VwGH 2013/08/0198

VwGH2013/08/019829.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richter und Richterinnen im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Mag. S O in Wien, vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5/10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 23. Mai 2013, Zl. BMASK- 428311/0001-II/A/3/2013, betreffend Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG und § 7 Z 3 ASVG (mitbeteiligte Parteien:

1. Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3, 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65-67,

3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 4. P L in S), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Beschäftigung als Leiterin von Kindertanzkursen für den Viertmitbeteiligten in der Zeit von 12. September 2008 bis 31. Dezember 2008, von 1. bis 29. Jänner 2010 und von 8. Februar 2010 bis 30. Juni 2010 der Teilversicherungspflicht nach § 7 Z 3 lit. a ASVG und in der Zeit von 1. bis 30. Jänner 2009, von 9. Februar 2009 bis 30. Juni 2009, von 1. September 2009 bis 31. Dezember 2009, von 1. September 2010 bis 4. Februar 2011 und von 14. Februar 2011 bis 30. Juni 2011 der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AIVG unterlegen sei.

Begründend führte sie aus, dass sich die Beschwerdeführerin, wie aus der von der Volksschule H. vorgelegten Homepage vom 8. September 2011 hervorgehe, für ein ganzes Semester im Vorhinein zur Abhaltung von wöchentlichen Kindertanzkursen zu für das Semester festgelegten Tageszeiten verpflichtet habe. Gegenstand des zwischen ihr und dem Viertbeteiligten eingegangenen Vertragsverhältnisses sei somit die regelmäßige Abhaltung von Kindertanzkursen während eines vorausbestimmten Zeitraumes gewesen. Sie habe aufgrund dieser Vereinbarung ein dauerndes Bemühen geschuldet. Die abgeschlossene Vereinbarung lasse keinen Maßstab erkennen, nach dem beurteilt werden könnte, ob das "Werk" ordnungsgemäß erbracht worden sei oder ob Erfüllungsansprüche bzw. Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden könnten. Nach Ansicht der belangten Behörde sei das Vorliegen eines Werkvertrages daher schon aufgrund der vereinbarten Leistung auszuschließen. Die Beschwerdeführerin habe sich gegenüber dem Viertmitbeteiligten zu Dienstleistungen im Rahmen mehrerer Dauerschuldverhältnisse verpflichtet.

Die Beschwerdeführerin habe die Kurszeiten und die Dauer der einzelnen Tanzkurse jeweils zu Beginn des Semesters festgelegt. Der Viertmitbeteiligte habe die Räumlichkeiten in Absprache mit ihr, den Gemeinden und den Schulleitungen festgelegt. Daraus sei abzuleiten, dass die Beschwerdeführerin jeweils zu Beginn ihrer befristeten Beschäftigungen Einfluss auf die Lage und Dauer ihrer Arbeitszeit nehmen habe können. Dieser Umstand allein spreche aber nicht gegen ihre persönliche Abhängigkeit.

Aus der vorgelegten Homepage der Volksschule H. ergebe sich, dass sie sich für ein ganzes Semester im Vorhinein zur Abhaltung wöchentlicher Kindertanzkurse zu für das Semester festgelegten Tageszeiten verpflichtet habe. Die Semestergebühr habe EUR 90,-- betragen. Für nähere Informationen sei der Viertmitbeteiligte mit einer Telefonnummer genannt worden. Daraus sei abzuleiten, dass die Beschwerdeführerin während jener Semester, für die sie sich zur Abhaltung von Kindertanzkursen verpflichtet habe, an die zu Beginn des Semesters in Absprache mit dem Viertmitbeteiligten festgelegten Arbeitszeiten gebunden gewesen sei.

Dass sie während eines Semesters die einmal festgelegten Kurszeiten jederzeit ohne Rücksprache mit dem Viertmitbeteiligten hätte abändern können, erscheine vor diesem Hintergrund nicht lebensnahe und daher nicht glaubwürdig: Eine Verschiebung von Kursen durch sie hätte bedeutet, dass der Viertmitbeteiligte, der sich nach übereinstimmender Aussage beider stets um die Organisation der Turnsäle gekümmert habe, die Räumlichkeiten für den verlegten Termin organisieren hätte müssen, ohne dafür besondere finanzielle Einnahmen erwarten zu können. Es erscheine daher nicht glaubwürdig, dass der Viertmitbeteiligte, der ein offensichtliches geschäftliches Interesse am verfahrensgegenständlichen Vertragsverhältnis gehabt habe, eine jederzeitige Abänderung der Kurszeiten durch die Beschwerdeführerin akzeptiert hätte. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass ein Abändern der einmal festgelegten Kurszeiten nur im Ausnahmefall und nur unter Kontaktnahme mit dem Viertmitbeteiligten (der dann seinerseits die Benutzung des Turnsaales umorganisieren habe müssen) möglich gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei während der im Spruch genannten Zeiträume an die festgelegten Arbeitszeiten gebunden gewesen.

Arbeitsort seien die Turnsäle der Volksschulen H. und S. gewesen, deren Benützung der Viertmitbeteiligte organisiert habe. Die Kurse seien für die Turnsäle ausgeschrieben gewesen. Wie der Viertmitbeteiligte selbst angebe, wären seiner Auffassung nach Kinder, Eltern, Bürgermeister und Schulleitungen mit einer eigenmächtigen Änderung des Arbeitsortes durch die Beschwerdeführerin nicht einverstanden gewesen. Er sei, seinen eigenen Angaben zufolge, auch bei den beiden Volksschulen "kein Unbekannter"; ihm sei auch bekannt und bewusst gewesen, dass in der Volksschule S. eine Konkurrentin Kindertanzkurse abgehalten habe.

Diese Aussage müsse vor dem Hintergrund gesehen werden, dass der Viertmitbeteiligte selbst an der Adresse in S. keine für Tanzkurse geeigneten Räumlichkeiten gehabt, also sein Gewerbe (Organisation und Vermittlung von Veranstaltungen, Tanzkurse mit Erwachsenen) im Zusammenwirken mit Gemeinden und Unternehmen (Wirten) zu betreiben gehabt habe, die ihm Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hätten. Vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass er ein geschäftliches Interesse an einer konfliktfreien Vertragsbeziehung mit den beiden Gemeinden und beiden Schulleitungen gehabt habe. Für eine beliebige Abänderung des Arbeitsortes durch die Beschwerdeführerin böten die so festgestellten Umstände keinen Raum.

Diese habe sich jeweils für ein Semester zur wöchentlichen Abhaltung von Kindertanzkursen in den Volksschulen S. und H. verpflichtet. Der Viertmitbeteiligte habe dadurch die faktische Möglichkeit gehabt, ihr Arbeitsverhalten (Pünktlichkeit, Freundlichkeit) zu überwachen und bei Bedarf einzuschreiten. Da er die Kontaktadresse für die Eltern gewesen sei und aufgrund der Abrechnungen die Daten der Eltern gekannt habe, wäre es ihm auch möglich gewesen, bei Bedarf durch Kontaktnahme mit diesen das Arbeitsverhalten der Beschwerdeführerin zu überprüfen. Der Umstand, der Viertmitbeteiligte habe daran interessiert gewesen sein müssen, dass ihr Arbeitsverhalten den Vorstellungen der Gemeinden, Schulleitungen sowie der Eltern und Kinder entspreche, sei im vorliegenden Gesamtzusammenhang auch daraus abzuleiten, dass er selbst auf ein gutes Einvernehmen mit den Gemeinden und Schulleitungen angewiesen gewesen sei, um sein Gewerbe (Organisation von Veranstaltungen, Erwachsenentanzkurse) ausüben zu können. Die Beschwerdeführerin sei somit gegenüber dem Viertmitbeteiligten weisungsgebunden und kontrollunterworfen im Sinne der stillen Autorität des Dienstgebers gewesen.

Nach Wiedergabe der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur persönlichen Arbeitspflicht eines Dienstnehmers nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG und der diese ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis führte die belangte Behörde weiter aus, die Beschwerdeführerin und der Viertmitbeteiligte hätten anlässlich ihrer Befragung in den Fragebögen übereinstimmend angegeben, sie seien beide davon ausgegangen, dass es tatsächlich nicht zu einer Vertretung durch eine außenstehende Person kommen solle: Beide hätten die Auffassung vertreten, dass der Einsatz einer betriebsfremden Vertretung weder von den Kindern, noch von den Eltern, Schulleitungen und Bürgermeistern akzeptiert worden wäre. Daraus sei im vorliegenden Gesamtzusammenhang abzuleiten, dass keine beliebige Vertretungsbefugnis im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vereinbart worden sei. Auch der Berufungseinwand, die Beschwerdeführerin hätte sich im Falle von Verhinderungen vertreten lassen können, belege vor dem Hintergrund der oben dargelegten höchtsgerichtlichen Judikatur kein beliebiges Vertretungsrecht.

Soweit die beiden in der Berufung behaupteten, es wäre ein beliebiges Vertretungsrecht vereinbart worden und die Beschwerdeführerin hätte nicht einmal Rücksprache mit dem Viertmitbeteiligten halten müssen, erscheine das unter Berücksichtigung des oben Festgestellten nicht glaubwürdig: Schon der Umstand, dass der Viertmitbeteiligte laut dem von ihm beantworteten Fragebogen genau gewusst habe, dass sich die Beschwerdeführerin tatsächlich niemals vertreten lassen habe, zeige, dass er tatsächlich darüber Informationen eingeholt habe, ob sie die Kindertanzkurse selbst ausführe. Weiters sei in diese Beweiswürdigung der bereits dargelegte Umstand miteinzubeziehen, dass er ein offensichtliches geschäftliches Interesse an einem guten Einvernehmen mit den Gemeinden, Schulleitungen, Eltern und Kindern gehabt habe, die ihrerseits eine beliebig häufige Vertretung der Beschwerdeführerin durch eine von ihr nach eigenem Gutdünken ausgewählte außenstehende Person nicht akzeptiert hätten. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass letztere sich zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet habe.

Aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich, dass die Beschwerdeführerin in persönlicher Abhängigkeit von ihrem Dienstgeber, dem Viertmitbeteiligten, beschäftigt gewesen sei. Daraus sei zwangsläufig die wirtschaftliche Abhängigkeit abzuleiten.

Soweit der Viertbeteiligte und die Beschwerdeführerin vorbrächten, sie hätte die Kursgebühren selbst festgelegt, ein umsatzabhängiges Entgelt erhalten und ihr wären keine Spesen ersetzt worden, sei im vorliegenden Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen, dass aus den vorgelegten Beweismitteln hervorgehe, sie habe jeweils zu Beginn eines Semesters (mit)bestimmt, zu welchen Zeiten, an welchen Orten und für welche Kursgebühren sie für das folgende Semester tätig werde. Auch die Kursgebühren seien zu Semesterbeginn zu bezahlen gewesen. Der Umstand, dass eine Beschäftigte zu Beginn ihres Beschäftigungsverhältnisses (im vorliegenden Fall jeweils zu Beginn ihrer befristeten Beschäftigungsverhältnisse) die Möglichkeit habe, Einfluss auf ihre Arbeitszeit, ihren Arbeitsort und die Höhe des Entgelts zu nehmen, spreche nicht gegen ihre persönliche Abhängigkeit. Dass die Beschwerdeführerin die Kursbeiträge völlig eigenmächtig festgesetzt und dann dem Viertmitbeteiligten, ohne mit ihm zu verhandeln, verbindlich mitgeteilt hätte, erscheine insofern nicht glaubwürdig, als letzterer, der unbestritten einen Gewerbebetrieb geführt habe, seine organisatorischen Leistungen im Falle eines für ihn unwirtschaftlich niedrigen Einkommens nach allgemeiner Lebenserfahrung abgelehnt hätte. Aus dem genannten Vorbringen sei daher im vorliegenden Gesamtzusammenhang weder persönliche Unabhängigkeit noch ein Unternehmerrisiko auf Seiten der Beschwerdeführerin abzuleiten.

Die Beschwerdeführerin habe sich jeweils zu Semesterbeginn neu verpflichtet, für das kommende Semester wöchentlich Kurse abzuhalten. Die Zeit der Schulferien seien daher von der vorliegenden Versicherungspflicht auszunehmen gewesen. Es seien mehrere befristete Beschäftigungsverhältnisse zustande gekommen, auf die die Kriterien der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit zutreffen.

Dass sie während des Semesters jederzeit nach eigenem Gutdünken sanktionslos Kurse absagen habe können, erscheine im vorliegenden Gesamtzusammenhang nicht lebensnahe und daher nicht glaubwürdig: Eine Absage durch sie hätte in jedem Fall einen erhöhten Arbeitsaufwand für den Viertmitbeteiligten nach sich gezogen: Sofern ein Kurs zu einem anderen Termin nachgeholt werden hätte müssen, hätte der Viertmitbeteiligte die Räumlichkeiten für den verlegten Termin zu organisieren gehabt. Sofern ein Kurs aber ersatzlos abgesagt worden wäre, hätten die Eltern Anspruch auf eine Verringerung der bereits zu Semesterbeginn bezahlten Kursgebühren, was laut Vereinbarung ebenfalls der Viertmitbeteiligte zu bewerkstelligen hätte, der in diesem Fall - unter Zugrundelegung der Sachverhaltsdarstellungen der beiden - trotz höherem Verwaltungsaufwand mit niedrigeren Kursgebühren zurechnen gehabt hätte. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin während der einzelnen Semester vereinbarungsgemäß bereits übernommene Kurstermine nur ausnahmsweise, etwa im Fall der Krankheit, absagen habe dürfen.

Die Beschwerdeführerin habe sich jeweils zu Semesterbeginn zu periodisch wiederkehrenden Leistungen verpflichtet und sei auch tatsächlich im Sinne der festgestellten Vereinbarungen tätig gewesen, weshalb durchgehende befristete Beschäftigungsverhältnisse vorlägen.

Der Viertmitbeteiligte habe aufgrund einer mit der Beschwerdeführerin geschlossenen mündlichen, entgeltlichen Vereinbarung im Rahmen seines Gewerbebetriebes für die von ihr in Aussicht genommenen Kindertanzkurse die dazu nötigen Räumlichkeiten organisiert und bereitgestellt und die Einhebung der Kursbeiträge vorgenommen. Er habe einen Teil der eingehobenen Kursbeiträge behalten und die andere Hälfte als Entgelt an die Beschwerdeführerin weitergegeben. Er sei der belangten Behörde zufolge als Dienstgeber der Beschwerdeführerin zu beurteilen.

Zusammenfassend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe sich gegenüber dem Viertmitbeteiligten für die im Spruch festgestellten Zeiträume zu periodisch wiederkehrenden Leistungen verpflichtet und sei auch tatsächlich im Sinne der festgestellten Vereinbarungen tätig gewesen. Im Rahmen dieser Beschäftigung sei sie an Ordnungsvorschriften über Arbeitszeit und Arbeitsort gebunden sowie weiters weisungsgebunden und kontrollunterworfen im Sinne einer stillen Autorität des Viertmitbeteiligten gewesen. Sie sei zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet und im Rahmen der vorliegenden Beschäftigungen Dienstnehmerin im Sinne des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG gewesen.

Während jener Zeiträume, in denen ihr Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG gelegen sei, sei sie der Vollversicherung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen. Während der Zeiten ihrer geringfügigen Beschäftigung sei sie der Teilversicherungspflicht nach § 7 Z 3 lit. a ASVG unterlegen. Da sie während der Schulferien nicht beschäftigt gewesen sei und sich jeweils nur für ein Semester im Vorhinein verpflichtet habe, weiters, da sie ihre Tätigkeit am 30. Juni 2011 beendet habe, seien die Zeiträume der Beschäftigung entsprechend einzuschränken gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber - ebenso wie ausdrücklich die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt - Abstand genommen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt hat sich am Verfahren nicht beteiligt. Der Viertmitbeteiligte hat eine Stellungnahme zur Beschwerde abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Versicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; dazu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Zur Auslegung des Dienstnehmerbegriffs gemäß § 4 Abs. 2 ASVG besteht umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. August 2014, 2012/08/0100, mwN). So hängt die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zB aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. 12.325 A).

Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2014, 2012/08/0157, mwN).

2. Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt keine selbständige Tätigkeit im Rahmen eines zwischen der Beschwerdeführerin und dem Viertmitbeteiligten bestehenden Werkvertragsverhältnisses vor, da sich - wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat - die getroffene Vereinbarung über die regelmäßige Abhaltung von Kindertanzkursen nicht auf die entgeltliche Herstellung eines Werkes als in sich geschlossene Einheit einer individualisierten, konkretisierten und gewährleistungstauglichen Leistung bezieht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2014, 2012/08/0253, mwN), sondern die Beschwerdeführerin vielmehr ein dauerndes Bemühen geschuldet hat, was ebenfalls gegen einen Werkvertrag spricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2010, 2007/08/0129).

3. Die Beschwerdeführerin bestreitet das Vorliegen einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit und bringt vor, sie habe ihre Kindertanzkurse völlig selbständig, ohne Mitwirkung des Viertmitbeteiligten durchgeführt. Dies umfasse die Ausschreibung der Tanzkurse, das Auswahlverfahren für die teilnehmenden Kinder, die Festlegung der Kurszeiten und der Kursdauer, die Zusammenstellung des Programms und die musikalische Gestaltung. Für das Zustandekommen und die Durchführung der pädagogischen Kindertanzkurse sei sie völlig allein verantwortlich gewesen. Allein ihrem unternehmerischen Einsatz sei es zuzuschreiben, dass diese Tanzkurse auch tatsächlich durchgeführt worden seien. Lediglich die Überweisung der Kursgebühr sei durch den Viertmitbeteiligten abgewickelt worden, der im Rahmen der getroffenen Übereinkunft 50% der Kursgebühren an die Beschwerdeführerin weitergeleitet habe. Alle Wareneinsätze habe sie selbst bezahlen müssen.

Die belangte Behörde hat die persönliche Abhängigkeit zum einen mit der Gebundenheit der Beschwerdeführerin an bestimmte Arbeitszeiten und Arbeitsorte begründet. Dabei handelt es sich im vorliegenden Fall aber um kein unterscheidungskräftiges Kriterium, weil sich schon aus der Natur der Tätigkeit - der Abhaltung von Tanzkursen - ergibt, dass diese nur zu den vorher festgelegten Zeiten und an den dafür reservierten Orten stattfinden konnten. Die belangte Behörde hat zum anderen festgestellt, dass der Viertmitbeteiligte die "faktische Möglichkeit" gehabt habe, das "Arbeitsverhalten (Pünktlichkeit, Freundlichkeit)" der Beschwerdeführerin zu überwachen und bei Bedarf "einzuschreiten". Aus der bloßen abstrakten Möglichkeit, Kontrollen durchzuführen, lässt sich eine persönliche Abhängigkeit aber im vorliegenden Fall nicht ableiten. Die belangte Behörde hat im Übrigen weder festgestellt, dass derartige Kontrollen jemals durchgeführt worden wären, noch gibt es Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin irgendwelchen (fachlichen oder persönlichen) Weisungen unterlegen wäre und ihr im Fall weisungswidrigen Verhaltens Sanktionen gedroht hätten. Es wurde auch nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in einen Betrieb des Viertmitbeteiligten - etwa eine Tanzschule - eingegliedert gewesen wäre (vgl. das zur Vortragstätigkeit ergangene hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, 2009/08/0123, mwN) oder dass eine Berichtspflicht bestanden hätte. Auf der anderen Seite sprechen mehrere Merkmale - insbesondere die von der Beschwerdeführerin schon im Verwaltungsverfahren in den Vordergrund gestellte Eigenständigkeit bei der Planung und Durchführung der Kurse sowie ihre Honorierung mit einem fixen Anteil an den Kursgebühren - für ihre persönliche Unabhängigkeit.

Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht vom Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit und somit von einem Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ausgegangen.

4. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf "Altfälle" weiter anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. April 2015

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