VwGH Ra 2014/09/0021

VwGHRa 2014/09/00211.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die außerordentliche Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. Juni 2014, Zl. VGW- 041/006/20284/2014-3, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: E D in B; weitere Partei:

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:

Normen

AuslBG §28a Abs3;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
VStG §9 Abs1;
VStG 1991 §9 Abs2;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;
AuslBG §28a Abs3;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
VStG §9 Abs1;
VStG 1991 §9 Abs2;
VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 17. Dezember 2013, mit welchem gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG von der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Mitbeteiligten hinsichtlich des Vorwurfes, als Vorstandsmitglied und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der S-AG sieben Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG begangen zu haben, abgesehen und die Einstellung des Verfahrens verfügt wurde.

Es wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren soll (vgl. dazu RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Der Verwaltungsgerichtshof ist daher als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung hat (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 24. April 2014, Zl. Ra 2014/01/0010, mwN).

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht zur Begründung des angefochtenen Erkenntnisses im Wesentlichen ausgeführt, dass zwei juristische Personen (die S-AG und die A-GmbH) bzw. deren gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Personen im Verdacht stünden, im Zuge eines von beiden Gesellschaften im Rahmen der ARGE-K durchgeführten Projektes sieben ausländische Arbeitskräfte in Form einer Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG auf einer näher bezeichneten Baustelle zwischen 7. Jänner und 14. Februar 2013 beschäftigt zu haben. In dem von der ARGE-K an die Zentrale Koordinationsstelle des BMF ergangenen Schreiben vom 9. Mai 2012 (worin eingangs die beiden Gesellschaften als "ARGE-Partner" angeführt sind, ein räumlich und sachlich abgegrenzter Verantwortungsbereich von P determiniert ist sowie welches von der kaufmännischen Geschäftsführung der ARGE unterfertigt und von P nach dem Passus, dass er "seiner Bestellung durch die zur Vertretung nach außen Berufenen der ARGE Partnerfirmen zustimmt", mitunterfertigt ist) wurde die Bekanntgabe der Bestellung von P zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG für diese Baustelle gesehen, damit das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen der rechtswirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten bejaht und deshalb eine Bestrafung des Mitbeteiligten als nicht zulässig erachtet.

Mit dem Vorbringen des beschwerdeführenden Finanzamtes vor dem Verwaltungsgericht, dass es sich bei diesem Schreiben vom 9. Mai 2012 um eine (unwirksame) Bestellungsurkunde handle und dass "wenn die Erstinstanz schon vermeint, in dieser Bekanntgabe einer Bestellung nicht die Bestellung an sich zu sehen, sie wohl zumindest weitere Ermittlungen in jene Richtung durchführen hätte müssen, ob überhaupt ein - allenfalls auch formfrei möglicher - Bestellungsakt existiert", sowie dem dazu gestellten "Beweisantrag, den angeblich Bestellten, aber auch die zur Bestellung Berufenen einzuvernehmen", wird - entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Partei - weder die Richtigkeit des Schreibens konkret bestritten noch werden Umstände aufgezeigt, die Zweifel an dessen Richtigkeit und die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen bzw. der Durchführung einer mündlichen Verhandlung begründen könnten; es handelte sich um einen unzulässigen Erkundungsbeweis, dem nachzukommen das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet war.

Das vom Verwaltungsgericht aus dem Schreiben nachvollziehbar abgeleitete Ergebnis steht im Einklang mit der dazu zutreffend aufgezeigten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben der §§ 9 Abs. 2 VStG iVm § 28a Abs. 3 AuslBG die schriftliche Mitteilung an die zuständige Abgabebehörde über die - grundsätzlich formfreie - Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten samt Nachweis der Zustimmung des Bestellten ausreichend bzw. die Vorlage einer schriftlichen Bestellungsurkunde nicht erforderlich ist (vgl. u.a. das hg Erkenntnis vom 26. März 1998, 97/11/0332). Für die Rechtswirksamkeit der Bestellung stellt § 28a Abs. 3 AuslBG auf das Einlangen einer unmissverständlichen schriftlichen Mitteilung über die - inhaltlich eindeutige, keinen Zweifel über den Besteller und den Verantwortungsbereich Anlass gebende - Bestellung samt dem Nachweis der Zustimmung des Bestellten bei der zuständigen Abgabenbehörde ab.

Im Revisionsfall ist zu berücksichtigen, dass die ARGE-K nicht Dienstgeberin ist, sondern deren Teilnehmer, hier also die AG und die GmbH; diese können aus dem Kreis ihrer Vertreter einen verantwortlichen Beauftragten bestellen, das Vorliegen einer solchen Bestellung ist Voraussetzung für eine allfällige Exculpierung des Mitbeteiligten. Die revisionswerbende Partei verkennt in ihrer Argumentation, dass das Verwaltungsgericht das Schreiben vom 9. Mai 2012 eben nicht als Bestellungsurkunde bzw. als Bestellung von P durch die ARGE-K wertet, sondern darin zu Recht die im obigen Sinne ausreichende Mitteilung durch die ARGE-K mit Nachweis der Zustimmung von P über dessen Bestellung durch die beiden Partnerfirmen sieht (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 1993, 92/11/0258, vom 19. Jänner 1995, 93/18/0230, vom 3. September 1998, 95/09/0307, vom 18. Dezember 2001, 2000/09/0080, vom 18. Jänner 2005, 2004/05/0068, vom 22. Oktober 2003, 2000/09/0135, und vom 19. März 2013, 2009/02/0234).

Vor diesem Hintergrund vermochte die außerordentliche Revision weder unter den von ihr angezogenen Aspekten des Vorliegens von Begründungsmängeln, einer Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes zum Bestellungsvorgang von P bzw. der diesbezüglichen Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung, noch zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung Rechtsfragen aufzuwerfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weshalb die Revision zurückzuweisen war.

Wien, am 1. Oktober 2014

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