VwGH 2007/03/0002

VwGH2007/03/000225.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M R in L, vertreten durch Dr. Josef Hofer M.B.L.- HSG und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Ringstraße 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 13. November 2006, Zl St 155/06, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1 ;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1 ;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 - WaffG, BGBl I Nr 12/1997, der ihm am 30. Jänner 1996 von der Bundespolizeidirektion Linz ausgestellte Waffenpass Nr entzogen.

Aus der Begründung dieses Bescheides ergibt sich im Wesentlichen Folgendes: Bei der Verwahrungsüberprüfung am 25. Februar 2006 wurde festgestellt, dass die genehmigungspflichtige Faustfeuerwaffe des Beschwerdeführers ungeladen im Schlafzimmer auf der Fensterbank, versteckt hinter dem Vorhang und mit einem Handtuch abgedeckt, lag. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Ehefrau des Beschwerdeführers (die keine waffenrechtliche Urkunde besitzt) im Schlafzimmer im Bett und hatte somit ungehinderten Zugriff auf die Waffe. Im Verwaltungsverfahren wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Waffe (so er sie nicht am Körper trage) stets in einer massiven versperrten Truhe verwahrt werde. An dem fraglichen Morgen habe er die Waffe aus der Truhe genommen und sie, als er seine Ehefrau wecken habe wollen, auf das neben dem Bett befindliche Fensterbrett gelegt. Als es an der Tür geläutet habe, habe er das Schlafzimmer verlassen, um die Tür zu öffnen. Die beiden einschreitenden Beamten gaben an, dass ihnen der Beschwerdeführer zunächst die Munition für die Faustfeuerwaffe, die sich in einem versperrten Kasten befunden habe, gezeigt habe; danach habe der Beschwerdeführer die beiden Beamten ins Schlafzimmer geführt, wo sich die Ehefrau noch im Bett befand. Im Schlafzimmer sei der Beschwerdeführer gezielt zum Fenster gegangen, wo die Waffe in der beschriebenen Weise abgelegt gewesen sei. Außer der Ehefrau habe sich niemand mit dem Beschwerdeführer in der Wohnung befunden. Durch die Art der Verwahrung trete ein waffenrechtlicher Verlässlichkeitsmangel des Beschwerdeführers an den Tag. Unbeachtlich sei, wie lang die unsichere Verwahrung gedauert habe. Schon durch eine sehr kurzfristige (unsichere bzw sorglose) Verwahrung bestehe die Gefahr, dass die Waffe in die Hände von Nichtberechtigten komme. Selbst der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, dass seine Ehefrau zum "Begehungszeitpunkt" geschlafen habe, stelle nicht sicher, dass es nicht doch durch "unglückliche Umstände bzw Zufälle" zu einer gesetzwidrigen Verwendung der Waffe kommt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Vorlage einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.

Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt". Nach § 3 Abs 2 Z 2 bis 4 der

2. WaffV gehört zu den maßgeblichen Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung unter anderem der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelungen des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass waffenrechtliche Urkunden insbesondere dann zu entziehen sind, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab. Die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Waffen besteht auch gegenüber dem im gleichen Haushalt lebenden Ehegatten. Der Inhaber eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte erfüllt seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung gegenüber Personen im privaten Nahebereich nicht, wenn diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben. Daher erfordert die sorgfältige Verwahrung im Sinne des Gesetzes grundsätzlich auch gegenüber einem Ehegatten, die Waffe versperrt zu verwahren, wobei in Bezug auf Personen im privaten Nahbereich des Berechtigten die Anlegung eines überspitzten Maßstabes für die erforderliche Sicherung der Waffe gegen einen möglichen Zugriff aber nicht in Betracht kommt (vgl das hg Erkenntnis vom 23. Oktober 2008, Zl 2005/03/0192, mwH).

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass seine in Rede stehende Waffe bei der Kontrolle am 25. Februar 2006 den kontrollierenden Beamten vom Beschwerdeführer auf die besagte Art vorgewiesen wurde. Selbst wenn nach der Beschwerde die waffenrechtlich unzureichende Verwahrung nur ganz kurze Zeit gedauert und es sich um ein einmaliges Ereignis gehandelt haben soll, ist für sie nichts zu gewinnen, zumal schon eine kurze Unachtsamkeit genügen kann, um die waffenrechtliche Verlässlichkeit in Frage zu stellen (vgl das hg Erkenntnis vom 12. September 2002, Zl 2000/20/0070, mwH). Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Gesichtspunkt, die Waffe sei nur kurzfristig derart verwahrt worden, reicht nicht aus, um den primär ins Auge springenden Umstand auszugleichen, dass eine bessere Sicherung der Waffe (insbesondere in der massiven versperrten Truhe, in der sie nach dem Beschwerdeführer üblicherweise verwahrt wird) nicht die geringste Schwierigkeit bereitet hätte (vgl in diesem Sinne das genannte Erkenntnis Zl 2000/20/0070). Eine solche Maßnahme war angesichts des in seiner Stellungnahme vom 10. April 2006 gegenüber der Erstbehörde geschilderten Hergangs, dass er (um die Waffe einem Waffenhändler zu zeigen) schon "am Morgen" des 25. Februar 2006 zur Waffentruhe ging, um die Waffe herauszuholen und sie dann ins Schlafzimmer mitnahm, weit davon entfernt, ihm im Sinn des § 3 Abs 1 der

2. WaffV nicht zumutbar zu sein, und sie wäre vom Beschwerdeführer bei ausreichendem Bewusstsein betreffend die Notwendigkeit einer Sicherung der Waffe auch gegenüber seiner Mitbewohnerin zweifellos gesetzt worden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass an den Schutz vor Zugriffen ständiger Mitbewohner schon wegen der Unmöglichkeit, diese auch nur annähernd lückenlos zu überwachen, höhere Anforderungen zu stellen sind als etwa hinsichtlich bloßer Besucher (vgl nochmals das Erkenntnis Zl 2000/20/0070). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, wenn der Beschwerdeführer die Waffe im Schlafzimmer, in dem sich noch die Ehefrau befand, auf die beschriebene Art deponierte und die Ehefrau, als er das Schlafzimmer wieder verließ, (behauptetermaßen) noch schlief. Der Gebrauch von dem Zugriff zugänglichen Waffen durch Unbefugte wird nach der hg Rechtsprechung zudem nicht dadurch verhindert, dass die Waffen ungeladen oder durch Entfernen etwa des Magazins nicht gebrauchsfähig sind (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 8. Juli 2000, Zl 2000/20/0155). Entgegen der Beschwerde war es nicht erforderlich, dass die dem strengen waffenrechtlichen Sorgfaltsmaßstab widersprechende Verwahrung der Waffe (jedenfalls) über eine Stunde dauerte. Ebenso wenig ist es bedeutsam, ob der Beschwerdeführer - nach Verlassen des Schlafzimmers, in dem die Waffe deponiert war - das Haus verließ oder sich weiterhin im Haus aufhielt. Dass die Ehefrau des Beschwerdeführers den Verwahrungsort nach der Beschwerde nicht kannte, vermag am Vorstehenden nichts zu ändern, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Ehefrau nach dem Erwachen (etwa beim Aufziehen der Vorhänge) ohne Hindernis Zugang zu der auf dem Fensterbrett deponierten Waffe bekommen hätte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 25. März 2009

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