AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z4
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:I419.2171328.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 23.08.2017, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III zu lauten hat: „Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ gemäß § 57 AsylG 2005 wird Ihnen nicht erteilt.“.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer beantragte 2015 nach jeweils illegaler Einreise in Griechenland, Ungarn und schließlich Österreich internationalen Schutz. Einen zurückweisenden Bescheid des BFA wegen Zuständigkeit Ungarns behob dieses Gericht (04.09.2015, XXXX ).
2. Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers betreffend die Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Nigeria als unbegründet ab (Spruchpunkte I und II), erteilte diesem keinen Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“, erließ wider ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III). Einer Beschwerde aberkannte es die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt IV) und stellte fest, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt V).
3. Beschwerdehalber wird vorgebracht, der Beschwerdeführer benötige für seine Beinverletzung „dringend eine Behandlung“, die ihm im Herkunftsstaat aus finanziellen Gründen nicht zur Verfügung stehe. Zudem sei es ihm dort so schlecht gegangen, dass er am Verhungern gewesen sei.
Wegen fehlender Bildung und der Fehlstellung seines Beines sei es ihm nicht möglich, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Nach einer Abschiebung drohe eine Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK.
Ergänzend brachte der Beschwerdeführer zu den aktualisierten Länderfeststellungen vor, ihm fehle im Herkunftsstaat eine Arbeitsmöglichkeit, solange er nicht geheilt sei. Die aktuelle Situation „hinsichtlich Boko Haram“ sorge dafür, dass die Hungersnot in Nigeria „noch mehr zugenommen“ habe. Ihm gebühre subsidiärer Schutz.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Nigerias, Mitte 30, arbeitsfähig und -willig, ledig und Christ. Seine Identität steht nicht fest. Er gehört der Volksgruppe der I(g)bo an, beherrscht deren Sprache als Muttersprache sowie Englisch jeweils in Wort und Schrift und leidet an keiner schweren Krankheit.
Er kam in Imo State in der Ortschaft XXXX der LGA (local government area) XXXX zur Welt, wo er mit seinen Geschwistern bei den Eltern auf deren Farm aufwuchs, mit sechs Jahren eingeschult wurde und dann mindestens sechs Jahre die Schule besuchte. Dort wohnen seine Schwester, Ende 30, sein Schwager und sein Bruder V., Mitte 30, alle in der benachbarten Hauptstadt XXXX , sowie Cousins und Cousinen des Beschwerdeführers. Zu V., der als Zusteller („Träger/Lieferant“, „Tagelöhner“) arbeitet, hat der Beschwerdeführer Kontakt. Er hat zwei weitere Brüder, ca. 30 und Anfang 30, mit denen er 2017 noch in Kontakt war, einer lebte mit dem Beschwerdeführer vor der Ausreise im gemeinsamen Haushalt, der andere bei einer Verwandten. Den Angaben des Beschwerdeführers nach sind seine Eltern verstorben, die Mutter, als er acht war, und der Vater, als der Beschwerdeführer Anfang 20 war.
Er begab sich im Sommer 2014 nach XXXX im Bundesstaat Cross River und gelangte nach eigenen Angaben anschließend zu Fuß über die Grenze nach Kamerun sowie von dort per Schiff in den Iran und zu Lande weiter in die Türkei, von wo er im Dezember 2014 nach Griechenland gereist sei.
Der Beschwerdeführer hat am linken Bein eine schwere Valgusfehlstellung im Bereich des Oberschenkels (Beinachsenfehlstellung, X-Bein) und eine kongenitale Patellaluxation (angeborene Kniescheibeninstabilität, Fehlbildung des Knies). Das linke Bein ist ca. 6 cm verkürzt, das Becken entsprechend rechts erhöht. Eine orthopädische Untersuchung im Sommer 2015 ergab auch eine Gonarthrose (Kniearthrose, Knorpelverschleiß im Kniegelenk). Als mögliche Vorgehensweisen wurden damals eine Osteotomie (Knochenschnitt) mit Verlängerung durch TSF angesehen (Tailor Spatial Frame, Achskorrektur am wachsenden Skelett), alternativ die Versorgung mit einem orthopädischen Schuh mit Beinlängenausgleich.
Für die Woche ab dem 20.03.2017 war die stationäre Aufnahme und Operation des Beschwerdeführers in einem Orthopädischen Spital vorgesehen, der dort zu diesem Zweck vom Vorstand der Abteilung für Kinderorthopädie und Fußchirurgie untersucht wurde. Dieser stellte fest, dass der Beschwerdeführer die Abweichungen sehr gut kompensiert, keinen Schuhausgleich verwendet und nur gering hinkt. Es lägen keine Hinweise auf ein motorisches Defizit im Bereich der linken Unteren Extremität vor. Um die Kniescheibe in eine zentrierte Position zu bekommen, müsse eine Achskorrektur erfolgen.
Der Beschwerdeführer nahm die Operation, deren Dauer mit fünf Stunden geplant wurde, nicht in Anspruch, obwohl er in der OP-Freigabe als gesunder Patient ohne medizinische Probleme in die (beste) Gruppe 1 der ASA-Klassifikation (American Society of Anesthesiologists) eingeordnet wurde.
Am 14.12.2021 hat der Beschwerdeführer – nach Krankheiten, Medikamenten und Behandlungen gefragt – nur angegeben, eine Operation sei nicht erfolgt. Er leide an der Beinverkürzung links, Rückenschmerzen beidseitig und einer starken Wirbelsäulenverdrehung. Für Jänner 2022 seien „weitere Therapiemaßnahmen, eventuell ein operativer Eingriff“ im genannten Orthopädischen Spital geplant. Befunde oder Verschreibungen legte er nicht vor.
Der Beschwerdeführer ist unbescholten, führt kein Familienleben und hat außerhalb des Herkunftsstaates keine Angehörigen. Er geht keinem angemeldeten Erwerb nach, lebt von der Grundversorgung, die auch seine Unterkunft bei einer Hilfsorganisation abdeckt, und dem Verkauf einer Straßenzeitung, mit dem er etwa € 80,-- monatlich erlöst. Vereinen oder anderen Organisationen außer der Freikirche gehört er nicht an und bekleidet kein Ehrenamt. Er hilft in einem Supermarkt – nach eigenen Angaben unentgeltlich – bei der Bodenreinigung und dem Einräumen der Regale. Er verfügt weder über eine Beschäftigungsbewilligung, noch hat er eine Einstellungszusage vorgelegt.
Er hat 2017 Deutschkenntnisse auf Niveau A2 nachgewiesen und Empfehlungsschreiben vorgelegt, nach denen er in der Unterkunft seine Pflichten immer sehr ernst genommen und sorgfältig ausgeführt sowie sich fleißig an den Putzdiensten und anderen Aufgaben beteiligt hat, in der freikirchlichen Gemeinde bekannt ist, wo ihn (u. a.) Hilfsbereitschaft und Arbeitswilligkeit auszeichnen, und vor dem Supermarkt, wo er (einem in der Freikirche erhaltenen Rat folgend) Zeitungen verkauft und dabei mit einem – dem Namen nach – Einheimischen Freundschaft geschlossen hat.
Weitere sieben Empfehlungsschreiben legte er 2021 vor, großteils aus dem Kreis der Kundschaft des Supermarkts, eines auch von einem dort Beschäftigten, in denen ihm Freunde und Bekannte Offenheit, Freundlichkeit, Fleiß bei der Arbeit, Stärke und Durchhaltevermögen attestieren. Er arbeite „wirklich brav“, „wirklich jeden Tag“ „bei Wind und Wetter“ „sehr fleißig“, sei bemüht, sehr freundlich, eine wahre Bereicherung und ein wirklich ein guter Mensch. Mit mehreren dieser Menschen kommt er auch privat zusammen, in seiner oder deren Unterkunft, um z. B. gemeinsam zu kochen und essen. Einer weiteren Einheimischen hilft er beim Einkaufen und anderen Erledigungen. Diese wohnt rund 10 km entfernt vom Beschwerdeführer in einem anderen Stadtbezirk, und der Beschwerdeführer, für den sie nach eigenen Angaben „wie eine Mutter“ ist, besucht sie wöchentlich.
Der Beschwerdeführer hat weder Kinder noch Sorgepflichten und weist in Österreich keine weiteren maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.
Die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers ist überwiegend durch die Verfahrensdauer begründet, die deutliche, im zweiten Beschwerdeverfahren auch überlange Verzögerungen beinhaltet, die den Behörden zurechenbar sind.
1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat:
Im angefochtenen Bescheid wurden die Länderinformationen zu Nigeria mit Stand 08.05.2017 zitiert. Aktuell liegen Länderinformationen mit Stand 03.09.2021 vor, die in der vorliegenden Rechtssache keine Änderung der entscheidenden Sachverhaltselemente beinhalten. Im Beschwerdeverfahren sind auch sonst keine solchen Änderungen bekannt geworden.
Aus Berichten des Auswärtigen Amts (Deutschland) und Gesundheitsstatistiken ergibt sich betreffend die Pandemie in Nigeria:
Nigeria ist von COVID-19 stark betroffen und ist als Hochrisikogebiet eingestuft. [...] Der internationale Flugverkehr findet derzeit grundsätzlich statt. Flugverbindungen zwischen Dubai und Nigeria sind gegenwärtig ausgesetzt. [...]
Die Bundesstaaten können auf Grundlage von Empfehlungen der nigerianischen Bundesregierung über das Ausmaß COVID-bezogener Beschränkungen selbständig entscheiden. Einzelne Bundesstaaten haben Bewegungsbeschränkungen und Auflagen innerhalb der Bundesgrenzen verhängt. Im Hauptstadtbezirk Federal Capital Territory sowie in Lagos gilt eine nächtliche Ausgangssperre von 0 bis 4 Uhr. Beschäftigte in systemrelevanten Sektoren und aus dem Ausland nachts Einreisende sind von der nächtlichen Ausgangssperre ausgenommen Geschäfte, Banken, Märkte, Hotels und Unternehmen sind unter Einhaltung von strengen Hygienemaßnahmen geöffnet, in manchen Bundesstaaten dürfen Restaurants nur im Außenbereich bewirten. Bars und Nachtclubs sind geschlossen. Menschenansammlungen mit mehr als 50 Personen bleiben grundsätzlich untersagt. Einzelne Bundesstaaten können religiöse Versammlungen von mehr als 50 Personen unter Einhaltung von Hygienemaßnahmen zulassen. [...]
Im öffentlichen Raum gilt die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Die Behörden können die Einhaltung der Maskenpflicht und von Bewegungsbeschränkungen jederzeit überprüfen, Verstöße sanktionieren und Temperaturmessungen an öffentlichen Orten durchführen. [...] Für den Inlandsflugverkehr gelten die gängigen Abstands- und Hygieneregeln und eine Maskenpflicht. (www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/205788#content_0 ; unverändert gültig seit 10.01.2022, Abfrage 20.01.2022)
Andererseits zeigt das Verhältnis der Zahl Infizierter (ohne Verstorbene und Geheilte), 23.286 per 18.01.2022, davon 102 in Imo State, zur Zahl durchgeführter Tests (3.992.486 bei ca. 200 Mio. Einwohnern oder 19.962 pro Million), dass auch eine Hochrechnung auf die Testquote Österreichs (590.020 pro Mio. Einwohner) keine gravierende Zahl dieser Infizierten ergäbe, nämlich 0,688 Mio. oder 0,34 % der Bevölkerung, also 1/5 des Werts von Österreich (der bei 1,81 % liegt).
Daraus folgt nicht, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zwangsläufig in eine ausweglose Situation geriete.
Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Sicherheitslage
Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete oder -parteien (AA 5.12.2020).
Beim Konflikt im Nordosten handelt es sich um eine grenzüberschreitende jihadistische Insurgenz (AA 5.12.2020), vorwiegend durch Boko Haram (FH 2021; vgl. UKFCDO 19.5.2021), sowie ISWA [Islamischer Staat Westafrika] und anderen Gruppen (UKFCDO 16.8.2021). Die Aktivitäten der Islamisten haben sich von den nordöstlichen Staaten in die nordwestlichen Staaten ausgeweitet (EASO 6.2021). Obwohl Präsident Buhari in den ersten Jahren seiner Regierungszeit angab, Boko Haram „technisch“ besiegt zu haben, gibt er nun [Anm.: Stand Juli 2021] zu, dass es seiner Regierung nicht gelingt, den Aufstand zu stoppen (BBC 19.7.2021).
Im Middle Belt kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen um knapper werdende Ressourcen zwischen Hirten und Bauern (AA 5.12.2020; vgl. FH 3.3.2021). Beide Seiten machen sich Hassreden und Gewaltverbrechen schuldig (AA 5.12.2020). Standen zu Beginn vor allem die Bundesstaaten Kaduna und Plateau im Zentrum der Auseinandersetzungen, haben sich diese südlich nach Nasarawa, Benue, Taraba und Adamawa ausgeweitet (AA 5.12.2020; vgl. EASO 6.2021). Tausende sind in dem Konflikt um knappe Ressourcen getötet worden (BBC 19.7.2021).
Im Südosten handelt es sich (noch) um vergleichsweise beschränkte Konflikte zwischen einzelnen sezessionistischen Bewegungen [u.a. IPOB - Indigenous People of Biafra] und der Staatsgewalt. Bei den Auseinandersetzungen im Nigerdelta geht es sowohl um Konflikte zwischen regionalen militanten Gruppen einerseits und der Staatsgewalt andererseits, als auch um Rivalitäten zwischen unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften. Im ersten Fall stehen in der Regel finanzielle Partikularinteressen der bewaffneten Gruppen im Vordergrund, im zweiten Fall geht es um einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen (AA 5.12.2020).
Zunehmend kritisch für die allgemeine Sicherheitslage in Nord- und Zentralnigeria ist die aus den nordwestlichen Bundesstaaten Sokoto, Zamfara, Katsina und Kaduna ausgehende Bandenkriminalität (insb. Viehdiebstähle, Überfälle, Entführungen) (AA 5.12.2020; vgl. EASO 6.2021). Bemühungen der Sicherheitskräfte haben eher zur Verdrängung der Aktivitäten in bisher nicht betroffene Gebiete als zur effektiven Verfolgung der Kriminellen geführt (AA 5.12.2020). Seit Dezember 2020 wurden mehr als 1.000 Schüler entführt und viele wurden erst wieder nach Zahlung eines hohen Lösegelds freigelassen (BBC 19.7.2021).
Die Kriminalitätsrate in Nigeria ist sehr hoch, die allgemeine Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Jahren laufend verschlechtert. In Nigeria können in allen Regionen unvorhersehbare lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Insbesondere die Bundesstaaten Zamfara, westl. Taraba und der östl. Teil von Nasarawa, das nördliche Sokoto und die Bundesstaaten Plateau, Kaduna, Benue, Niger und Kebbi sind derzeit von bewaffneten Auseinandersetzungen bzw. innerethnischen Konflikten zwischen nomadisierenden Viehzüchtern und sesshaften Farmern sowie organisierten kriminellen Banden betroffen. In den südöstlichen und südlichen Bundesstaaten Imo, Rivers, Anambra, Enugu, Ebonyi und Akwa-Ibom kommt es derzeit gehäuft zu bewaffneten Angriffen auf Institutionen staatlicher Sicherheitskräfte. Die nigerianische Polizei hat nach einem erheblichen Anstieg von Sicherheitsvorfällen am 19.5.2021 die "Operation Restore Peace" in diesen Bundesstaaten begonnen. Dies kann lokal zu einer höheren polizeilichen Präsenz führen. In den nordöstlichen Landesteilen werden fortlaufend terroristische Gewaltakte, wie Angriffe und Sprengstoffanschläge von militanten Gruppen auf Sicherheitskräfte, Märkte, Schulen, Kirchen und Moscheen verübt. Demonstrationen und Proteste sind insbesondere in Abuja und Lagos, aber auch anderen großen Städten möglich und können zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen. Im Juli/August 2019 und im Oktober 2020 [Anm.: im Rahmen der EndSARS Proteste] forderten diese in Abuja, Lagos und anderen Städten zahlreiche Todesopfer (AA 3.8.2021).
Anfang Oktober 2020 führte eine massive Protestwelle zur Auflösung der Spezialeinheit SARS am 11.10.2020 (Guardian 11.10.2020; vgl. EASO 6.2021). Die Einheit wurde in SWAT (Special Weapons and Tactics Team) umbenannt und seine Beamten sollen einer zusätzlichen Ausbildung unterzogen werden (DS 16.10.2020; vgl. EASO 6.2021). Nach Oktober 2020 wurde eine Kommission aus Nationaler Menschenrechtskommission (NHRC) und zivilgesellschaftlichen Gruppen zur Untersuchung der Polizeieinsätze während der Protestwelle eingesetzt (EASO 6.2021).
In der Zeitspanne März 2020 bis März 2021 stechen folgende nigerianische Bundesstaaten mit einer hohen Anzahl an Toten durch Gewaltakte besonders hervor: Borno (2.888), Kaduna (1.103), Zamfara (938). Folgende Bundesstaaten stechen mit einer niedrigen Zahl hervor: Gombe (5), Bauchi (16), Jigawa (16) (CFR 12.4.2021). Gemäß dem Global Peace Index 2020 findet sich Nigeria auf Platz 147 von 163 Ländern. Gemäß Brooking haben intensive Unsicherheit und Gewalt seit 2018 in Nigeria Bestand bzw. haben diese zugenommen (EASO 6.2021).
1.2.2 Grundversorgung
Nigeria ist die größte Volkswirtschaft Afrikas. Die Erdölproduktion ist der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Aufgrund des weltweiten Verfalls der Erdölpreise rutschte Nigeria 2016 jedoch in eine schwere Rezession, die bis zum zweiten Quartal 2017 andauerte. 2018 wuchs die nigerianische Wirtschaft erstmals wieder um 1,9 Prozent. Getragen wurde das Wachstum vor allem durch die positive Entwicklung von Teilen des Nicht-Öl-Sektors (Landwirtschaft, Industrie, Gewerbe) (GIZ 6.2020). 2020 wurde die Wirtschaft des Landes schwer durch den COVID-bedingten Verfall der internationalen Ölpreise getroffen. Für 2020 wird mit einem Rückgang des BIP von ca. 3,2 Prozent bei einem Wachstum der Bevölkerung in etwa gleicher Höhe gerechnet. Bereits im 4. Quartal 2020 hat die Wirtschaft jedoch wieder zu expandieren begonnen. 2021 sollte sie, getragen von Ölpreisen um 60 US-Dollar pro Fass, um 1,5 bis 2,5 Prozent real wachsen (WKO 16.6.2021).
Etwa 80 Prozent der Gesamteinnahmen Nigerias stammen aus der Öl- und Gasförderung (AA 5.12.2020). Neben Erdöl verfügt das Land über z.B. Zinn, Eisen-, Blei- und Zinkerz, Kohle, Kalk, Gesteine, Phosphat – gesamtwirtschaftlich jedoch von geringer Bedeutung (GIZ 6.2020). Von Bedeutung sind hingegen der (informelle) Handel und die Landwirtschaft, welche dem größten Teil der Bevölkerung eine Subsistenzmöglichkeit bieten (AA 5.12.2020). Der Industriesektor (Stahl, Zement, Düngemittel) machte 2016 ca. 20 Prozent des BIP aus. Neben der Verarbeitung von Erdölprodukten werden Nahrungs- und Genussmittel, Farben, Reinigungsmittel, Textilien, Brennstoffe, Metalle und Baumaterial produziert. Industrielle Entwicklung wird durch die unzureichende Infrastruktur (Energie und Transport) behindert (GIZ 6.2020).
Über 70 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt. Der Agrarsektor wird durch die Regierung stark gefördert. Dadurch hat etwa der Anteil an Großfarmen zugenommen (GIZ 6.2020). Dennoch ist Nigeria in diesem Bereich keineswegs autark, sondern auf Importe, vor allem von Reis, angewiesen. Aufgrund fehlender Transportmöglichkeiten verrotten bis zu 40 Prozent der Ernten (ÖB 10.2020).
Historisch war Lebensmittelknappheit in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent. In einzelnen Gebieten im äußersten Norden (Grenzraum zu Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation allerdings schwierig. Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen, aber auch wegen der Vertreibungen als Folge der Attacken durch Boko Haram Hungerperioden für die nördlichen, insbesondere die nordöstlichen Bundesstaaten nicht aus. In Ernährungszentren nahe der nördlichen Grenze werden bis zu 25 Prozent der unter fünfjährigen Kinder wegen starker Unterernährung behandelt. Insgesamt hat sich der Prozentsatz an Unterernährung in den nördlichen Staaten im Vergleich zu 2015 verbessert und liegt nun unter der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen aber weiterhin zwei Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2020). Mit Stand August 2020 benötigen gemäß UN 10,6 Millionen Menschen in Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa humanitäre Hilfe (HumAngle 11.8.2020).
Die Einkommen sind in Nigeria höchst ungleich verteilt (BS 2020; vgl. GIZ 12.2020b). 87 Millionen Nigerianer (40 Prozent der Bevölkerung) leben in absoluter Armut, d.h. sie haben weniger als 1 US-Dollar pro Tag zur Verfügung (GIZ 6.2020). Gemäß Schätzungen der Weltbank leben mehr als 90 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag und 92 Prozent der Bevölkerung müssen mit einem Einkommen von weniger als 5,50 Dollar pro Tag auskommen (ÖB 10.2020). Die Armut ist in den ländlichen Gebieten größer als in den städtischen Ballungsgebieten (GIZ 12.2020b). Programme zur Armutsbekämpfung gibt es sowohl auf Länderebene als auch auf lokaler Ebene. Zahlreiche NGOs im Land sind in den Bereichen Armutsbekämpfung und Nachhaltige Entwicklung aktiv. Frauenorganisationen, von denen Women In Nigeria (WIN) die bekannteste ist, haben im traditionellen Leben Nigerias immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Nigerianer, die in der Diaspora leben, engagieren sich für die Entwicklung in ihrer Heimat (GIZ 6.2020).
Die Arbeitslosigkeit ist hoch, bei den Jugendlichen im Alter von 15 bis 35 wird sie auf über 50 Prozent geschätzt (GIZ 12.2020b). Die letzten offiziellen Zahlen dazu stammen aus dem 3. Quartal 2018. Demnach waren damals 42 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung entweder arbeitslos oder unterbeschäftigt. Seither werden Arbeitslosenzahlen, angeblich aus Kostengründen, nicht mehr veröffentlicht. Besonders hoch ist die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen (ÖB 10.2020). Verschiedene Programme auf Ebene der Bundesstaaten aber auch der Zentralregierung zielen auf die Steigerung der Jugendbeschäftigung ab (ÖB 10.2020; vgl. BS 2020).
Der Mangel an lohnabhängiger Beschäftigung führt dazu, dass immer mehr Nigerianer in den Großstädten Überlebenschancen im informellen Wirtschaftssektor als „self-employed“ suchen. Die Massenverelendung nimmt seit Jahren bedrohliche Ausmaße an (GIZ 12.2020b). Nur Angestellte des öffentlichen Dienstes, des höheren Bildungswesens sowie von staatlichen, teilstaatlichen oder großen internationalen Firmen genießen ein gewisses Maß an sozialer Sicherheit. Eine immer noch geringe Anzahl von Nigerianern (acht Millionen) ist im Pensionssystem (Contributory Pension Scheme) registriert (BS 2020).
Die Großfamilie unterstützt in der Regel beschäftigungslose Angehörige (ÖB 10.2020). Generell wird die Last für Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung vom Netz der Großfamilie und vom informellen Sektor getragen (BS 2020). Allgemein kann festgestellt werden, dass auch eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2020).
Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. Mietkosten, Zugang zu medizinischer Versorgung und Lebensmittelpreise variieren nicht nur von Bundesstaat zu Bundesstaat, sondern auch regional/ethnisch innerhalb jedes Teilstaates (ÖB 10.2020).
Verdienstmöglichkeiten für Rückkehrerinnen: Eine der Berufsmöglichkeiten für Rückkehrerinnen ist die Eröffnung einer mobilen Küche für „peppersoup“, „garri“ oder „pounded yam“, für die man lediglich einen großen Kochtopf und einige Suppenschüsseln benötigt. Die Grundausstattung für eine mobile Küche ist für einen relativ geringen Betrag erhältlich. Hauptsächlich im Norden ist auch der Verkauf von bestimmten Holzstäbchen zur Zahnhygiene eine Möglichkeit, genügend Einkommen zu erlangen. In den Außenbezirken der größeren Städte und im ländlichen Bereich bietet auch „mini-farming“ eine Möglichkeit, selbständig erwerbstätig zu sein. Schneckenfarmen sind auf 10 m² Grund einfach zu führen und erfordern lediglich entweder das Sammeln der in Nigeria als „bushmeat“ gehandelten Wildschnecken zur Zucht oder den Ankauf einiger Tiere. Ebenso werden nun „grasscutter“ (Bisamratten-ähnliche Kleintiere) gewerbsmäßig in Kleinkäfigen als „bushmeat“ gezüchtet. Großfarmen bieten Tagesseminare zur Aufzucht dieser anspruchslosen und sich rasch vermehrenden Tiere samt Verkauf von Zuchtpaaren an. Rascher Gewinn und gesicherte Abnahme des gezüchteten Nachwuchses sind gegeben. Schnecken und „grasscutter“ finden sich auf jeder Speisekarte einheimischer Lokale. Für handwerklich geschickte Frauen bietet auch das Einflechten von Kunsthaarteilen auf öffentlichen Märkten eine selbständige Erwerbsmöglichkeit. Für den Verkauf von Wertkarten erhält eine Verkäuferin wiederum pro 1.000 Naira Wert eine Provision von 50 Naira. Weiters werden im ländlichen Bereich Mobiltelefone für Gespräche verliehen; pro Gespräch werden 10 Prozent des Gesprächspreises als Gebühr berechnet (ÖB 10.2020).
1.2.3 Medizinische Versorgung
Insgesamt kann die Gesundheitsversorgung in Nigeria als mangelhaft bezeichnet werden. Zwischen Arm und Reich sowie zwischen Nord und Süd besteht ein erhebliches Gefälle: Auf dem Land sind die Verhältnisse schlechter als in der Stadt (GIZ 12.2020b); und im Norden des Landes ist die Gesundheitsversorgung besonders prekär (GIZ 12.2020b; vgl. ÖB 10.2020). Die medizinische Versorgung ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch (AA 3.8.2021). Die Gesundheitsdaten Nigerias gehören zu den schlechtesten in Afrika südlich der Sahara und der Welt (ÖB 10.2020). Mit 29 Todesfällen pro 1.000 Neugeborenen hat Nigeria weltweit die elfthöchste Todesrate bei Neugeborenen (GIZ 12.2020b). Die aktuelle Sterberate für Kinder unter fünf Jahren beträgt 100,2 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten (ÖB 10.2020).
Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser (AA 5.12.2020). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor, die im öffentlichen Gesundheitssektor allerdings in der Regel unter europäischem Standard liegt. Der private Sektor bietet hingegen in einigen Krankenhäusern der Maximalversorgung (z. B. in Abuja, Ibadan, Lagos) westlichen Medizinstandard (AA 5.12.2020; vgl. ÖB 10.2020). Nahezu alle, auch komplexe Erkrankungen, können hier kostenpflichtig behandelt werden (AA 5.12.2020). In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur einige wenige Krankenhäuser über eine moderne Ausstattung (ÖB 10.2020).
In den letzten Jahren hat sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor deutlich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine gute medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Es sind zunehmend Privatpraxen und -kliniken entstanden, die um zahlungskräftige Kunden konkurrieren. Die Ärzte haben oft langjährige Ausbildungen in Europa und Amerika absolviert und den medizinischen Standard angehoben. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 5.12.2020).
Stigmatisierung und Missverständnisse über psychische Gesundheit, einschließlich der falschen Wahrnehmung, dass psychische Erkrankungen von bösen Geistern oder übernatürlichen Kräften verursacht werden, veranlassen die Menschen dazu, religiöse oder traditionelle Heiler zu konsultieren; eine Rolle spielt hier auch der Mangel an qualitativ hochwertiger psychiatrischer Versorgung und die unerschwinglichen Kosten (HRW 11.11.2019). Es existiert kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Dort werden Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht, können aber nicht adäquat behandelt werden (AA 5.12.2020). In Nigeria stehen 250 Psychiater für eine Bevölkerung von 200 Millionen Menschen zur Verfügung (Devex 29.9.2020). Es gibt weniger als 15 auf psychische Erkrankungen spezialisierte Spitäler (IRB 12.1.2020) und 100 Hospitäler mit psychiatrischer Abteilung (VAÖB 23.1.2019). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker Rückkehrer an. Die Kosten für einen Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Die Behandlungskosten sind jedoch je nach Schwere der Krankheit unterschiedlich. Zudem ist an diesem Krankenhaus auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich (AA 5.12.2020).
Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten jedoch als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor (AA 5.12.2020). Die Rate der im NHIS versicherten Personen ist von 10 Prozent (5,6 Millionen Nigerianer) vor zehn Jahren auf 1,72 Prozent (eine Million Nigerianer) in aktualisierten Statistiken [Stand: 2020] gefallen. 90 Prozent der Nigerianer sind nicht versichert. 3-5 Prozent der Bevölkerung sind in irgendeiner Form krankenversichert (TG 25.9.2020). Eine Minderheit der erwerbstätigen Bevölkerung ist über das jeweils beschäftigende Unternehmen mittels einer Krankenversicherung abgesichert, die jedoch nicht alle Krankheitsrisiken abdeckt (VAÖB 27.3.2019).
Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 12.2020b). Selbst in staatlichen Krankenhäusern muss für Behandlungen bezahlt werden (AA 5.12.2020). Die Kosten medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden. Die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein (ÖB 10.2020). Eine medizinische Grundversorgung wird über die Ambulanzen der staatlichen Krankenhäuser aufrechterhalten, jedoch ist auch dies nicht völlig kostenlos, in jedem Fall sind Kosten für Medikamente und Heil- und Hilfsmittel von den Patienten zu tragen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (VAÖB 27.3.2019). Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 5.12.2020). Gemäß Angaben einer anderen Quelle werden Tests und Medikamente an staatlichen Gesundheitseinrichtungen dann unentgeltlich abgegeben, wenn diese überhaupt verfügbar sind. Religiöse Wohltätigkeitseinrichtungen und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung (ÖB 10.2020).
Apotheken und in geringerem Maße v. a. private Kliniken verfügen über eine Auswahl essentieller Medikamente. Hier sind die gängigen Antiphlogistika und Schmerzmittel sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente für Herz-Kreislauferkrankungen und zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden erhältlich (AA 5.12.2020). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/AIDS können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Schutzimpfaktionen werden von internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber auf religiös und kulturell bedingten Widerstand, überwiegend im muslimischen Norden (ÖB 10.2020).
Die Qualität der Produkte auf dem freien Markt ist jedoch zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte – meist aus asiatischer Produktion – vertrieben werden (bis zu 25 % aller verkauften Medikamente). Diese wirken aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt. Es gibt zudem wenig zuverlässige Kontrollen hinsichtlich der Qualität der auf dem Markt erhältlichen Produkte (AA 5.12.2020). Gegen den grassierenden Schwarzmarkt mit Medikamenten gehen staatliche Stellen kaum vor (ÖB 10.2020).
Der Glaube an die Heilkräfte der traditionellen Medizin ist nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher traditionelle Heiler als Schulmediziner konsultiert (GIZ 12.2020b). Gerade im ländlichen Bereich werden „herbalists“ und traditionelle Heiler aufgesucht (ÖB 10.2020).
In Nigeria gibt es wie in anderen Ländern relativ wenig belegte COVID-19 Infizierte. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass vergleichsweise wenig Tests durchgeführt werden (Africa CDC 22.8.2021).
1.2.4 Rückkehr
Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die allgemein herrschende Situation in Nigeria stellt keine Bedrohung i.S.v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK dar. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2020).
Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 5.12.2020). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations (JROs) gemeinsam mit FRONTEX (ÖB 10.2020). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 5.12.2020).
Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 5.12.2020). Die Erfahrungen mit den JROs seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2020). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 5.12.2020) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2020) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 5.12.2020; vgl. ÖB 10.2020). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2020).
Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im „Decree 33“ nicht zu befürchten (AA 5.12.2020). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets „overstay“ angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2020).
Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. die Angebote nicht bekannt sind oder eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure betreiben Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen haben im Herbst 2018 in Lagos, Abuja und Benin City Migrationsberatungszentren der GIZ ihren Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert und es werden Aus- oder Weiterbildungsprojekte angeboten (AA 5.12.2020).
1.3 Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
1.3.1 Nach seinem Aufgriff durch die Polizei gab er beim BFA an, Internationalen Schutz zu wollen. Nach dem Tod der Eltern habe ihm eine Frau weitergeholfen, da er behindert sei. Diese sei gewaltsam getötet worden, und er etwas später am selben Ort derart schwer geschlagen und misshandelt, dass er drei Jahre nicht habe gehen können.
Am nächsten Tag bei der Polizei erstbefragt, gab der Beschwerdeführer an, er hinke am linken Bein, seit er ca. 10 gewesen sei, wisse aber nicht, woher das gekommen sei. Er habe damals kaum aufrecht gehen können und sei nur auf allen Vieren gekrochen. Dann sei ein Wunder geschehen, und er habe aufrecht gehen können. Seit seiner Schulzeit könne er wieder gehen. Er habe leichte Beschwerden am Bein, fühle sich aber in der Lage, die Einvernahme zu machen. Es gehe ihm gut. Medikamente nehme er nicht.
Nach dem Tod seines Vaters am XXXX .2008 habe sich niemand mehr um ihn gekümmert. Sie hätten in sehr ärmlichen Verhältnissen gelebt, und sein Bruder V. habe als Lastenträger Geld verdienen müssen. Für den Beschwerdeführer sei die Behinderung ein großes Problem gewesen, er habe keine Arbeit bekommen. Seine Verlobte sei im Mai 2010 von Fulani-Leuten vergewaltigt und erschossen worden. Drei Monate darauf habe ein Motorradfahrer den Beschwerdeführer angefahren und am linken Fuß verletzt. Die Wunde habe zu eitern begonnen, aber man habe den Beschwerdeführer nicht im Krankenhaus behandelt, weil er kein Geld gehabt habe. Ein Medizinmann habe ihn mit Naturheilmittel behandelt. Erst nach drei Jahren habe er wieder aufrecht gehen können. Bis 2013 habe er mit einem Holzstock gehen müssen. Er habe die Heimat verlassen, weil er jeden Tag mit Schmerzen im Bein lebe und sich an nichts erfreuen könne. Er benötige eine Behandlung. Auch während seiner Reise habe er immer wieder Schmerzen im linken Bein gehabt. Andere Fluchtgründe habe er nicht.
Für den Fall der Rückkehr gab er an, er habe dort niemanden, der sich um ihn kümmern würde. Wegen seiner Beinverletzung könne er nicht arbeiten und nicht für sich sorgen.
1.3.2 Beim BFA brachte er gut sechs Wochen später vor, er sei krank und nehme Medikamente. Die Unterlagen habe er nicht bei sich. Dem Arzt habe er gesagt, dass er Rücken- und Gliederschmerzen habe, wenn er schlafen gehe. Sein Körper werde heiß und er bekomme Schüttelfrost. Der Arzt habe ihm Medikamente dafür gegeben. Er habe als Kind einen Unfall gehabt, seitdem könne er auf seinem linken Bein nicht gehen. Wenn er Schmerzen habe, spüre er diese am Rücken und in den Gliedern. Wann er den Unfall gehabt habe, wisse er nicht mehr. Der Vater habe ihm gesagt, dass der Beschwerdeführer damals 2 oder 3 gewesen wäre.
Nach dem Tod der Eltern seien seine Geschwister für ihn aufgekommen. Weil er in Nigeria keine Behandlung bekommen habe, hätte er sich entschieden, nach Deutschland zu gehen, um dort eine Behandlung für sein Bein zu bekommen. Nun habe er einen Termin für eine Operation in Wien. Ein Arzt habe ihm versprochen, die Operation durchzuführen, deshalb bestehe kein Grund für den Beschwerdeführer mehr, nach Deutschland zu gehen.
1.3.3 Knapp zwei Jahre darauf, neuerlich beim BFA einvernommen, brachte er vor, er habe wegen seines Beinproblems mit 10 Jahren noch krabbeln müssen und nicht aufstehen können. Er habe den Vater gefragt, woher das Problem komme, doch niemand habe es ihm gesagt. In einem Dezember hätten die Brüder den Beschwerdeführer zu einem Krankengebet in die Kirche mitgenommen. Nachdem ein Gottesmann für ihn gebetet habe, wäre ein Wunder geschehen („Zauber vom Gott“), und der Beschwerdeführer habe ohne den Stock gehen können. Trotz Schmerzen im Kreuzbereich habe er es geschafft, sein Leben zu managen, aber eine Behandlung wegen der Schmerzen habe er nicht erhalten. Sein Vater habe ihm gesagt, dass das Problem entstanden sei, als der Beschwerdeführer 2 bis 3 Jahre alt gewesen sei.
Später, „an dem erwähnten Datum“, sei der Vater verstorben. Zwei Jahre lang hätten ihn darauf sein Bruder V. sowie ein Mädchen unterstützt, welches ihm Essen gebracht habe. Dennoch habe er manchmal nur einmal täglich zu essen gehabt, manchmal auch das nicht. Eines Tages sei er unterwegs gewesen, als ihn ein Motorradfahrer angefahren und genau am Knie getroffen habe, das gebrochen worden sei. Nachdem die Wunde zu eitern begonnen habe, sei er zu einem Naturheiler gebracht worden, und nach der Behandlung dort nachhause zurückgekehrt. Das Mädchen sei vergewaltigt und erschossen worden, und der Beschwerdeführer habe kein Essen und ein hoffnungsloses Leben gehabt, von Kindheit an Schmerzen und keine Behandlung. Deshalb habe er sich zur Ausreise entschlossen. Das sei alles, seine Gesundheit sei ihm sehr wichtig.
1.3.4 Es liegt kein Hinweis vor, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Er wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.3.5 Der Beschwerdeführer hat sich seit seiner Ankunft im Inland keiner Operation seines Beines unterzogen. Er geht dem Zeitungsverkauf nach und arbeitet beim Reinigen von Böden und beim Befüllen von Regalen mit. Trotz der kürzeren Beinlänge links war und ist es ihm möglich, diese Tätigkeiten auszuführen. Es war ihm auch möglich, nach Griechenland, Ungarn und Österreich zu gelangen, nach seinen Angaben beginnend mit einem Fußmarsch nach Kamerun. In Österreich erfüllte er von Anfang an seine Pflichten in der Unterkunft, Putzdienste und anderen Aufgaben mit Fleiß ohne dafür auch nur einen orthopädischen Schuhausgleich zu benötigten.
1.3.6 Es ist dem Beschwerdeführer möglich, zu arbeiten und für sich zu sorgen. Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat nicht verlassen, um sich anderswo operieren und heilen zu lassen, weil er sonst seine Existenz nicht sichern könnte. Er hat keinen Fluchtgrund glaubhaft gemacht.
1.3.7 Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei der keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es gibt keinen Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat in eine unmenschliche Lage versetzt würde. Er hat keine geistige Beeinträchtigung. Ihm droht dort keine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung.
Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat familiäre, kirchliche und andere soziale Kontakte geknüpft, die er nach seiner Rückkehr auffrischen und vertiefen kann. Er ist mit der Kultur des Herkunftsstaats vertraut, wo er aufwuchs und die Schule besuchte, und hat – jedenfalls in Österreich – auch Arbeitserfahrung gesammelt, ob ehrenamtlich oder entgeltlich. Daher wird es ihm möglich sein, im Herkunftsstaat auch Arbeit zu finden und von dieser zu leben. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Zentralen Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.
2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Herkunft, seiner Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Bezüglich seines Gesundheitszustands fanden seine Angaben nur zum Teil Bestätigung in den ärztlichen Bestätigungen und Befunden (des Dr. R. vom 31.07.2015, des OA Dr. H. vom 16.07.2015, des Primarius Doz. Dr. G. vom 23.07.2017 und der OÄ Dr.in B. vom 10.03.2017). Andere medizinische Unterlagen legte der Beschwerdeführer nicht vor. Die angebliche Unfähigkeit, vor dem „Wunder“ aufrecht zu stehen, würde auch dem angegebenen Schulbesuch ab etwa 6 Jahren widersprechen.
Dementsprechend konnten (wie schon beim BFA) weder seine Angaben über die Schwerbehinderung in der Kindheit bis zur Wunderheilung beim Gebet zu Feststellungen führen, noch jene betreffend den Unfall mit dem fahrerflüchtigen Motorradlenker, den der Beschwerdeführer erstbefragt exakt auf 26.08.2010 datiert (AS 43; er habe erst drei Jahre darauf wieder aufrecht gehen können), zwei Jahre später dann gefragt mit „zwischen 2013 und 2014“ (Einvernahme 31.07.2017, 9). Dazwischen hatte er beim BFA ausgesagt, er habe „als Kind“ einen Unfall gehabt, seit welchem er auf dem linken Bein nicht gehen könne. (AS 103)
Aufgrund der ärztlichen Angaben konnte jedenfalls festgestellt werden, dass es sich bei dem Befund das Knie betreffend um keine Folge eines Bruchs bei einem Unfall handelt, sondern um eine angeborene Fehlbildung.
Die geltend gemachte Situation vor der Ausreise konnte nicht in vollem Umfang festgestellt werden, weil – wie es auch das BFA sah (S. 71 im Bescheid) – das Vorbringen wenig konsistent war, z. B. wurde die ursprünglich behauptete Misshandlung als Fluchtgrund gegen die Beinbehandlung ausgetauscht, und auch Widersprüche aufweist (S. 72 im Bescheid), wie z. B. betreffend den angeblichen Unfall mit dem Motorradfahrer (26.08.2010, AS 43, versus „zwischen 2013 und 2014“, S. 9 der Niederschrift vom 31.07.2017).
Offensichtlich ist, dass der Beschwerdeführer – wenn er nach dem angeblichen Tod des Vaters (November 2008) wie angeführt zwei Jahre lang vom Bruder und der Frau (auch als Verlobte bzw. Mädchen genannt) unterstützt wurde (also bis ca. Ende 2010, wobei die Frau bereits im Mai 2010 erschossen worden sein soll) – in den Folgejahren bis zum Ausreiseentschluss 2014 zurechtkam. Auch wenn er angab, nie gearbeitet zu haben, liegt daher nahe, dass er sich auf der familiären Farm nützlich machte. Das entspricht auch der im August 2015 beim BFA präsentierten Version, „meine Geschwister sind für mich aufgekommen“ (AS 105).
Für genauere Feststellungen dazu bestand aber deswegen kein Bedarf, weil die gegenwärtige Arbeitswilligkeit und -fähigkeit des Beschwerdeführers von Interesse sind, die jedenfalls festgestellt werden konnten (da dieser ja tatsächlich und freiwillig vor und in dem Supermarkt arbeitet).
2.2 Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Das Länderinformationsblatt wurde dem Beschwerdeführer am 30.11.2021 (OZ 11) mit der Einladung übermittelt, dazu Stellung zu nehmen, was dieser insofern tat, als er vorbrachte, dass die vorhandenen Verdienstmöglichkeiten auf den Beschwerdeführer nicht zuträfen, da dieser keiner „geregelten und ortsüblichen“ Arbeit nachgehen könne und („bzw.“) potenzielle Arbeitgeber ihn nicht anstellen würden. Damit trat der Beschwerdeführer den Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsstaat nicht entgegen. Seither sind - auch betreffend die Pandemie - keine entscheidungswesentlichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden, zumal der Beschwerdeführer keine Leiden bekanntgab, bei denen mit Blick auf sein Alter ein spezielles pandemiebedingtes Risiko anzunehmen wäre.
Die Zahlen zur Pandemie entstammen der Homepage des „Centre for Disease Control“ des Herkunftsstaats (per 18.01.2022, covid19.ncdc.gov.ng ). Die inländischen Zahlen sind die des BMSGPK mit Stand vom 19.01.2022, (www.derstandard.at/story/2000124389425/aktuelle-zahlen-coronavirus-oesterreich-weltweit ).
2.3 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
2.3.1 In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer ohne nähere Angaben geltend, er habe seine Heimat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen, und die Sicherheitsbehörden seien „nicht gewillt bzw. imstande“, ihm „den notwendigen Schutz zu bieten“.
Auch wenn der Beschwerdeführer zuletzt im Beschwerdeverfahren ergänzend vorbrachte, wegen „Boko Haram“ habe die Hungersnot in Nigeria „noch mehr zugenommen“ (ohne darauf einzugehen, dass nach den Länderfeststellungen Boko Haram im Nordosten Nigerias agiert, während Imo State zu den südöstlichen und südlichen Bundesstaaten zählt; oben 1.2.1), hat er nicht behauptet, ihm drohe – z. B. wegen seiner Religion – Gefahr vonseiten der genannten Gruppe. Ausdrücklich hat er im Zusammenhang mit der „Hungersnot“ subsidiären Schutz angesprochen.
Der Beschwerdeführer hat demnach keine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung geltend gemacht. Es liegt auch kein Hinweis darauf vor, dass er eine solche zu befürchten hätte. Der anfangs behauptete Angriff auf ihn wäre seinen Angaben zufolge außerdem kurz nach Mai 2010 erfolgt, somit gut 4 Jahre vor dem Ausreiseentschluss.
2.3.2 Der Beschwerdeführer hat in unterschiedlichen Varianten vorgebracht, er leide an einer körperlichen Behinderung und sei auch noch verletzt worden, worauf er zusätzlich gelitten habe.
Konkret machte er dazu wiederholt unterschiedliche Angaben:
- am 22.06.2015 beim BFA (erst sei die Frau getötet worden, die ihm wegen seiner Behinderung geholfen habe, dann er etwas später derart geschlagen und misshandelt, dass er drei Jahre nicht gehen können habe),
- am 23.06.2015 (AS 39, 43, 45) bei der Polizei (er hinke am linken Bein, seit er ca. 10 gewesen sei, und wisse nicht warum; er habe nicht aufrecht gehen können, nur auf allen Vieren kriechen, dann sei ein Wunder geschehen, und seit seiner Schulzeit könne er gehen; er habe leichte Beschwerden am Bein; es gehe ihm gut; die Verlobte sei im Mai 2010 von Fulani getötet worden, ihn habe am 26.08.2010 ein Motorradfahrer angefahren, worauf er bis 2013 am Stock gehen müssen habe),
- am 06.08.2015 (AS 103, 109) beim BFA (er habe mit 2 oder 3 Jahren einen Unfall gehabt, seitdem könne er auf dem linken Bein nicht gehen, und wenn er Schmerzen habe, dann an Rücken und Gliedern; früher habe er nicht einmal gehen können, seit ihm Gott geholfen habe, könne er es, obwohl er dabei sehr starke Rückenschmerzen habe),
- am 31.07.2017 beim BFA (noch mit 10 habe er wegen des Beinproblems nicht aufstehen können und krabbeln müssen, niemand habe ihm gesagt, woher das komme; mit einem Stock sei er in die Kirche gegangen, wo ein Wunder geschehen sei, sodass er ohne Stock gehen könne, aber mit Schmerzen; „zwischen 2013 und 2014“ – an das Datum könne er sich nicht erinnern – habe ihn ein Motorradfahrer verletzt und ihm das Knie gebrochen, die Heilung durch den Naturheiler habe 6 bis 7 Monate gedauert), und
- in der Stellungnahme (OZ 12) vom 14.12.2021 (er könne aufgrund seiner Erkrankung nicht richtig gehen).
Wie das BFA zutreffend ausführt (S. 72 f im Bescheid), wäre zumindest anzunehmen, dass sich der Beschwerdeführer hinreichend an den Motorradunfall erinnert, sodass die Datumsangaben nicht derart um mehrere Jahre voneinander abweichen, dass der Beschwerdeführer 2015 nach behauptetermaßen fast fünf Jahren noch den Tag nennen konnte, zwei Jahre darauf aber nicht einmal mehr das Jahr.
Die Beschwerde geht auf die genannten Widersprüche nicht ein und nennt die Beeinträchtigung „Beinverletzung“ und „Fehlstellung des Beines“ (S. 3) Damit vermag sie die Beweiswürdigung des BFA nicht zu erschüttern.
Auch in der Stellungnahme vom 14.12.2021 werden zum Gesundheitszustand keine neuen Beweismittel angeführt, die Beeinträchtigung wird dort als „Erkrankung“ bezeichnet. Der Beweiswürdigung des BFA ist demnach auch zuletzt nicht entgegengetreten worden, sodass sich das Gericht dieser zur Gänze anschließt.
2.3.3 Das bedeutet konkret, dass dem BFA in seinen Ausführungen, wonach der Beschwerdeführer gesund, arbeitswillig und arbeitsfähig ist sowie an keiner Krankheit laboriert, seine Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaats ausschließlich wirtschaftliche sind, und ihn weder Krankheiten noch andere Gründe hindern, sich dort mithilfe eigener Arbeitsleistung den Lebensunterhalt zu sichern (S. 2, 73 f), jedenfalls soweit zu folgen war, dass es ist dem Beschwerdeführer möglich ist, dort zu arbeiten und für sich zu sorgen, er den Herkunftsstaat nicht verlassen hat, um sich anderswo operieren und heilen zu lassen, weil er sonst seine Existenz nicht sichern könnte, und er keinen Fluchtgrund glaubhaft gemacht hat.
Dagegen sprachen auch weder das Beschwerdevorbringen noch die im Beschwerdeverfahren abgegebene Stellungnahme zu den Länderfeststellungen. Die Behauptung in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer für seine „Beinverletzung“ eine Behandlung „dringend“ brauche, die ihm im Herkunftsstaat aus finanziellen Gründen nicht zur Verfügung stehe, verfängt schon aus den vom BFA angeführten Gründen (er hat dort nicht einmal Informationen über die Kosten eingeholt, S. 71 des Bescheids) nicht. Es ist daher nicht nötig, auch noch den Umstand zu berücksichtigen, dass der geplante Operationstermin damals bereits fast ein halbes Jahr zurücklag, und inzwischen weitere Jahre vergangen sind.
2.3.4 Die jüngsten Angaben, wonach „weitere“ Therapiemaßnahmen „im Jänner 2022“ geplant seien, sind demnach auch nicht geeignet, zu anderen Feststellungen zu führen, da es keinerlei Evidenz – oder auch nur Behauptung – gibt, dass der Beschwerdeführer bis dahin jemals (im Herkunftsstaat oder nach seiner Ausreise) eine Therapiemaßnahme in Anspruch genommen hätte, außer die behauptete Hilfe vom Naturheiler in Nigeria und die 2015 erwähnten Medikamente gegen Rücken- und Gliederschmerzen sowie Schüttelfrost (AS 103). Eine „Behandlung“ des Beschwerdeführers im Inland, die „nicht abgeschlossen“ und Voraussetzung einer Arbeitsmöglichkeit wäre, wurde im Beschwerdeverfahren weder bezeichnet noch irgendwie belegt.
Es kann demnach nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Nigeria die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Es gibt keinen Hinweis, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat in eine unmenschliche Lage versetzt würde. Ihm droht dort demnach keine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):
3.1.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass das Geschilderte (körperliche Behinderung bessert sich nach Wunderheilung, nachfolgender Unfall, Behandlungsbedarf des Beines) soweit es die behaupteten Erlebnisse vor der Ausreise und deren Kausalität als Fluchtgründe betrifft - wie es bereits das BFA sah - als unglaubwürdig und damit als nichtzutreffend erscheint. Sogar gegebenenfalls wäre es aber nicht als Grund anzusehen, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, weil keine Verfolgung aus einem der genannten Gründe vorläge.
Wie die Feststellungen zeigen, hat der Beschwerdeführer damit also keine Verfolgung oder Bedrohung glaubhaft gemacht, die asylrelevante Qualität hätte. Da auf eine asylrelevante Verfolgung auch sonst nichts hinweist, ist davon auszugehen, dass ihm keine Verfolgung aus den in der GFK genannten Gründen droht. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):
3.2.1 Nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn der Antrag in Bezug auf den Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.
3.2.2 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (VwGH 01.02.2021, Ra 2020/20/0022, mwN).
3.2.3 Den Feststellungen zufolge ist der Beschwerdeführer weder schwer krank, noch war er bisher auch ohne Behandlung einer raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands ausgesetzt, weder im Herkunftsstaat noch seit seiner Ausreise. Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage wie allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse liegen nicht vor, auch in Bezug auf die Pandemie nicht, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Verdacht auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art. 2 oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.
3.2.4 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandes-schaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 21.08.2001, 2000/01/0443, mwN). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten wird.
Das gilt auch dann, wenn – wider Erwarten – eine Unterstützung durch Angehörige des Beschwerdeführers unterbleibt, weil er schulisch gebildet und arbeitsfähig ist, sowie mit Sprache und Kultur im Herkunftsstaat vertraut, wo er kirchliche und andere soziale Kontakte auffrischen und bei der Arbeitssuche nutzen kann.
Da der Beschwerdeführer ferner neben Ibo/Igbo die Landessprache Englisch spricht, ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass er im Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.
3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):
3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels
Im ersten Satz von Spruchpunkt III sprach die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ „gemäß § 57 AsylG“ nicht erteilt werde. Damit war nach der Begründung (S. 78) das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemeint. Dem ist durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.
Nach § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz in drei Fallkonstellationen zu erteilen, nämlich (jeweils unter weiteren Voraussetzungen) nach mindestens einem Jahr der Duldung (Z. 1), zur Sicherung der Strafverfolgung gerichtlich strafbarer Handlungen und zur Geltendmachung oder Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche im Zusammenhang mit solchen Handlungen (Z. 2) sowie bei Gewaltopfern, die glaubhaft machen, dass die Erteilung dieser Aufenthaltsberechtigung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z. 3).
Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier keine vor und wurde vom Beschwerdeführer auch keine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.
3.3.2 Rückkehrentscheidung
Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.
Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.
Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in sein Privatleben - ein Familienleben hat er im Bundesgebiet nicht - durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.
Der VwGH hat unter anderem folgende Umstände - meist in Verbindung mit anderen Aspekten - als Anhaltspunkte dafür anerkannt, dass ein Fremder die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Die Erwerbstätigkeit des Fremden, das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung, eine Einstellungszusage, das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse, familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen, ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben, eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben, freiwillige Hilfstätigkeiten, ein Schulabschluss bzw. eine gute schulische Integration in Österreich oder der Erwerb des Führerscheins. (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005, mwN)
Der Beschwerdeführer ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und hält sich lediglich auf Grundlage eines unbegründeten Asylantrags in Österreich auf, wenngleich die Verfahrensdauer den Behörden zuzurechnen ist.
Im Hinblick auf Art. 8 EMRK zu berücksichtigen ist, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit Juni 2015 länger als fünf Jahre dauerte (nämlich gut 6,5 Jahre). Auch der VwGH hat eine Aufenthaltsdauer von mehr als fünf Jahren im Inland schon als einen bei der Interessensabwägung entscheidungswesentlichen Umstand genannt. (VwGH 09.12.2020, Ra 2020/18/0449) Fallbezogen muss demnach berücksichtigt werden, dass der Beschwerdeführer sich mehr als fünf Jahre im Inland aufhielt, allerdings relativierend, dass er sich im Hinblick auf sein offenes Asylverfahren (VwGH 29.06.2010, 2010/18/0195, mwN) des unsicheren Aufenthalts bewusst sein musste, was das Gewicht der Integrationsschritte verringert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z. 8 BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. (VwGH 03.03.2021, Ra 2021/19/0023, mwN)
Es liegen keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen solchen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Der Beschwerdeführer ist trotz des Zeitungsverkaufs auf Grundversorgung angewiesen, übte gemeinnützige Arbeiten in der Unterkunft und der Freikirche, aber keine erlaubte Erwerbstätigkeit aus und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er konnte auch keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen und hat trotz der Aufenthaltsdauer und der auch privaten Kontakte zu Einheimischen erst Deutschkenntnisse auf Niveau A2 nachgewiesen. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit vermag seine persönlichen Interessen nicht entscheidend zu stärken. (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029)
Dem Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich, unter anderem zur Fortführung seiner Kontakte zu Einheimischen, mit denen er bekannt oder befreundet ist, und zur Wahrung der Möglichkeit, irgendwann eine orthopädische Behandlung vornehmen zu lassen, sollte er sich anders als bisher dazu entschließen, stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.
Es würde auch einer Benachteiligung jener Fremden gleichkommen, die die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Österreich beachten, wenn sich der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privatleben berufen könnte, obwohl er seinen Aufenthalt lediglich durch seine faktische Einreise und einen unbegründeten Asylantrag erzwungen hat. In letzter Konsequenz würde ein solches Verhalten zu einer unsachlichen und damit verfassungswidrigen Differenzierung der Fremden untereinander führen.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
Die Rückkehrentscheidung entspricht demnach den Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK, sodass sie auf Basis des § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG zu Recht erging.
3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, die Festlegung eines solchen Staates wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.
Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.
Es fehlt auch jedes Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde. Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.
Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können. Er ist dort aufgewachsen und hat die Jahre seiner Hauptsozialisierung zumindest auch mit seinen Angehörigen und anderen Landsleuten verbracht. Er spricht Igbo und Englisch und hat jedenfalls inzwischen auch schon Arbeitserfahrung gesammelt. Zuletzt hielt er sich 2014 dort auf. So kann er vorhandene Sozialkontakte auffrischen und neue knüpfen, selbst wenn ihn – wie in der jüngsten Stellungnahme behauptet – seine Schwester und sein Bruder nicht unterstützen würden.
Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsstaat, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.
Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht substantiiert behauptet.
Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.
Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet. Die Beschwerde war daher - von der Richtigstellung des ersten Satzes abgesehen - auch betreffend den Spruchpunkt III abzuweisen.
3.4 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt IV):
Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, wenn der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat (§ 18 Abs. 1 Z. 4 BFA-VG).
Da der Beschwerdeführer beim BFA eine ihm drohende Verfolgung weder für den Ausreisezeitpunkt noch für einen späteren vorgebracht hat, sondern erklärte, seinen Herkunftsstaat verlassen zu haben, um sich eine orthopädische Behandlung zu verschaffen, erfolgte die Aberkennung nach dieser Bestimmung zu Recht.
Die Interessensabwägung zwischen den Interessen des Beschwerdeführers und jenen Österreichs ergab für den Entscheidungszeitpunkt des BFA schon wegen des kurzen, auf den unbegründeten Asylantrag zurückzuführenden Aufenthalts, aber auch wegen der außer der Sprachprüfung A2 kaum vorhandenen sonstigen Integrationsmerkmale einen Überhang der Interessen Österreichs an der unverzüglichen Vollstreckung des bekämpften Bescheids, sodass das BFA der Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte, zumal auch kein Grund vorlag, im Rahmen der Ermessensübung davon abzusehen.
Die Beschwerde erweist sich daher auch insoweit als unbegründet, sodass sie auch zum Spruchpunkt IV abzuweisen war.
Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde, der das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat, von Amts wegen binnen einer Woche ab Vorlage die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Ein Antragsrecht, das auf diese Entscheidung gerichtet wäre, ist nicht vorgesehen. Der in der Beschwerde gestellte Antrag erweist sich damit als unzulässig, weshalb er zurückzuweisen wäre, würde er nicht mit der Erlassung der vorliegenden inhaltlichen Entscheidung ohnehin gegenstandslos (vgl. VwGH 30.01.2015, Ra 2014/02/0174, mwN).
3.5 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V):
Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit der soeben erörterten Voraussetzung des § 18 Abs. 1 BFA-VG begründet. Wie gezeigt wurde, hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.
Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG durchführbar wird, was hier - nach dem Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides - zutrifft.
Es besteht daher keine Frist für die freiwillige Ausreise. Deshalb war die Beschwerde auch zu diesem Spruchpunkt abzuweisen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz medizinischer Behandlungen aus Konventionssicht oder zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit der Abschiebung oder jener der Aberkennung der Aufschiebenden Wirkung.
Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.
4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.
Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt wurde bereits durch das BFA vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass auch in der im Vormonat erstatteten Stellungnahme keine neuen relevanten Aspekte aufscheinen - die gebotene Aktualität auf. Die bisherigen Ermittlungen in Bezug auf die in der Beschwerde behauptete Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Behandlung haben zweifelsfrei ergeben, dass dieses Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht (und auch damals nicht entsprochen hat). Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde im bekämpften Bescheid hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.
Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0234, mwN).
Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.
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