VwGH 2012/08/0100

VwGH2012/08/010026.8.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der A Luftfahrschule GmbH in H, vertreten durch Dr. Inge Margreiter, Rechtsanwältin in 6230 Brixlegg, Herrnhausplatz 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 15. März 2012, Zl. BMASK-424914/0001- II/A/3/2010, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. O H in L, 2. Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4021 Linz, Gruberstraße 77,

3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs4;
ASVG §49;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2012080100.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Erstmitbeteiligte aufgrund seiner Beschäftigung für die beschwerdeführende Partei in näher bezeichneten Zeiträumen zwischen dem 26. Februar 2001 und dem 19. Dezember 2006 gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll- und Arbeitslosenpflichtversicherung unterliege.

Die beschwerdeführende Partei biete Pilotenscheine für Berufspiloten, Lizenzen für Verkehrspiloten und Privatpilotenlizenzen an. An ihrem Sitz in H würden sowohl der Theorie- als auch der Praxisunterricht stattfinden. Die beschwerdeführende Partei übernehme (die Verantwortung für) den gesamten organisatorischen Ablauf. Der Unterricht erfolge durch hauptberufliche und nebenberufliche Fluglehrer.

Der Erstmitbeteiligte sei in den streitgegenständlichen Zeiträumen als Fluglehrer für die beschwerdeführende Partei tätig gewesen. Die Lehrzeiten und Lehrorte würden aus organisatorischen Gründen und in Anbetracht der begrenzten Verfügbarkeit von Unterrichtsräumen aus wirtschaftlichen Gründen mit der beschwerdeführenden Partei abgestimmt bzw. von dieser organisiert. Die Flugkurse würden aus mehreren Teilkursen bestehen, die zeitlich und sachlich aufeinander abgestimmt würden. Die Kurspläne und Kursorte würden den Teilnehmern rechtzeitig bekannt gegeben, sodass sich diese entsprechend vorbereiten könnten.

Der Erstmitbeteiligte, der mit der beschwerdeführenden Partei mündlich einen "Werkvertrag" abgeschlossen habe, habe den Großteil seiner Tätigkeit in den Schulungsräumen der beschwerdeführenden Partei ausgeübt. Ein Beamter sei bereitgestellt worden. Die Schulungsunterlagen hätten den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und die notwendigen Informationen enthalten müssen (Genehmigungspflicht durch die Luftfahrbehörde). Darüber hinaus hätten die Fluglehrer eigene und ergänzende Schulungsunterlagen verwenden können, sofern diese den gesetzlichen Vorschriften entsprochen hätten. Die Flugzeuge seien ebenfalls im Besitz der beschwerdeführenden Partei. Die Praxisstunden würden am Flughafen H absolviert werden. Der Erstmitbeteiligte habe sowohl Theorie- als auch Praxisstunden erteilt und einen Stundenlohn (inkl. Vor- und Nachbereitung) zwischen EUR 30,-- und EUR 40,-- erhalten. Er sei nur abends beschäftigt gewesen, weil er die Fluglehrertätigkeit nebenbei ausgeübt habe. Die Praxisstunden mit Flugschülern seien wetterabhängig gewesen. Daher habe es immer wieder kurzfristige Verschiebungen gegeben, die direkt mit dem einzelnen Schüler vereinbart worden seien. Theoriekurse hätten im Frühjahr und Herbst stattgefunden. Dazu habe es Vorbesprechungen gegeben, in denen der Erstmitbeteiligte bekannt gegeben habe, zu welchen Zeiten er unterrichten könne. Anhand dieser bekannt gegebenen fixen Zeiten habe der Koordinator (der beschwerdeführenden Partei) die Kurse eingeteilt und einen Kursplan erstellt, der im Büro aufgelegen sei und fix gegolten habe. Die Organisation (Einteilung der Räume und der Kursteilnehmer) sei durch das Büro (der beschwerdeführenden Partei) vorgenommen worden. Die Kurse seien von vornherein so eingeteilt worden, dass der Erstmitbeteiligte Zeit gehabt habe. Er sei nie ausgefallen. Wäre er z.B. wegen Krankheit an der Abhaltung eines Kurses verhindert gewesen, wäre ein anderer Fluglehrer der beschwerdeführenden Partei für ihn eingesprungen. Es hätte aber auch jeder als Fluglehrer tätig werden können, der die behördliche Genehmigung habe. Die beschwerdeführende Partei hätte selbst für Ersatz gesorgt und den Ersatzlehrer bezahlt. Es sei nie zu einer Vertretung gekommen, jedoch hätte im Vertretungsfall die beschwerdeführende Partei und nicht der Erstmitbeteiligte für Ersatz gesorgt. Die Überprüfung der Qualifikation der Ersatzkraft wäre von der beschwerdeführenden Partei vorgenommen worden. Der Erstmitbeteiligte hätte der beschwerdeführenden Partei seinen Ausfall melden müssen, weil sie sonst keinen Ersatz hätte besorgen können.

Die Unterrichtstätigkeit, und zwar sowohl die Erteilung von Theoriestunden als auch von Praxisstunden, sei Teil des Angebotes der Flugschule an die (dafür zahlenden) Flugschüler gewesen. Es sei auch im Interesse der beschwerdeführenden Partei gelegen, dass die Leistungen durch qualifizierte Fluglehrer erbracht würden.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, dass zwischen ihr und dem Erstmitbeteiligten ein mündlicher "Werkvertrag" bestanden habe, könne nicht gefolgt werden, weil die Tätigkeit des Erstmitbeteiligten als Fluglehrer ihrer Natur nach als Dienstleistung zu qualifizieren sei. Es sei nicht zu erkennen, worin die individualisierte Leistung als eine in sich geschlossene Einheit bei der Tätigkeit eines Fluglehrers bestehen solle. Auch sei nicht ersichtlich, worin der Erfolg der Lehrtätigkeit liegen solle. Der Fluglehrer schulde lediglich ein dauerndes Bemühen, nicht jedoch einen konkret zu erreichenden "Ausbildungserfolg". Die Erreichung des Lernzieles sei vom Flugschüler selbst abhängig. Es sei kein Maßstab ersichtlich, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden sollten. Dass der Ausbildungsschritt durch den Fluglehrer solange zu wiederholen sei, bis er positiv erledigt sei, widerspreche jedem wirtschaftlichen Maßstab und sei unglaubwürdig. Darüber hinaus sei der Erstmitbeteiligte nach Stunden bezahlt worden.

Die Arbeitsleistung des Erstmitbeteiligten sei nicht im Sinn einer periodisch wiederkehrenden Leistungspflicht durch ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung im Voraus bestimmt gewesen. Es seien auch keine bindenden Vereinbarungen über den Arbeitseinsatz getroffen worden, ebenso keine Rahmenvereinbarung (etwa über eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit). Der Erstmitbeteiligte sei nur im Fall seiner Zusage zum Tätigwerden verpflichtet gewesen. Die beschwerdeführende Partei habe nicht von vornherein mit seiner Arbeitskraft rechnen können. Es liege keine Willenseinigung über eine regelmäßige wiederkehrende Arbeitsleistung und damit kein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis vor. Es seien nur die reinen Beschäftigungszeiten als Beschäftigungsverhältnisse anzusehen. Es handle sich somit um eine tageweise Beschäftigung im Sinn des § 471b ASVG. Im Rahmen dieser tageweisen Beschäftigungen sei der Beschwerdeführer in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt worden. Eine generelle Vertretungsbefugnis sei weder vereinbart noch gelebt worden. Eine wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer mit der beschwerdeführenden Partei in einem Vertragsverhältnis stehender Personen sei keine generelle Vertretungsberechtigung. Die Theoriekurse in den Kursräumlichkeiten der beschwerdeführenden Partei und auch die Praxisstunden ausgehend vom Flughafen H seien vom Ort her klar vorgegeben gewesen. Der Erstmitbeteiligte habe grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, Kurse bzw. Praxisstunden von vornherein abzulehnen. Nach erfolgter Einteilung der Kursstunden sei er jedoch an die Arbeitszeit gebunden gewesen. Der Erstmitbeteiligte habe sich sowohl an die Lehrpläne als auch an den Organisationsplan zu halten gehabt. Die Vorschriften des Luftfahrgesetzes und der Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006 würden sich in erster Linie an die Flugschule richten. Diese habe jedoch für deren Einhaltung zu sorgen, sodass sehr wohl von einer Überprüfungsmöglichkeit und Kontrollpflicht in Bezug auf die Tätigkeit der Fluglehrer auszugehen sei, die insbesondere § 119 Abs. 4 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006 einzuhalten hätten (Nachweis über den Ausbildungsbetrieb, Führung eines "Lebenslaufaktes" für jeden Flugschüler, Führung von Anwesenheitslisten über den geführten Theorieunterricht, Berichterstattung an die zuständige Behörde). Damit sei von einer Überprüfungsmöglichkeit und Kontrollpflicht in Bezug auf die Tätigkeit der Fluglehrer auszugehen. Der Erstmitbeteiligte habe ausschließlich mit den Betriebsmitteln der beschwerdeführenden Partei gearbeitet, die ihm kostenlos zur Verfügung gestellt worden seien (technisch ausgestattete Schulungsräume, Flugzeuge, Schulungsunterlagen etc.). Eine leistungsbezogene Entlohnung bedeute nicht den Ausschluss eines Dienstverhältnisses nach § 4 Abs. 2 ASVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgeschlossen ist noch nach § 7 eine Teilversicherung begründet. Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2001, Zl. 96/08/0028).

2.1. Die beschwerdeführende Partei bringt im Hinblick auf den von ihr behaupteten Werkvertrag vor, die belangte Behörde wäre bei ordnungsgemäßer Ermittlung des Sachverhalts zu dem Ergebnis gelangt,

"dass sehr wohl jeder Ausbildungsschritt mehrfach zu wiederholen ist, wenn sich für den Fluglehrer erweist, dass der Flugschüler nicht im Stande ist, den Inhalt der entsprechenden Lehreinheit zu beherrschen."

Ein Flugschüler, der ein Flugmanöver oder einen theoretischen Ausbildungsinhalt nicht beherrsche, müsse zusätzliche Übungs- und Nachhilfestunden nehmen und der Flugschule diese Extraleistungen auch abgelten. Wenn die Flugschule einen Fluglehrer wie den Erstmitbeteiligten einsetze, um die Nachhilfestunden zu leisten, so erhalte er für diese Stunden bezahlt.

Im Zusammenhang mit dem behaupteten Fehlen der persönlichen Arbeitspflicht macht die Beschwerde der belangten Behörde den Vorwurf, keine ausreichenden Ermittlungen vorgenommen zu haben. Der Erstmitbeteiligte habe genaue Angaben über den Inhalt einer Vertretungsregelung gemacht und zwar,

"dass die BF selbst für einen Ersatz gesorgt hätte, eine Vertretung aber grundsätzlich durch jeden qualifizierten Fluglehrer hätte erfolgen können und es ihm frei stand, Ausbildungsaufträge ohne Annahme von Gründen abzusagen".

Der Erstmitbeteiligte habe im Verhinderungsfall offensichtlich nicht nur das Recht gehabt, einen Vertreter seiner Wahl zu bestellen, sondern er hätte auch einfach sagen können, dass er verhindert sei und die beschwerdeführende Partei hätte dann einen Vertreter suchen müssen. Die nachträgliche Stornierung eines angenommenen Auftrages ohne Pflicht zur Nennung eines tauglichen Vertreters sei ein viel weitergehendes Recht als das generelle Vertretungsrecht. Der Erstmitbeteiligte und auch die anderen Fluglehrer hätten aufgrund der branchenüblich mündlich abgeschlossenen Werkverträge jederzeit das Recht gehabt, einen bereits angenommenen Auftrag ohne Angabe von Gründen und jederzeit zu stornieren. Aus diesem Grunde könne davon ausgegangen werden, dass sie nicht in die Organisation der beschwerdeführenden Partei eingegliedert gewesen seien und keine persönliche Abhängigkeit bestehe.

Entgegen der unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde würde weder die Pflicht der Fluglehrer zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen noch die Möglichkeit der beschwerdeführenden Partei, die ordnungsgemäße Erbringung "des Werkes" zu kontrollieren, in irgendeiner Weise zu einer Qualifikation des Vertragsverhältnisses als (freier) Dienstvertrag führen. Da keine Weisungsunterworfenheit der Fluglehrer bestünde, könnte auch keine "stille Autorität" vorliegen.

Im Zusammenhang mit Ausführungen zur "wirtschaftlichen Abhängigkeit" weist die Beschwerde schließlich darauf hin,

"dass nicht die Schulungsräume und das Luftfahrzeug die wesentlichen Betriebsmittel sind, sondern das Wissen und die Zulassung der Fluglehrer zur Luftfahrt und zu ihrer Tätigkeit."

2.2. Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist die persönliche Arbeitspflicht (vgl. zum Folgenden die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 2013, Zl. 2013/08/0093, und vom 15. Juli 2013, Zl. 2013/08/0124). Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG schon deshalb nicht vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 2007, VwSlg. 17.185/A).

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt einerseits dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2001/08/0131). Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen seiner unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient. Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. November 2011, Zl. 2008/08/0152, mwN).

Ein generelles Vertretungsrecht im genannten Sinn ist den Feststellungen zu Folge im vorliegenden Fall weder vereinbart noch gelebt worden.

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt andererseits auch dann, wenn einem Beschäftigten ein "sanktionsloses Ablehnungsrecht" zukommt, wenn er also die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen kann unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehen werde. Die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen, ihm angebotene Beschäftigungsmöglichkeiten auszuschlagen, berührt die persönliche Arbeitspflicht in keiner Weise, mag diese Befugnis auch als "sanktionsloses Ablehnungsrecht" (in einem weiteren Sinn) bezeichnet werden. Zwischen der sanktionslosen Ablehnung der Erbringung einzelner Leistungen, etwa bei deren Abruf im Zuge einer Rahmenvereinbarung bei verpflichtender Tätigkeit im Fall der Zusage, und einem generellen sanktionslosen Ablehnungsrecht, das die persönliche Abhängigkeit ausschließt, ist ein deutlicher Unterschied zu machen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Juli 2007, Zl. 2006/08/0193, und nochmals jenes vom 14. Februar 2013, Zl. 2012/08/0268). Selbst eine ausdrücklich vereinbarte Befugnis des Beschäftigten, zugesagte Arbeitseinsätze jederzeit nach Gutdünken sanktionslos ablehnen zu können, stünde ebenfalls im Verdacht, ein "Scheingeschäft" zu sein, wenn eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen wäre (vgl. §§ 539 und 539a ASVG). Anders wäre ein Sachverhalt aber z. B. dann zu beurteilen, wenn der Dienstgeber einfache Aushilfsarbeiten derart organisiert, dass für deren Durchführung jederzeit mehrere abrufbare Arbeitskräfte zur Verfügung stehen (präsenter "Arbeitskräftepool"), und es ihm - nicht zuletzt wegen der Einfachheit der Arbeiten - gleichgültig ist, von welcher - gleichwertigen - Arbeitskraft aus dem potentiell zur Verfügung stehenden Kreis er die Arbeiten verrichten lässt. Steht dem Dienstgeber die Möglichkeit offen, im Falle der (jederzeit möglichen) Absage der von ihm in Aussicht genommenen Person aus dem "Pool" sofort die jeweils nächste Arbeitskraft abzurufen und stehen genügend Arbeitskräfte zur Verfügung, dann könnte der einzelne Teilnehmer am "Pool", mit dem dies vereinbart wurde oder dem dies bekannt ist, tatsächlich in Übereinstimmung mit dem Vereinbarten davon ausgehen, einzelne Arbeitsleistungen jederzeit nach Gutdünken sanktionslos ablehnen zu dürfen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2002, Zl. 99/08/0008, vom 13. August 2003, Zl. 99/08/0174, vom 21. April 2004, Zl. 2000/08/0113, vom 20. April 2005, Zl. 2004/08/0109, sowie das Erkenntnis vom 4. Juli 2007, Zl. 2006/08/0193).

Ein solches sanktionsloses Ablehnungsrecht (ieS) ist den Feststellungen zu Folge hier weder vereinbart noch jemals ausgeübt worden. Überdies könnte es - selbst wenn es vereinbart worden wäre - mit den Anforderungen der Unternehmensorganisation der beschwerdeführenden Partei nicht in Einklang gebracht werden (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2013, Zl. 2013/08/0093, mwN).

Vor diesem Hintergrund kann auch die behauptete - nicht näher konkretisierte, geschweige denn gelebte - Möglichkeit einer nachträglichen Stornierung eines angenommenen Auftrages ohne Pflicht zur Nennung eines tauglichen Vertreters im Beschwerdefall nicht zu einem Wegfall der persönlichen Arbeitspflicht führen.

3.1. Nach der Bejahung der persönlichen Arbeitspflicht ist zu klären, ob bei Erfüllung der übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist. Dies hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. Nr. 12.325/A). Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein.

3.2. Bei der Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag ist grundsätzlich von der vertraglichen Vereinbarung auszugehen, weil diese die rechtlichen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar macht und daher als Deutungsschema für die tatsächlichen Verhältnisse dient. Der Vertrag hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Diese müsste durch den Nachweis, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den vertraglichen Vereinbarungen über das Vorliegen eines freien Dienstvertrages abweichen, entkräftet werden. Solche Abweichungen werden naturgemäß umso weniger manifest sein, in je geringerem zeitlichen Ausmaß der Beschäftigte tätig ist (vgl. nochmals Zl. 2013/08/0093).

Der den Behauptungen der beschwerdeführenden Partei zu Folge zwischen ihr und dem Erstmitbeteiligten abgeschlossene, nicht näher konkretisierte und mit den vom Erstmitbeteiligten zu erbringenden Lehrtätigkeiten (Dienstleistungen) nicht in Einklang zu bringende "mündlichen Werkvertrag" stellt keine ausreichende Grundlage dar, an die die genannte Vermutung anknüpfen könnte. Wenn laufend zu erbringende (Dienst)leistungen nur in (zeitliche) Abschnitte zerlegt und zu "Werken" erklärt werden, so ist das für die Beurteilung der Pflichtversicherung nicht maßgeblich (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 2013, Zlen. 2013/08/0093 und 2013/08/0078, vom 2. Juli 2013, Zlen. 2013/08/0106 und 2011/08/0162, vom 4. September 2013, Zl. 2012/08/0310, und vom 24. April 2014, Zl. 2013/08/0258, mwN).

3.3. Somit hat vorliegend die genannte Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung und den oben genannten Kriterien nach der Methode des beweglichen Systems zu erfolgen. Von besonderer Aussagekraft ist in diesem Zusammenhang, ob der Beschäftigte in einer Weise in die betriebliche Organisation des Beschäftigers eingebunden ist, dass ausdrückliche persönliche Weisungen und Kontrollen durch "stille Autorität" substituiert werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Mai 2013, Zl. 2013/08/0051, und vom 25. Juni 2013, Zl. 2013/08/0093, jeweils mwN). Weiters spielt die Qualifikation des Dienstnehmers bzw. der von ihm ausgeübten Tätigkeit eine Rolle, weil sich - unabhängig vom Vorliegen konkreter sachlicher Weisungen (die in der Realität des Arbeitsverhältnisses nicht immer erwartet werden können) - mit steigender Qualifikation in der Regel auch die fachliche bzw. sachliche Entscheidungsbefugnis ständig erweitert. Qualifizierte sachliche Entscheidungsbefugnisse können einen gewissen Spielraum für eine eigenständige (unter Umständen auch unternehmerische) Gestaltung der Tätigkeiten eröffnen. Derartige Dispositionsmöglichkeiten stärken - insbesondere bei Fehlen der Einbindung in eine Betriebsorganisation - die Sphäre persönlicher Ungebundenheit und sprechen für das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses (vgl. nochmals Zl. 2013/08/0079, mwN).

Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Erstmitbeteiligte seine Tätigkeit in den Betriebsräumlichkeiten der beschwerdeführenden Partei mit deren Betriebsmitteln (insbesondere dem Flugzeug) und im Wesentlichen zu den üblichen Betriebszeiten (Abendunterricht) ausgeübt hat. Die Arbeitserbringung hatte sich an den betrieblichen Bedürfnissen der beschwerdeführenden Partei zu orientieren. Damit liegen die für eine Einbindung in eine betriebliche Organisation des Arbeitgebers charakteristischen Umstände vor (vgl. nochmals Zl. 2013/08/0124).

Der Erstmitbeteiligte hat eine Tätigkeit ausgeübt, die insgesamt keine außergewöhnlichen (unternehmerähnlichen) Dispositionsmöglichkeiten erkennen lässt, die es rechtfertigen könnten, den in die betriebliche Organisation seines Arbeitgebers eingebundenen Erstmitbeteiligten dennoch als persönlich unabhängigen freien Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG anzusehen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 2013, Zl. 2013/08/0079, und vom 15. Juli 2013, Zl. 2013/08/0124).

Auf eine ausdrückliche Erteilung persönlicher Weisungen an den Erstmitbeteiligten kommt es unter diesen Umständen ("stille Autorität" des Arbeitgebers bei Einbindung in die betriebliche Organisation) nicht an. Die in der gebotenen Gesamtabwägung weiters zu berücksichtigenden Kriterien (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2013/08/0051), wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, die Bezahlung nach geleisteten Arbeitsstunden und der fehlende Einsatz relevanter eigener Betriebsmittel unterstreichen das Bild der Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG (vgl. das ebenfalls einen Fluglehrer betreffende hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2009, Zl. 2006/08/0317, im Unterschied zum Fall eines nicht in den Betrieb eingebundenen Vortragenden einer Flugschule, der dem hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2009/08/0123, mwN, zu Grunde lag).

4. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf "Altfälle" weiter anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. August 2014

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte