AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W255.2165508.3.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.04.2018,
IFA: 1079065108, VZ INT: 180216784, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA.
Afghanistan:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
1. Verfahrensgang:
Erstes (vorangegangenes) Asylverfahren:
1.1. Der Antragsteller (im Folgenden: AS) reiste im Juli 2015 illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 19.07.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Bei seiner Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Steiermark am 20.07.2015 führte der AS als Fluchtgrund an, dass in seiner Heimat die Taliban regieren würden und es keine Sicherheit gebe. Er und seine Schulkollegen seien entführt und eine Woche eingesperrt worden. Dort seien sie angestiftet worden, Selbstmordattentäter zu werden. Er habe fliehen können und sei in sein Dorf zurückgekehrt. Seine Familie habe ihn dann ermutigt, das Land zu verlassen. Die Ausreise habe sein Onkel organisiert. Der AS gehöre der Volksgruppe der Hazara an und sei schiitischer Muslim.
1.3. Am 04.11.2015 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) auf Grundlage eines gerichtsmedizinischen Gutachtens des XXXX Instituts vom 25.09.2015 fest, dass der AS spätestens am XXXX geboren ist.
1.4. Mit Schreiben vom 13.07.2016 ersuchte der damalige rechtsfreundliche Vertreter des AS das BFA um eine rasche Entscheidung im Verfahren des AS. Die Mutter des AS sei vor kurzem an einer Nierenkrankheit gestorben und der Vater des AS sei vor eineinhalb Monaten von den Taliban enthauptet worden. Die restliche Familie des AS lebe nun unter äußerst schwierigen Umständen in Afghanistan.
1.5. Am 19.05.2017 wurde der AS vom BFA, Regionaldirektion Steiermark, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari einvernommen. Dabei gab der AS eingangs zu Protokoll, dass er aktuell beim XXXX in Behandlung sei und Efectrintabletten gegen Schlaflosigkeit nehme, aber einvernahmefähig sei.
Der AS gab an, ledig, schiitischer Muslim und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara zu sein. Er sei in der Provinz XXXX geboren, habe dort mit seiner Familie gelebt und sieben Jahre lang die Schule besucht. Sein Vater habe eine Landwirtschaft gehabt und der AS habe seinem Vater bei der Arbeit geholfen. Er habe Afghanistan ca. im April 2015 verlassen. Seine Reiseroute habe ihn von XXXX nach XXXX und dann über XXXX nach Pakistan geführt.
Zu den Fluchtgründen befragt, gab der AS an, dass in seiner Gegend immer wieder Krieg herrsche. Er habe wegen des Krieges nicht einmal zur Schule gehen können. Die Taliban hätten immer wieder gegen die afghanischen Sicherheitskräfte gekämpft. Sie würden auch die Zivilbevölkerung umbringen. Er sei aus Afghanistan geflohen, da die Ismailiten von den Taliban besonders verfolgt werden würden. Bei einem Angriff auf seine Schule sei der AS in der Schule gewesen und es sei der Leibwächter der Schule verhaftet worden. Dabei sei auch der AS mitgenommen worden.
Die Taliban hätten den AS nach XXXX entführt. Mit vier weiteren Personen sei der AS in einen dunklen Raum gesperrt worden. In der Nacht hätten sie Brot zu essen bekommen. Am nächsten Tag sei der Anführer der Taliban gekommen und habe die Inhaftierten darüber unterrichten wollen, wie man Selbstmordattentate verübe. Er habe gewollt, dass der AS und die übrigen Inhaftierten Selbstmordattentäter werden würden. Die Gruppe sei sieben Tage festgehalten worden. Am siebten Tag habe der Anführer seinen Leuten gesagt, die Entführten hätten nicht auf ihn gehört, weswegen sie ihnen die Kehlen durschneiden sollten. Der Anführer sei gegangen und der AS und die Mitgefangenen hätten in jener Nacht sehr gutes Essen bekommen. Der AS habe gewusst, dass etwas nicht stimme. Es sei dort eine bewaffnete Wache gesessen, von welcher der AS mitbekommen habe, dass sie eingeschlafen sei. Der AS habe zu den anderen gesagt, dass sie ihren Bewacher fesseln und dann flüchten müssten. Als sie dann geflüchtet seien, seien sie in einen Wald gekommen und dort plötzlich beschossen worden. Die Gruppe habe sich getrennt und der AS habe die anderen nie mehr gesehen. In der Nacht sei der AS zu Fuß weiter, bis er in der Früh an eine Straße gekommen sei, von wo aus ihn ein Auto zurück nach Baghlan gebracht habe. Der AS habe seinen Vater angerufen, welcher zum AS in ein Hotel gekommen sei. Der Vater habe dem AS gesagt, dass er von den Taliban verfolgt werden würde. Am darauffolgenden Tag habe der Vater für den AS dann einen Schlepper organisiert.
Auf die Frage, wie der AS die bewaffnete Wache überwinden habe können, ohne dabei die übrigen Taliban zu alarmieren, antwortete dieser, dass er den Mund der Wache zugehalten habe und die anderen die Wache geschlagen und am Sessel festgebunden hätten. Der AS glaube nicht, dass die Wache dabei getötet worden sei. Auf die Frage, warum der Vater des AS im Hotel plötzlich gesagt habe, er sei auch von den Taliban verfolgt, gab der AS an, dass seine Nachbarn Paschtunen seien und gesagt hätten, dass Ismailiten allgemein verfolgt werden würden. Die Taliban würden Ismailiten hassen und auf der Stelle töten. Auf den Vorhalt, wie der Vater in einem Gebiet, in dem die Taliban derart aktiv seien, zum AS reisen habe können, gab der AS an, dass er das nicht wisse. Vielleicht habe sein Vater für ihn einfach sein Leben riskiert. Der AS habe sich nicht an die Behörden gewandt, da die Taliban mächtiger als die Polizei und die Streitkräfte seien. Die meisten seien Paschtunen und würden zu den Taliban halten. Die Regierung und die internationalen Streitkräfte seien machtlos.
Während seines Aufenthalts in XXXX habe ein Nachbar den AS über WhatsApp angerufen und ihm mitgeteilt, dass der Vater des AS getötet worden sei. Die Taliban hätten ihm die Kehle durchgeschnitten. Seine Mutter habe das nicht mehr ertragen und sei krank geworden. Sie habe einen Herzinfarkt bekommen und sei ebenfalls gestorben. Auch ein Onkel sei getötet worden. Ein weiterer Onkel mütterlicherseits lebe ihn XXXX , zu diesem habe der AS jedoch keinen Kontakt. Für den AS sei in Kabul kein Leben möglich gewesen. Es würde keine Sicherheit geben, er könne dort nicht zur Schule gehen und habe niemanden. Der Onkel in XXXX würde ihn nicht aufnehmen, da die Taliban den AS verfolgen würden und der Onkel habe auch nie ein gutes Verhältnis zum Vater des AS gehabt. Die Kernfamilie des AS sei verstorben. Nur mehr sein Onkel XXXX und seine Tante XXXX würden am Leben sein. Seine Brüder und seine Schwester seien durch einen Raketenangriff der Taliban auf die Schule getötet worden. Diese Schule habe XXXX geheißen und befinde sich in XXXX . Der Angriff habe sich zwischen November und Dezember 2015 ereignet. Der AS habe einen Nachbar angewiesen, den Hausrat zu verkaufen, um die Beerdigung finanzieren zu können. Der AS informiere sich regelmäßig auf Facebook über die Lage in Afghanistan.
Auf die Frage, ob ihm im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan Verfolgung, eine unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohen würde, gab der AS an, dass die Taliban ihn verfolgen würden. Er habe niemanden in Afghanistan außer seinen Onkel, mit dem er keinen Kontakt habe. Auf die Frage, wie die Taliban ihn finden würden und dass Kabul unter Regierungskontrolle stehe, gab der AS an, dass er nicht nach Afghanistan zurück wolle. Seine Familie sei getötet worden.
Der AS sei schwer traumatisiert und könne ohne psychologische Betreuung und seine Tabletten nicht leben. Er lebe von staatlicher Unterstützung in einem Asylwerberquartier. Verwandte oder Freunde, die für ihn in Österreich sorgen könnten, habe er nicht. Der AS engagiere sich sehr für seine Integration und bereite sich auf die B1-Prüfung in Deutsch vor.
Zu einer Auseinandersetzung mit Tschetschenen und einem Albaner in der Unterkunft führte der AS aus, dass dies mittlerweile geklärt sei. Die rechtliche Vertretung des AS merkte an, es sei ein gerichtlicher Tatausgleich erfolgt. Der AS gab an, in Österreich gerne Elektriker werden zu wollen. Er habe in Afghanistan auch zwei Jahre als Elektriker (Hilfsarbeiter) gearbeitet. Sein Vater habe gewollt, dass er etwas für die Zukunft lerne.
Im Zuge der Einvernahme legte der AS mehrere Empfehlungsschreiben, einen Nachweis über die Absolvierung der A2-Prüfung in Deutsch sowie Entlassungsbriefe des LKH XXXX (Abteilung für Kinder und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie) unter anderem wegen übermäßiger Alkoholisierung sowie einen Befund des " XXXX " bei, wonach er an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide.
1.6. Am 06.06.2017 wurde der AS aufgrund eines neuerlichen Vorfalls wegen schwerer Körperverletzung, versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und Sachbeschädigung von der Grundversorgung abgemeldet und in die Justizanstalt XXXX überstellt, wo er sich bis zu seiner Verurteilung zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe, davon zwei Monate unbedingt, in Untersuchungshaft befand.
1.7. Mit Bescheid vom 30.06.2017, Zl. 1079065108/150886885, wies das BFA den Antrag des AS auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.) und verband diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 1 iVm. § 9 ASA-VG mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem AS nicht erteilt und es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des AS nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestimmt (Spruchpunkt IV.).
In der Begründung des Bescheides traf das BFA Feststellungen zur Person des AS und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Eine asylrelevante Verfolgung liege nicht vor. Der AS habe weder eine Verfolgung von staatlicher Seite behauptet noch sonstige asylrelevante Gründe glaubhaft gemacht. Es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des AS nach Afghanistan. Der AS leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung, welche aber auch in Afghanistan behandelbar sei. Somit bestehe keine reale Gefahr, dass der AS nach seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat aufgrund seines derzeitigen Gesundheitsstandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand geraten würde. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des AS nach Afghanistan. Die Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der AS bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.
Beweiswürdigend führte das BFA (zusammengefasst) aus, dass der AS hinsichtlich seiner behaupteten Herkunftsregion sowie Volks- und Staatsangehörigkeit aufgrund seiner Sprach- und Lokalkenntnisse glaubwürdig sei. Das Alter ergebe sich aus einem medizinischen Gutachten. Dem vom AS vorgebrachten Fluchtgrund mangle es selbst bei Wahrunterstellung an Asylrelevanz. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan, denen der AS nicht substantiiert entgegengetreten sei, würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA basieren. Diese sei zur Objektivität verpflichtet und die Qualität sei durch die erarbeiteten Standards der Staatendokumentation sichergestellt. Es bestünden für das BFA daher keine Bedenken, sich nicht darauf zu stützen.
Im Falle der Rückkehr drohe dem AS keine Gefahr, welche die Zuerkennung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Es bestünden für ihn die innerstaatlichen Fluchtalternativen XXXX und XXXX . Der AS erfülle auch nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005. Der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen.
1.8. Gegen den unter 1.7. genannten Bescheid erhob der AS fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In der Beschwerdebegründung wurde das bisherige Vorbringen des AS im Verfahren knapp zusammengefasst wiederholt und daraus geschlossen, dass dem AS in Afghanistan wegen einer ihm unterstellten, gegen die Taliban gerichteten politischen-gesellschaftlichen Gesinnung und aufgrund seiner religiösen Einstellung bzw. Volksgruppenzugehörigkeit eine asylrelevante Verfolgung drohe. Auch bestehe für den AS keine innerstaatliche Fluchtalternative, da sich die ihm drohende Verfolgung auf das gesamte Staatsgebiet erstrecke. Eine Abschiebung würde jedenfalls zu einer unzumutbaren Destabilisierung und Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen. Der AS sei in Österreich um seine Integration bemüht und spreche schon sehr gut Deutsch. Das Ermittlungsverfahren wie auch die Länderberichte seien mangelhaft. Die Behörde habe sich nicht ausreichend mit dem psychischen Gesundheitszustand des AS auseinandergesetzt und es unterlassen, nachvollziehbare Feststellungen über die Art der Erkrankung und die zu erwartenden Auswirkungen einer Abschiebung auf den Gesundheitszustand des AS zu treffen. Auch würden Berichte fehlen, die die Situation von Personen, denen eine gegen die Taliban gerichtete Gesinnung durch ebendiese unterstellt wird, beschreiben. Die Ismailiten würden weiterhin zu den gefährdetsten Minderheitengruppen zählen. Der AS legte der Beschwerde mehrere Berichte über die Situation der Hazara, zu verwestlicht wahrgenommenen Personen und zur Rückkehr afghanischer Asylwerber bei. Aus diesen ergebe sich, dass dem AS eine asylrelevante Verfolgung drohe und keine innerstaatliche Fluchtalternative vorliege. Die afghanischen Sicherheitsbehörden seien überdies nicht in der Lage Schutz zu bieten.
1.9. Am 10.10.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung des AS die Kopie einer Beschäftigungsbewilligung für den AS als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter mit Geltungsdauer 01.10.2017 bis 31.12.2017 übermittelt.
1.10. Am 23.10.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und der Rechtsvertreterin des AS eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der AS ausführlich zu seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat, seinen Fluchtgründen und zu seiner Integration in Österreich befragt wurde. Im Rahmen der Verhandlung wurde von der Rechtsvertretung ein weiterer psychotherapeutischer Befundbericht XXXX zum gesundheitlichen Zustand des AS vorgelegt. Der AS gab ua an, dass seine Geschwister in seinem Herkunftsdistrikt bei einem Raketenangriff ums Leben gekommen seien. Seine Eltern seien bereits zuvor verstorben. Zwei Onkel (einer davon eigentlich kein Onkel, sondern Freund seines Vaters) und eine Tante des AS würden in Mazar-e Sharif leben. Der AS sei in Afghanistan gemeinsam mit anderen Menschen von den Taliban eine Woche gefangen genommen worden. Die Taliban hätten dem AS und anderen Inhaftierten gezeigt, wie man Bomben mache. Der AS und die anderen Inhaftierten hätten sich in einer Nacht befreien und flüchten können.
1.11. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2017, GZ W209 2165508-1/10E, wurde die Beschwerde des AS gegen den unter
1.7. genannten Bescheid des BFA als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass der AS afghanischer Staatsangehöriger sei, Dari spreche und der Volksgruppe der Hazara angehöre. Der AS habe vor seiner Flucht in der Landwirtschaft seines Vaters gearbeitet und eine Lehre als Elektriker absolviert. Der AS habe bis zu seiner Flucht mit seinen Eltern sowie drei minderjährigen Geschwistern zusammengelebt. Mangels Glaubhaftmachung gegenteiliger Umstände, gehe das Gericht davon aus, dass die Kernfamilie des AS noch immer am Leben sei und in dessen Heimatdorf in einem von den Sicherheitskräften kontrollierten Gebiet lebe.
Der AS sei in Österreich vorbestraft. Er habe einen Deutschkurs auf A2-Niveau absolviert. Er habe in Österreich keine Verwandten. Dem AS sei in Österreich eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden, aufgrund derer er seit Oktober 2017 in einem Pferdegestüt als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter arbeite. Der AS leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sein Zustand habe sich jedoch mittlerweile wesentlich gebessert, nachdem der AS aufgehört habe, Alkohol zu trinken, sodass er nunmehr (seit 01.10.2017) einer geregelten Arbeit nachgehen könne und mit den Leuten in seinem Umfeld gut auskomme. Der AS nehme morgens eine Tablette Efectin (ein Antidepressivum) und abends eine Schlaftablette zu sich. Diese oder ähnliche Medikamente mit gleicher Wirkung stünden dem AS auch in Afghanistan zur Verfügung.
Der AS habe nicht glaubhaft machen können, dass ihm in Afghanistan eine an asylrelevanten Merkmalen anknüpfende Verfolgung drohe. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der AS im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan in seinem Heimatdorf einer konkreten und individuellen Verfolgung seitens der Taliban ausgesetzt wäre. Ebenso wenig habe festgestellt werden können, dass der AS im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan in den Städten XXXX oder XXXX einer konkreten und individuellen Verfolgung seitens der Taliban ausgesetzt wäre. Dies da dem AS hinsichtlich seines Vorbringens zu den behaupteten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zukomme und der AS - selbst bei Wahrunterstellung seine Gefährdung - diese nur auf seinen Heimatdistrikt beschränkt und nie behauptet habe, von den Taliban in anderen Provinzen Afghanistans bedroht, gesucht und gefunden zu werden. Dem AS stünden innerstaatliche Fluchtalternativen in die Städte XXXX oder XXXX , wo ihm keine konkret gegen ihn gerichtete Gefährdung drohe, offen. Dem AS sei der Aufenthalt in diesen Städten auch zumutbar. Es habe nicht festgestellt werden können, dass dem AS im Falle der Rückkehr in sein Herkunftsland ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde oder, dass der AS im Falle der Rückkehr in sein Herkunftsland Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können, und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation geraten würde. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der AS im Falle der Rückkehr in sein Herkunftsland Gefahr liefe, aufgrund seines derzeitigen Gesundheitszustandes in einen unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand zu geraten, oder sich seine Erkrankung in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern würde. Der AS könne die Stadt XXXX von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen. Die Stadt XXXX sei von XXXX aus mit Bussen der staatlichen "Afghan Milli Bus Enterprise" zu erreichen. Es existiere auch in XXXX ein internationaler Flughafen. Das Bundesverwaltungsgericht stützte diese Entscheidung auf aktuelle Länderfeststellungen, denen der AS und seine rechtsfreundliche Vertreterin nicht entgegengetreten seien.
Zweites (gegenständliches) Asylverfahren:
1.12. Der AS verließ im November 2017 Österreich Richtung Deutschland und wurde am 26.02.2018 gemäß Verordnung (EU) Nr. 604/2013 von Deutschland nach Österreich (rück)überstellt, wo er am selben Tag seinen zweiten (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz stellte.
1.13. Am 27.02.2018 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion Niederösterreich die niederschriftliche Erstbefragung des AS statt. Dabei gab der AS im Wesentlichen an, dass in Österreich über seinen Asylantrag negativ entschieden worden sei. Da der AS in seinem Heimatland als Hazara und Schiite verfolgt werde, könne er nicht zurückkehren und wolle hier in Österreich neuerlich einen Asylantrag stellen. Seine Fluchtgründe hätten sich nicht geändert. Nach seiner Ankunft in Österreich im Jahr sei im Jahr 2016 seine gesamte Familie von den Taliban getötet worden. Würde der AS zurückkehren müssen, würde er auch von den Taliban getötet werden.
1.14. Am 10.04.2018 wurde der AS vor dem BFA, Erstaufnahmestelle Ost, einvernommen. Dabei gab der AS zu seinem Gesundheitszustand befragt an, dass er früher Tabletten genommen habe, welche er vom Krankenhaus bekommen habe. Hier im Lager habe er keine Tabletten verschrieben bekommen. Er sei in XXXX im Krankenhaus gewesen und habe dort wegen seinen psychischen Problemen berichtet, aber keine Tabletten erhalten. Er wolle auch zu keinem Psychologen. Der AS sei im März das letzte Mal im Krankenhaus gewesen. Der AS leide unter einer psychischen Erkrankung. Er könne nicht einschlafen. Als er in Deutschland gewesen sei, sei es ihm psychisch so schlecht gegangen, dass er sich umbringen wollen habe. Der AS sei afghanischer Staatsangehöriger, Hazara und Muslim. In seiner Heimat würden seine Tante und ein Onkel leben. Er habe aber keinen Kontakt mehr mit ihnen. Der AS spreche schon ziemlich gut Deutsch und wolle arbeiten gehen. Er habe zwei Jahre lang die Schule in Österreich besucht. Als er einen negativen Bescheid erhalten habe, sei es ihm psychisch so schlecht gegangen, dass er alles in XXXX gelassen habe und nach Deutschland gefahren sei. Er habe Deutschkurse auf A1 und A2 Niveau absolviert. Der AS gehe in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Er übersetze ehrenamtlich beim Arzt und gehe zweimal in der Woche in die Kirche. Er sei nicht Mitglied in einem Verein in Österreich und bestreite seinen Lebensunterhalt von der Grundversorgung. Der AS wolle gerne in Österreich bleiben. Seit er erfahren habe, dass seine Eltern gestorben seien, gehe es ihm psychisch schlecht. In Afghanistan habe er niemanden mehr. Der AS bestätigte seine Angaben aus der Erstbefragung vom 26.02.2018, dass sich seine Grundsituation seit seiner Flucht nicht geändert habe und sein Fluchtgrund nach wie vor bestehe. Befragt, ob sich seit dem Vorbringen im Vorverfahren bzgl. seiner Fluchtgründe seit der Rechtskraft etwas verändert habe, antwortete der AS, dass er nur sagen wolle, dass es ihm psychisch nicht gut gehe und er sich in Deutschland umbringen habe wollen. In Deutschland habe er auch einen negativen Bescheid erhalten und man habe ihm gesagt, dass er nach Österreich zurückkehren müsse. Daraufhin habe er sich umbringen wollen. In Deutschland sei er regelmäßig in die Kirche gegangen, das habe ihm gut getan. In Österreich besuche er auch zweimal in der Woche die Kirche. Der AS könne nicht nach Afghanistan zurück, da sein Leben in Gefahr sei. In Afghanistan gebe es kein Gesetz, jeder könne jeden töten. Wenn der AS nach Afghanistan zurückkehren würde, würde er umgebracht. Die Taliban würden keine Hazara mögen. Dort, wo der AS früher gelebt habe, sei von den Taliban ein großer Stützpunkt, wo die Taliban trainieren würden. Dies wisse der AS aus Youtube. Er habe keine Beweismittel, die eine konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Gefährdung in Afghanistan belegen würden. Auf Befragung durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter gab der AS an, dass er nicht wisse, ob er in eine katholische oder evangelische Kirche gehe. Er würde immer Informationen über die Bibel und über Jesus erhalten. Als sich der AS in Deutschland umbringen habe wollen, habe dies ein Freund verhindert. Dieser Freund habe gemeint, der AS solle zur Kirche gehen, da es ihm gut tun würde. Der AS müsse beten lernen, es habe ihm wirklich gut getan und der AS habe seither regelmäßig die Kirche besucht. Seit er (wieder) nach Österreich gekommen sei, besuche er zweimal in der Woche die Kirche und bekomme dann innere Ruhe. Der AS legte ein Konvolut an medizinischen Dokumenten, die zwischen Februar 2016 und März 2018 ausgestellt wurden, vor.
Seitens der rechtsfreundlichen Vertretung des AS wurde die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis dafür, dass der AS an einer psychischen Störung leide, beantragt, da sich daraus die Unzulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan ergeben würde. Die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan habe sich seit der letzten negativen Entscheidung im November 2017 zunehmend verschlechtert. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des AS nach Afghanistan eine Verletzung von Art. 2 oder 3 der EMRK zur Folge hätte, insbesondere unter Berücksichtigung, dass der AS über kein familiäres oder soziales Netzwerk verfüge und die Minderheit der Hazara angehöre. Der Antrag des AS sei daher zuzulassen und von einer Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes abzusehen. In Afghanistan sei nach dem Schariagesetz Apostasie unter Todesstrafe gestellt. Der AS besuche in Österreich die Kirche und habe sich damit vom Islam abgewandt. Dem AS drohe in Afghanistan aufgrund einer ihm zumindest unterstellten religiösen Gesinnung asylrelevante Verfolgung.
Das BFA verkündete gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG mündlich den Bescheid, dass der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben werde. Begründend führte das BFA aus, dass das Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig negativ über den ersten Asylantrag (bzw. die Beschwerde gegen den diesbezüglich negativen Bescheid) entschieden habe, der AS am 26.02.2018 einen zweiten Asylantrag gestellt habe, sich die Fluchtgründe nicht geändert hätten, nicht festgestellt werden könne, dass der AS an derart schweren psychischen Störungen und/oder schweren oder ansteckenden Krankheiten leiden würde, sodass eine Überstellung für den AS nach Afghanistan unzumutbar wäre. Der neue (zweite) Antrag des AS werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Dieser Entscheidung wurden aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des ASA zu Afghanistan mit Stand vom Dezember 2017) zugrunde gelegt. In der Rechtsmittelbelehrung dieses mündlich verkündeten und im Verhandlungsprotokoll schriftlich festgehaltenen Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass die Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gelte. Die Verwaltungsakten würden unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung übermittelt. Dies gelte als Beschwerde.
1.15. Mit Schreiben vom 10.04.2018 führte der rechtsfreundliche Vertreter des AS aus, dass der AS im Zuge der Einvernahme vom 10.04.2018 einen medizinischen Befund aus Deutschland vom Februar 2018 vorgelegt habe, aus dem hervorgehe, dass der AS versucht habe, sich das Leben zu nehmen, was verhindert werden habe können. Der psychische Zustand des AS habe sich seit der rechtskräftig negativen Entscheidung vom November 2017 zunehmend verschlechtert. Im Zuge der Einvernahme sei von der rechtsfreundlichen Vertretung aufgrund des schlechten psychischen Zustandes des AS ein Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zum Beweis für das Vorhandensein einer krankheitswerten psychischen Störung beantragt worden. Auch sei auf das Vorbringen, wonach der AS nach seinem Suizidversuch regelmäßig die Kirche besuche und sich damit vom Islam abgewandt habe, hinzuweisen. Zumal Apostasie in Afghanistan nach Scharia-Recht mit dem Tod bestraft werde, drohe dem AS bei einer Rückkehr nach Afghanistan asylrelevante Verfolgung aufgrund einer ihm zumindest unterstellten religiösen Gesinnung. Aufgrund des verschlechterten psychischen Zustandes des AS, der sich verschlechterten Sicherheitslage und der Gefahr der religiösen Verfolgung aufgrund von Apostasie sei von der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a AsylG abzusehen und der AS zum Verfahren zuzulassen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass dem AS bei einer Rückführung nach Afghanistan eine Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK drohe.
2. Feststellungen:
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Afghanistans.
Das vom Antragsteller mit Antrag vom 19.07.2015 angestrengte und zu Zl. 1079065108/150886885 (BFA) bzw. W209 2165508-1 (BVwG) geführte (erste) Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2017 negativ abgeschlossen. Mit diesem Erkenntnis wurde zugleich eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen.
Der Erkenntnis wurde dem Antragsteller am 06.11.2017 durch Übermittlung an den damaligen ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt.
Im November 2017 reiste der BF nach Deutschland und stellte dort einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 26.02.2018 wurde der Antragsteller gemäß Verordnung (EU) Nr. 604/2013 von Deutschland nach Österreich überstellt und stellte am selben Tag in Österreich seinen zweiten (gegenständlichen) Antrag auf internationalen Schutz. Dieser zweite (gegenständliche) Antrag auf internationalen Schutz wurde mit den Fluchtgründen des Erstverfahrens begründet; im Weiteren bezog er sich auch darauf, nunmehr in die Kirche zu gehen und psychisch krank zu sein.
Das Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht dargelegt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der BF vom Islam abgewendet und den Islam in der Öffentlichkeit kritisiert hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aufgrund einer (nicht feststellbaren) Abkehr vom Islam in Afghanistan im Falle der Rückkehr bedroht würde.
Eine Konversion zum Christentum ist durch den Antragsteller bisher nicht erfolgt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des Erstantrages vom 06.11.2017 ergeben hätte.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der gesundheitliche Zustand des Antragstellers seit rechtskräftiger Erledigung des Erstantrages vom 06.11.2017 ergeben hätte.
Der Folgeantrag wird voraussichtlich zurückzuweisen sein.
3. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Antragstellers, zum Gang des ersten Asylverfahrens sowie des gegenständlichen Verfahrens wurden auf Grundlage des in Rechtskraft erwachsenen oben zitierten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2017 sowie der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde getroffen.
Die Rechtskraft des Erkenntnisses mit dem über den Antrag des Antragstellers vom 19.07.2015 negativ entschieden wurde und zugleich eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, ergibt sich daraus, dass das Erkenntnis am 06.11.2017 dem rechtsfreundlichen Vertreter des BF zugestellt wurde und weder vom Antragsteller noch seinem rechtsfreundlichen Vertreter bekämpft wurde. Der Rückschein über die erfolgte Zustellung liegt im Akt auf.
Die Feststellungen zur Antragsbegründung des Antragstellers im zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz gründen auf der Erstbefragung durch Organe der Sicherheitspolizei am 27.02.2018 sowie der Einvernahme durch Organe des BFA vom 10.04.2018.
Die Negativfeststellung, dass eine Konversion bis dato noch nicht erfolgt ist und nicht festgestellt werden kann, dass sich der Antragsteller vom Islam abgewendet und den Islam in der Öffentlichkeit kritisiert hat sowie, dass nicht festgestellt werden kann, dass der BF aufgrund einer (nicht feststellbaren) Abkehr vom Islam in Afghanistan im Falle der Rückkehr bedroht würde, beruht auf folgenden Erwägungen:
Im nunmehr am 26.02.2018 angestrengten zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalen Schutz brachte der Antragsteller gelegentlich seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vor, dass er im November 2017 nach Deutschland gereist sei. In Deutschland habe er versucht, sich das Leben zu nehmen, was ein Freund verhindert habe. Dieser Freund habe dem BF geraten, in die Kirche zu gehen. Der BF habe seit seiner Rückkehr nach Österreich zweimal wöchentlich die Kirche besucht; ob es sich um eine evangelische oder katholische Kirche handle, wisse er nicht.
Der Antragsteller wurde am 26.02.2018 von Deutschland nach Österreich überstellt. Folgt man den Ausführungen des Antragstellers, hat dieser somit maximal seit sechs Wochen die Kirche in Österreich besuchen können. Es handelt sich daher um einen äußerst kurzen Zeitraum, in dem der Antragsteller die Kirche besucht hat. Zudem weiß der Antragsteller nicht einmal, ob es sich um eine katholische oder evangelische Kirche handelt.
Der Antragsteller hatte auch nicht selbst den Wunsch bzw. das Verlangen, sich mit dem Christentum näher zu befassen. Er hat schlicht dem Rat eines Freundes gefolgt, in die Kirche zu gehen. Näheres über seine Motivation konnte er nicht angeben; ebenso wenig jegliche Kenntnisse über die Kirche oder das Christentum. Vom Antragsteller wurde auch nicht erwähnt, an eine Konversion zu denken.
Aufgrund der mangelhaften Angaben des Antragstellers ist auch massiv daran zu zweifeln, ob sich der Antragsteller in Zukunft überhaupt ernsthaft mit dem Christentum beschäftigen möchte.
Der Antragsteller hat - entgegen der Darstellung seiner rechtsfreundlichen Vertretung - schließlich auch nie selbst behauptet, sich vom Islam abgewendet zu haben, geschweige denn, diesen kritisiert odgl.
Schließlich ist auch der Zeitpunkt seines plötzlichen Besuches der Kirche in Anbetracht seiner kurz bevorstehenden Abschiebung äußerst verdächtig und lässt sich in Zusammenschau mit seinem sehr vagen und detailarmen Vorbringen hierzu, auf die mangelnde Ernsthaftigkeit seines Interesses am Christentum schließen.
Zu der Feststellung, dass seit rechtskräftigem Abschluss des Erstantrages des Antragstellers keine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist, ist auszuführen, dass die Behauptung, seit wenigen Wochen regelmäßig die Kirche zu besuchen, keinen maßgeblich geänderten Sachverhalt darstellt, der geeignet wäre, zu einem - vom den Erstantrag auf internationalen Schutz erledigenden Erkenntnis vom 06.11.2017 - abweichenden Ergebnis zu führen.
Es ist somit davon auszugehen, dass der Antragsteller das neue Vorbringen des Besuches einer Kirche als ultima Ratio offensichtlich dazu benutzte, seinen weiteren Aufenthalt in Österreich sicherzustellen. Der Entscheidung über den Folgeantrag werden insofern die vom Asylwerber neu vorgebrachten Fluchtgründe hinsichtlich seines Kirchenbesuches voraussichtlich nicht zugrunde gelegt werden können. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt hat sich somit seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert.
Dass eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Afghanistan nicht eingetreten ist, ergibt sich aus dem gegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom 10.04.2018, welche ihrer Entscheidung die in das Verfahren eingeführten aktuellsten Lageinformationen zur Allgemeinsituation in Afghanistan zugrunde legte.
Die (negative) Feststellung im Hinblick auf den Gesundheitszustand beruht darauf, dass der Antragsteller bereits im erstinstanzlichen Verfahren angeführt hat, psychische Leiden zu haben und diesbezüglich in Behandlung zu stehen (insb. Medikamente zu nehmen).
Das Bundesverwaltungsgericht hat (im erstinstanzlichen Verfahren) in seinem Erkenntnis vom 06.11.2017 festgestellt, dass der Antragsteller an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, sich sein Zustand jedoch mittlerweile wesentlich gebessert hat, nachdem der Antragsteller aufgehört hat, Alkohol zu trinken, sodass er nunmehr (seit 01.10.2017) einer geregelten Arbeit nachgehen kann und mit den Leuten in seinem Umfeld gut auskommt. Der Antragsteller - so das Bundesverwaltungsgericht damals - nimmt morgens eine Tablette Efectin (ein Antidepressivum) und abends eine Schlaftablette zu sich. Diese oder ähnliche Medikamente mit gleicher Wirkung stehen dem Antragsteller auch in Afghanistan zur Verfügung. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan wurden ua Feststellungen zur medizinischen Versorgung getroffen. Beweiswürdigend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Antragstellers auf die im Verfahren vorgelegten medizinischen Befunde und die glaubhaften Angaben des Antragstellers vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach es ihm nunmehr besser gehe, seit er keinen Alkohol mehr trinke, gründen würden. Sein - auch dem eigenen Empfinden des Antragstellers nach - allgemein guter Gesundheitszustand wird durch die aktuelle (Vollzeit‑)Beschäftigung des Antragstellers als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter verdeutlicht. Die Verfügbarkeit von Antidepressiva und Schlaftabletten in Afghanistan wurde nicht bestritten. Auch nach den unbestritten gebliebenen Länderfeststellungen ist davon auszugehen, dass derartige Standard-Medikamente in Afghanistan erhältlich sind.
Der Antragsteller hat im gegenständlichen Verfahren ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vorgelegt. Alle dieser Unterlagen mit Ausnahme von zwei wurden zwischen Februar 2016 und Mai 2017 ausgestellt und bereits im erstinstanzlichen Verfahren berücksichtigt. Bei einem der beiden neuen Unterlagen handelt es sich um einen als "Konsultation" bezeichneten Brief, der mit 15.02.2018 datiert wurde, und weder einen Arzt noch eine Krankenanstalt als Aussteller (noch irgendeinen anderen Aussteller lesbar) aufweist. Soweit erkennbar wurde dieser handschriftlich verfasste Brief von einem " XXXX " unterschrieben, ohne dass für einen Außenstehenden erkennbar ist, ob es sich bei diesem um einen Arzt, - falls ja, welcher Fachrichtung - handelt und wo dieser Brief ausgestellt wurde. Bereits aus diesen Gründen ist dieses Dokument nicht als objektives Beweismittel geeignet, um darauf aufbauend positive Feststellungen zu treffen. Aber auch aus dem Inhalt des Briefes lässt sich nicht klar auf eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes im Vergleich zum erstinstanzlichen Verfahren schließen. Laut Inhalt des Briefes habe der Antragsteller versucht, sich selbst zu verletzen und habe Selbstmordgedanken. Der Antragsteller sei bewusstseinsklar, konzentriert und aufmerksam, weise keine akute Fremdgefährdung auf und habe Suizidalität im Beisein seiner Sozialarbeiterin explizit negiert. Als Diagnose sei eine depressive Stimmung festgestellt worden. Bei dem zweiten neuen Dokument handelt es sich um eine Ambulanzkarte des XXXX vom 19.03.2018, laut der der Antragsteller am 19.03.2018 stationär behandelt und am selben Tag entlassen worden sei. Als Unfalldiagnose wurden ein Bruch/Prellung des Nasen- und Jochbeins festgestellt. Ein durchgeführtes Röntgen (Schädel, Nasenbein, Jochbogen links, Unterkiefer links) habe keine sicheren Zeichen einer frischen traumatischen Knochenverletzung ergeben. Als Therapie sei Schonen, Kühlen und bei Bedarf Schmerzmittel sowie ein Schnäuzverbot für 2 Wochen empfohlen worden.
Es kann somit nicht festgestellt werden, dass sich der gesundheitliche Zustand des Antragstellers seit rechtskräftiger Erledigung des Erstantrages vom 06.11.2017 in maßgeblichem Ausmaß verschlechtert hätte.
Des Weiteren ist dazu noch auszuführen, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es liegen ferner keine Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Aus diesen Gründen war die entsprechende Feststellung einer unveränderten Situation im Herkunftsstaat zu treffen.
4. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 idgF (BFA-VG), entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 31 abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, hat durch das Bundesverwaltungsgericht mittels Beschluss zu erfolgen (§ 22 Abs. 10 AsylG letzter Satz; siehe auch Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht 2016, K 7 zu § 22 BFA-VG, S. 283).
Zu Spruchpunkt A)
Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG 2005 idgF lautet:
"(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
[...]
(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn
1. der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhASt macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder
2. sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.
Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.
(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.
(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden."
Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:
"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."
Da im gegenständlichen Fall die belangte Behörde im Zuge eines Folgeantrages des Antragstellers gemäß § 12a Abs. 2 AsylG den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers aufgehoben hat, war diese Entscheidung gemäß § 22 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen.
Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG im gegenständlichen Fall ist festzustellen, dass gegen den Antragsteller mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2017 bereits eine aufrechte und rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt. Insofern ist die Z 1 des § 12a AsylG erfüllt.
Im gegenständlichen Verfahren hat der Antragsteller erklärt, dass seine Fluchtgründe die gleichen geblieben seien, aber neu sei, dass er die Kirche besuchen würde.
Bezüglich der Fluchtgründe des Vorverfahrens liegt eindeutig entschiedene Sache vor und braucht daher hierauf nicht weiter eingegangen zu werden.
Zum (neuen) Fluchtvorbringen des Besuches der Kirche:
Die Z 2 des § 12a AsylG verlangt, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. Aus den erläuternden Bemerkungen zum mit BGBl. 122/2009 eingefügten § 12a AsylG 2005 geht hervor, dass die Z 2 des § 12a eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Folgeantrages verlangt.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).
Behauptet die Partei in einem neuen Antrag (zB Asylantrag), dass in den für die Beurteilung ihres Begehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, so muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz für das Verfahren zukommt und an den die Prognose anknüpfen kann, dass eine andere Beurteilung des Antrages und ein anderes Verfahrensergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen (grundlegend VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch VwGH 22.11.2005, 2005/01/0626; 21.03.2006, 2006/01/0028). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" auseinander zu setzen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 15.03.2006, 2006/17/0020).
Jedoch berechtigt nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).
Unter Zugrundelegung der obigen Feststellungen ergibt sich aus dem Vorbringen des Antragstellers zu seinem Folgeantrag vom 26.02.2018 im Vergleich zu seinem Vorbringen im Verfahren betreffend seinen Erstantrag vom 19.07.2015 kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Sein Vorhaben zum Besuch der Kirche ist wie in der Beweiswürdigung konkret dargelegt nicht überzeugend und wird vom Gericht als ein Vorbringen eingestuft, mit welchem der Antragsteller keine berechtigten neuen Asylgründe darlegen möchte, sondern alleinig fremdenpolizeiliche, insbesondere aufenthaltsbeendende, Maßnahmen verhindern und damit die ungerechtfertigte Verlängerung des faktischen Aufenthaltes in Österreich bewirken möchte.
Nach Anstellung einer Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Folgeantrages vom 26.02.2018 kommt das Bundesverwaltungsgericht sohin zum Ergebnis, dass der gegenständliche Folgeantrag des Antragstellers gemäß § 68 Abs. 1 AVG voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil im Zuge der Grobprüfung durch das Gericht keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes im Vergleich zum Vorverfahren hervorgetreten ist.
Die Z 3 des § 12a AsylG verlangt eine Prüfung der Gefährdungssituation im Hinblick auf die relevanten Bestimmungen der EMRK, da die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes eine Außerlandesbringung des Asylwerbers zur Folge haben könnte (Grundsatz des Non-Refoulement).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs. 1 AVG hat es sich um eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zu handeln, was nur dann anzunehmen sein wird, wenn sich daraus voraussichtlich eine in den Hauptinhalten anders lautende Entscheidung ergeben würde.
Auch die für den Antragsteller maßgebliche Ländersituation in seinem Herkunftsstaat Afghanistan ist im Wesentlichen gleich geblieben.
Bereits im ersten Verfahren hat das Bundesasylamt für Fremdenwesen und Asyl (rechtskräftig) ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.
Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor der belangten Behörde sind keine Risiken für den Antragsteller im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Antragstellers bzw. dessen Rechtsberaterin wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hierzu getätigt.
Der VwGH hat zu Ra 2016/01/0096, vom 13.9.2016, ausgeführt, dass nach der ständigen Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).
Demzufolge müsste die Gefährdung des Antragstellers im Sinne des Art. 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.
Dies umso mehr, als im obzitierten Beschluss der VwGH auch auf die Rechtsprechung des EGMR verwiesen hat, die davon ausgeht, dass die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert sei, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde (vgl. VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, vgl. die Urteile des EGMR jeweils vom 12.01.2016, jeweils gegen Niederlande: S. D. M., Nr. 8161/07; A. G. R., Nr. 13 442/08; A. W. Q. und D. H., Nr. 25 077/06; S. S., Nr. 39 575/06; M. R. A. u.a., Nr. 46 856/07).
Der Antragsteller brachte in seiner Einvernahme am 10.04.2018 diesbezüglich lediglich vor, nicht in Afghanistan leben zu können, da er dort von den Taliban umgebracht werden würde.
Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.
Wie der VwGH zu Ra 2016/19/0036 vom 25.5.2016, ausführt, kann die Außerlandesschaffung eines Fremden auch dann gegen Art. 3 EMRK verstoßen, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden höchstgerichtlichen Judikatur ist eine solche Situation jedoch nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.
Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden bzw. zu Tage getreten, dass zwischenzeitlich - seit Erlassung der nunmehr rechtskräftigen Rückkehrentscheidung durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2017 - der Antragsteller einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr nach Afghanistan bzw. Kabul ausgesetzt wäre.
Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt - nach einer Grobprüfung des Aktes - aus Sicht des BVwG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem Antragsteller Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 10.04.2018 einvernommen.
Das Bundesverwaltungsgericht teilt wie oben dargestellt auch die Ansicht der belangten Behörde, dass beim Antragsteller kein schützenswertes Familien- oder Privatleben in Österreich erkennbar ist.
Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen, erweist sich der mündlich verkündete Bescheid des BFA vom 10.04.2018 als im Einklang mit dem Gesetz stehend und war gemäß § 22 BFA-VG wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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