VwGH 2007/03/0055

VwGH2007/03/005529.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des B T in K, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Brixner Straße 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 31. Jänner 2007, Zl. 2/4618/20/06, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1 ;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1 ;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von Euro 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 Z 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) die am 29. Oktober 2004 aufgestellte Waffenbesitzkarte.

Begründend führte sie - nach einer Darstellung der Rechtslage - Folgendes aus:

"Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hat Ihnen die Waffenbesitzkarte entzogen, weil Sie im Wege des Rechtsanwalts im vorausgegangenen Waffenverbotsverfahren angegeben hatten, dass Sie 'lediglich auf Grund des Umstandes, dass Sie in Sorge um Ihre Frau und Kinder waren, übersehen haben, die Faustfeuerwaffe nach dem Reinigen sofort wieder im Panzerschrank zu versperren.'

Im Ermittlungsverfahren wurden Sie von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 29.1.2007 persönlich niederschriftlich einvernommen. Sie haben zu Protokoll gegeben, dass Sie die Waffe am 11.3.2006 gereinigt hätten. Der Streit mit Ihrer Gattin sei am 10.3.2006 gewesen. Am 11.3.2006 sei die Frau mit den Kindern bis zur Essens- und Schlafzeit der Kinder nicht heimgekommen. Deswegen seien Sie in Sorge gewesen und hätten versucht, sie telefonisch zu erreichen. Sie hätten sich dann sofort auf die Suche begeben. In der Eile und um die Sorge um die Kinder hätten Sie vergessen, die Waffe zu versperren. Sie hätten die Wohnung verlassen und versperrt. Es habe sich niemand in der Wohnung befunden. Als Sie das nächste Mal die Wohnung wieder betraten, sei dies im Beisein der Polizeibeamten gewesen. Ihre Frau hatte bei der Polizei angegeben, dass Sie im Besitz einer geladenen Waffe seien. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, wie die Polizei festgestellt habe.

Das ist keine sorgfältige Verwahrung einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe. Sie schützten Ihre Waffe am 11.3.2006 - gegenüber Ihrer Ehegattin, die selbst nicht im Besitz einer waffenrechtlichen Urkunde ist, und gegenüber Ihren Kindern - nicht in zumutbarer Weise vor unberechtigtem Zugriff. Ihre Gattin und die Kinder hätten während Ihrer Abwesenheit in die Wohnung zurückkehren können und ungehinderten Zugriff auf Ihre Waffe gehabt (ca. eineinhalb bis zwei Stunden gemäß Ihren persönlichen niederschriftlichen Angaben vom 1.6.2006 vor der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck). Dieses Ihr Fehlverhalten erfüllt den Tatbestand des § 8 Abs.1 Z.2 Waffengesetz in Verbindung mit § 3 Abs.2 Z.3 der 2.Waffengesetz-Durchführungsverordnung. Sie sind daher nicht (mehr) verlässlich im Sinne des Waffengesetzes und die waffenrechtliche Urkunde muss Ihnen daher entzogen werden.

Waffen sind stets sorgfältig zu verwahren, wenn sie der Berechtigte nicht gerade führt. Es kann und muss vom Inhaber einer waffenrechtlichen Urkunde verlangt werden, dass er die Waffe nach dem Reinigen wieder sorgfältig verwahrt, unabhängig von einem Ehestreit und der Sorge um Frau und Kinder. Bereits ein einmaliges waffenrechtliches Fehlverhalten hat die Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde zur Folge. Vgl. den von der Behörde bei der Vollziehung des Waffengesetzes anzuwendenden strengen Maßstab.

Die Festsetzung einer Entziehungsdauer ist im Gesetz nicht vorgesehen und daher auch nicht möglich. Das Zutreffen des § 3 Abs.3 BGBl. II Nr. 313/1998 auf Ihren Fall behaupten Sie nicht einmal, abgesehen davon dass in Ihrem Fall die Mangelhaftigkeit der Verwahrung der Schusswaffe für einen um die sichere Verwahrung besorgten Waffenbesitzer deutlich erkennbar ist."

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.

Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.

Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn der Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.

2.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelungen des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass waffenrechtliche Urkunden insbesondere dann zu entziehen sind, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 27. Juni 2007, Zl 2007/03/0088).

2.3. Die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Waffen besteht auch gegenüber dem im gleichen Haushalt lebenden Ehegatten. Der Inhaber eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte erfüllt seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung gegenüber Personen im privaten Nahebereich nicht, wenn diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben. Daher erfordert die sorgfältige Verwahrung im Sinne des Gesetzes grundsätzlich auch gegenüber einem Ehegatten, die Waffe versperrt zu verwahren, wobei in Bezug auf Personen im privaten Nahbereich des Berechtigten die Anlegung eines überspitzten Maßstabes für die erforderliche Sicherung der Waffe gegen einen möglichen Zugriff aber nicht in Betracht kommt (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Oktober 2008, Zl 2005/03/0192).

2.4. Zu der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Frage der Verwahrungspflichten des Besitzers einer Schusswaffe gegenüber dem Zugriff von Personen in seinem persönlichen Nahebereich kann gemäß § 43 Abs 2 VwGG auf die Ausführungen zur diesbezüglichen Rechtsprechung im Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl 2000/20/0070, verwiesen werden.

2.5. Nach den Maßstäben der in diesem Erkenntnis dargestellten Judikatur unterliegt es keinem Zweifel, dass die Verwahrung einer geladenen Schusswaffe in einer unversperrten Nachttischlade derart, dass ein dreieinhalbjähriges Kind Zugang zu dieser Waffe erlangt, oder auf bzw in einem unversperrten Schrank, zu dem die Ehegattin Zugriff hat, nicht den gesetzlichen Erfordernissen genügt. Dies gilt auch ohne Vorliegen besonderer Gründe für erhöhte Vorsicht (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2005/03/0047).

2.6. Die belangte Behörde hat die Beurteilung des Beschwerdeführers als unzuverlässig auf ihre Qualifizierung der Art der Verwahrung einer Faustfeuerwaffe als unzureichend gestützt: Zwar ist sie - erkennbar - nicht mehr davon ausgegangen, dass ein Kind des Beschwerdeführers die geladene Schusswaffe aufgefunden habe. Nach ihren Annahmen habe der Beschwerdeführer vielmehr am 11. März 2006 eine Faustfeuerwaffe, die er zuvor gereinigt habe, zumindest über einen Zeitraum von anderthalb bis zwei Stunden nicht im dafür vorgesehenen Panzerschrank versperrt, sondern sie in einem unverschlossenen Kleiderkasten verwahrt, und dadurch seiner Ehegattin und seinen Kindern im Fall ihrer Rückkehr in die Wohnung während der Abwesenheit des Beschwerdeführers den ungehinderten Zugang zur Waffe ermöglicht.

Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass die belangte Behörde eine explizite Feststellung über die Verwahrung der Waffe im unversperrten Kleiderschrank nicht getroffen hat.

Vor dem Hintergrund, dass die Beschwerde selbst einräumt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen von den Angaben des Beschwerdeführers ausgeht, ohne etwa auszuführen, dass diese in entscheidenden Punkten unzutreffend seien, und dass die Beschwerde ausdrücklich zugesteht, der Beschwerdeführer habe am 11. März 2006 nach dem Reinigen seiner Waffe diese "im Kleiderschrank im obersten Regal unter der Kleidung deponiert", zeigt die Beschwerde keinen relevanten Verfahrensmangel auf:

Entgegen der Beschwerdemeinung kann, wie erwähnt, auch ein einmaliges Fehlverhalten zur Verneinung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit führen, und zwar selbst dann, wenn die Zugriffsmöglichkeit auf die Waffe nur relativ kurze Zeit bestand (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 22. Juli 2004, Zl 2001/20/0637, sowie das hg Erkenntnis vom 29. Mai 2009, Zl 2006/03/0140, mwN).

Dabei ist nicht entscheidend, ob ein Zugriff auf die Waffe durch Unberechtigte tatsächlich erfolgt; auch nicht, ob die Waffe geladen oder ungeladen aufbewahrt wurde (vgl das hg Erkenntnis vom 25. März 2009, Zl 2007/03/0002, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, dass die Beurteilung der belangten Behörde unzutreffend wäre.

2.7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 29. Oktober 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte