher Kraftwerkstyp durch das geplante Kraftwerk ersetzt werde. Die Grundidee dieser Kennziffer sei, gestützt auf statistische Auswertungen, realistische Aussagen zu treffen, welche Kraftwerkstypen (mit unterschiedlichem Verhältnis von CO2‑Einsparung pro erzeugter KWh) substituiert würden. Dazu werde im Kriterienkatalog ausgeführt: „Die mittleren Jahresvolllaststunden der Wasserkraftanlage werden dabei aus dem RAV und der Engpassleistung bestimmt.“ Aus der Zahl der Jahresvolllaststunden ergebe sich der statistisch abgesicherte „Mix“ an substituierten Kraftwerken.

87 Zum Einwand, dass eine andere Mischung der substituierten Kraftwerke zutreffend wäre, sei festzustellen, dass die klaren Vorgaben des Kriterienkatalogs auf langfristigen statistischen Auswertungen beruhten. Kurzfristige Schwankungen des Kraftwerkseinsatzes zu Folge unterschiedlicher Kosten der Primärenergieträger seien zwar anzunehmen, im Hinblick darauf, dass die Beurteilung auf eine lange Dauer des Kraftwerksbetriebes abstelle, sei die Langfristbeurteilung aus dem Kriterienkatalog als besser zutreffend anzuwenden. Überdies würde auch eine etwas höhere Substitution/kWh entsprechend den Vorstellungen des Revisionswerbers an der Bewertung „mittel“ mit Tendenz zu „niedrig“ nichts ändern.

88 Auch die Berücksichtigung der rückgewinnbaren Verluste ändere an dieser Bewertung nichts Wesentliches, da die Verluste nur wenige Prozent des RAVs ausmachten.

89 Wenn man trotz des nachfolgenden grundsätzlichen Einwandes zur CO2‑Einsparung aus der Hackschnitzelverbrennung diesen Anteil ansetzen würde, ergebe sich je nach Ansatz für den realistisch rückgewinnbaren Anteil der Verluste eine CO2‑Einsparung von 3,72 bis 4,42 (1000 Tonnen CO2). In allen Fällen liege die Kennziffer im Bereich „mittel“ mit starker Tendenz zu „niedrig“ (Bandbereich für „mittel“ 3-30). Der Ansatz einer CO2‑Reduktion als Folge der Hackschnitzelverbrennung sei aber auch aus anderen Gründen fragwürdig. Bei der Verbrennung von Hackschnitzeln werde neuerlich CO2 freigesetzt und zwar in der Größenordnung von 500 g/kWh bzw. 500 kg/MWh, das entspreche in etwa der Einsparung beim substituierten Kraftwerk. Langfristig, über Jahrzehnte gerechnet, könne dieser CO2‑Ausstoß bei der Verbrennung von Biomasse vernachlässigt werden, weil gleich viel CO2 für das Wachstum entsprechender Biomasse aus der Atmosphäre aufgenommen werde. Kurz- und mittelfristig aber verursache auch die Energieerzeugung mit Verbrennung von Biomasse einen wesentlichen Beitrag zur CO2‑Produktion. Aus diesem Grund sei für die kurz-und mittelfristige Beurteilung dieser Ansatz überhaupt nicht berechtigt. Da Verbesserungen der CO2‑Bilanz möglichst rasch, jedenfalls in den nächsten Jahren erfolgen sollten, und der CO2‑Ausstoß bei der Verbrennung von Biomasse erst über Zeiträume entsprechend der Hiebreife (Jahrzehnte) CO2‑neutral sei, sei die CO2‑Substitution nicht anzusetzen. Aber auch wenn man sie ansetzen würde, ergebe sich keine merkliche Änderung an der Beurteilung, da entsprechend der geringen Größe der Anlage die CO2‑Einsparung jedenfalls im unteren Bereich der „mittleren“ Bewertung anzugeben sei.

90 Zusammenfassend ergebe sich selbst bei Ansatz der rückgewinnbaren Verluste bei der Erzeugung der elektrischen Energie und Nutzung der rückgewonnenen Energie für die Hackschnitzeltrocknung nur eine Einstufung „mittel“ mit Tendenz zu „niedrig“.

91 Hinsichtlich der technischen Effizienz hielt die belangte Behörde in ihren Begründungsausführungen fest, dass dieses Kriterium die drei Teilkriterien Netzanbindung, Potentialnutzung und Ausbaugrad mit deutlich unterschiedlicher Gewichtung umfasse. Die Netzanbindung gehe im Sinne des Kriterienkatalogs nur mit einem Gewicht von 10 % von 100 % in das Gesamtergebnis ein.

92 Die Kennziffer bei der Netzanbindung berechne sich als Quotient von RAV / Entfernung bis zum Netzanknüpfungspunkt. Die Leitungslänge bis zur Netzanknüpfung sei zunächst nicht angegeben worden. Aufgrund der lokalen Nutzung sei laut Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen von einer mittleren bis hohen Wertigkeit auszugehen.

93 Im Schreiben des Revisionswerbers vom 13. November 2013 sei erstmals eine Kilometerangabe zur Entfernung zum Netzanknüpfungspunkt (unter 1 km) gemacht worden. Damit ergebe sich eine hohe Wertigkeit dieses Teilkriteriums. Da diese Angabe plausibel sei und eine Auslegung zugunsten des Revisionswerbers an der Beurteilung des Gesamtkriteriums wegen der geringen Gewichtung nichts ändern würde, könne auch ohne nähere Nachprüfung von einer „hohen“ Wertung für dieses Teilkriterium ausgegangen werden.

94 Zur Potentialnutzung habe der wasserbautechnische Amtssachverständige schlüssig ausgeführt, dass die Potentialnutzung eine Bewertung „mittel‑hoch“ ergebe, da eine höherwertige Nutzung durch Beileitung in einen Stauraum nicht absehbar sei. Mangels konkreter Unterlagen sei eine eindeutige Beurteilung zwischen „mittel“ und „hoch“ nicht möglich, sodass ohne am Gesamtergebnis etwas zu ändern, aber von der für das Projekt günstigeren Bewertung „hoch“ ausgegangen werden könne.

95 Die exakte Kennziffer des Ausbaugrades sei die Überschreitungsdauer. Dies würde sich unmittelbar aus einer energiewirtschaftlichen Berechnung nach Stand der Technik auf Basis der Dauerlinie unter Berücksichtigung der Dotierwasserabgabe ergeben. Da eine solche Berechnung nicht vorgelegt worden sei, sei im wasserbautechnischen Gutachten der Sachverhalt aufgrund der vorgelegten Projektunterlagen ‑ MQ = 0,400 m3/s und QA = 0,50 m3/s ‑ abgeschätzt, und die Überschreitungsdauer zwischen 100 und 150 Tagen und die Bewertung „mittel“ festgestellt worden. Aufgrund der nachträglich ergänzend vorgelegten Unterlagen könnte diese Einschätzung bestätigt werden. Die grafische Auswertung der vorgelegten Dauerlinien des HDK ergebe für Stufe 2-4 eine Überschreitungsdauer von ca. 100 Tagen.

96 Innerhalb des Kriteriums technische Effizienz sei eine Gewichtung der drei Teilkriterien vorzunehmen. Da das Kriterium mit der höchsten Gewichtung ‑ Potentialnutzung ‑ mit „hoch“, das Kriterium Ausbaugrad mit einer mittleren Gewichtung mit „mittel“ und das Teilkriterium Netzanbindung mit der geringsten Gewichtung mit „hoch“ bewertet worden sei, ergebe sich insgesamt eine gewichtete Bewertung des Gesamtkriteriums „mittel“ bis „hoch“.

97 Im gegenständlichen Fall ergebe sich die Gesamtbeurteilung der energiewirtschaftlichen Kriterien aus einer Gewichtung „mittel“ mit Tendenz zu „gering“ oder aus einer Gewichtung „mittel“ bis „hoch“; im Einzelnen:

- Kriterium „Versorgungssicherheit“ mit einer Gewichtung „mittel“ mit Tendenz zu „gering“;

- Kriterium „Versorgungsqualität“ mit einer Gewichtung „mittel“ mit Tendenz zu „gering“;

- Kriterium „Klimaschutz“ mit einer Gewichtung „mittel“ mit Tendenz zu „gering“ und

- Kriterium „Technische Effizienz“ mit einer Gewichtung „mittel“ bis „hoch“.

98 In Zusammenschau aller vier Kriterien ergebe sich somit eine Bewertung von „mittel“, da die Mehrzahl der Kriterien im unteren Bereich „mittel“ zu bewerten seien und die hohe technische Effizienz bei der geringen Energieausbeute von untergeordneter Bedeutung sei.

99 Neben der mittleren energiewirtschaftlichen Bewertung weise das geplante Vorhaben

- bei keinem einzigen Aspekt für die nachhaltige Entwicklung einen Vorteil auf (neutrale Auswirkungen auf Feststoffhaushalt und auf sonstige Nutzungen - Tourismus), und

- ebenso ergäben sich für die menschliche Gesundheit bzw. für die Sicherheit des Menschen keine Vorteile (neutrale Auswirkungen auf die Grundwasserquantität und -qualität sowie auf die Hochwassersituation und die Wasserversorgung).

100 Es seien alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Argumente präzise erfasst und einander gegenüber gestellt worden, um die Wertentscheidung der Interessensabwägung transparent und nachvollziehbar zu machen. Nach der detaillierten und schlüssigen Beurteilung durch die belangte Behörde bestünden aufgrund der hohen ökologischen Wertigkeit der betroffenen Gewässerstrecke überwiegend Vorteile für die Umwelt bei Einhaltung der Umweltziele und lediglich eine mittlere energiewirtschaftliche Bedeutung. Für die die menschliche Gesundheit bzw. für die Sicherheit des Menschen sowie bei den weiteren Aspekten für die nachhaltige Entwicklung bestünden keine Vorteile, sodass der mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben unbestreitbare Nutzen an der Erhaltung des in § 30a WRG 1959 normierten Zustands den potentiellen Nutzen für die nachhaltige Entwicklung übertreffe.

101 Da bereits § 104a Abs. 2 Z. 2 WRG 1959 nicht erfüllt werde, sei eine Prüfung der weiteren Voraussetzungen nach Abs. 2, die kumulativ vorliegen müssten, nicht erforderlich. Die belangte Behörde komme aufgrund der vorangegangenen umfassenden Prüfung der Voraussetzungen nach § 104a WRG 1959 zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben nach § 104a Abs. 2 WRG 1959 als Ausnahme vom Verschlechterungsverbot nicht bewilligungsfähig sei.

102 Gegen diesen Bescheid richtete die revisionswerbende Partei zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2014, B 268/2014 ‑ 8, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

103 In ihrer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten (Übergangs‑)Revision beantragte die revisionswerbende Partei, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden, in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

104 Das an der Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Revision als unbegründet abzuweisen und den „Ersatz des Aktenvorlageaufwandes“ zuzuerkennen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

105 Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk‑ÜG vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B‑VG nach dem Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass für die Behandlung der Revision nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk‑ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. September 2016, Ro 2014/07/0057, mwN).

106 Die für den vorliegenden Revisionsfall maßgebenden Bestimmungen der §§ 30a, 104, 104a und 106 WRG 1959 samt Überschriften lauten wie folgt:

Umweltziele für Oberflächengewässer

§ 30a. (1) Oberflächengewässer einschließlich erheblich veränderter und künstlicher Gewässer (§ 30b) sind derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, dass - unbeschadet § 104a - eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes verhindert und - unbeschadet der §§ 30e und 30f - bis spätestens 22. Dezember 2015 der Zielzustand erreicht wird. Der Zielzustand in einem Oberflächengewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen und einem guten chemischen Zustand befindet. Der Zielzustand in einem erheblich veränderten oder künstlichen Gewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen Potential und einem guten chemischen Zustand befindet.

(2) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat mit Verordnung die gemäß Abs. 1 zu erreichenden Zielzustände sowie die im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot maßgeblichen Zustände für Oberflächengewässer (Abs. 3) mittels charakteristischer Eigenschaften sowie Grenz- oder Richtwerten näher zu bezeichnen.

Er hat dabei insbesondere

1. den guten ökologischen Zustand, das gute ökologische Potential sowie die jeweiligen Referenzzustände auf der Grundlage des Anhangs C sowie der Ergebnisse des Interkalibrationsverfahrens festzulegen;

2. den guten chemischen Zustand sowie die chemischen Komponenten des guten ökologischen Zustandes für synthetische und nicht-synthetische Schadstoffe in Form von Umweltqualitätsnormen auf der Grundlage des Anhangs E festzulegen;

3. im Hinblick auf die Abweichungsanalyse (§ 55d) die Kriterien, insbesondere für die Ermittlung und Beurteilung der Messergebnisse für das Entsprechungsregime sowie für eine stufenweise Ausweisung, unter anderem unter Berücksichtigung der natürlichen Bedingungen von Oberflächenwasserkörpern vorzugeben.

Dabei ist eine Differenzierung insbesondere nach Gewässertypen oder nach der Charakteristik der Einzugsgebiete im gebotenen Ausmaß zu treffen. Bei der Festlegung der Umweltziele sind einheitliche Vorgaben für die Probenahme, die statistische Datenauswertung, Auswertungsmethoden und für Mindestanforderungen an die analytisch-chemischen Analyseverfahren zu treffen.

(3) 1. Oberflächengewässer sind alle an der Erdoberfläche stehenden und fließenden Gewässer.

2. Ein Oberflächenwasserkörper ist ein einheitlicher und bedeutender Abschnitt eines Oberflächengewässers.

3. Der Zustand des Oberflächengewässers ist die allgemeine Bezeichnung für den Zustand eines Oberflächenwasserkörpers auf der Grundlage des jeweils schlechteren Wertes für den ökologischen und den chemischen Zustand.

4. Der ökologische Zustand ist die Qualität von Struktur und Funktionsfähigkeit aquatischer, in Verbindung mit Oberflächengewässern stehender Ökosysteme (Gewässer, samt der für den ökologischen Zustand maßgeblichen Uferbereiche) gemäß einer auf Anhang C basierenden Verordnung (Abs. 2 Z 1).

5. Das ökologische Potential ist der ökologische Zustand eines erheblich veränderten oder künstlichen Oberflächenwasserkörpers, der den Kriterien einer auf Anhang C basierenden Verordnung entspricht.

6. Schadstoff ist jeder Stoff, der zu einer Verschmutzung der Gewässer führen kann, insbesondere Stoffe des Anhangs E Abschnitt I.

7. Gefährliche Stoffe sind Stoffe oder Gruppen von Stoffen, die toxisch, persistent und bioakkumulierbar sind und sonstige Stoffe und Gruppen von Stoffen, die in ähnlichem Maße Anlass zu Besorgnis geben.

8. Prioritäre Stoffe sind Stoffe des Anhangs E Abschnitt II.

9. Prioritäre gefährliche Stoffe sind Stoffe des Anhangs E Abschnitt III.

...

Vorläufige Überprüfung

§ 104. (1) Die Behörde hat bei Vorliegen eines den Bestimmungen des § 103 entsprechenden Antrages, unbeschadet § 104a, sofern aus der Natur des Vorhabens Auswirkungen auf öffentliche Rücksichten (§ 106) zu erwarten sind, vornehmlich insbesondere dahingehend zu prüfen,

a) ob und inwieweit durch das Vorhaben öffentliche Interessen (§ 105) berührt werden;

b) ob die Anlagen dem Stand der Technik entsprechen;

c) welche Maßnahmen zum Schutz der Gewässer, des Bodens und des Tier- und Pflanzenbestandes vorgesehen oder voraussichtlich erforderlich sind;

d) ob und inwieweit von dem Vorhaben Vorteile im allgemeinen Interesse zu erwarten sind;

e) ob sich ein allfälliger Widerspruch mit öffentlichen Interessen durch Auflagen (§ 105) oder Änderungen des Vorhabens beheben ließe;

f) ob und inwieweit geplante Wasserversorgungsanlagen für den angestrebten Zweck geeignet sind und welche Schutzmaßnahmen (§ 34) voraussichtlich erforderlich sind;

g) ob und inwieweit für eine einwandfreie Beseitigung anfallender Abwässer Vorsorge getroffen ist;

h) ob das Vorhaben mit einem anerkannten wasserwirtschaftlichen Rahmenplan (§ 53), mit einer Schutz- oder Schongebietsbestimmung (§§ 34, 35 und 37), mit einem Sanierungsprogramm (§ 33d), mit dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan, dem Hochwasserrisikomanagementplan, mit einem Regionalprogramm (§ 55g) oder sonstigen wichtigen wasserwirtschaftlichen Planungen in Widerspruch steht;

i) ob das Vorhaben zwischenstaatlichen Vereinbarungen widerspricht.

(2) Der Untersuchung sind das wasserwirtschaftliche Planungsorgan, die sachlich in Betracht kommenden Sachverständigen und Stellen nach § 108 sowie die vom Vorhaben berührten Gemeinden beizuziehen. Von der Befassung der in § 108 genannten Stellen sowie der Gemeinden kann abgesehen werden, wenn es sich um ein Vorhaben von minderer Bedeutung handelt oder das wasserwirtschaftliche Planungsorgan keine gewichtigen Bedenken geäußert hat oder die Beurteilung durch Sachverständige ausreichend erscheint.

(3) Bei Bewilligung von Talsperren und Speichern, Flusskraftwerke ausgenommen, deren Höhe über Gründungssohle 15 m übersteigt oder durch die eine zusätzliche Wassermenge von mehr als 500 000 m3 zurückgehalten wird, ist ein Gutachten der Staubeckenkommission einzuholen.

(4) Auf Antrag des Bewilligungswerbers hat die Wasserrechtsbehörde die Untersuchung vorerst darauf zu beschränken, ob gegen das Vorhaben grundsätzliche Bedenken bestehen. Für eine derartige Untersuchung sind lediglich jene Unterlagen (§ 103) vorzulegen, die für eine grundsätzliche Beurteilung des Vorhabens unbedingt erforderlich sind.

Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand

§ 104a. (1) Vorhaben, bei denen

1. durch Änderungen der hydromorphologischen Eigenschaften eines Oberflächenwasserkörpers oder durch Änderungen des Wasserspiegels von Grundwasserkörpern

a) mit dem Nichterreichen eines guten Grundwasserzustandes, eines guten ökologischen Zustandes oder gegebenenfalls eines guten ökologischen Potentials oder

b) mit einer Verschlechterung des Zustandes eines Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers zu rechnen ist,

2. durch Schadstoffeinträge mit einer Verschlechterung von einem sehr guten zu einem guten Zustand eines Oberflächenwasserkörpers in der Folge einer neuen nachhaltigen Entwicklungstätigkeit zu rechnen ist,

sind jedenfalls Vorhaben, bei denen Auswirkungen auf öffentliche Rücksichten zu erwarten sind (§§ 104 Abs. 1, 106).

(2) Eine Bewilligung für Vorhaben gemäß Abs. 1, die einer Bewilligung oder Genehmigung auf Grund oder in Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen bedürfen, kann nur erteilt werden, wenn die Prüfung öffentlicher Interessen (§§ 104, 105) ergeben hat, dass

1. alle praktikablen Vorkehrungen getroffen wurden, um die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers zu mindern und

2. die Gründe für die Änderungen von übergeordnetem öffentlichem Interesse sind und/oder, dass der Nutzen, den die Verwirklichung der in §§ 30a, c und d genannten Ziele für die Umwelt und die Gesellschaft hat, durch den Nutzen der neuen Änderungen für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung übertroffen wird und

3. die nutzbringenden Ziele, denen diese Änderungen des Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers dienen sollen, aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder auf Grund unverhältnismäßiger Kosten nicht durch andere Mittel, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen, erreicht werden können.

(3) Im Rahmen der Überprüfung der öffentlichen Interessen, insbesondere hinsichtlich der Vereinbarkeit des Vorhabens mit wasserwirtschaftlichen Planungen und Zielen, ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan nachweislich beizuziehen. Gegen einen Bescheid, mit dem ein Abweichen vom Verschlechterungsverbot zugestanden wird, kann das wasserwirtschaftliche Planungsorgan wegen einer mit wasserwirtschaftlichen Interessen in Widerspruch stehenden Prüfung öffentlicher Interessen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 3 nach Erschöpfung des Instanzenzugs Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, sofern es dem Verfahren entweder nicht nachweislich beigezogen worden ist oder der Bescheid einer unter Bedachtnahme auf Abs. 2 abgegebenen begründeten negativen Stellungnahme des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans widerspricht. Die Beschwerdefrist beträgt in diesen Fällen - in Abweichung von § 26 Abs. 1 VwGG - drei Monate. Dies gilt auch, wenn das wasserwirtschaftliche Planungsorgan dem Verfahren nicht nachweislich beigezogen worden ist. Über Verlangen ist dem Bewilligungsinhaber bereits vor Ablauf der dreimonatigen Frist vom wasserwirtschaftlichen Planungsorgan mitzuteilen, ob Gründe für die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vorliegen.

(4) Die Gründe für ein Abweichen vom Verschlechterungsverbot sind im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (§ 55c) im Einzelnen darzulegen und die Ziele alle sechs Jahre zu überprüfen (§§ 133 Abs. 6, 135).

...

Abweisung ohne Verhandlung.

§ 106. Ergibt sich schon aus den nach § 104 durchzuführenden Erhebungen auf unzweifelhafte Weise, daß das Unternehmen aus öffentlichen Rücksichten unzulässig ist, so ist das Gesuch abzuweisen. Andere gegen ein Unternehmen obwaltende Bedenken hat die Wasserrechtsbehörde dem Gesuchsteller zur allfälligen Aufklärung oder Abänderung des Entwurfes unter Festsetzung einer kalendermäßig zu bestimmenden angemessenen Frist mitzuteilen. Mit fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt das Ansuchen als zurückgezogen.

...“

107 Der Revisionswerber führt aus, dass die belangte Behörde im Verfahren zur Prüfung des gewässerökologischen Zustandes den im Anhang zum nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan ausgewiesenen Oberflächenwasserkörper 901740008 „aus pragmatischen Gründen“ in 500 m‑Abschnitte eingeteilt habe. Die Einteilung des Oberflächenwasserkörpers, auf die der Revisionswerber als Rechtsunterworfener bei der Planung seines Projektes vertraut habe und mit der er in weiterer Folge die Planung seines Projektes abgestimmt habe, sei während des wasserrechtlichen Verfahrens durch die belangte Behörde geändert worden. Wenn ein Oberflächenwasserkörper willkürlich je nach momentanem Gutdünken neu eingeteilt werde, so gehe für den Projektwerber jegliche Planungs‑ und Rechtssicherheit verloren. Eine behördliche Veränderung der grundlegenden Eigenschaften eines Oberflächenwasserkörpers und somit insbesondere eine Veränderung seiner Länge oder seiner örtlichen Situierung beinhalte aufgrund der mangelnden Vorhersehbarkeit für den Rechtsunterworfenen per se bereits ein gravierendes rechtsstaatliches Problem. Daher sei die Unterteilung des Oberflächenwasserkörpers 901740008 in 500 m‑Abschnitte rechtswidrig gewesen.

108 Der Oberflächenwasserkörper 901740008 befinde sich gemäß der schlüssigen und nachvollziehbaren Stellungnahme von Dr. H. vom 2. September 2013 zu dem Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerökologie in diesem Bereich des D.‑Baches aufgrund der mehr als geringfügig gestörten Uferdynamik in keinem sehr guten Zustand.

109 Für den D.‑Bach könne nämlich die Beeinflussung durch eine Mauer in der Länge von rund 130 m nicht mehr als punktuell bezeichnet werden, zumal dadurch bereits ein Fünftel des von der belangten Behörde gewählten Beurteilungsabschnittes von 500 m beeinträchtigt sei. Die Tatsache, dass nur ein Ufer gesichert sei, beeinflusse die Bewertung nicht.

110 Es sei nicht nachvollziehbar, warum der maßgebliche Uferbereich im gegenständlichen Abschnitt nicht anthropogen beeinflusst sein sollte. Jedenfalls sei eine Störung der natürlichen Uferdynamik verursacht durch menschlichen Einfluss gegeben.

111 Bei der Mauer in einer Länge von 130 m könne keinesfalls die Rede von einer punktuell eingeschränkten Dynamik, wie diese im angefochtenen Bescheid behauptet werde, sein.

112 Daher sei die 26 %‑Beeinträchtigung der Uferdynamik des gegenständlichen 500 m‑Abschnittes des Oberflächenwasserkörpers 901740008 gemäß den Vorgaben des Leitfadens zur hydromorphologischen Zustandserhebung von Fließgewässern, nach dem sich die belangte Behörde zu richten behauptet habe, keinesfalls als punktuell zu bewerten. Für die Bewertung eines Oberflächenwasserkörpers sei jeweils der schlechteste Wert ausschlaggebend. Das bedeute, dass ein Oberflächenwasserkörper in seiner Gesamtheit zu betrachten und der schlechteste im Oberflächenwasserkörper bestehende Wert für die Beurteilung heranzuziehen sei.

113 Da nicht alle 500 m‑Abschnitte des Oberflächenwasserkörpers 901740008 einen sehr guten hydromorphologischen Zustand aufwiesen, könne der Gesamtzustand des Oberflächenwasserkörpers nicht sehr gut sein. Er befinde sich somit höchstens in gutem ökologischen Zustand.

114 Zu diesen Revisionsausführungen ist einleitend Folgendes festzuhalten: Die Länge des Oberflächenwasserkörpers 901740008 von Flusskilometer 2,5 bis Flusskilometer 7 wurde im Zuge der Wasserkörpererfassung festgelegt. An der Lage des gegenständlichen Kraftwerkes im Oberflächenwasserkörper 901740008 besteht kein Zweifel. Der Oberflächenwasserkörper 901740008 ist daher der Gewässerabschnitt, dessen Zustand für die Beurteilung des eben in diesem Gewässerabschnitt gelegenen revisionsgegenständlichen Kraftwerksprojektes maßgeblich ist.

115 Die für die hydromorphologische Zustandsbewertung maßgebliche Methodik wird in dem vom Bundesministerium für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft herausgegebenen „Leitfaden für die hydromorphologische Zustandserhebung von Fließgewässern“ vorgegeben. Dieser Leitfaden ist die Arbeitsanweisung für die wasserrahmenrichtlinienkonforme Datenerhebung und Bewertung des hydromorphologischen Gewässerzustandes von Fließgewässern.

116 Nach der Methodik dieses Leitfadens müssen für jeden Oberflächenwasserkörper einzelne 500 m‑Abschnitte gebildet werden. Die Bewertung des hydromorphologischen Zustandes bezieht sich somit immer auf einen Abschnitt von 500 m Länge, in dem die zu bewertende Messstelle liegt (Länge der Untersuchungsstrecke).

117 Der Begriff des Wasserkörpers nach § 30a Abs. 3 Z. 2 WRG 1959 ist ein administrativer Hilfsbegriff für die Gewässerbewirtschaftung und bezeichnet einen „einheitlichen und bedeutenden Abschnitt“ eines Oberflächengewässers (Oberleitner/Berger, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz 1959, 3. Aufl., 2011, Rdn. 2 zu § 30a WRG 1959).

118 Entgegen den Revisionsausführungen erfolgte keine Veränderung der Länge des Oberflächenwasserkörpers während des wasserrechtlichen Verfahrens. Der Revisionswerber vermengt offensichtlich die immer gleich gebliebene Länge des Oberflächenwasserkörpers von Flusskilometer 2,5 bis Flusskilometer 7, die im Zuge der Wasserkörpererfassung festgelegt wurde, mit den 500 m‑Abschnitten im Zuge der hydromorphologischen Zustandserhebung. Die Einteilung des Oberflächenwasserkörpers wurde während des wasserrechtlichen Verfahrens nicht geändert. Der Oberflächenwasserkörper wurde nicht „willkürlich je nach momentanem Gutdünken neu eingeteilt“, sodass der Revisionswerber jeglicher Planungs‑ und Rechtssicherheit verlustig gegangen wäre. Von einem „gravierenden rechtsstaatlichen Problem“ ist entgegen der Ansicht des Revisionswerbers nicht auszugehen.

119 In den einzelnen 500 m‑Abschnitten erfolgt somit keine Ausweisung eigener Oberflächenwasserkörper, sodass auch die Problematik einer zu engen Abgrenzung von Oberflächenwasserkörpern (vgl. dazu Greisberger, RdU‑U&T 2010/2, 3 ff), die zu einer Überbewertung lokaler Probleme bei solch kleinräumigen Wasserkörpern führt, nicht vorliegt.

120 Der Amtssachverständige für Gewässerökologie hat hinsichtlich des sehr guten hydromorphologischen Zustandes des Oberflächenwasserkörpers 901740008 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Einwirkung der Ufersicherung auf den Lauf des D.‑Baches im Wesentlichen aus den einzelnen Buhnen besteht. Die Wegsicherung durch eine Ufermauer mit 130 m Länge erweist sich in diesem Zusammenhang als punktueller Eingriff in die Ufermorphologie. In diesem Zusammenhang ist auf die nachvollziehbare Darstellung der Lage der sechs Buhnen und der Uferbefestigungsmauer im angefochtenen Bescheid zu verweisen. Die dadurch bewirkten Eingriffe sind durch den Amtssachverständigen für Gewässerökologie nachvollziehbar dargestellt und vermögen die Bewertung als „sehr gut“ zu tragen.

121 Dem hält der Revisionswerber unter Bezugnahme auf das Privatgutachten von Dr. H. vom 2. September 2013 entgegen, dass in einem „Fließgewässer beide Ufer ohne Eingriff sein müssen“, damit der sehr gute Zustand zuerkannt werden könne.

122 Davon kann im Lichte des § 12 Abs. 2 Z. 5 der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer, BGBl. II Nr. 461/2010, keine Rede sein.

123 Nach dieser Bestimmung befinden sich Wasserhaushalt, Durchgängigkeit des Flusses und Morphologie eines Oberflächenwasserkörpers in einem sehr guten Zustand, wenn die Uferdynamik bis auf vereinzelte punktuelle Sicherungen an Prallufern oder Uferanbrüchen uneingeschränkt möglich ist.

124 Von einer solchen Uferdynamik ist im Revisionsfall trotz der Einwirkung der sechs, aus örtlichen Natursteinen sauber gemauerten Buhnen, die rechtwinkelig 6‑8 m in den Bachlauf ragen, auszugehen. Der sehr gute ökologische Zustand des Oberflächenwasserkörpers 901740008 wurde somit im angefochtenen Bescheid durch die belangte Behörde basierend auf dem Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerökologie schlüssig und nachvollziehbar dargestellt.

125 Vom Revisionswerber unbekämpft bleibt die Feststellung der belangten Behörde, wonach es bei Verwirklichung des revisionsgegenständlichen Projektes durch die Ausleitung von mehr als 20 % der Jahreswasserfracht an der Fassungsstelle zu einer Verschlechterung des sehr guten ökologischen Zustandes von der geplanten Fassungsstelle auf 1.117 m ü.A. auf etwa 2 km Lauflänge bis zum Ende des Oberflächenwasserkörpers 901740008 komme. Die Verschlechterung des Zustandes des vorliegenden Oberflächenwasserkörpers überschreitet somit die Schwelle einer Güteklasse, weshalb § 104a Abs. 2 WRG 1959 jedenfalls zur Anwendung kommt (vgl. in diesem Sinne EuGH vom 1. Juli 2015, C‑461/13 ).

126 Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend festhält, müssen bei der Ausnahme vom Verschlechterungsverbot alle in § 104a Abs. 2 Z. 1 bis 3 WRG 1959 genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen (vgl. Bumberger/Hinterwirth, WRG, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 2. Aufl., 2013, K 20 zu § 104a WRG 1959).

127 In der rechtlichen Prüfung der behördlichen Abwägungsentscheidung nach § 104a Abs. 2 WRG 1959 kommt es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu, seine Wertung an die Stelle der behördlichen zu setzen; er hat sich vielmehr auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die zu prüfende Wertentscheidung vor dem Gesetz insoweit bestehen kann, als die bei der Wertentscheidung zu berücksichtigenden Argumente ausreichend erfasst und einander gegenübergestellt worden sind und als die Wertentscheidung als solche zu den für sie maßgebenden Gesetzesvorschriften in ihrer Gesamtschau nicht in Widerspruch steht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Zl. 2013/07/0271, mwN).

128 Der Revisionswerber bemängelt, dass sich die belangte Behörde in ihrer Beurteilung vollständig und ausschließlich auf die Vorgaben des „Kriterienkatalogs“ gehalten habe und diesen „unreflektiert“ ihrer Prüfung nach § 104a Abs. 2 WRG 1959 zugrunde gelegt habe.

129 Der Revisionswerber bezieht sich mit diesem Vorbringen auf den Erlass des Bundesministers für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft „Österreichischer Wasserkatalog Wasser schützen ‑ Wasser nutzen“. Der Leitfaden enthält „‑ unvorgreiflich der unabhängigen Rechtsprechung und ohne Anspruch auf Vollständigkeit ‑“ Informationen sowie Lösungsvorschläge für die Verfahrensabwicklung zu in der Praxis aufgetretenen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung der Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot.

130 Dem Revisionswerber ist zuzugestehen, dass Erlässe oder Richtlinien, denen nicht der Charakter von Rechtsverordnungen zukommt, keine für den Verwaltungsgerichtshof verbindlichen Rechtsquellen darstellen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2012, Zl. 2010/07/0178, mwN). Die Heranziehung eines Erlasses ist nicht prinzipiell unzulässig. In diesem Zusammenhang erläutert der Revisionswerber nicht, dass die Anwendung dieses Erlasses im konkreten Fall den Vorgaben des § 104a Abs. 2 WRG 1959 widerspricht.

131 Der Revisionswerber führt aus, dass es sich bei der geplanten Anlage am D.‑Bach nicht um ein bloßes Wasserkraftwerk schlechthin, sondern um eine Kraftwärmekoppelungsanlage im Sinne des Wasserkraftwärmekopplungsanlagengesetzes handle. Neben der herkömmlichen Gewinnung von Strom werde gleichzeitig mittels direkt über Riemenantrieb mit der Turbinenwelle verbundenen Wärmepumpen die Abwärme des Generators und des Transformators zur Wärmegewinnung herangezogen. Darüber hinaus könne die Temperatur der Turbinen unter Wasser sowie der Außenluft zur Wärmegewinnung herangezogen werden. Die derartig gewonnene Wärme könne zur Trocknung von Biomasse wie auch zur direkten Heizung von Gebäuden über ein Fernwärme‑ oder Nahwärmenetz genutzt werden. In diesem Zusammenhang stelle das bloße Abstellen auf die absoluten Zahlen des Stromoutput durch die belangte Behörde jedenfalls eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung von kleinen Wasserkraftwerken ‑ wie dem vorliegenden ‑ dar. In rechtswidriger Weise werde von der belangten Behörde allein auf diese absoluten Zahlen des Stromoutput abgestellt.

132 Dazu ist einleitend zur Struktur des § 104 Abs. 2 Z. 2 WRG 1959 Nachstehendes festzuhalten:

§ 104a Abs. 2 Z. 2 WRG 1959 enthält zwei Tatbestände, die durch „und/oder“ zueinander in Beziehung gesetzt sind. Die Bestimmung könnte so verstanden werden, dass „übergeordnete öffentliche Interessen“ vorliegen müssen, dass aber nicht jedes derartige Interesse ausreicht, sondern nur, wenn es bestimmte Nutzenaspekte (Gesundheit, Sicherheit, nachhaltige Entwicklung) betrifft. Bei einem solchen Verständnis wäre es indessen naheliegender gewesen, beide Erfordernisse in einem einzigen Tatbestand zusammenzufassen. Zutreffend ist daher jenes Verständnis, dass es sich um zwei alternative Tatbestände (übergeordnetes öffentliches Interesse oder überwiegender Nutzen für Gesundheit, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung) handelt. Dies bedeutet, dass auch bei jenen Vorhaben, für die Gemeinwohlbelange nicht in einem solchen Ausmaß in Anschlag gebracht werden können, dass es für ein übergeordnetes öffentliches Interesse reicht, der Weg einer Ausnahmebewilligung nicht verschlossen bleiben soll. Dies aber nur, wenn ein Nutzen für bestimmte ‑ nun aber definierte ‑ öffentliche Interessen vorliegt (Gesundheit, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung), der dann den Nutzen der Umweltziele des WRG 1959 übertreffen muss (vgl. Reichel, Zur Ausnahmegenehmigung nach § 104a WRG, ecolex 2012, 1025 [1027], sowie Bumberger/Hinterwirth, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz, 2. Aufl., 2013, K 24 zu § 104a WRG 1959).

133 Bei diesem Auslegungsergebnis bleibt bei Kleinkraftwerken ‑ wie dem vorliegenden ‑, bei dem ein übergeordnetes öffentliches Interesse nicht gegeben sein muss, immer noch die Möglichkeit einer Ausnahmebewilligung, wenn alternativ ein höherer Nutzen für die menschliche Gesundheit, Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder nachhaltige Entwicklung vorzufinden ist. Genau von diesem zutreffenden Verständnis des § 104a Abs. 2 Z. 2 WRG 1959 geht die belangte Behörde in ihrer Prüfungsabfolge im angefochtenen Bescheid aus.

134 Entgegen den Revisionsausführungen sind im Rahmen des dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Prüfungskalküls die Erwägungen der belangten Behörde zum übergeordneten öffentlichen Interesse ‑ erste Alternative des § 104a Abs. 2 Z. 2 WRG 1959 ‑ nicht zu beanstanden. In diesem Zusammenhang kommt den „absoluten Zahlen des Stromoutputs“ ‑ wie es der Revisionswerber formuliert ‑ besondere Bedeutung zu.

135 Das eigentliche Ziel der Wasserkraftnutzung ist die Gewinnung von Strom. Die belangte Behörde legt nachvollziehbar dar, dass nach dem Stand der Technik der Großteil der potentiellen Energie des Wassers genutzt werden kann. Die Nachnutzung von Turbinen‑ und Generatorenverlusten ist bei der geplanten Kraftwärmekopplungsanlage tatsächlich extrem gering. Eine solche Nachnutzung von Verlusten bei der Erzeugung elektrischer Energie ist demzufolge ‑ wie die belangte Behörde unter Berufung auf die gutachterlichen Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen nachvollziehbar ausführt ‑ auch nur bei thermischen Anlagen Stand der Technik. Die Ausführungen der belangten Behörde im Zusammenhang mit dem „übergeordneten öffentlichen Interesse“ begegnen somit keinen Bedenken.

136 Dies leitet zur zweiten Alternative des § 104 Abs. 2 Z. 2 WRG 1959 (überwiegender Nutzen für Gesundheit, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung) durch die belangte Behörde über. Es kann dahinstehen, ob das Vorgehen der belangten Behörde, eine Berücksichtigung der Nachnutzung eines Teils der Verluste über die Verbrennung von Biomasse beim Parameter der Versorgungsqualität im Sinne des Gutachtens des wasserbautechnischen Amtssachverständigen nicht erfolgen zu lassen, da die Bewertung die Wertigkeit der Wasserkraftnutzung alleine darstellen solle, rechtmäßig gewesen ist. Jedenfalls verweist die belangte Behörde beim Parameter Klimaschutz nachvollziehbar darauf, dass die Energieerzeugung mit Verbrennung von Biomasse kurz‑ und mittelfristig einen wesentlichen Beitrag zur CO2‑Produktion verursacht. Da Verbesserungen der CO2‑Bilanz möglichst rasch, jedenfalls in den nächsten Jahren erfolgen sollen und der CO2‑Ausstoß bei der Verbrennung von Biomasse erst über Zeiträume entsprechend der Hiebsreife (Jahrzehnte) CO2‑neutral ist, war die CO2‑Substitution folgerichtig nicht anzusetzen. Diese Tatsache lässt die Gesamtabwägung der belangten Behörde im Lichte der eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes dergestalt erscheinen, dass die Wertentscheidung als solche zu den für sie maßgebenden Gesetzesvorschriften in ihrer Gesamtschau nicht in Widerspruch steht.

137 Der Revisionswerber bringt vor, dass die Sachbearbeiterin der belangten Behörde, die den angefochtenen Bescheid verfasst hat, Tochter des Sachgebietsleiters für Gewässerökologie und Landesfischereiinspektors beim Amt der Kärntner Landesregierung sei. Der Amtssachverständige für Gewässerökologie der Erstbehörde sei Mitarbeiter des Vaters der zuständigen Sachbearbeiterin der belangten Behörde. Aufgrund dieses familiären Naheverhältnisses habe das Verfahren „an der nötigen Objektivität“ gelitten. Daher liege eine Befangenheit der Sachbearbeiterin der belangten Behörde vor. Hinzu komme, dass die belangte Behörde zu Beginn des Berufungsverfahrens nicht tätig geworden sei und am Ende einen Bescheid von enormem Umfang in drei Werktagen erlassen habe. Dieser sei „mit Floskelbegründungen gespickt“ und untermauere „die Parteilichkeit der zuständigen Sachbearbeiterin“. Aus den angeführten Gründen leide der Bescheid im Zusammenhang mit der Befangenheit der Sachbearbeiterin an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

138 Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

139 Das Wesen der Befangenheit liegt darin, dass die unparteiische Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive gehemmt wird. Von Befangenheit ist dann zu sprechen, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Organ durch seine persönliche Beziehung zu der den Gegenstand einer Beratung und Beschlussfassung bildenden Sache oder zu den an dieser Sache beteiligten Personen in der unparteiischen Amtsführung beeinflusst sein könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2005, Zl. 2003/07/0025, mwN). Warum sich aus den vom Revisionswerber geschilderten Umständen eine Befangenheit der Sachbearbeiterin der belangten Behörde ergeben sollte, ist nicht ersichtlich. Nicht näher belegte Ausführungen und Behauptungen sind mangels jeglicher Konkretisierung nicht geeignet, eine Befangenheit der Sachbearbeiterin darzutun. Vielmehr wurden im Berufungsverfahren Gutachten von gewässerökologischen und wasserbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt. Das gewässerökologische Gutachten der Erstbehörde spielte dabei keine Rolle mehr. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht „mit Floskelbegründungen gespickt“. Vielmehr setzte sich die belangte Behörde mit den Privatgutachten des Revisionswerbers in ausführlichem Maße auseinander und kam schlüssig und nachvollziehbar zu dem vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Ergebnis.

140 Der Revisionswerber bemängelt, dass ihm die Namen des wasserbautechnischen und des gewässerökologischen Amtssachverständigen der belangten Behörde nicht bekannt gegeben worden seien. Eine allfällige Befangenheit der Amtssachverständigen hätte nur dann mit Erfolg eingewendet werden können, wenn dem Revisionswerber die Namen der Amtssachverständigen bekannt gegeben worden wären.

141 Dem Revisionswerber ist beizupflichten, dass die Wahrung des Parteiengehörs betreffend ein Sachverständigengutachten auch die Bekanntgabe des Namens des Sachverständigen an die Partei umfasst, weil diese andernfalls nicht in die Lage versetzt wird, allfällige Einwendungen gegen die Person des Sachverständigen oder seine Eignung vorzubringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2015, Zl. 2012/06/0097, mwN). Der Revisionswerber hat jedoch in der Revision nicht konkret dargetan, dass er durch das Nichtkennen der Namen der Amtssachverständigen in seinen Rechtsverfolgungsmöglichkeiten wesentlich beeinträchtigt worden sei. Mit spekulativen Betrachtungen über die hypothetische Möglichkeit einer Befangenheit dieser Amtssachverständigen zeigt der Revisionswerber nicht die allfällige Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels tauglich auf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2015, Zl. 2012/07/0196, mwN).

142 Der Revisionswerber beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichthof. Der für die Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im vorliegenden Fall aber geklärt. In der Revision wurden diesbezüglich keine Rechts‑ oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. zur diesbezüglichen Rechtsprechung des EGMR den hg. Beschluss vom 31. März 2016, Zl. 2013/07/0170, und das hg. Erkenntnis vom 3. August 2016, Zl. Ro 2016/07/0007). Im Revisionsfall stehen somit weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union der Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung entgegen. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung könnte daher nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

143 Die Revision war aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

144 Der Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 24. November 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte