VwGH 2003/21/0092

VwGH2003/21/009211.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, in der Beschwerdesache der AP, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7, gegen die Erledigung der Österreichischen Botschaft Belgrad vom 9./16. Jänner 2003, Zl. E - 4213/02, betreffend Versagung eines Visums, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs6;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
B-VG Art130 Abs1 lita;
B-VG Art8 Abs1;
FrG 1997 §93;
VwGG §34 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs6;
AVG §56;
AVG §62 Abs1;
B-VG Art130 Abs1 lita;
B-VG Art8 Abs1;
FrG 1997 §93;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Die Beschwerde richtet sich gegen einen "Bescheid" vom "9. bzw. 16. Jänner 2003", mit dem nach dem Beschwerdevorbringen der Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien, auf Erteilung eines Visums abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführerin sei am 16. Jänner 2003 bei einer persönlichen Vorsprache von der belangten Behörde mitgeteilt worden, dass ihr Antrag "hiemit abgelehnt" werde, weiters sei ihr dabei ein mit 9. Jänner 2003 datiertes "entsprechendes Schreiben" der belangten Behörde in serbischer Sprache übergeben worden.

Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wurde ferner nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten am 17. Jänner 2003 (mit Fax) ein Schreiben der belangten Behörde folgenden Inhalts - unter Anschluss des eben genannten serbischsprachigen Schreibens - übermittelt:

"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt!

Bezugnehmend auf den Visaantrag für (Beschwerdeführerin) wird

mitgeteilt, dass dieser negativ entschieden wurde.

Eine hierüber an die Obgenannte unter einem ergangene schriftliche Ausfertigung der Entscheidung wird anverwahrt zur Ihrer Kenntnisnahme übermittelt."

Dieses Schreiben vom 16. Jänner 2003 samt Beilage wurde von der belangten Behörde bei der Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens als "Ausfertigung der Entscheidung an Rechtsanwalt Dr. WAIBEL" bezeichnet.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich ferner, dass die Beschwerdeführerin am 31. Oktober 2002 bei der belangten Behörde zunächst den Antrag auf Erteilung eines Visums für die Dauer vom 9. November 2002 bis 2. Februar 2002 (gemeint offenbar: 2003) gestellt hat. Nach den Verwaltungsakten hat die Beschwerdeführerin sodann bei der belangten Behörde mit folgendem Schreiben vom 28. November 2002 die Erteilung von Aufenthaltsvisa in der Dauer von (jeweils) sechs Monaten für die Jahre 2002, 2003 und 2004 beantragt:

"1. Zunächst teile ich mit, dass ich Rechtsanwalt

Dr. Gottfried Waibel mit meiner Vertretung beauftragt habe,

weshalb ich ersuche, das weitere Verfahren mit meinem

Rechtsvertreter abzuwickeln.

2. Vor einigen Wochen habe ich um die Ausstellung

eines Touristenvisums gebeten. Die entsprechenden Urkunden habe ich vorgelegt. Nunmehr beantrage ich statt eines Touristenvisums Aufenthaltsvisas. Am 19. August 2002 habe ich den in Österreich seit vielen Jahren aufenthaltsberechtigten und beschäftigten Zeljko Potic geheiratet.

Bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn wurde um die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung angesucht. Aufgrund der bereits anhängigen Verfahren und der zur Verfügung stehenden Quotenplätze ist mit der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß einer Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn erst in zwei bis drei Jahren zu rechnen.

Eine entsprechende Unterkunft steht in Österreich zur Verfügung. Mein Mann hat ein laufendes Einkommen. Ich möchte meinen Mann längerfristig besuchen (der längerfristige Kontakt bzw Aufenthalt mit dem Ehegatten ist auch gemäß Art 8 EMRK gerechtfertigt) und mich bei ihm aufhalten.

Bei Erteilung eines D-Visums und bei einem Aufenthalt in Österreich bin ich bei meinem Ehegatten - dies ist amtsbekannt - mitversichert.

Aus all diesen Gründen stelle ich daher den ANTRAG

jeweils ein D-Visum (Aufenthaltsvisum) mit einer Dauer von jeweils sechs Monaten für die Jahre 2002, 2003 und 2004 auszustellen.

Sollte dem Ansuchen nicht vollinhaltlich stattgegeben werden, so wird ersucht, die Entscheidung gemäß § 93 FrG schriftlich auszufertigen (Bescheid !) und dem Rechtsvertreter (per Fax oder

per E-Mail: ... ) zuzustellen; auf die Entscheidungspflicht wird

hingewiesen."

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

Für das Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden

trifft das Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, in seinem

§ 93 besondere Regelungen. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

"Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden

§ 93. (1) In Verfahren vor österreichischen

Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zweckdienlichen Urkunden und sonstige Beweismittel selbst vorzulegen; die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Über schriftlichen oder niederschriftlichen Antrag der Partei ist die Entscheidung gemäß Abs. 1 auch schriftlich auszufertigen; hiebei sind außer der getroffenen Entscheidung die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen anzuführen; einer weiteren Begründung bedarf es nicht.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Behörde oder auf postalischem Wege zu erfolgen.

.....

(5) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde, in den Fällen des Abs. 4 der Bundesminister für Inneres ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Sichtvermerksversagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein."

Gemäß Art. 8 Abs. 1 B-VG ist die deutsche Sprache, unbeschadet der den sprachlichen Minderheiten bundesgesetzlich eingeräumten Rechten, die Staatssprache der Republik.

Die Beschwerdeführerin war im Verwaltungsverfahren ab der Einbringung ihres Antrags vom 28. November 2002 durch den Beschwerdeführervertreter vertreten; in diesem Antrag wurde auch ausdrücklich darum ersucht, das weitere Verwaltungsverfahren mit diesem Rechtsvertreter abzuwickeln und insbesondere die Entscheidung nach § 93 FrG schriftlich auszufertigen und dem Rechtsvertreter ("per Fax oder per E-Mail") zuzustellen. Auf dem Boden dieses Vertretungsverhältnisses war die belangte Behörde gehalten, die Zustellung der Ausfertigung eines Bescheides an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin vorzunehmen.

Diese Ausfertigung hätte nach Art. 8 Abs. 1 B-VG in der deutschen Sprache zu erfolgen gehabt. Diese Regelung bedeutet nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nämlich, dass sich die Behörden der deutschen Sprache als Amtssprache - abgesehen von der in Art. 8 Abs. 1 B-VG vorgesehenen, vorliegend nicht in Betracht kommenden Ausnahme betreffend sprachliche Minderheiten - zu bedienen haben; die deutsche Sprache ist die offizielle Sprache, in der alle Anordnungen der Staatsorgane zu ergehen und mittels derer die Staatsorgane mit den Parteien und untereinander zu verkehren haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1983, Zl. 81/04/0122, Slg. Nr. 11.081/A, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1981, B 459/78, Slg. Nr. 9233/1981). Wenn der Gebrauch einer anderen Sprache nicht zugelassen ist, sind die behördlichen Erledigungen ausschließlich in deutscher Sprache abzufassen; die Verwendung der deutschen Sprache ist Voraussetzung dafür, dass die betreffende Äußerung der Behörde eine behördliche Erledigung darstellt, und damit wesentliches Erfordernis für das Vorliegen eines Bescheides (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1983).

Verwenden die Behörden selbst fälschlicherweise die Staatssprache nicht, handelt es sich um ein "rechtliches Nichts" (Marko in Korinek/Holoubek (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht, Art. 8 B-VG/Rz. 16).

Die in serbischer Sprache gehaltene Nachricht stellt somit keinen anfechtbaren Bescheid dar.

Dies trifft auch auf die in deutscher Sprache gehaltene Mitteilung der belangten Behörde an den Beschwerdeführervertreter vom 16. Jänner 2003 zu.

Auch wenn nämlich in § 93 FrG von "Entscheidung" und nicht von "Bescheid" die Rede ist, unterliegt es doch keinem Zweifel, dass Entscheidungen der Vertretungsbehörden in Verfahren nach dem FrG als Bescheide im Sinn des Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG zu erlassen sind (vgl. den zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 69 Fremdengesetz 1992 ergangenen hg. Beschluss vom 20. Oktober 1998, Zl. 97/21/0270). Wesentliche Kriterien für das Vorliegen eines Bescheides im Sinn dieser Bestimmung sind jedenfalls die Bezeichnung der Behörde, der der Bescheid zuzurechnen ist, und der hoheitsrechtliche, rechtsverbindliche (normative) Inhalt. Die hier in Frage stehende Erledigung der belangten Behörde ist ihrem Inhalt nach nicht darauf ausgerichtet, eine normative Regelung herbeizuführen, sondern stellt die Mitteilung dar, dass eine Erledigung gegenüber der Beschwerdeführerin ergangen sei.

Da auch diese Nachricht vom 16. Jänner 2003 somit keinen Bescheid im Sinn des Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG darstellt, war die Beschwerde wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem nach § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Bemerkt sei, dass die Beschwerde nicht gegen einen mündlich gegenüber der Beschwerdeführerin verkündeten Bescheid gerichtet ist; davon abgesehen läge auch hier kein wirksam erlassener anfechtbarer Bescheid vor, hätte die Verkündung doch gegenüber dem namhaft gemachten Vertreter erfolgen müssen (vgl. die in Walter/Thienel, Die österr. Verwaltungsverfahrensgesetze I2 § 62 AVG/E 51 zitierte Rspr.)

Ein Kostenzuspruch hatte in einer Konstellation wie der vorliegenden zu unterbleiben (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/03/0310, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird).

Wien, am 11. Dezember 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte