Normen
BauO NÖ 1996 §18;
BauO NÖ 1996 §19;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
BauO NÖ 1996 §18;
BauO NÖ 1996 §19;
BauO NÖ 1996 §23;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 57,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien (Bauwerber) sind jeweils Hälfteeigentümer des Grundstückes Nr. 2224/18, KG T. Die Revisionswerberin ist Hälfteeigentümerin des östlich unmittelbar daran angrenzenden Grundstückes Nr. 2224/19, KG T.
2 Mit Eingabe vom 24. April 2012 beantragten die Bauwerber die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Garage und einer Abstellplatzüberdachung im südlichen Bereich ihres Grundstückes. In der Plandarstellung ist die Garage als "Motorad-Garage" bezeichnet und an der östlichen Grundgrenze projektiert. An der westlichen Grundstücksgrenze befindet sich bereits eine Garage.
3 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 26. Juli 2012 wurde den Bauwerbern nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
4 Die gegen diesen Bescheid (unter anderem) von der Revisionswerberin erhobene Berufung wies der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 16. Oktober 2012 als unbegründet ab.
5 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Niederösterreichische Landesregierung die gegen den Bescheid des Stadtrates erhobene Vorstellung als unbegründet ab und führte begründend im Wesentlichen aus, nach § 70 NÖ BauO 1996 sei bei gekuppelter Bebauungsweise an der Grundstücksgrenze anzukuppeln und an der anderen Grundstücksgrenze ein Bauwich freizuhalten, was durch die projektierte Garage eingehalten werde, da sie an der östlichen Grundgrenze, an die anzukuppeln sei, projektiert sei. Dass bereits früher eine Garage an der westlichen Grundgrenze errichtet worden sei, könne nichts daran ändern. Die Ansicht der Revisionswerberin, wonach jedenfalls ein Bauwich freizuhalten sei, sei falsch. Der Einwand, dass die Motorradgarage den Bestimmungen des Bebauungsplanes nicht entspreche, betreffe kein subjektivöffentliches Nachbarrecht. Die Art und Weise der Errichtung der Garage sei unerheblich.
Im Einreichplan sei deutlich dargestellt, dass der Carport von der Motorradgarage konstruktiv getrennt sei, die Lastenableitung über jeweils eigene Steherkonstruktionen erfolge und brandschutztechnische Abtrennungen vorhanden seien. Es könne daher keinesfalls gesagt werden, es handle sich nicht um einen Carport, sondern um ein Gebäude. Bei den Bestimmungen des Bebauungsplanes beziehungsweise der Bebauungsdichte handle es sich nicht um subjektiv-öffentliche Nachbarrechte. Sollte der Carport entgegen der planlichen Darstellung ausgeführt werden und keine bauliche Trennung vorhanden sein beziehungsweise eine weitere Wand errichtet werden, hätte die Baubehörde diesbezüglich in einem baupolizeilichen Verfahren gegen den Bauwerber vorzugehen.
Sowohl das Baugrundstück als auch das Grundstück der Revisionswerberin seien im Grenzkataster, weshalb die Grundstücksgrenzen als rechtlich gesichert anzusehen seien. Laut den Planunterlagen solle auf die bestehende Einfriedung aufgebaut werden, weshalb das Vorbringen zum Grenzüberbau nicht nachvollzogen werden könne. Allein aus der Angabe der Grundstücksbreite von 12,04 m könne nicht geschlossen werden, dass die Bauwerber beabsichtigten, die Grundstücksgrenze zu überbauen. Die Qualität der Einreichpläne sei trotz eines Fehlers von 4 cm ausreichend.
Entgegen dem Einwand, die östliche und südliche Mauer der Motorradgarage seien nicht vom Bauantrag erfasst, seien diese als Bestand eingezeichnet, weshalb von einer Genehmigung auszugehen sei. Den Einreichunterlagen könne entnommen werden, dass die östliche Wand brandschutztechnisch entsprechend ausgestaltet werden solle. Diesbezüglich enthalte der Bescheid eine Auflage.
Auch hinsichtlich des Fundamentes enthalte der angefochtene Bescheid eine Auflage, wonach sich der Bauführer vor Baubeginn von der ausreichenden Tragfähigkeit des Fundamentes überzeugen und dies der Baubehörde schriftlich mitteilen müsse.
Der Einwand hinsichtlich des Pultdaches sei nicht beachtlich, weil er kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zum Gegenstand habe. Die Nachbarn könnten durch die Dachform auch keinesfalls in ihrem Lichteinfall beeinträchtigt werden, weil bei einem Nebengebäude mit einer Höhe von 2,7 m eine Beeinträchtigung des Lichteinfalles unter 45 Grad sowohl bei einem Flachdach als auch bei einem sehr mäßig geneigten Pultdach ausgeschlossen sei.
6 Gegen den angefochtenen Bescheid erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 19. September 2014, B 262/2013, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
7 In der auftragsgemäß ergänzten, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof als Revision geltenden Beschwerde begehrt die Revisionswerberin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
8 Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getretene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die Zuerkennung des Vorlageaufwandes.
9 Die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstattete eine Stellungnahme.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 VwGbk-ÜG vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung erst nach dem Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass die Beschwerde als Revision gilt und für deren Behandlung nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2015, Ro 2014/05/0073, mwN).
11 Im vorliegenden Fall ist die NÖ Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 8200-0, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 8200-20 maßgebend. Sie lautet auszugsweise:
"§ 4.
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als
...
3. Bauwerk: ein Objekt, dessen fachgerechte
Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist;
...
5. Bauwich: der vorgeschriebene Mindestabstand eines Gebäudes zu den Grundstücksgrenzen (seitlicher und hinterer Bauwich) oder zur Straßenfluchtlinie (vorderer Bauwich);
...
7. Gebäude: ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen;
Nebengebäude: ein Gebäude mit einer Grundrißfläche bis zu 100 m2, das
o oberirdisch nur ein Geschoß aufweist,
o keinen Aufenthaltsraum enthält und
o seiner Art nach dem Verwendungszweck eines Hauptgebäudes untergeordnet ist, unabhängig davon, ob ein solches tatsächlich besteht (z.B. Kleingarage, Werkzeughütte); es kann auch an das Hauptgebäude angebaut sein;
...
11. Hauptfenster: Fenster, die zur ausreichenden Belichtung von Wohn-, Arbeits- und anderen Aufenthaltsräumen erforderlich sind; alle anderen Fenster sind Nebenfenster;
...
14. Straßenfluchtlinie: die Grenze zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und anderen Grundflächen;
... ."
"§ 6.
Parteien, Nachbarn und Beteiligte
(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:
...
3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), ...
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauvorhaben bzw. das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.
...
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4)
sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die
Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 11) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.
... ."
"§ 51.
Bauwerke im Bauwich
(1) Im seitlichen und hinteren Bauwich dürfen Nebengebäude und -teile errichtet werden, wenn
...
3. die Gebäudehöhe dieser Nebengebäude und -teile nicht mehr als 3 m beträgt; bei Hanglage des Grundstücks darf diese Höhe hangabwärts entsprechend dem gegebenen Niveauunterschied überschritten werden, wenn der freie Lichteinfall unter 45 Grad auf die Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken nicht beeinträchtigt wird.
(2) Im vorderen Bauwich darf eine Kleingarage (Grundrißfläche bis 100 m2) errichtet werden, wenn
o die Hanglage des Grundstücks dies erfordert oder o der Bebauungsplan dies ausdrücklich erlaubt. Abs. 1 Z. 3 gilt sinngemäß.
(3) Bei der gekuppelten und der einseitig offenen Bebauungsweise muß der seitliche Bauwich, bei der offenen Bebauungsweise und der freien Anordnung von Gebäuden ein seitlicher Bauwich von Nebengebäuden freigehalten werden.
...
(5) Bauliche Anlagen sind im Bauwich zulässig, wenn o sie den freien Lichteinfall unter 45 Grad auf die Hauptfenster zulässiger Gebäude auf Nachbargrundstücken nicht beeinträchtigen
und
o der Bebauungsplan dies nicht verbietet.
... ."
"§ 70.
Regelung der Bebauung
(1) Die Bebauungsweise regelt die Anordnung der Gebäude auf dem Grundstück. Sie kann unter anderem auf eine der folgenden Arten festgelegt werden:
...
2. gekuppelte Bebauungsweise
die Gebäude auf zwei Bauplätzen sind an der gemeinsamen seitlichen Grundstücksgrenze aneinander anzubauen und an den anderen seitlichen Grundstücksgrenzen ist ein Bauwich einzuhalten;
...
...
Die Bebauungsweise darf wahlweise als offene oder gekuppelte festgelegt werden. Der Bauwerber darf ein Wahlrecht zwischen offener und gekuppelter Bebauungsweise nur unter Bedachtnahme auf die bereits bestehenden und bewilligten Gebäude ausüben, sofern das Wahlrecht nicht schon durch frühere Bauvorhaben verbraucht ist.
... ."
Der Bebauungsplan 1994 der mitbeteiligten Stadtgemeinde idF der 3. Änderung (Gemeinderatsbeschluss vom 2. Juli 2009) lautet auszugsweise:
"§ 7.
Garagen und Stellplätze
(1) Kleingaragen sind nur in baulichem Zusammenhang mit dem Hauptgebäude oder an den seitlichen Grundstücksgrenzen zulässig. Eine Kuppelung mit der Nachbargarage ist anzustreben bzw. in neu zu bebauenden Gebieten an den in der Plandarstellung zu bezeichnenden Grundgrenzen durchzuführen.
Die Errichtung von Kleingaragen im vorderen Bauwich gem. § 51 Abs. 2 Nö. Bauordnung 1996 wird erlaubt, sofern das Nebengebäude an eine seitliche Grundgrenze angebaut wird.
..."
12 Die Revisionswerberin bringt im Wesentlichen vor, die Ansicht der belangten Behörde, es könne sowohl an der westlichen als auch östlichen Grundstücksgrenze angebaut werden und es bestünde keine Verpflichtung zur Freihaltung zumindest einer der beiden Seiten im Bauwich, sei verfehlt. Falls der Bauwich bereits an einer seitlichen Grundgrenze verbaut sei, sei es nach § 70 NÖ BauO 1996 nicht zulässig, auch die andere seitliche Grundstücksgrenze zu verbauen, da sonst das Grundstück der Revisionswerberin an beiden Grundgrenzen durch Bauwerke auf den angrenzenden Nachbargrundstücken zur Gänze "zugebaut" würde.
Auf Grund der (näher genannten) Baubewilligung vom 21. Mai 1997 sei das Hauptgebäude in gekuppelter Bauweise an die Liegenschaft der Revisionswerberin angebaut und die Garage im Bauwich angrenzend an das westlich gelegene Grundstück errichtet worden. In Anbetracht der sich an der westlichen Grundgrenze befindlichen Garage sei die nunmehr gegenständliche Motorradgarage an der östlichen Grundgrenze nicht mehr zulässig und widerspreche sowohl dem Flächenwidmungsplan als auch den den Anrainern der D-Gasse bereits erteilten Baubewilligungen. Die beantragte Bewilligung hätte nämlich zur Folge, dass die auf den benachbarten Grundstücken errichteten Garagen umzubauen wären.
Das projektierte Bauwerk weise eine Breite von 12,04 m auf, obwohl das Baugrundstück lediglich 12,00 m breit sei. Es liege daher ein Überbau der Grundstücksgrenze zu Lasten der Revisionswerberin vor. Die Behörde hätte sich mit dieser Problematik auseinandersetzen müssen und nicht bloß auf die gesicherten Grenzen im Grenzkataster verweisen dürfen. Wenngleich dem Nachbarn kein Rechtsanspruch darauf zukomme, dass Planunterlagen in objektiver Hinsicht vollständig den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, sei bei derart auffälligen Unzulänglichkeiten ein Handlungsbedarf der Behörde gegeben. Sie hätte insbesondere ermitteln müssen, wie das projektierte Bauwerk errichtet werden solle, ohne dass es zu einer Verletzung des Eigentumsrechtes der Revisionswerberin durch einen Grenzüberbau komme.
Weiters sei die Baubehörde nicht darauf eingegangen, dass Verordnungen für das Baugrundstück existierten, die gegen die Errichtung des beantragten Bauvorhabens sprächen, insbesondere Punkt 2. der Verordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde "Parzellierung K-Straße, Bebauungsvorschriften (Stand 1.10.1996)" (wurde näher ausgeführt).
Die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Vorbringen auseinandergesetzt, dass die projektierte Motorradgarage auf Grund ihrer Länge von 5,5 m und des lediglich 2,2 m langen Schiebetores nicht dazu geeignet sei, tatsächlich als Garage für einen PKW zu dienen. Der NÖ Bauordnung 1996 sei der Begriff "Motorradgarage" fremd. Sofern die Baubehörde nicht über die Fachkenntnisse zur Beurteilung der Eignung eines Bauwerkes als Garage verfüge, wäre ein Sachverständiger beizuziehen gewesen.
Die an der westlichen Grenze des Baugrundstückes bereits bestehende Garage erfülle nicht den damals beantragten Verwendungszweck, und auch die gegenständlich projektierte Garage solle als Geräteschuppen dienen und werde nunmehr als solcher verwendet (wurde näher ausgeführt).
Die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Vorbringen der Revisionswerberin auseinandergesetzt, dass die projektierte Motorradgarage sowohl auf der nördlichen als auch auf der westlichen Seite als Mauerwerk ausgeführt werde. Der unmittelbar östlich daran angrenzende Carport reiche bis an die westliche Seite der Motorradgarage, weshalb er an der Westseite direkt mit der bereits bestehenden Garage verbunden und an der Ostseite durch die westliche Außenmauer der Motorradgarage begrenzt werde. Die bauliche Anlage sei somit nicht an drei Seiten offen und stelle keinen Carport dar. Sowohl in den Planunterlagen als auch in der Realität sei deutlich, dass die gesamte straßenseitige Front durchgehend von der westlichen bis zur östlichen Grundgrenze verbaut sei. Dies sei jedenfalls unzulässig.
Abschließend moniert die Revisionswerberin, die belangte Behörde habe sich nicht mit der in den Planunterlagen als Bestand ausgewiesenen östlichen und südlichen Mauer der Motorradgarage auseinandergesetzt. Die Bauwerber hätten die verfehlte Ansicht vertreten, dass diese Mauern nicht auch zum Gegenstand des Verfahrens zu machen seien. Da bei dem nunmehrigen Bauwerk diese beiden Mauern fehlten, sei die beantragte Baubewilligung unzulässig. Überdies wäre die östliche Mauer als Brandmauer auszuführen, wobei die bloße Auflage im angefochtenen Bescheid, es sei eine öffnungslose Brandwand im Sinne der Bestimmungen der NÖ Bautechnikverordnung zu errichten, daran nichts ändere, dass eine derartige Auflage unzulässig sei, sofern für diese Wand keine frühere Baubewilligung vorliege und sie auch nicht Gegenstand des aktuellen Bauverfahrens sei.
13 Die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte sind in § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 taxativ aufgezählt, sodass der Nachbar keine darüber hinausgehenden Rechte geltend machen kann; ferner gehen die Verfahrensrechte einer Partei nicht weiter als ihre materiellen Rechte, sodass Verfahrensfehler für die Nachbarn nur dann von Relevanz sein können, wenn damit eine Verletzung ihrer materiellen Nachbarrechte gegeben wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. August 2016, Zl. Ro 2014/05/0003, mwN).
14 Bei einem Baubewilligungsverfahren handelt es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren, bei dem die Zulässigkeit des beantragten Projektes auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist. Gegenstand des Verfahrens ist das in den Einreichplänen dargestellte Projekt, für das der im Einreichplan und der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte Bauwille des Bauwerbers entscheidend ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 2. August 2016, mwN).
15 Soweit die Revisionswerberin vorbringt, in Anbetracht der im vorderen Bauwich an der westlichen Grundgrenze der Bauliegenschaft bereits bestehenden Garage widerspreche die Errichtung der gegenständlichen Garage an der östlichen Grundgrenze dem Flächenwidmungsplan sowie den bereits erteilten Baubewilligungen und es dürfe nicht die gesamte straßenseitige Front der Bauliegenschaft verbaut werden, ist zu bemerken, dass eine Verletzung der damit angesprochenen Nachbarrechte nach § 6 Abs. 2 Z 3 NÖ BauO 1996 nur dann in Frage kommt, wenn der Lichteinfall auf Hauptfenster des Nachbarn beeinträchtigt wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2016, Zl. 2013/05/0200). Derartiges macht die Revisionswerberin aber nicht geltend, sie tritt insbesondere auch nicht den Darlegungen im angefochtenen Bescheid über die Gewährleistung des Lichteinfalles entgegen. Im Übrigen wird bemerkt, dass die Kuppelung an der östlichen Seite des Baugrundstückes vollzogen wurde. Der Umstand, dass an der westlichen Seite des Baugrundstückes eine Garage an der Grundgrenze errichtet wurde, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
16 Mit den Ausführungen betreffend die dem Verwendungszweck widersprechende Nutzung bezieht sich die Revisionswerberin nicht auf die nach den maßgeblichen Einreichunterlagen verfahrensgegenständlichen baulichen Anlagen. Dieses Vorbringen geht daher ins Leere.
17 Mit dem Einwand betreffend die Beurteilung der Abstellplatzüberdachung als Carport wird keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 dargetan.
18 Die Revisionswerberin bestreitet nicht, dass sowohl das Baugrundstück als auch ihre Liegenschaft im Grenzkataster sind. Die belangte Behörde hat richtig erkannt, dass dann, wenn ein Grundstück im Grenzkataster aufgenommen ist, der verbindliche Nachweis für die darin enthaltenen Grundstücksgrenzen gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2014, Zl. 2012/05/0164, mwN). Im Übrigen ist ausschließlich der eingereichte und bewilligte Bauplan ausschlaggebend, in dem ein Überbau der Grundstücksgrenze nicht eingezeichnet ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2014). Angemerkt wird, dass Unklarheiten und Fehler der Baupläne (hier: in Bezug auf die Angabe der Breite des Baugrundstückes) zu Lasten des Bauwerbers gehen (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Mai 2016, Zl. Ra 2016/05/0029, mwN).
19 Das Vorbringen betreffend die planliche Darstellung der östlichen und südlichen Mauer der Motorradgarage und dass beide Mauern im verfahrensgegenständlichen Bauwerk fehlten beziehungsweise deren Errichtung nicht vom Bauansuchen umfasst sei, zeigt keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte der Revisionswerberin im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 auf. Abgesehen davon gehen - wie bereits ausgeführt - Unklarheiten und Fehler der Baupläne zu Lasten der Bauwerber (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom 24. Mai 2016, mwN).
20 Soweit eine Relevanz der "Parzellierung K-Straße, Bebauungsvorschriften (Stand 1.10.1996)" als Verordnung geltend gemacht wird, genügt es auf den angeführten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 19. September 2014, Zl. B 262/2013, zu verweisen, wonach es sich dabei um keine Verordnung handelt, die der Revisionswerberin Rechte verleihen könnte.
21 Das aus § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ BauO 1996 abzuleitende subjektivöffentliche Recht gewährleistet den Brandschutz der Bauwerke des Nachbarn bezüglich tatsächlich bestehender Bauwerke auf dem Nachbargrundstück. Bei der Frage des Brandschutzes steht den Nachbarn dort ein Mitspracherecht zu, wo wegen der Ausgestaltung des Bauvorhabens selbst eine Brandbelastung anzunehmen ist. Das auf Bauwerke des Nachbarn beschränkte Recht auf Brandschutz kann auch nach § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ BauO 1996 nur insoweit verletzt sein, als durch die Ausgestaltung und die zulässige Benützung des bewilligten Bauwerks der Nachbarschutz nicht gewährleistet ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 2. August 2016, mwN). Das den Brandschutz betreffende, jedoch nicht weiter substantiierte Vorbringen der Revisionswerberin legt nicht dar, weshalb sie trotz der mit Auflage vorgeschriebenen brandbeständigen Ausführung der östlichen Mauer der verfahrensgegenständlichen Garage in ihrem subjektiv-öffentliche Recht auf Brandschutz verletzt sein könnte.
22 Die Revision erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
23 Die Revisionswerberin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof kann gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal habe, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlicher Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichthof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige.
Der EGMR hat in seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein), in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Revision wurde der maßgebliche Sachverhalt konkret nicht bestritten. Der Verwaltungsgerichtshof hatte ausschließlich Rechtsfragen zu lösen, wozu im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2015, Zl. 2013/05/0190).
24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG und §§ 3 und 4 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 29. September 2016
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