VwGH Ro 2014/06/0062

VwGHRo 2014/06/00625.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision des J S in E, vertreten durch Dr. Manfred Harrer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Museumsstraße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Juni 2013, Verk- 960.233/1-Ba/Eis, betreffend Enteignung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde F), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
LStG OÖ 1991 §3 Abs1 Z1 litb;
LStG OÖ 1991 §3 Abs1 Z2;
LStG OÖ 1991 §3 Abs2;
LStG OÖ 1991 §31 Abs3 Z2;
LStG OÖ 1991 §31;
LStG OÖ 1991 §32;
LStG OÖ 1991 §36 Abs2;
AVG §68 Abs1;
LStG OÖ 1991 §3 Abs1 Z1 litb;
LStG OÖ 1991 §3 Abs1 Z2;
LStG OÖ 1991 §3 Abs2;
LStG OÖ 1991 §31 Abs3 Z2;
LStG OÖ 1991 §31;
LStG OÖ 1991 §32;
LStG OÖ 1991 §36 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 587, KG H, mit (u.a.) den Grundstücken Nr. 920/13 und 922.

2 Das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, beabsichtigt die Umlegung der Landesstraßen B 129, Eferdinger Straße, und der B 130, Nibelungen Straße, in mehreren Bauabschnitten. Das Baulos "Umfahrung Eferding", dem die Verordnung der Oö. Landesregierung, LGBl. Nr. 2/2009, zugrunde liegt, wurde mit Bescheiden der Oö. Landesregierung vom 11. Juli 2012 und 29. Mai 2013 genehmigt.

3 Durch die Umlegung der Landesstraße B 129, Eferdinger Straße, kommt es zur Unterbrechung der in der Verwaltung der mitbeteiligten Gemeinde stehenden Gemeindestraße "Gstraße". Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat deshalb mit Beschluss vom 23. September 2010 zwecks Wiederherstellung der unterbrochenen Verkehrsader eine Verordnung über die Widmung einer Straße für den Gemeingebrauch und ihre Einreihung als Straßengattung "Gemeindestraße" erlassen. In § 2 dieser Verordnung wurden unter der Bezeichnung "NW1" (Gartenstraße) Flächen als Straße verordnet, die auch die eingangs genannten Grundstücke des Revisionswerbers betreffen.

4 Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 hat der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde über deren Antrag gemäß §§ 31 und 32 Oö. Straßengesetz 1991 zur Wiederherstellung unterbrochener Wegbeziehungen durch die Umfahrung Eferding die straßenrechtliche Bewilligung für das verordnete Straßenvorhaben der mitbeteiligten Gemeinde erteilt. Dieser Bescheid erwuchs - auch gegenüber dem Revisionswerber - in Rechtskraft.

5 Da mit dem Revisionswerber keine Einigung erzielt werden konnte, beantragte die mitbeteiligte Gemeinde mit Eingabe vom 10. Oktober 2012 die Einleitung des Grundeinlösungsbzw. Enteignungsverfahrens.

6 Auch im Rahmen der am 3. Dezember 2012 durchgeführten mündlichen Verhandlung konnte mit dem Revisionswerber kein Übereinkommen abgeschlossen werden, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Eferding (BH) mit Bescheid vom 5. April 2013 auf Grund des vorliegenden Grundeinlöseplanes Teile der eingangs genannten Grundstücke des Revisionswerbers unter gleichzeitiger Festsetzung einer Entschädigung in bestimmter Höhe gemäß §§ 35 und 36 Oö. Straßengesetz 1991 enteignet hat.

7 Mit dem in Revision gezogenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen. Entscheidungswesentlich begründete dies die belangte Behörde dahingehend, dass die Voraussetzungen für die Enteignung vorlägen. Für die Errichtung der "Gartenstraße" läge die wasserrechtliche Bewilligung vor. Eine eisenbahnrechtliche Bewilligung sei für die Errichtung der Gartenstraße genau so wenig erforderlich wie weitere vom Revisionswerber geforderte Bewilligungen. Die bewilligte Gemeindestraße unterliege keiner UVP-Pflicht; die "Umfahrung Eferding" sei nicht Gegenstand der der Enteignung zugrunde liegenden straßenrechtlichen Bewilligung der Gemeindestraße. Für die Enteignung sei in erster Instanz gemäß § 3 Abs. 2 Oö. Straßengesetz 1991 die BH zuständig gewesen.

8 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 24. Februar 2014, B 815/2014-7, ablehnte und die Beschwerde mit Beschluss vom 14. April 2014, B 815/2013-10, dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

9 In seinem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten, die Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom 23. Juni 2014 beantragte der Revisionswerber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Er stellte weiters den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

10 Das an die Stelle der Landesregierung getretene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte Ersatz für den Vorlageaufwand. Die mitbeteiligte Gemeinde hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG, BGBl. I Nr. 33/2013, vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung erst nach dem Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass die Beschwerde als Revision gilt und für deren Behandlung nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2016, Zl. Ro 2014/05/0090, mwN).

13 Der Revisionswerber trägt vor, für das Straßenprojekt betreffend die ''Umfahrung Eferding" wäre gemeinsam mit der unmittelbar anschließenden Weiterführung der Trasse bis nach Aschach eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen; das Vorhaben sei grundlos in zwei Baulose zerstückelt worden. Dem ersten Baulos der "Umfahrung Eferding" liege die als gesetzwidrig bekämpfte Verordnung der Oö. Landesregierung zugrunde.

14 Dieses Vorbringen vermag der Revision schon deshalb zu keinem Erfolg zu verhelfen, weil Grundlage der hier zu beurteilenden Enteignung die straßenrechtliche Bewilligung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde betreffend eine Gemeindestraße vom 2. Juli 2012 ist, welche sich wiederum auf die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. September 2010 stützt. Die Verordnung der Oö. Landesregierung betreffend die "Umfahrung Eferding" ist nicht präjudiziell für die hier zu beurteilende Enteignung.

15 Auch das weitere Vorbringen in der Revision zum fehlenden öffentlichen Interesse und der fehlenden "Verhältnismäßigkeit" der Enteignung bezieht sich ausschließlich auf das Straßenprojekt der Oö. Landesregierung "Umfahrung Eferding" und enthält kein substantiiertes Vorbringen zur Frage, warum die Enteignung von Grundstücksflächen des Revisionswerbers für die bewilligte Errichtung der Gemeindestraße "Gstraße" rechtswidrig sein soll.

16 Insofern der Revisionswerber mit seinem Vorbringen die Notwendigkeit des Straßenvorhabens der mitbeteiligten Gemeinde in Zweifel ziehen will, ist ihm entgegenzuhalten, dass - worauf bereits hingewiesen wurde - Grundlage der hier zu beurteilenden Enteignung der straßenrechtliche Bewilligungsbescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde ist. Im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren wurde auf Grundlage der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde der neue Trassenverlauf der Straße fixiert. Der Straßenbaubescheid setzt die Bedingungen fest, welche bei der Ausführung der beabsichtigen Straßenbauten vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten zu erfüllen sind. Die Notwendigkeit des konkreten Straßenbauvorhabens ist daher im Verfahren nach den §§ 31 f. Oö. Straßengesetz 1991 zu prüfen; auf diese Frage kann daher im Enteignungsverfahren nicht mehr eingegangen werden (siehe dazu den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1978, 431/77 und 432/77, VfSlg 8358/1978). Der im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren gemäß § 31 Abs. 3 Z. 2 Oö. Straßengesetz 1991 Parteistellung genießende Grundeigentümer kann und hat schon in diesem Verfahren Einwendungen gegen die Notwendigkeit des Ausbaues einer Straße insoweit zu erheben, als davon seine Grundstücke betroffen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2008, 2005/05/0242).

17 Der Revisionswerber rügt auch die Zuständigkeit der BH als Enteignungsbehörde. Da das Land Oberösterreich im Zuge der "Umfahrung Eferding" die Umlegung von Landesstraßen u.a. im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Gemeinde vorsehe, bestehe für die Errichtung der als Gemeindestraße zu qualifizierenden Nebenwege ein Zusammenhang mit diesem Vorhaben. Für das gegenständliche Enteignungsverfahren wäre seiner Ansicht nach daher die Landesregierung gemäß § 3 Abs. 2 Oö. Straßengesetz 1991 in erster Instanz zuständig gewesen, weil die hier enteigneten Grundstücksflächen als Nebenweg zur "Umfahrung Eferding" zu qualifizieren seien.

18 § 3 Oö. Straßengesetz, LGBl. Nr. 84/1991, geändert durch

LGBl. Nr. 82/1997, lautet:

" § 3 Behörden

(1) Behörde im Sinne dieses Landesgesetzes, sofern nicht ausdrücklich anders geregelt, ist:

1. in Angelegenheiten, die Verkehrsflächen der Gemeinde sowie die Kennzeichnung von Verkehrsflächen und Gebäuden betreffen,

a) der Bürgermeister, in Städten mit eigenem Statut der Magistrat,

b) sofern sich die Verkehrsfläche in ihrer Längsachse auf das Gebiet zweier oder mehrerer Gemeinden erstreckt sowie bei Verfahren gemäß §§ 34 bis 38 jedoch die Bezirksverwaltungsbehörde,

2. in Angelegenheiten, die Verkehrsflächen des Landes betreffen, die Landesregierung.

(2) Zieht die Herstellung einer Verkehrsfläche des Landes die Änderung des Anschlusses einer Verkehrsfläche der Gemeinde (§ 20 Abs. 1) nach sich, ist für die Durchführung des diesbezüglich notwendig werdenden Enteignungsverfahrens abweichend vom Abs. 1 Z 1 lit. b. die Landesregierung zuständig."

19 § 35 Oö. Straßengesetz 1991 regelt die Enteignung, § 36 leg. cit. das Enteignungsverfahren.

20 § 20 Oö. Straßengesetz 1991 regelt die Anschlüsse von Straßen, Wegen und Zufahrten und ordnet in seinem Absatz 1 an, dass innerhalb des Ortsgebietes Anschlüsse von Verkehrsflächen der Gemeinde sowie Anschlüsse von nichtöffentlichen Straßen einschließlich Grundstückszufahrten an Verkehrsflächen des Landes nur mit Zustimmung der Straßenverwaltung des Landes hergestellt werden dürfen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn durch die Anschlüsse für die Benützbarkeit der Straße keine Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Die Zustimmung darf für nichtöffentliche Straßen (einschließlich Grundstückszufahrten) auch befristet oder auf jederzeitigen Widerruf erteilt werden, wenn ein sonstiger, zumutbarer Anschluss zum öffentlichen Wegenetz gewährleistet ist.

21 Nach § 3 Abs. 1 Z. 2 Oö. Straßengesetz 1991 ist die Landesregierung für Enteignungsverfahren nach dem Oö. Straßengesetz grundsätzlich nur in Angelegenheiten, die Verkehrsflächen des Landes betreffen, zuständig. Ist im Rahmen der Herstellung einer Verkehrsfläche des Landes auch die Änderung des Anschlusses einer Verkehrsfläche der Gemeinde erforderlich, ist gemäß § 3 Abs. 2 Oö. Straßengesetz 1991 für die Durchführung des diesbezüglich notwendig werdenden Enteignungsverfahrens abweichend vom Abs. 1 Z 1 lit. b leg. cit. nicht die Bezirksverwaltungsbehörde, sondern ebenfalls die Landesregierung zuständig. Diese die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde für Enteignungsverfahren in Angelegenheiten, die Verkehrsflächen einer Gemeinde betreffen, einschränkende Regelung bezieht sich nach dem klaren Gesetzeswortlaut aber nur auf die durch die Errichtung einer Verkehrsfläche des Landes erforderlichen Anschlussflächen der Gemeinde. Dies sind diejenigen Grundflächen, die auf Grund des bewilligten Straßenvorhabens des Landes für die (Neu‑)Anbindung einer Verkehrsfläche der Gemeinde an die Verkehrsfläche des Landes im Anschlussbereich, das ist im Regelfall der Einmündungstrichter der Kreuzung, benötigt werden, jedenfalls nicht der gesamte Verlauf einer Gemeindestraße.

22 Die vom gegenständlichen Enteignungsverfahren betroffenen Grundstücksflächen des Revisionswerbers sind projektsgemäß keine Anschlussflächen im dargelegten Sinn, weshalb für das vorliegende Enteignungsverfahren die BH zuständig war.

23 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. 24 Von der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

25 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 5. Oktober 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte