Normen
AsylG 1997 §30 Abs1;
AVG §16;
AVG §71;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs4;
VwRallg;
AsylG 1997 §30 Abs1;
AVG §16;
AVG §71;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs4;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesh, reiste am 1. Juli 1993 nach Österreich ein. Im Rahmen eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes stellte er am 23. Juli 1993 gemäß § 54 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in sein Heimatland. Da die Bundespolizeidirektion Wien hierüber bis 6. Juli 1994 nicht entschieden hatte, brachte er mit diesem Datum einen Devolutionsantrag ein. Diesen wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien mit Bescheid vom 7. September 1994 gemäß § 73 Abs. 2 AVG ab, eine dagegen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0710, zufolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen. Im Hinblick auf die dem genannten Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien angeschlossene falsche Rechtsmittelbelehrung stellte der Beschwerdeführer in der Folge am 6. März 1995 den Antrag, ihm gemäß § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. September 1994 zu bewilligen; zugleich holte er die versäumte Berufung nach. Da der am 7. März 1995 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien eingelangte Wiedereinsetzungsantrag bis 8. September 1995 nicht erledigt war, brachte der bislang als Vertreter des Beschwerdeführers eingeschrittene Rechtsanwalt Dr. W. R. namens des Beschwerdeführers - unter Berufung auf eine erteilte Vollmacht - am 8. September 1995 beim Bundesminister für Inneres insoweit einen Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung ein.
1.2. Mittlerweile, am 2. August 1995, war der Beschwerdeführer nach Bangladesh abgeschoben worden. Dem vorangegangen sind niederschriftlich festgehaltene Erklärungen des Beschwerdeführers vor der Bundespolizeidirektion Wien vom 21. Juli 1995 und vom 1. August 1995, wonach er u.a. das Vollmachtsverhältnis mit Dr. W. R. (seinem bisherigen Vertreter im Verfahren) auflöse und alle offenen Anträge (insbesondere den Antrag gemäß § 54 FrG) zurückziehe. Im Hinblick darauf forderte der Bundesminister für Inneres Dr. W. R. zur Vorlage einer Vollmacht des Beschwerdeführers auf. Diesem Verlangen kam Dr. W. R. nicht nach. Er erklärte, den Devolutionsantrag aufrechtzuerhalten, und stellte sich auf den Standpunkt, dass das Verlangen nach der Vorlage einer neuen Vollmacht nicht dem Gesetz entspreche. Was die Niederschrift vom 21. Juli 1995 anlange, so seien "sämtliche Daten und Angaben ... unrichtig bzw. unter massiver Einschüchterung des Devolutionswerbers zustande gekommen." "Der einschreitende Rechtsfreund ist weiterhin rechtlicher Vertreter des Devolutionswerbers in einem aufrechten Vollmachtsverhältnis."
1.3. Mit Bescheid vom 4. März 1996 sprach der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) daraufhin aus, dass "der von Rechtsanwalt Dr. R. (Beschwerdeführervertreter) im Namen des ... (Beschwerdeführer) eingebrachte Antrag vom 8.9.1995 (Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über den am 6.3.1995 an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand sowie Berufung gegen den Abweisungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7.9.1994 über den Feststellungsantrag gemäß § 54 FrG) ... gemäß § 10 AVG i.V.m. den § 13 Abs. 3 und 37 AVG zurückgewiesen" werde. Dr. W. R. sei aufgefordert worden, das Formgebrechen des Fehlens bzw. des Nachweises einer aktuellen neuen Vollmacht zu beheben. Dieser Aufforderung habe er nicht Folge geleistet, die Behauptung der massiven Einschüchterung und strafrechtlich relevanten Beeinflussung des Beschwerdeführers sei nicht nachvollziehbar.
1.4. Der genannte Bescheid wurde Dr. W. R. am 6. März 1996 (und in der Folge auch dem Beschwerdeführer persönlich) zugestellt. Mit Telefax vom 7. Mai 1996 stellte Dr. W. R. namens des Beschwerdeführers - wiederum unter Berufung auf erteilte Vollmacht - den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens über den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung. Der Beschwerdeführer habe eine - ihm (Dr. W. R.) am 29. April 1996 zugegangene - Erklärung abgegeben, wonach er bei Abgabe der Erklärungen am 21. Juli 1995 und am 1. August 1995 in Irrtum geführt bzw. getäuscht worden sei; der Erklärungswert der Vollmachtslösungen und der Rückziehung der damals noch offenen Anträge sei gleich null. Der Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung (betreffend den anhängigen Wiedereinsetzungsantrag) sei daher zu Unrecht zurückgewiesen worden, es liege der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG vor.
1.5. Nach mehrmaligen Anfragen der belangten Behörde an Dr. W. R. einerseits und mehrmaligen Stellungnahmen des letzteren andererseits sprach die belangte Behörde mit Bescheid vom 6. November 1996 (dem Genannten am selben Tag zugestellt) aus, dass (auch) "der von Rechtsanwalt Dr. R. (Beschwerdeführervertreter) im
Namen des ... (Beschwerdeführer) eingebrachte (zu ergänzen: Antrag)
am 7.5.1996 (Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens) gemäß §§ 69 AVG i.V.m. 10, 13 Abs. 3, 46 und 47 AVG zurückgewiesen" werde. Wiederum legte die belangte Behörde im Wesentlichen zugrunde, dass Dr. W. R. trotz Aufforderung das weitere Bestehen bzw. Wiederbestehen einer Vollmacht des Beschwerdeführers nicht nachgewiesen habe.
2. Gegen die Bescheide vom 4. März 1996 und vom 6. November 1996 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den sich auf erteilte Vollmacht berufenden Dr. W. R., zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der sie nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Vor diesem begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
1.1. Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Die angefochtenen Bescheide könnten so gedeutet werden, dass ihnen der Bescheidwille zu Grunde liege, die eingebrachten Anträge mangels Vollmacht des einschreitenden Rechtsanwaltes nicht dem Beschwerdeführer, sondern dem Rechtsanwalt persönlich zuzurechnen und sie deshalb wegen fehlender Legitimation zurückzuweisen. Gegebenenfalls enthielte der Spruch der angefochtenen Bescheide aber auch die Entscheidung darüber, dass die Anträge dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnen sind. Jedenfalls insoweit - auch bei dem eben dargelegten Verständnis - konnte der Beschwerdeführer in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/01/0709). Die erhobenen Beschwerden erweisen sich somit als zulässig.
1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hegt aber auch keine Bedenken gegen die Vollmacht des Dr. W. R. in den beiden verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Im Hinblick auf die rechtliche Unabhängigkeit dieser Verfahren von den zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren einerseits und im Hinblick auf die seit dem Abschluss dieser Verfahren vergangene Zeitspanne andererseits (die Beschwerdeergänzungen datieren vom 20. Oktober 1997 und vom 10. November 1997) wird damit freilich keine Aussage bezüglich der Vertretungsbefugnis des Dr. W. R. in den den angefochtenen Bescheiden vorangegangenen Verwaltungsverfahren getroffen. Wie die nachfolgenden Überlegungen zeigen, kann diese Frage letztlich dahinstehen.
2.1. Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat die Behörde auf Antrag eines Fremden mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 bedroht ist. Gemäß § 54 Abs. 4 leg. cit. darf der Fremde bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag in diesen Staat nicht abgeschoben werden. Nach Abschiebung des Fremden in einen anderen Staat ist das Feststellungsverfahren als gegenstandslos einzustellen.
2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, ist das Feststellungsverfahren nach § 54 FrG von der Behörde auch dann einzustellen, wenn der Fremde während des Verfahrens - ungeachtet der Anordnung des § 54 Abs. 4 erster Satz FrG - in den von seinem Antrag erfassten Staat abgeschoben worden ist (vgl. den hg. Beschluss vom 21. September 1995, Zl. 93/18/0631). Er ist insoweit, was die Effektuierung des begehrten Abschiebungsschutzes für den Fall seiner nochmaligen Einreise nach Österreich anlangt, nicht anders gestellt als ein gesetzeskonform in ein "Drittland" abgeschobener Fremder.
2.3. Eine besondere Form der Einstellung ordnet das FrG nicht an. Auch im AVG ist eine nach außen in Erscheinung tretende Form einer Verfahrenseinstellung nicht vorgesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/07/0085). Es ist daher davon auszugehen, dass die Einstellung des Feststellungsverfahrens als gegenstandslos nach § 54 Abs. 4 FrG formlos - zu dokumentieren lediglich in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) - erfolgen kann, zumal es dem offensichtlichen Zweck der Verfahrenseinstellung - Verfahrensökonomie - zuwiderlaufen würde, regelmäßig umfangreiche und im Hinblick auf allfällige "Weiterschiebungen" nur bedingt erfolgversprechende Ermittlungen über den Aufenthaltsort eines abgeschobenen Fremden (so er im Verfahren unvertreten ist; der Vertretungsfall kann nicht anders behandelt werden) anzustellen. (Siehe zu der vergleichbaren Bestimmung des § 30 Abs. 1 Asylgesetz 1997 die Ausführungen in der RV, 686 BlgNR 20. GP, 28, wo ausdrücklich davon die Rede ist, dass die Einstellung formlos zu erfolgen habe.)
2.4. Das bedeutet, dass nach durchgeführter Abschiebung des Fremden die Behörde im Verfahren nach § 54 FrG mangels weiterbestehender Verpflichtung zur Erlassung eines Bescheides nicht mehr säumig werden kann. Damit ist es dem betreffenden Fremden aber auch unmöglich, mit Erfolg eine Entscheidungspflicht dieser Behörde geltend zu machen; ein dennoch erhobener Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde wäre von dieser als unzulässig zurückzuweisen.
3. Ist das Hauptverfahren einzustellen und besteht im Rahmen desselben keine behördliche Entscheidungspflicht mehr, so muss das auch für Verfahren gelten, die nicht die Entscheidung in der Sache selbst zum Gegenstand haben, sondern bloß der weiteren Gestaltung/dem weiteren Fortgang des Hauptverfahrens dienen, wie dies etwa beim Verfahren zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist der Fall ist. Eine Verselbstständigung dieser Verfahren, die letztlich nur auf die Erledigung des Hauptverfahrens abzielen, kommt nicht in Betracht. (Zur parallelen Behandlung eines Wiedereinsetzungsverfahrens mit dem Hauptverfahren siehe etwa den hg. Beschluss vom 5. März 1999, Zl. 98/21/0282).
Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass die belangte Behörde sowohl den erst nach Abschiebung des Beschwerdeführers eingebrachten Devolutionsantrag vom 8. September 1995 (gerichtet auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung betreffend den Wiedereinsetzungsantrag vom 6. März 1995) als auch den dieses Devolutionsverfahren betreffenden Antrag auf Wiederaufnahme jedenfalls im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat. Dass die Zurückweisung aus einem anderen Grund - mangels Nachweises der Vollmacht des namens des Beschwerdeführers eingeschrittenen Vertreters - erfolgte, vermag den Beschwerdeführer (Richtigkeit seines in den beiden Beschwerden vertretenen Standpunktes unterstellt) nicht in Rechten zu verletzen, weil der Umfang der Rechtskraftwirkungen der bekämpften Bescheide - jedenfalls gegenüber dem Beschwerdeführer - nicht über jenen einer Zurückweisung der zugrundeliegenden Anträge infolge Fehlens einer Entscheidungspflicht der belangten Behörde hinausgeht.
4. Nach dem Gesagten waren somit beide Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung (im Beschwerdeverfahren zu Zl. 97/21/0611) konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
6. Ein Kostenausspruch hatte zu unterbleiben, weil die belangte Behörde für die Aktenvorlage keine Kosten verzeichnet hat. Wien, am 1. Juli 1999
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)