VwGH 2013/05/0129

VwGH2013/05/012924.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde 1. der Mag. U B und 2. des Dr. B B, beide in W, beide vertreten durch Dr. Bertram Broesigke und Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwälte in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 14, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Juni 2013, Zl. BOB - 274349/2013, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Dr. K E in W, vertreten durch Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §134a;
BauO Wr §81 Abs6;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:2013050129.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien (im Folgenden: Bauoberbehörde) vom 15. Februar 2012 wurde dem Mitbeteiligten (im Folgenden: Bauwerber) auf Grund seines Ansuchens vom 18. Jänner 2011 gemäß § 70 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) iVm § 54 leg. cit. und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 die Baubewilligung für ein unterkellertes einstöckiges Einfamilienhaus mit einem ausgebauten Dachgeschoss, einem als Wintergarten bezeichneten Bauwerk und drei Garagenstellplätzen im Keller sowie für ein Schwimmbecken und ein an dessen südlicher Seite anschließendes "Pflanzbecken", verbunden mit Geländeveränderungen und der Herstellung von Stützmauern, auf der Liegenschaft mit der Adresse F.-Gasse 56 in Wien erteilt.

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der südseitig an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaft mit der Adresse F.-Gasse 60.

Mit dem hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2015, Zlen. 2012/05/0058, 0071, wurde (u.a.) die von den Beschwerdeführern gegen den vorgenannten Bescheid erhobene Beschwerde, soweit sich dieser nicht auf die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung des als "Pflanzbecken" bezeichneten, südseitig des bewilligten Schwimmbeckens situierten Beckens bezog, als unbegründet abgewiesen.

Zur näheren Darstellung des dieser Baubewilligung zugrunde liegenden Bewilligungsverfahrens wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen.

Mit Eingabe vom 28. November 2012 suchte der Bauwerber mit einem Planwechsel um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für eine Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben durch die Vergrößerung einer Gaube an. Danach soll die (ursprüngliche) mit einer Länge von 4 m bewilligte Dachgaube oberhalb der 12 m langen Südfront des Gebäudes um 2 m auf eine Gesamtlänge von 6 m erweitert werden.

Die Amtssachverständige der Magistratsabteilung 19 des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: MA 19) hatte bereits mit Schreiben vom 5. November 2012 eine Stellungnahme aus architektonischer Sicht darüber abgegeben und ausgeführt, dass gegen die Änderung der Größe der Gaube der Südfassade im Sinne des § 85 BO kein Einwand erhoben werde. Die vorgesehene Abweichung von den Bauvorschriften dieser gartenseitigen Gaube sei gemäß § 81 Abs. 6 BO auf Grund der gestalterischen Abstimmung mit der darunter liegenden Fassadengestaltung eine Verbesserung gegenüber der ursprünglichen Lösung. Die Gaube entspreche dem Maßstab des Gebäudes sowie der Einteilung und der Größe der Hauptfenster. Das Erscheinungsbild des Hauses und das örtliche Stadtbild würden durch die Errichtung der geplanten Gaube nicht beeinträchtigt.

Der baupolizeiliche Amtssachverständige der Magistratsabteilung 37 des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: MA 37) hielt im Schreiben vom 3. Dezember 2012 fest, dass, wie den Plänen entnommen werden könne, die eingereichte Gaube nicht einer Erweiterung von Wohnräumen diene und die Grundfläche des dahinter liegenden Aufenthaltsraumes nicht vergrößert werde. Es werde lediglich die bereits bewilligte Gaube zum Zwecke der Belichtung des Aufenthaltsraumes erweitert. Da die Ausformung der Gauben nunmehr den Proportionen der Fenster bzw. der gesamten Fassade entspreche, würde - wie von der Amtssachverständigen der MA 19 angemerkt - diese Änderung dem Erscheinungsbild des Hauses entsprechen und somit dem örtlichen Stadtbild dienen.

Die Beschwerdeführer erhoben mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2012 zu der für den 9. Jänner 2013 anberaumten Bauverhandlung gegen das Bauvorhaben Einwendungen (u.a.) mit der Begründung, dass durch die Gaubenerweiterung eine weitere Beeinträchtigung des Lichteinfalls für ihr Haus zu erwarten sei. Auch bestehe kein öffentliches Interesse, vom Gebot, dass Dachgauben höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen dürften, abzugehen.

Die Amtssachverständige der MA 19 gab mit Schreiben vom 16. Jänner 2013 eine ergänzende Stellungnahme aus architektonischer Sicht ab, worin sie ausführte, dass ihre ursprüngliche Stellungnahme vom 5. November 2012 aufrecht bleibe. Durch die im gegenständlichen Planwechsel dargestellte Gaubenerweiterung, welche zu einer Überschreitung des zulässigen Drittels führe, werde das Gesamterscheinungsbild des Hauses verbessert, weil eine Symmetrie zu den darunterliegenden Fenstern und Balkonen entstehe.

Mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den

19. Bezirk vom 20. Februar 2013, der von der Bezirksrätin K. als Vorsitzenden unterfertigt ist, wurde auf Grund der Beschlussfassung des Bauausschusses in der Sitzung vom selben Tag ausgesprochen, dass die Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen nach Maßgabe des diesem Baubewilligungsverfahren zugrunde liegenden Planes gemäß § 81 Abs. 6 BO zulässig sei, nämlich dass die an der Südfassade befindliche Gaube das Ausmaß von einem Drittel der Frontlänge von 12 m um 2 m auf die Hälfte der betreffenden Gebäudefront (6 m) überschreiten dürfe. Es überwögen die Gründe, die für die Abweichung sprächen.

Dies begründete der Bauausschuss nach Hinweis auf die Stellungnahmen der Amtssachverständigen der MA 19 im Wesentlichen damit, dass der Einwand, es bestehe kein öffentliches Interesse an einer Erweiterung, zurückzuweisen sei, weil er keiner der in § 134a BO taxativ aufgezählten Bestimmungen zuzuordnen sei. Das Hauptgebäude sei ca. 9 m von der Grenze der Beschwerdeführer entfernt, und die betreffende Gaube komme ca. 14 m von der gemeinsamen Grundgrenze entfernt zu liegen. Schon auf Grund dieser Entfernung könne es bei der auf (eine Bauhöhe von) 7,5 m eingeschränkten Bauklasse I zu keiner Verminderung des Lichteinfalls auf nachbarlichem Grund kommen. Weiters seien die Dachgauben nicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. a BO zu bewerten und daher nicht in die Gebäudehöhenberechnung gemäß § 81 Abs. 2 leg. cit. einzubeziehen, wenn sie die Kriterien des § 81 Abs. 6 leg. cit. einhielten und daher zulässigerweise den Gebäudeumriss überschritten. Im gegenständlichen Fall lägen die Gauben im Bereich der Fenster der Hauptgeschosse, und die geplante Erweiterung werde deren Proportion entsprechen, weil sie im genau gleichen Ausmaß in der Dachebene abgebildet würden.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (MA 37) vom 15. März 2013 wurde dem Bauwerber gemäß § 70 BO die Baubewilligung für die beantragte Erweiterung der Gaube an der Südfront des Gebäudes unter einer Reihe von Vorschreibungen erteilt. Dieser Bescheid enthält in den wesentlichen Punkten dieselbe Begründung wie der genannte Bescheid des Bauausschusses.

Die von den Beschwerdeführern dagegen erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

Dazu führte die Bauoberbehörde nach Hinweis auf § 81 Abs. 6 BO (u.a.) aus, dass die projektierte Dachgaube nicht den Eindruck einer geschlossenen Front erwecke, keine durchgehende Auskragung des Dachraumes bewirke und gegenüber der darunter liegenden Gebäudefront um 1,96 m gegen das Gebäudeinnere eingerückt sei. Die den Beschwerdeführern zugewandte südseitige Gebäudefront, über welcher die vom Bauvorhaben umfasste Dachgaube situiert sei, weise eine Gesamtlänge von 12 m auf. Entsprechend der Bestimmung des § 81 Abs. 6 BO dürften Dachgauben grundsätzlich insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront und somit im gegenständlichen Fall höchstens eine Gesamtlänge von 4 m in Anspruch nehmen. Eine Überschreitung dieser Länge bis höchstens zur Hälfte der betreffenden Gebäudefrontlänge sei gemäß § 81 Abs. 6 BO zuzulassen, wenn dies eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung des Bauwerks bewirke oder der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes diene.

Hinsichtlich der Frage, ob diese Überschreitung der Herbeiführung eines Stadtbildes in diesem Sinne diene, habe die für Stadtbildfragen zuständige Amtssachverständige der MA 19 die Stellungnahmen vom 5. November 2012 und 16. Jänner 2013 erstattet. (Der Inhalt dieser Stellungnahmen wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides sodann wiedergegeben). Auf Grund der nachvollziehbaren Ausführungen der Amtssachverständigen für Stadtbildfragen sei davon auszugehen, dass die geplante Abweichung der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes diene, weshalb keine Gründe erkennbar seien, die einer Bewilligung der gegenständlichen Überschreitung der zulässigen Gaubenlänge entgegenstünden. Das Bauvorhaben stehe daher mit der BO nicht in Widerspruch.

Was die Einwendung der Beschwerdeführer hinsichtlich einer Beeinträchtigung des Lichteinfalls für ihr Grundstück anlange, so sei darauf hinzuweisen, dass der erforderliche Lichteinfall im Sinne des Punktes 9.1.2. der OIB-Richtlinie 3 (offenbar gemeint:

OIB-Richtlinie 3, Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz, des Österreichischen Institutes für Bautechnik vom Oktober 2011) unter 45 Grad, ansteigend von der Waagrechten und im rechten Winkel zur Gebäudefront, bis zu 30 Grad seitlich verschwenkt werden dürfe, um als gewährleistet zu gelten. Solcherart ergebe sich bei einer beidseitigen Verschwenkung des Lichteinfallswinkels an den beiden Endpunkten der Gaube, im Grundriss gesehen, die geometrische Form eines gleichseitigen Dreiecks mit einer Seitenlänge von jeweils 6 m, innerhalb dessen der Lichteinfallswinkel nicht gegeben sei. Auf Grund der Länge der Gaube von 6 m und ihres Abstandes zur gemeinsamen Grundgrenze des Bauplatzes mit der Liegenschaft der Beschwerdeführer von mehr als 14 m liege die solcherart ermittelte Fläche zur Gänze auf dem Bauplatz, und eine Beeinträchtigung der Lichtverhältnisse im Sinne der Bauvorschriften auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer könne nicht gegeben sein. Auf die Einhaltung bestehender Belichtungsverhältnisse bzw. auf eine bestimmte Besonnung hätten die Nachbarn keinen Rechtsanspruch. Ebenso wenig kenne die BO eine Bestimmung, die dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht dahingehend einräume, dass ihm ein freier Ausblick bzw. ein bestimmter "Grün- und Fernblick" gewährt würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Bauoberbehörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie der Bauwerber - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2014 replizierten die Beschwerdeführer auf diese Gegenschriften.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Für die Beurteilung des Beschwerdefalles sind die Bestimmungen der BO, LGBl. Nr. 11/1930, idF LGBl. Nr. 46/2010 maßgeblich.

§ 81 Abs. 1 bis 5 BO trifft (u.a.) nähere Bestimmungen zum

zulässigen Gebäudeumriss.

§ 81 Abs. 6 BO lautet:

"Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse; Bemessung

§ 81. ...

...

(6) Der nach den Abs. 1 bis 5 zulässige Gebäudeumriss darf durch einzelne, nicht raumbildende Gebäudeteile untergeordneten Ausmaßes überschritten werden; mit raumbildenden Dachaufbauten darf der Gebäudeumriss nur durch einzelne Dachgauben sowie im unbedingt notwendigen Ausmaß durch Aufzugsschächte und Treppenhäuser überschritten werden. Die einzelnen Dachgauben müssen in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen. Die Dachgauben dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen. Auf Antrag ist durch die Behörde (§ 133) eine Überschreitung dieses Ausmaßes bis höchstens zur Hälfte der betreffenden Gebäudefront zuzulassen, wenn dies eine zweckmäßigere oder zeitgemäße Nutzung des Bauwerks bewirkt oder der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dient.

..."

Die §§ 133 und 134 Abs. 3 sowie § 134a Abs. 1 lit. b BO haben

folgenden Wortlaut:

"Wirkungsbereich der Bauausschüsse der Bezirksvertretungen

§ 133. (1) Dem Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung obliegt als Behörde die Entscheidung über Anträge

1. auf Bewilligung von Abweichungen nach §§ 7a Abs. 5, 69, 76 Abs. 13, 81 Abs. 6 und 119 Abs. 6;

2. auf Erteilung von Sonderbaubewilligungen nach § 71b.

(2) Das Ermittlungsverfahren führt der Magistrat, bei dem auch der Antrag einzubringen ist. Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens hat der Magistrat den Antrag an den zuständigen Bauausschuss weiterzuleiten.

(3) Der Vorsitzende des Bauausschusses hat die Bescheide zu unterfertigen.

(4) Die Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 ist nur auf Antrag zulässig; das Ansuchen um Baubewilligung gilt zugleich als Antrag auf Bewilligung der für das Bauvorhaben erforderlichen Abweichungen nach Abs. 1 Z 1.

(5) Der Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 ist nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung an den Bauausschuss weiterzuleiten, der über den Antrag schriftlich durch Bescheid zu erkennen hat; der Bauausschuss darf nur Anträge, die sich auf ein bestimmtes Bauansuchen beziehen und mit Bauplänen gemäß § 63 Abs. 1 lit. a belegt sind, nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens über das Ansuchen um Baubewilligung in Behandlung nehmen. Durch den Bescheid werden der Flächenwidmungsplan und der Bebauungsplan weder abgeändert noch ergänzt. Wird die Bewilligung erteilt, ist damit über Einwendungen abgesprochen.

(6) Widerspricht ein Ansuchen um Baubewilligung den Voraussetzungen der §§ 7a Abs. 5, 69 Abs. 1 und 2, 76 Abs. 13, 81 Abs. 6 oder 119 Abs. 6, ist es abzuweisen; ein mit dem Ansuchen um Baubewilligung verbundener ausdrücklicher Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 gilt in diesem Falle als dem Ansuchen um Baubewilligung nicht beigesetzt. Dies gilt auch, wenn der Bauwerber mit dem Ansuchen um Baubewilligung ausdrücklich einen Antrag auf Bewilligung von Abweichungen Abs. 1 Z 1 stellt, ohne dass sein Bauvorhaben einer solchen Bewilligung bedarf, bzw. wenn das Ermittlungsverfahren über das Ansuchen um Baubewilligung ergibt, dass die Baubewilligung ohne Änderung des Bauvorhabens oder der Baupläne versagt werden muss.

(7) Vor der erstinstanzlichen Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 darf die Baubewilligung nicht erteilt werden. Gegen einen Bescheid, mit dem über den Antrag auf Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 entschieden wird, ist eine abgesonderte Berufung nicht zulässig. Die Berufung kann nur mit der Berufung gegen die Entscheidung über das Ansuchen um Baubewilligung verbunden werden, die sich auf die Entscheidung über Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 stützt. Die Bewilligung von Abweichungen nach Abs. 1 Z 1 steht nachträglichen Änderungen des Bauvorhabens nicht entgegen, sofern die Abweichung nicht berührt wird."

"Parteien

§ 134. ...

...

(3) Im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von Abweichungen von Vorschriften des Bebauungsplanes sind außer dem Antragsteller (Bauwerber) die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaften Parteien. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer der Liegenschaften zu behandeln. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134 a erschöpfend festgelegten subjektivöffentlichen Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134 a gegen die geplante Bauführung erheben; das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) steht Nachbarn bereits ab Einreichung des Bauvorhabens bei der Behörde zu. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG). Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben oder bis zu einer Breite von 6 m durch Fahnen oder diesen gleichzuhaltende Grundstreifen oder eine höchstens 20 m breite öffentliche Verkehrsfläche von dieser Liegenschaft getrennt sind und im Falle einer Trennung durch eine öffentliche Verkehrsfläche der zu bebauenden Liegenschaft gegenüberliegen. In allen übrigen Widmungsgebieten sowie bei Flächen des öffentlichen Gutes sind jene Liegenschaften benachbart, die in einer Entfernung von höchstens 20 m vom geplanten Bauwerk liegen.

..."

"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

...

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

..."

Die Beschwerdeführer sind unstrittig Nachbarn im Sinn des § 134 Abs. 3 BO.

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Die genannten Nachbarrechte werden durch die Tatbestandsvoraussetzung "sofern sie ihrem" (gemeint: der Nachbarn) "Schutze dienen" eingeschränkt. Dies bedeutet, dass trotz objektiven Verstoßes gegen eine unter § 134a BO subsumierbare baurechtliche Vorschrift die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes eines Nachbarn dann nicht vorliegt, wenn nach der Situierung des bewilligten Bauvorhabens schon der Lage nach in subjektive Rechte des Nachbarn nicht eingegriffen werden kann (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das bereits zitierte Erkenntnis, Zlen. 2012/05/0058, 0071, mwN).

Die Beschwerde bringt vor, dass die bewilligte Dachgaubenerweiterung eine wesentliche Verschlechterung der Lichtsituation auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer bewirke, weil deren Haus wesentlich niedriger gebaut sei als jenes des Bauwerbers. Darüber hinaus befinde sich deren südlich gelegene Liegenschaft auf Grund eines Gefälles niveaumäßig unterhalb der Bauliegenschaft, sodass die durch die Gauben vergrößerte Front besonders störend zur Geltung komme. Die Berufung auf ein wie immer geartetes öffentliches Interesse bzw. eine angebliche Verschönerung des Gesamtbildes sei in keiner Weise nachvollziehbar. Die von der Amtssachverständigen der MA 19 erstmals in der Stellungnahme vom 16. Jänner 2013 aufgestellte Behauptung einer Verbesserung des Erscheinungsbildes, weil angeblich eine Symmetrie zu den darunter liegenden Fenstern entstünde, sei eine Scheinbegründung, weil auch die kleinere Gaube entsprechend den alten Plänen symmetrisch zu dem direkt darunter liegenden Fenster gewesen wäre. Im Ergebnis könne die neue Gaube keinen optischen Eindruck der Mitte erwecken. Im Gegenteil wirke sie auf dem neuen Plan als zu weit nach links gerückt, obwohl sie sich unter Außerachtlassung des restlichen Hauses und unter reiner Beachtung des obersten Stockwerkes mehr in der Mitte befinden würde, was aber bei einer optischen Gesamtbetrachtung nicht bestätigt werde, während sie bei der alten Planung einen wesentlich harmonischeren Gesamteindruck im Zusammenhang mit dem rechtslastigen Gesamtbild des Hauses bewirken würde. Die Ausführungen der Sachverständigen beschränkten sich außerdem im Ergebnis darauf, dass das Gesamterscheinungsbild des Hauses angeblich verbessert werde, und die daraus von der Behörde im Berufungsbescheid gezogene Schlussfolgerung, dass die geplante Abweichung der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes diene, sei von der Sachverständigen gar nicht behauptet worden und wäre auch nicht verständlich. Tatsächlich habe die geplante Gaubenvergrößerung keine Auswirkung auf das Stadtbild. Die einzigen zwei Häuser bzw. die Bewohner der einzigen zwei Häuser, welche die Vorderansicht samt Gauben überhaupt sehen könnten, seien die Nachbarn der Liegenschaft F.-Gasse 58 und die Beschwerdeführer. Das gegenständliche Haus liege ja nicht an einer öffentlichen Straße, sondern sei nur über die Zufahrtsfahne erreichbar. Zudem erwecke die Gaubenerweiterung im Ergebnis den Eindruck einer geschlossenen Dachfront, weil die geplanten Gauben nicht getrennt, sondern direkt nebeneinander angelegt seien und im Ergebnis das Dach geschlossen erweiterten sowie den Eindruck eines viel größeren Gesamtdaches ergäben. Dies sei jedoch gemäß § 81 Abs. 6 BO nicht zulässig.

Die Stellungnahme der Amtssachverständigen der MA 19 (vom 16. Jänner 2013) sei in keiner Weise nachvollziehbar und den Beschwerdeführern auch nicht vor Erlassung des "abweisenden Bescheides" zur Kenntnis gebracht worden, weshalb ausdrücklich die Verletzung des Parteiengehörs gerügt werde. Ferner sei jener Architekt, der das Bauvorhaben geplant und die Änderungen eingereicht habe, Dipl.-Ing. G., auch Vorsitzender des Bauausschusses für den 19. Bezirk. Er hätte sich daher wegen Befangenheit von diesem Gremium zurückziehen müssen, was sich jedoch der Kenntnis der Beschwerdeführer entziehe. Die konkrete Zusammensetzung des Bauausschusses bei dieser Entscheidung sei ihnen nicht bekannt. Es müsste in jedem Fall offengelegt werden, ob Dipl-Ing. G. in irgendeiner Art und Weise an der Beschlussfassung beteiligt gewesen sei, weil der diesbezügliche Bescheid des Bauausschusses vom 20. Februar 2013 dann jedenfalls mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet wäre. Die Relevanz dieses Verfahrensmangel liege darin, dass der Bauausschuss offensichtlich voreingenommen die Ausnahmebewilligung erteilt habe und von einer Verbesserung für das Stadtbild ausgegangen sei, obwohl dies die Sachverständige der MA 19 gar nicht behauptet habe, die lediglich von einer Nichtverschlechterung des Stadtbildes ausgegangen sei. Im Gutachten sei jedenfalls keine Rede von irgendeiner positiven Auswirkung auf das Stadtbild.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Mit ihrem Vorbringen betreffend das Nichtvorliegen der Voraussetzungen gemäß § 81 Abs. 6 BO machen die Beschwerdeführer in Bezug auf die ihnen zugekehrte Gebäudefront das aus § 134a Abs. 1 lit. b leg. cit. resultierende Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über die Gebäudehöhe geltend (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2006, Zl. 2004/05/0251).

Im Zusammenhang mit der Gewährung einer Ausnahme gemäß § 81 Abs. 6 leg. cit. liegt eine Verletzung von Nachbarrechten nur dann vor, wenn eine solche Ausnahme gewährt wird, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2014, Zl. 2013/05/0168, mwN).

Die Bauoberbehörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit der Zulässigkeit der beantragten Überschreitung des Ausmaßes der Dachgaubenlänge im Sinne des § 81 Abs. 6 letzter Satz BO auseinandergesetzt und die Auffassung vertreten, dass die Überschreitung dieses Ausmaßes (lediglich) deshalb zuzulassen sei, weil diese der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes diene. Bei dieser Beurteilung hat sie sich auf die architektonischen Stellungnahmen der Amtssachverständigen der MA 19 vom 5. November 2012 und 16. Jänner 2013 gestützt.

Zutreffend weist die Beschwerde darauf hin, dass diese Stellungnahmen der Amtssachverständigen für die genannte Beurteilung keine tragfähige Grundlage bilden. Die darin getroffenen Aussagen, dass das Erscheinungsbild des Hauses und das örtliche Stadtbild durch die geplante Gaube nicht "beeinträchtigt" würden und durch die Gaubenerweiterung das Gesamterscheinungsbild des Hauses verbessert werde, erklären noch nicht, inwieweit die Herstellung dieser Gaube der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dient.

Die Frage der Verbesserung oder der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes kann - ebenso wie die Frage der Störung des Ortsbildes oder Landschaftsbildes - nur durch ein begründetes Sachverständigengutachten geklärt werden. Dabei muss der Befund eine detaillierte Beschreibung der örtlichen Situation, möglichst untermauert durch Planskizzen oder Fotos, enthalten, und es müssen die charakteristischen Merkmale der für die Beurteilung einer allfälligen Störung in Betracht kommenden Teile des Orts- und Landschaftsbildes durch das Gutachten erkennbar sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, Zl. 2010/05/0184, mwN). Erst auf Grund eines solchen Befundes über die örtlichen Gegebenheiten hat der Gutachter auf Grund seines Fachwissens ein Urteil abzugeben, inwieweit das beantragte Vorhaben eine Wirkung auf das Ortsbild (Stadtbild) entfaltet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2014, Zl. 2011/05/0089, mwN). Dies muss auch im Zusammenhalt mit dem Kriterium des § 81 Abs. 6 letzter Satz BO gelten, dass eine Dachgaube ein Drittel der Länge der Gebäudefront überschreiten darf, wenn es der Herbeiführung eines den zeitgemäßen Vorstellungen entsprechenden örtlichen Stadtbildes dient.

Die angeführten Stellungnahmen der Amtssachverständigen der MA 19 lassen die genannten Erfordernisse eines Ortsbildgutachtens vermissen. Darüber hinaus lässt sich aus diesen Stellungnahmen, wie bereits erwähnt, die von der Bauoberbehörde getroffene Beurteilung nach § 81 Abs. 6 letzter Satz (zweite Alternative) BO nicht ableiten.

Damit erweist sich der im angefochtenen Bescheid festgestellte Sachverhalt als in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig und der angefochtene Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, sodass der Bescheid - ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden brauchte - gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Februar 2015

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