BVwG W192 2131677-2

BVwGW192 2131677-219.1.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W192.2131677.2.00

 

Spruch:

W192 2131678-2/2E

 

W192 2131676-2/2E

 

W192 2131677-2/2E

 

W192 2131680-2/2E

 

W192 2131681-2/2E

 

W192 2182753-1/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO als Einzelrichter über die Beschwerden von XXXX, StA. Syrien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2017, Zlen: 1.) 15-1091292607/151567235-EAST Ost, 2.) 15-1091293408/151567311-EAST Ost, 3.) 15-1091293604/151567397-EAST Ost, 4.) 15-1091293909/151567486-EAST Ost, 5.) 15-1091294209/151567567-EAST Ost, 6.) 1151330005/17537079-EAST Ost, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerden werden gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG

2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht

zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der weiteren minderjährigen Beschwerdeführer. Diese beschwerdeführenden Parteien, Staatsangehörige von Syrien, reisten illegal nach Österreich ein und stellten 15.10.2015 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz. Bezüglich der Erstbeschwerdeführerin liegt ein Eurodac-Treffer betreffend eine erkennungsdienstliche Behandlung 09.06.2015 in Bulgarien anlässlich der Stellung eines Asylantrages vor.

 

Bei ihrer Erstbefragung am 16.10.2015 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sich ihr Ehegatte in Bulgarien als Asylwerber aufhalte. In Österreich lebe ein Bruder der Erstbeschwerdeführerin, der österreichischer Staatsbürger sei, sowie die Eltern und vier weitere Geschwister der Erstbeschwerdeführerin als Asylwerber.

 

Die Erstbeschwerdeführerin habe im August 2014 den Herkunftsstaat verlassen und sei mit ihren drei Kindern (Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer) in die Türkei gegangen, von wo sie versucht habe, auf legalem Weg zu ihrem Mann nach Bulgarien zu kommen. Sie habe ein bulgarisches Visum zur Familienzusammenführung bekommen, nicht jedoch für ihre Kinder. Sie sei nach Bulgarien gereist und habe in Bulgarien ein weiteres Kind (Fünftbeschwerdeführer) zur Welt gebracht. Ihr Ehemann sei aus Bulgarien in die Türkei gereist und habe eine schlepperunterstützte illegale Einreise der drei Kinder aus der Türkei nach Bulgarien organisiert. Der Schlepper und die drei Kinder seien an der bulgarischen Grenze am 27.09.2015 von der Polizei festgenommen und inhaftiert worden. Am 01.10.2015 seien die Kinder wieder freigelassen worden. Am 07.10.2015 habe der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin einen Schlepper organisiert, der sie und ihre vier Kinder nach Serbien gebracht habe. In Serbien habe die Erstbeschwerdeführerin sich dem Flüchtlingsstrom angeschlossen und sei an der österreichischen Grenze von ihrem Bruder abgeholt worden. Die Beschwerdeführerin habe über ein von der bulgarischen Botschaft in der Türkei ausgestelltes Visum mit Gültigkeit bis 27.07.2015 verfügt. Die Erstbeschwerdeführerin wolle nicht nach Bulgarien zurückkehren, da ihre ganze Familie außer ihrem Ehemann schon in Österreich sei. Weiters seien dort ihre Kinder eingesperrt worden. Sie habe alles versucht, um legal in Bulgarien zu bleiben und die bulgarischen Behörden hätten dafür nichts gemacht. Die Erstbeschwerdeführerin stelle daher für sich und ihre minderjährigen Kinder jeweils einen Antrag auf International Schutz, wobei die minderjährigen Kinder keine eigenen Fluchtgründe hätten.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 04.11.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien.

 

Im Antwortschreiben der bulgarischen Dublin-Behörde vom 06.11.2015 wurde mitgeteilt, dass den beschwerdeführenden Parteien in Bulgarien mit Entscheidung vom 28.10.2015 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, weshalb die beschwerdeführenden Parteien von Bulgarien nicht nach der Dublin III-VO wiederaufgenommen werden. Eine Übernahme könne nach dem bilateralen Rückübernahmeabkommen mit Österreich beantragt werden.

 

Die Beschwerdeführer wurden vom BFA mit Verfahrensanordnung vom 12.11.2015 darüber in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, die Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da diese in Bulgarien Schutz vor Verfolgung gefunden haben. Mit Schreiben ihres damaligen Rechtsvertreters vom 11.11.2015 brachten die Beschwerdeführer vor, dass eine Überstellung nach Bulgarien unzumutbar sei, da die Kinder der Erstbeschwerdeführerin dort unter unmenschlichen Bedingungen in Haft angehalten wurden. Nach einer in deutscher Sprache abgefasst Darstellung der Angaben der Erstbeschwerdeführerin sei die Erstbeschwerdeführerin am 30.05.2015 hochschwanger aus der Türkei nach Bulgarien gereist, um dort ihr Kind zu gebären. Während dieser Zeit seien die drei Kinder der Erstbeschwerdeführerin in der Türkei zurückgeblieben und dort vom - aus Bulgarien in die Türkei gereisten - Ehemann der Erstbeschwerdeführerin betreut worden. Der Ehemann habe die drei Kinder am 27.09.2015 in Begleitung eines Schleppers von der Türkei nach Bulgarien geschickt, jedoch seien alle in Haft genommen worden. Die Polizei habe die Mutter verständigt, die mit ihrem neugeborenen Kind zur Hafteinrichtung gereist sei und habe die Kinder, die erschöpft, nicht ausreichend versorgt und total verdreckt gewesen seien, nur 15 Minuten lang besuchen können. Die Kinder seien unter menschenunwürdigen Umständen fünf Tage lang in Haft gewesen und hätten kein Essen bekommen. Nach drei Tagen sei der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin aus der Türkei gekommen und mit der Erstbeschwerdeführerin zunächst zurück in die Wohnung nach Sofia gegangen. Schließlich hätten sie gemeinsam am 01.10.2015 die Kinder aus einem Asyllager abholen können. Diese seien verdreckt, ausgehungert und stark durstig gewesen.

 

Am 07.10.2015 habe der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin für diese, die vier gemeinsamen Kinder und zwei Cousins die illegale Weiterreise nach Österreich arrangiert. Der in Österreich niedergelassene Bruder der Erstbeschwerdeführerin habe diese von der Polizeisperre an der Grenze abholen und zu ihren Eltern und weiteren Geschwistern nach Wien bringen können. Die Kinder seien durch den Bürgerkrieg in Syrien und ihre Erfahrungen in den Gefängnissen und die Trennung von der Mutter in Bulgarien traumatisiert.

 

Es wurden Bestätigungen einer Volkschule über den Schulbesuch durch den Zweitbeschwerdeführer und den Drittbeschwerdeführer angeschlossen, ebenso ein Empfehlungsschreiben der Schulleiterin sowie die Kopie eines Schreibens des Vertreters von UNHCR in Bulgarien an die Konsularabteilung des bulgarischen Außenministeriums vom 19.06.2015, wonach dem Ehemann der Erstbeschwerdeführerin mit Entscheidung vom 19.03.2014 in Bulgarien humanitärer Status zuerkannt worden sei. In weiterer Folge habe der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin mit Entscheidung vom 05.09.2014 eine Genehmigung der Familienzusammenführung mit der Erstbeschwerdeführerin und den drei minderjährigen Kindern erhalten. Nach UNHCR vorliegenden Informationen habe die bulgarischen Asylbehörde das bulgarische Außenministerium mit Schreiben vom 06.03.2015 über die positive Entscheidung über die Familienzusammenführung in Kenntnis gesetzt, wobei wegen des Fehlens von entsprechenden Identitätsdokumenten der Kinder für diese keine bulgarischen Visa erteilt hätten werden können. Im Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass die Erstbeschwerdeführerin mittlerweile nach Bulgarien gereist sei und dort ihr viertes Kind geboren habe, während ihr Ehemann in die Türkei gereist sei, um die drei weiteren Kinder zu betreuen und das Verfahren zu ihrer Zusammenführung in Bulgarien zu betreiben. UNHCR ersuche die bulgarischen Behörden, das Verfahren zur Familienzusammenführung dringend abzuschließen.

 

Aus einem vorgelegten Schreiben eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 19.11.2015 geht hervor, dass ein posttraumatisches Syndrom bei der gesamten Familie der Beschwerdeführer festgestellt worden sei, wobei die Erstbeschwerdeführerin in neurologisch-psychiatrische Therapie stehe und die drei (ältesten) Kinder der Kinderpsychiatrie eines psychosozialen Dienstes vorgestellt werden.

 

Am 26.11.2015 erfolgte nach durchgeführter Rechtberatung und unter Mitwirkung des Rechtsberaters und der Rechtsvertreterin die niederschriftliche Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin, wobei diese angab, dass sie in der Lage sei, die Befragung zu absolvieren, jedoch psychische Probleme, nämlich Schlafstörungen, zu haben. Weiters habe sie Schilddrüsenprobleme und benötige nach dem Kaiserschnitt ärztliche Behandlung. Drei der Kinder der Beschwerdeführerin hätten Probleme mit der Haut (Juckreiz).

 

Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin befinde sich gegenwärtig in Serbien, sie wisse nicht, was er dort mache. Die Eltern und restlichen Geschwister der Erstbeschwerdeführerin seien in Österreich anerkannte Flüchtlinge. Die Erstbeschwerdeführerin lebe bei ihrem Bruder, der die österreichische Staatsbürgerschaft habe, sowie dessen Ehefrau.

 

Die Erstbeschwerdeführerin wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass in ihrem Fall Schutz in Bulgarien gegeben sei und daher beabsichtigt sei, die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen und ihre Außerlandesbringung nach Bulgarien anzuordnen. Die Erstbeschwerdeführerin brachte dazu vor, dass sie auf keinen Fall nach Bulgarien zurück wolle und ihre Kinder dort fünf Tage eingesperrt gewesen seien. Die bulgarischen Behörden hätten die Kinder nicht nach Bulgarien zugelassen, weil sie keine Pässe hätten und die Erstbeschwerdeführerin habe keinen Schutz bekommen. Die Kinder seien fünf Tage lang im Gefängnis gewesen und grob behandelt worden. Die Erstbeschwerdeführerin brachte weiter vor, dass ihre Kinder hier in die Schule gehen würden.

 

Der Beschwerdeführerin wurde die Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme zu ihr übergebenen Länderfeststellungen über Bulgarien eingeräumt.

 

Am selben Tag wurde vor dem BFA der Bruder der Erstbeschwerdeführerin, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, als Zeuge einvernommen. Er brachte vor, dass er die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder in seine Wohnung aufgenommen habe. Er habe seit einem Jahr die österreichische Staatsbürgerschaft und seine Ehegattin habe Asyl erhalten. Der Bruder der Erstbeschwerdeführerin sorge für Lebensmittel im Haushalt und trage Kosten für den Schulbesuch der minderjährigen Beschwerdeführer.

 

Auf Befragen, weshalb die Zusammenführung der Familie durch die Erstbeschwerdeführerin nicht auf legalem Weg versucht worden sei, brachte er vor, dass dies nicht möglich gewesen sei, da sie keine Reisepässe für die Kinder gehabt habe. Ihr Bruder habe die Erstbeschwerdeführerin auch während des Aufenthaltes in Bulgarien durch Geldüberweisungen unterstützt. Der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin habe vor ihrer Einreise nach Bulgarien dafür gesorgt, dass sie eine Unterkunft habe. Ihr Bruder habe dann die Kosten für diese Mietwohnung übernommen. Die bulgarischen Behörden hätten die Erstbeschwerdeführerin nicht unterbringen wollen, da sie gemeint hätten, dass ihr Ehemann selbstständig bzw. in der Versorgung abgemeldet sei. Dieser habe "schwarz" gearbeitet.

 

Mit Telefax vom 07.12.2015 wurden Geburtsurkunden der minderjährigen Beschwerdeführer aus dem Herkunftsstaat, Empfehlungsschreiben, ein Länderbericht einer serbischen Menschenrechtsorganisation vom Oktober 2015 über Fälle von Übergriffen der bulgarischen Sicherheitsbehörden gegenüber reisenden Migranten und Flüchtlingen sowie ein Länderbericht über die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Bulgarien aus 2014 vorgelegt.

 

Aufgrund einer am 01.12.2015 vorgenommenen Untersuchung der Erstbeschwerdeführerin durch eine Ärztin für allgemeine Medizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, erstellte diese die gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 07.12.2015, woraus hervorgeht, dass bei der Erstbeschwerdeführerin eine milde Anpassungsstörung vorliege, wobei im Vordergrund die Sorge stehe, nach Bulgarien zurück zu sollen. Die Erstbeschwerdeführerin sei orientiert und bewusstseinsklar und es könnten keine Denkstörungen exploriert werden. Für eine andere Störung, insbesondere PTSD bestehe kein Anhaltspunkt. Es würden keine therapeutischen und medizinischen Maßnahmen angeraten. Bei den Kindern liege Scabies (Krätzmilbe) vor und diese müssten behandelt werden, erst dann könne ein Gutachten für die Kinder fertig gestellt werden.

 

Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 22.12.2015 wurden ärztliche Atteste eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 07.12.2015 vorgelegt, wonach die Erstbeschwerdeführerin an Abszessen und Hautläsionen leide und eine hautärztliche Abklärung empfohlen werde. Weiters falle eine posttraumatische Belastungsstörung auf. Hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers, des Drittbeschwerdeführers und des Viertbeschwerdeführers liege neben einer Scabies eine posttraumatische Belastungsstörung vor.

 

Betreffend den Zweitbeschwerdeführer, den Drittbeschwerdeführer und den Viertbeschwerdeführer wurden weiters im Wesentlichen gleich lautende fachärztliche Befundberichte eines Zentrums für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 15.12.2015 vorgelegt, wonach bei Diagnosen von posttraumatischen Belastungsstörungen als Traumafolgestörungen eine therapeutische Unterstützung empfohlen werde. Aus einer den Zweitbeschwerdeführer, den Drittbeschwerdeführer und den Viertbeschwerdeführer betreffenden psychologischen Stellungnahme einer klinischen Psychologin und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin, vom 17.12.2015 geht hervor, dass bei den drei Kindern eine posttraumatische Belastungsstörung und zusätzlich eine nicht organische Schlafstörung durch Albträume (Angstträume) vorliege. Weiters sei bei allen drei Kindern ein deutlicher Entwicklungsrückstand vorhanden und beim Viertbeschwerdeführer auch von einer stark depressiven Störung auszugehen.

 

In einem Schreiben eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 15.12.2015 wurde ausgeführt, dass bei der Erstbeschwerdeführerin zunehmende Depression mit Angstattacken und Schlafstörungen gegeben sei. Es sei "absolut kontraindiziert", die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Kindern nach Bulgarien abzuschieben.

 

Mit Schreiben eines Facharztes für Kinder und Jugendheilkunde vom 14.01.2016 wurde bestätigt, dass beim Zweitbeschwerdeführer, Drittbeschwerdeführer und Viertbeschwerdeführer bei einer Untersuchung am 10.01.2016 keine sichtbaren ansteckenden Krankheiten festgestellt worden seien.

 

Am 03.02.2016 erfolgte ein weiterer Untersuchungstermin der Erstbeschwerdeführerin und ihrer minderjährigen Kinder bei der Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, worüber sich aus der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 10.02.2016 ergibt, dass sowohl beim Zweitbeschwerdeführer als auch beim Drittbeschwerdeführer eine Anpassungsstörung vorliege, eine posttraumatische Belastungsstörung jedoch nicht auszuschließen sei. Es werde Psychotherapie mit nonverbalen Elementen, eventuell auch in der Gruppe empfohlen. Hinsichtlich der Auswirkungen einer Überstellung auf den psychischen und physischen Zustand wurde ausgeführt, dass dies "nicht abschließend beurteilt werden" könne. Wesentlich (wichtiger als der Aufenthaltsort) sei das subjektive Gefühl der Sicherheit, das einem Kind normalerweise von den Eltern vermittelt werde. Die Erstbeschwerdeführerin scheine teilweise überfordert zu sein. Eine "neuerliche Ortsveränderung erscheine als problematisch."

 

Zu diesen gutachterlichen Stellungnahmen im Zulassungsverfahren wurde durch die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.02.2016 eine Stellungnahme eingebracht, in der zum gesundheitlichen Zustand der Erstbeschwerdeführerin ausgeführt wurde, dass sich der psychische Gesundheitszustand seit der Untersuchung durch die Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychische somatische und psychotherapeutische Medizin am 01.12.2015 verschlechtert habe. Aus dem vorgelegten Schreiben des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 15.12.2015 gehe hervor, dass eine zunehmende Depression mit Angstattacken und Schlafstörungen vorliege und es kontraindiziert seit, die Patientin mit ihren vier Kindern nach Bulgarien abzuschieben. Die Erstbeschwerdeführerin werde Anfang März einen Termin für eine psychotherapeutische Behandlung wahrnehmen.

 

Zum gesundheitlichen Zustand des Zweitbeschwerdeführers und des Drittbeschwerdeführers wurde vorgebracht, dass in der gutachterlichen Stellungnahme vom 10.02.2016 nicht auf die im Verfahren vorgelegte psychologische Stellungnahme vom 17.12.2015 eingegangen wurde, die der Ärztin für Allgemeinmedizin offensichtlich nicht vorgelegt worden sei. Daraus ergebe sich, dass bei allen drei Kindern eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Dies sei auch in der gutachterlichen Stellungnahme nicht ausgeschlossen worden. Auch in der gutachterlichen Stellungnahme sei ein neuerlicher Ortswechsel für die Kinder als problematisch bezeichnet worden. In Anbetracht der ärztlichen Stellungnahmen und des sonstigen Vorbringens seien die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder als vulnerable Personen anzusehen und eine Rückkehr nach Bulgarien nicht zumutbar, weshalb ein Selbsteintritt Österreichs geprüft werden solle.

 

Auf Ersuchen des BFA wurde durch das Bundesministerium für Inneres die mit Schreiben vom 25.02.2016 erfolgende Zustimmung des bulgarischen Innenministeriums zur Übernahme der Beschwerdeführer eingeholt, aus der sich ergibt, dass den Beschwerdeführern in Bulgarien der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist.

 

Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 20.04.2016 legten die Beschwerdeführer eine psychologische Stellungnahme einer klinischen Psychologin-Wahlpsychologin, Schwerpunkt Kinderpsychologie, vom 05.04.2016 vor, woraus hervorgeht, dass beim Zweitbeschwerdeführer eine posttraumatische Belastungsstörung ausgelöst durch den Krieg, die Flucht und das Inhaftieren in einem Gefängnis in Bulgarien vorliege. Dieser bedürfe dringend einer sicheren Umgebung, die ihm ein Aufarbeiten seiner Traumatisierung ermögliche. Jegliche Veränderung der Lebenssituation würde zu einer "Retraumatisierung führen und Folgen nicht absehbaren Ausmaßes" nach sich ziehen. In der Stellungnahme wurde ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin und auch ihre Kinder als vulnerable Personen und auch als abhängige Personen im Sinne der Art. 16, 17 Dublin III-VO anzusehen seien.

 

Die Behörde habe gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO auch zu prüfen, ob humanitäre Gründe, insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext vorliegen, die eine Zuständigkeit Österreichs notwendig machen. Die Beschwerdeführer würden beim Bruder der Erstbeschwerdeführerin leben, der österreichischer Staatsbürger sei. Ein schützenswertes Familienleben sei zu bejahen. Es habe auch ein Abhängigkeitsverhältnis bestanden, da die Beschwerdeführer erst Monate nach Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich in die Grundversorgung aufgenommen worden seien. In dieser Zeit habe der Bruder der Erstbeschwerdeführerin jegliche Arztbesuche organisiert und Medikamente beschafft. Es wurde auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Urteils des EuGH in der Rs. C -245/11 hingewiesen, worin der Gerichtshof sich ausführlich mit der Auslegung der Vorgängerbestimmung der Art. 16 und 17 Abs. 2 Dublin III-VO befasst habe.

 

Aus der vorgelegten psychologischen Stellungnahme sei ersichtlich, dass der Zweitbeschwerdeführer seit einiger Zeit eine psychologisch-therapeutische Einrichtung für Flüchtlingskinder besuche. Die anderen Brüder seien derzeit noch etwas zu jung, würden aber künftig auch ein derartiges Therapieangebot in Anspruch nehmen. Aus den Länderberichten betreffend Bulgarien gehe nicht hervor, ob derartige Einrichtungen vorhanden seien und somit auf eine bestehende Vulnerabilität besonders von Kindern Rücksicht genommen werde. Vielmehr sei den Länderberichten zu entnehmen, dass die Rücksichtnahme auf vulnerable Personen zwar gesetzlich vorgesehen sei, dies in der Praxis aber selten bis nie der Fall sei und es keine gesonderten Zentren für Vulnerable gebe. Eine Überstellung nach Bulgarien werde zur Gefahr einer erneuten Traumatisierung führen und daher als unmenschliche Behandlung anzusehen sein.

 

Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom "21.04.2015" (offensichtlich gemeint 21.04.2016) wurde ein psychotherapeutisches Begleitschreiben einer Psychotherapeutin vom 18.04.2016 betreffend die Erstbeschwerdeführerin vorgelegt, wonach diese bei Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörungen Therapie in Anspruch nehme.

 

Mit Schreiben des BFA vom 17.06.2016 wurde den Beschwerdeführern Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme zu aktualisierten Länderfeststellungen über die Situation in Bulgarien eingeräumt. Die Beschwerdeführer brachten dazu mit Schreiben vom 28.06.2016 vor, dass sich den Länderberichten entnehmen lasse, dass das Asylverfahren in Bulgarien von verschiedenen Seiten kritisiert werde und nicht auszuschließen sei, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien als Folgeantragsteller angesehen würden und somit kein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe Krankenversorgung und psychologische Hilfe hätten. Angesichts der übermittelten Gutachten und Befunde handle es sich um vulnerable Personen und diese Tatsache könne von den bulgarischen Behörden verkannt werden. Die Unterbringungssituation habe sich verschlechtert und es würde rechtswidrige und unverhältnismäßige Schubhaft ein großes Problem darstellen.

 

Den Berichten sei zu entnehmen, dass der Zugang zu medizinischer Versorgung eine aufrechte Krankenversicherung voraussetze und viele sich die Beiträge nicht leisten könnten. Es gehe aus den Berichten nicht hervor, dass eine psychotherapeutische Behandlung für Kinder, auch bei bestehender Krankenversicherung, in Bulgarien vorhanden sei. Es werde auf die Stellungnahme der Ärztin für allgemeine Medizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin vom 18.02.2016 (offensichtlich gemeint: 10.02.2016) hingewiesen, wonach eine neuerliche Ortsveränderung der Kinder als problematisch eingestuft werde.

 

Es bestehe zufolge den Berichten in Bulgarien kein staatliches Angebot für Schutzberechtigte, um ihnen den Einstieg in die bulgarische Gesellschaft zu erleichtern. Da es sich bei den Beschwerdeführern um vulnerable Personen handelt, sollte ein Selbsteintrittsrecht Österreichs geprüft werden.

 

Weiters wurde vorgebracht, dass die Fristen für eine Überstellung nach der Dublin III-VO jedenfalls abgelaufen seien und somit eine Zuständigkeit Österreichs gegeben sei.

 

Der Stellungnahme wurde ein psychotherapeutisches Begleitschreiben einer Psychotherapeutin vom 27.06.2016 betreffend die Erstbeschwerdeführerin vorgelegt, wonach diese sich wegen postnataler Depression und posttraumatischen Belastungssyndroms in Therapie befinde. Es seien traumatische Erlebnisse sowie die überaus belastende Lebenssituation der Erstbeschwerdeführerin, die auf sich selbst gestellt sei und geringe bis gar keine Unterstützung durch den Ehemann erhalten habe, der sich im serbischen Flüchtlingslager aufhalte, ausschlaggebend für die anhaltende Symptomatik. Die "Klientin sei in Bulgarien der psychischen Belastung nicht gewachsen."

 

1.2. Mit Bescheiden vom 08.07.2016 wurde der Antrag der genannten beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz jeweils gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die beschwerdeführenden Parteien nach Bulgarien zurückzubegeben haben (Spruchpunkt I.). Weiters wurde den beschwerdeführenden Parteien ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.).

 

Diese Bescheide trafen in der Begründung auch Feststellungen über die Lage für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien einschließlich des Zuganges zu medizinischer Versorgung

 

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien den Status subsidiär Schutzberechtigter erhalten haben und kein Grund bestehe, anzunehmen, dass die Beschwerdeführer Gefahr liefen, dort einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Recht ausgesetzt zu sein. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren, diese würden in Bulgarien keine Unterstützung bekommen, wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien aufenthaltsberechtigt seien und sich an die staatlichen Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen wenden könnten. Auch die bereits während des Voraufenthaltes erfolgte finanzielle Unterstützung seitens des in Österreich lebenden Bruders der Erstbeschwerdeführerin könne wieder stattfinden.

 

In den angefochtenen Bescheiden wurde festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin an einer milden Anpassungsstörung leide und ebenso von einer psychischen Depression und posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen werde, wobei sie sich diesbezüglich in ärztlicher Behandlung befinde. Beim Zweitbeschwerdeführer, Drittbeschwerdeführer und Viertbeschwerdeführer "werde ebenso von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen", wobei Psychotherapie und psychiatrische Behandlung notwendig sei. Nachdem die Beschwerdeführer ärztlich behandelt worden seien, könne "zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass dementsprechend dringliche ärztliche Behandlungen in absehbarer Zeit durchgeführt oder fixiert worden wären, wenn tatsächliche schwerwiegende Erkrankungen vorliegen würden. Derartige dringliche Behandlungen, welche allenfalls einen Hinweis auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung darstellen würden, seien im Fall der Beschwerdeführer nicht durchgeführt oder festgesetzt worden. Auch sei dem gesamten Vorbringen sowie den medizinischen Unterlagen nicht zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder an einer derart schwerwiegenden Erkrankung leiden, welche mit Lebens- oder gravierender körperlicher Beschädigungsgefahr verbunden wäre."

 

Weiters seien bei Bedarf in Bulgarien Behandlungsmöglichkeiten gegeben, wie sich aus den Feststellungen zu Bulgarien ergebe. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 seien nicht gegeben. Es würden sich die Eltern und Geschwister der Erstbeschwerdeführerin in Österreich aufhalten und sie lebe mit einem Bruder, der in Österreich anerkannter Flüchtling und österreichischer Staatsbürger sei, im gemeinsamen Haushalt, wobei von einem relevanten Familienleben zu diesem Bruder ausgegangen werde. Es bestehe jedoch keine gegenseitige qualifizierte Abhängigkeit beispielsweise in Form einer Pflegebedürftigkeit und es sei davon auszugehen, dass eine finanzielle Unterstützung durch den Bruder auch bei einem Aufenthalt der Beschwerdeführer in Bulgarien möglich sei. Auch bestehe die Möglichkeit der Aufrechterhaltung von Kontakten zu in Österreich aufhältigen Familienangehörigen durch Brief- oder E-Mail-Verkehr.

 

Angesichts der persönlichen Situation und der Kürze ihres Aufenthaltes würden keine Hinderungsgründe gegen die Anordnung zur Außerlandesbringung vorliegen.

 

1.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat rechtzeitig dagegen eingebrachten Beschwerden mit Erkenntnissen vom 08.09.2016 gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und die bekämpften Bescheide behoben, wobei es seine Entscheidung im Wesentlichen auf die nachstehende Begründung stützte:

 

"3.2.1 Zur Frage der Unzulässigkeit der gegenständlichen Asylanträge wäre zunächst grundsätzlich davon auszugehen, dass das BFA zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat, da den Beschwerdeführern in Bulgarien der Status von subsidiär Schutzberechtigten zukommt.

 

Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC ist zu erwägen:

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall haben sich die Beschwerdeführer weniger als ein Jahr lang seit ihrer unrechtmäßigen Einreise und somit sehr kurz in Österreich aufgehalten. Es liegt jedoch angesichts der konkreten fallbezogenen Situation eine sehr intensiv ausgeprägte familiäre Bindung der Beschwerdeführer zu jenem Bruder der Erstbeschwerdeführerin, der österreichischer Staatsbürger ist, vor. Dieser Bruder hat die Beschwerdeführer bereits nach ihrer unrechtmäßigen Einreise aufgenommen und in weiterer Folge auch nach der erfolgten Stellung von Anträgen auf internationalen Schutz für ihre Unterbringung und Versorgung gesorgt, da die Beschwerdeführer erst Ende Dezember 2015 Zugang zu Leistungen des Grundversorgungssystem erhalten haben. Die Beschwerdeführer haben auch seit ihrer Einreise bis Juli 2016 mit diesem Bruder der Erstbeschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt gewohnt und sind seither in einer in unmittelbarer Nähe gelegenen Unterkunft aufhältig, die von einer Betreuungsorganisation zur Verfügung gestellt wird.

 

Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführer keinen Kontakt zu ihrem Ehemann bzw. Vater haben und dessen Aufenthalt nicht bekannt ist, bekräftigt die vorliegende familiäre Beziehung zum genannten Bruder.

 

Die familiären Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich werden auch durch den Aufenthalt der Eltern und anderen Geschwister der Erstbeschwerdeführerin im Bundesgebiet als anerkannte Flüchtlinge weiter verstärkt.

 

3.2.3. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen insbesondere des Zweit-, des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers durch posttraumatische Belastungsstörungen belegen bereits auf Grund der Minderjährigkeit dieser Beschwerdeführers eine bestehende besondere Verletzlichkeit ihrer Person wegen des gesundheitlichen Zustandes (vgl.: VfGH E449/2016 ua., 30.06.2016).

 

In diesem Zusammenhang ist im Hinblick auf die in mehreren der vorgelegten Befunde enthaltenen Äußerungen, wonach eine Überstellung dieser Beschwerdeführer nach Bulgarien als "kontraindiziert" bzw. mit der "Gefahr einer Retraumatisierung" verbunden bzw. "problematisch" bezeichnet wurde und (beim Zweitbeschwerdeführer) "Folgen nicht absehbaren Ausmaßes nach sich ziehen" würde, erkennbar, dass nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen auch nicht ohne weiteres von einer Zulässigkeit der Abschiebung dieser Beschwerdeführer im Sinne von § 61 Abs. 2 FPG in Verbindung mit § 50 Abs. 1 FPG im Hinblick auf eine mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK ausgegangen werden könnte. Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Ausführungen, wonach dringliche ärztliche Behandlungen im Falle der Beschwerdeführer nicht durchgeführt oder fixiert worden seien, sind durch den Inhalt der vorgelegten ärztlichen, psychologischen und therapeutischen befunde und Bestätigungen nicht gedeckt.

 

Jedenfalls wird durch die vorliegenden psychischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer die Bedeutung der familiären Bindung der Beschwerdeführer zu ihrem Bruder bzw. Onkel gestärkt, indem auch ohne Bestehen einer Pflegebedürftigkeit im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Bulgarien nicht absehbar ist, wie die Erstbeschwerdeführerin, die in einem Befund auch als "teilweise überfordert" beschrieben wurde, ohne weitere Unterstützung durch ihre Familienangehörigen bzw. ihren offenkundig nicht mehr in Bulgarien aufhältigen Ehemann das Alltagsleben und die Obsorge für ihre minderjährigen Kinder bewältigen könnte.

 

Angesichts der spezifischen Lebenssituation der Beschwerdeführer ist daher strikt fallbezogen davon auszugehen, dass eine Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz einen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens darstellt, zumal die Beschwerdeführer angesichts des Aufenthaltes ihrer Familienangehörigen in Österreich keine Bindungen mehr zum Herkunftsstaat und wegen des unbekannten Aufenthaltes des Ehemannes bzw. Vaters der Beschwerdeführer auch keinerlei Bindungen in Bulgarien haben."

 

2.1.1. Im fortgesetzten Verfahren ergab sich, dass der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin, der Sechstbeschwerdeführer, im Mai 2017 illegal nach Österreich einreiste und einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Laut vorliegenden Eurodac-Treffermeldungen wurde er am 14.03.2013 in Bulgarien, am 30.07.2013 in Schweden und am 17.04.2016 in Ungarn jeweils anlässlich der Stellung von Anträgen auf internationalen Schutz erkennungsdienstlich behandelt.

 

Bei der Erstbefragung am 05.05.2017 gab er an, dass sich seine Ehefrau und seine Kinder in Österreich aufhalten würden. Hier sei auch einer seiner Brüder, während seine Eltern und ein Bruder in Schweden sowie eine Schwester in Kanada aufhältig seien.

 

Der Sechstbeschwerdeführer habe 2013 den Herkunftsstaat verlassen und sei über die Türkei nach Bulgarien gereist, wo er sich etwa sechs Monate lang aufgehalten habe. Danach sei er mit Schlepperunterstützung nach Schweden gereist und nach drei Monaten wieder nach Bulgarien zurückgekehrt. Er habe sich danach in Ungarn sowie etwa ein Jahr und zwei Monate lang in Serbien aufgehalten und sei dann schlepperunterstützt nach Österreich gereist. Der Beschwerdeführer habe in Bulgarien Asyl erhalten, seine Asylkarte habe er verloren. Über den Aufenthalt in den durchreisten Ländern brachte er vor, dass es in Schweden normal gewesen sei, während man in Bulgarien ständig von der Polizei kontrolliert werde und ins Gefängnis müsse, wenn man kein Geld habe. Der Beschwerdeführer wolle in Österreich bei seinen Kindern bleiben.

 

Die schwedischen Behörden teilten zu einem österreichischen Informationsersuchen mit Nachricht vom 19.05.2017 mit, dass der Beschwerdeführer dort am 30.07.2013 einen Asylantrag gestellt hatte. Dieser sei zurückgewiesen und er am 11.11.2013 nach Bulgarien überstellt worden.

 

Die bulgarischen Behörden teilten zu einem österreichischen Aufnahmegesuch auf Grundlage der Dublin III-VO mit Nachricht vom 12.07.2017 mit, dass dem Sechstbeschwerdeführer am 19.03.2014 in Bulgarien Subsidiärschutz gewährt worden sei und deshalb dem Aufnahmegesuch nicht entsprochen werden könne. Eine Übernahme könne aufgrund eines Ersuchens nach dem Rückübernahmeabkommen erfolgen.

 

Am 22.08.2017 erfolgte eine Untersuchung des Sechstbeschwerdeführers durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, Psychotherapeutin, worüber sich aus der ihn betreffenden gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 09.09.2017 Folgendes ergibt: Beim Sechstbeschwerdeführer würden eher milde Symptome einer Anpassungsstörung F. 43.2 vorliegen, wobei therapeutische und medizinische Maßnahmen nicht empfohlen wurden. Im Falle einer Überstellung sei eine Verschlechterung nicht auszuschließen, eine akute Suizidalität liege nicht vor.

 

Bei der nach Rechtsberatung unter Mitwirkung der Rechtsberaterin durchgeführten Einvernahme vor dem BFA am 21.09.2017 brachte der Sechstbeschwerdeführer vor, dass er eine Überweisung an ein Zahnambulatorium habe, weiters liege laut einem vorgelegten Röntgenbefund eine Lordose der Lendenwirbelsäule sowie Arthrosezeichen am Großzehengrundgelenk vor. Nach einem weiteren Arztschreiben eines Facharztes für Lungenkrankheiten war der Sechstbeschwerdeführer dort am 20.09.2017 zur Abklärung von Bluthusten vorstellig.

 

Der Sechstbeschwerdeführer brachte vor, dass er auch eine psychische Erkrankung habe. Er sei von der bulgarischen Polizei im März 2013 nach dem Aufgriff geschlagen worden. Als der Sechstbeschwerdeführer in Bulgarien im Gefängnis gewesen sei, habe er sich sein Essen selber kaufen müssen. Der Sechstbeschwerdeführer nehme Medikamente von seiner Ehefrau oder trinke Alkohol, damit er schlafen könne.

 

Der Sechstbeschwerdeführer habe einen Bruder in Österreich, wobei er nicht wisse, wo dieser wohne, da keine gute Beziehung bestehe. Die Eltern und Geschwister seiner Frau würden in Österreich alle in Wien leben, lediglich ein Bruder der Ehefrau lebe in der Nähe des Unterbringungsortes des Sechstbeschwerdeführer und seiner Gattin. Der Sechstbeschwerdeführer und seine Familie würden durch die Schwiegereltern und den Bruder seiner Frau finanziell und auch emotional unterstützt. Der Sechstbeschwerdeführer lebe mit der Erstbeschwerdeführerin und den gemeinsamen Kindern in einer eigenen Wohnung und nicht im gemeinsamen Haushalt mit Familienangehörigen seiner Ehegattin.

 

Er bestätigte, dass er am 14.03.2013 Bulgarien einen Asylantrag gestellt hat und ihm dort subsidiärer Schutzstatus zuerkannt worden ist. Zur beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und Überstellung nach Bulgarien brachte er vor, dass er auf keinen Fall nach Bulgarien zurückkehren wolle. Er sei nach der Überstellung aus Schweden vom Flughafen in ein Lager gebracht und dann aus dem Lager geworfen worden. Der Beschwerdeführer sei für mehr als einen Monat im Gefängnis angehalten worden. Als seine Kinder nach Bulgarien eingereist seien, seien sie 2015 im Gefängnis angehalten worden und seien traumatisiert von Bulgarien. Der Beschwerdeführer habe Fotos von den Zimmern im Lager und von der Straße, aus denen ersichtlich sei, dass der Beschwerdeführer und seine Familie in Bulgarien nicht respektiert werden. Auf den vorgelegten Fotos sind der Beschwerdeführer und seine Kinder im Inneren und im Außenbereich einer Containersiedlungen abgebildet.

 

Zum Vorhalt des Ergebnisses der Untersuchung durch die Ärztin für allgemeine Medizin, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin, wonach bei ihm milde Symptome einer Anpassungsstörung vorliegen, brachte der Sechstbeschwerdeführer vor, dass er keine schweren psychischen Krankheiten habe, nur wenn es um Bulgarien gehe, werde er deswegen aufgebracht. Zu den vorläufigen Feststellungen über die Lage in Bulgarien brachte der Beschwerdeführer vor, dass es keine Krankenversicherung und keine Arbeit gebe. Er habe keine Unterstützung bekommen und im Falle einer Krankheit Ärzte bezahlen müssen. Die Lage in Bulgarien sei nicht anders als in Syrien.

 

2.1.2. Am 22.08.2017 erfolgte auch eine Untersuchung der Erstbeschwerdeführerin sowie des Zweitbeschwerdeführers, des Drittbeschwerdeführers und des Viertbeschwerdeführers durch die genannte Ärztin für Allgemeinmedizin mit Diplom für psychotherapeutische und psychosomatische Medizin. Aus der entsprechenden gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 01.09.2017 ergibt sich, dass bei der Erstbeschwerdeführerin Symptome einer Anpassungsstörung F 43.2 vorgelegen seien, die längere Zeit in den Hintergrund getreten sein dürfte bzw. eine Remission eingetreten sei. Nach nunmehr erfolgter Ankündigung der beabsichtigten Überstellung sei wieder eine Verschlechterung eingetreten, wobei im Vordergrund die Sorge wegen Bulgarien stehe. Als therapeutische Maßnahme wurde ausgesprochen, dass die Einnahme verordneter Medikamente ratsam, wenngleich auch nicht zwingend erforderlich sei.

 

Nach dem Inhalt der entsprechenden gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 03.09.2017 liege beim Zweitbeschwerdeführer, Drittbeschwerdeführer und Viertbeschwerdeführer jeweils eine Anpassungsstörung F 43.2 sowie ein Zustand nach fraglicher (nicht sicher diagnostizierbarer) posttraumatischer Belastungsstörung vor. Beim Drittbeschwerdeführer bestehe ein hochgradiger Verdacht auf einen Zustand nach einer posttraumatischen Belastungsstörung, die sich derzeit im Teilremission befinde. Insgesamt liege laut Kindern und Mutter eine deutliche Besserung der Symptomatik vor.

 

Bei ihrer nach Rechtsberatung und unter Mitwirkung der Rechtsberaterin erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 21.09.2017 legte die Erstbeschwerdeführerin eine psychologische Stellungnahme einer klinischen Psychologin-Wahlpsychologin betreffend den Drittbeschwerdeführer vom 05.09.2017 vor, wonach dieser unter einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgelöst durch den Krieg, die Flucht und das Inhaftieren in einem Gefängnis in Bulgarien leide. Er habe vom Februar 2016 bis Mai 2016 an einem therapeutischen Setting mit Therapie, Musiktherapie, Ausdrucks- und Tanzpädagogik, Traumpädagogik sowie heilpädagogischem Voltigieren teilgenommen. Weiters legte sie Schulbesuchsbestätigungen der Kinder sowie einen sie selbst betreffenden unauffälligen Röntgenbefund vor.

 

Sie brachte vor, dass sie eine psychische Erkrankung habe und Medikamente nehme. Damit habe sie aufgehört, weil sie Magenschmerzen bekommen habe und nun warte sie Blut- und Magenbefunde. Sie habe diese Erkrankungen bereits seit ihrer Flucht aus Syrien. In Bulgarien habe sie diesbezüglich keinen Arzt aufgesucht, weil man dort keine Hilfe bekomme. Auf Nachfrage gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie ihr jüngstes Kind in Bulgarien in einem öffentlichen Krankenhaus auf die Welt gebracht habe. Es gehe den Kindern der Erstbeschwerdeführerin körperlich gut, aber psychisch gehe es schlecht. Wenn sie Polizisten sehen oder über Bulgarien reden, bekämen sie Angstzustände. Die Erstbeschwerdeführerin brachte auf Befragen vor, dass sie in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt habe und sie nicht wisse, welche Entscheidung Sie bekommen habe. Ihre Kinder seien ins Gefängnis gesteckt und schlecht behandelt worden. Zum Vorhalt, dass aufgrund des Ermittlungsverfahrens feststehe, dass die Erstbeschwerdeführerin subsidiären Schutzstatus in Bulgarien habe, bestritt sie dieses. Sie würde die Beziehung mit ihrem Ehemann beenden, falls sie wegen des Ehemannes subsidiären Schutz bekommen habe.

 

Zu den sie selbst und ihre Kinder betreffenden gutachterlichen Stellungnahmen im Zulassungsverfahren vom September 2017 brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass die Ärztin nicht gut mit den Beschwerdeführern umgegangen sei. Sie könne nichts feststellen, da sie die Kinder der Erstbeschwerdeführerin nicht kenne. Der älteste Sohn habe in einer Einrichtung an Therapie mit Tieren teilgenommen. Auch die jüngeren Kinder der Beschwerdeführerin sollten diese Therapie erhalten.

 

Die Beschwerdeführer wurde dazu eingeladen, zur Lage im zuständigen Mitgliedstaat eine Stellungnahme abzugeben, wobei dieser in der Niederschrift aufgrund eines wiederholten offenkundigen Schreibfehlers mit "Polen" bezeichnet wurde. Die Erstbeschwerdeführerin brachte dazu vor, dass sie ihr Schicksal in Bulgarien selbst erlebt habe und ein großer Unterschied zwischen Österreich und Bulgarien bestehe. Ihre Kinder seien dort im Gefängnis gewesen und danach in einem Lager untergebracht worden. Ein Sohn der Beschwerdeführerin sei in Bulgarien von einem Polizisten geschlagen worden. Sie habe keine Anzeige erstattet, sondern ihre Kinder sofort mitgenommen.

 

In Österreich würden die Kinder der Erstbeschwerdeführerin in die Schule gehen und diese habe hier ihre gesamte Familie, die sie in jeder Hinsicht unterstütze. Sie wolle auf keinen Fall nach Bulgarien zurückkehren und werde eher mit ihrem Mann nach Syrien zurückkehren, ihre Kinder aber auf jeden Fall hinterlassen. Den Beschwerdeführern eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

 

Mit Eingabe vom 27.09.2017 brachten die Beschwerdeführer vor, dass eine Überstellung der Beschwerdeführer nach Bulgarien Art. 8 EMRK verletze und unzulässig sei. Es liege eine besonders intensive familiäre Bindung der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder zum Bruder der Erstbeschwerdeführerin vor, woran sich auch durch die zwischenzeitlich stattgefundene Vereinigung der Familie mit dem Vater und Ehemann nichts geändert habe. Weiters seien die drei älteren Kinder der Erstbeschwerdeführerin nicht nur aufgrund von Kriegserlebnissen sondern auch wegen der Flucht und der Inhaftierung in Bulgarien schwer traumatisiert, was sich aus psychologischen Befunden sowie dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2016 ergebe. Auch nach dem Inhalt der im September 2017 ergangenen gutachterlichen Stellungnahmen im Zulassungsverfahren liege in jedem Fall eine Anpassungsstörung bzw. beim Drittbeschwerdeführer zusätzlich ein hochgradiger Verdacht auf Zustand nach posttraumatische Belastungsstörung vor. Es könne folglich nicht ausgeschlossen werden, dass noch schwerwiegendere psychische Krankheiten vorliegen. Aus der gutachterlichen Stellungnahme gehe hervor, dass stabile Verhältnisse am jeweiligen Aufenthaltsort für das Kindeswohl erforderlich seien. Bei einer Überstellung nach Bulgarien würden die Kinder aber gerade aus den momentan in Österreich gegeben und stabilen Verhältnissen herausgerissen werden. Aus einer dem Schreiben angeschlossenen psychologischen Stellungnahme einer klinischen Psychologin, Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin und Supervisorin vom 25.09.2017 betreffend die drei älteren Kinder der Erstbeschwerdeführerin sei ersichtlich, dass das gegenwärtige soziale Umfeld für die Kinder essenziell sei und eine enge familiäre Beziehung zum Bruder der Erstbeschwerdeführerin bestehe.

 

Zum Sechstbeschwerdeführer lasse die gutachterliche Stellungnahme offen, ob eine Selbstmordgefahr im Fall einer Überstellung nach Bulgarien gegeben sei, welche Frage es zu klären gegeben habe.

 

Die Überstellung nach Bulgarien erscheine auch deshalb nicht möglich, da die rechtliche und tatsächliche Situation für Flüchtlinge dort weiterhin sehr prekär sei und eine adäquate Versorgung und ein rechtsstaatliches Verfahren nicht gewährleistet werden könnten. Der Eingabe wurden weiters ein Schreiben des Bruders der Erstbeschwerdeführerin betreffend sein Naheverhältnis zu den minderjährigen Beschwerdeführern, ein Arztschreiben eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 26.09.2017 betreffend den Sechstbeschwerdeführer, worin diesem bei Diagnose einer reaktiven Depression mit Angstattacken und Schlafstörungen eine medikamentöse Behandlung sowie psychotherapeutische Begleitung empfohlen wurde, sowie Bestätigungen über die schulische Integration der minderjährigen Beschwerdeführer angeschlossen.

 

Mit Eingabe vom 10.10.2017 wurden zum Beweis für das aufrechte intensive Familienleben die Einvernahme von sieben in Wien lebenden Verwandten der Erstbeschwerdeführerin und des in der Nähe des Unterbringungsortes der Beschwerdeführer lebenden Bruders der Erstbeschwerdeführerin als Zeugen beantragt.

 

2.2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz jeweils gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die beschwerdeführende Partei nach Bulgarien zurückzubegeben haben (Spruchpunkt I.). Weiters wurde den beschwerdeführenden Parteien ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Bulgarien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.).

 

In diesen Bescheiden wurde über die Lage in Bulgarien Folgendes festgestellt (unkorrigiert, gekürzt durch das BVwG):

 

"Medizinische Versorgung

 

Asylwerber haben ein Recht auf dieselbe medizinische Versorgung wie bulgarische Staatsbürger. SAR ist verpflichtet Asylwerber krankenzuversichern. In der Praxis haben Asylwerber damit mit denselben Problemen zu kämpfen wie Bulgaren, da das nationale Gesundheitssystem große materielle und finanzielle Defizite aufweist. In dieser Situation ist laut AIDA spezielle Betreuung für Folteropfer und Traumatisierte nicht verfügbar. Wenn das Recht auf Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, entzogen wird, betrifft das auch das Recht auf medizinische Versorgung. Medizinische Grundversorgung ist in den Unterbringungszentren gegeben, und zwar entweder durch eigenes medizinisches Personal oder Nutzung der Notaufnahmen lokaler Hospitäler. Alle Zentren verfügen über medizinische Behandlungsräume (AIDA 2.2017).

 

Mehrmals während des Jahres 2016 haben finanzielle Probleme des SAR zu Unterbrechungen bei der Bereitstellung medizinischer Leistungen und Übersetzerdienstleistungen geführt. Menschenrechtsorganisationen und Freiwillige halfen mit Nahrungsmitteln u.a. Unterstützung (USDOS 3.3.2017).

 

Asylwerber und UMA, sowie Personen, die bereits Asyl in der Republik Bulgarien erhalten haben und eine psychologische und psychiatrische Betreuung benötigen, werden nach Angaben von SAR von Psychologen der SAR sowie von Psychologen und Psychiatern der Zentren ASET und NADYA betreut. Das Zentrum ASET ist eine NGO, welche Folteropfer unterstützt. ASET arbeitet seit 2003 mit SAR zusammen und bietet psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Behandlung, soziale Beratung, Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen, individuelle Einschätzung des psychologischen Zustandes und psychologische Gutachten an. Das Zentrum NADYA ist eine Stiftung, welche Frauen hilft, die physische, psychische oder sexuelle Gewalt erlebt haben. Das Zentrum bietet medizinische, psychologische und juristische Beratung, sowie Psychotherapie bzw. verweist die Bedürftigen zu anderen Behörden und Spezialisten. Momentan leistet das Zentrum NADYA psychiatrische und psychologische Unterstützung in den territorialen SAR-Einheiten im Rahmen eines Projekts, finanziert vom Fonds "Asyl, Migration und Integration" ("Unterstützung des Prozesses der Anfangsanpassung der Asylsuchenden durch soziale Mediation, Bildungsaktivitäten, psychologische Hilfe und rechtliche Beratung") (VB 26.4.2016).

 

In Bulgarien besteht grundsätzlich die Möglichkeit, rezeptfreie Medikamente auch über das Internet zu erwerben (VB 26.4.2016).

 

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Schutzberechtigte

 

Anerkannte Flüchtlinge erhalten ein Identitätsdokument mit fünf Jahren Gültigkeit; subsidiär (oder humanitär) Schutzberechtigte ein solches mit drei Jahren Gültigkeit. Damit sind verschiedene Rechte verbunden. Anerkannte Flüchtlinge haben mit wenigen Ausnahmen dieselben Rechte wie bulgarische Staatsbürger, subsidiär Schutzberechtigte haben dieselben Rechte wie Inhaber eines permanenten Aufenthaltstitels. Nach den Jahren 2014 und 2015 wurde auch 2016 von NGOs als "zero integration year" bezeichnet, weil kein operatives National Programme for the Integration of Refugees (NPIR) beschlossen werden konnte. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2016 geschah dies, aber keine der 265 Gemeinden hat seither Geldmittel für den Integrationsprozess Schutzberechtigter beantragt, weswegen das NPIR von AIDA weiterhin nicht als operativ betrachtet wird (AIDA 2.2017). Die bulgarische Regierung hat Ende März 2017 die Bestimmungen zur NPIR wieder zurückgenommen, weil ihre Bestimmungen zu ungenau gewesen seien und zu sehr auf negative Einstellungen der Öffentlichkeit Rücksicht genommen habe (FRA 4.2017). Im April wurde eine leicht veränderte Version zur öffentlichen Konsultation vorgelegt (FRA 5.2017).

 

Generell können sich Schutzberechtigte frei in Bulgarien niederlassen. Das NPIR – wenn operativ– wäre an eine selbst gewählte Gemeinde gebunden. Schutzberechtigte haben auch ein Recht auf eine Wohnbeihilfe für sechs Monate. Da es aber derzeit keine funktionierende Integrationshilfe gibt, ist es den Schutzberechtigten erlaubt für sechs Monate ab Statuszuerkennung in der Asylwerberunterkunft zu bleiben„ solange die Platzverhältnisse dies zulassen. Ende 2016 waren 229 Schutzberechtigte in Asylwerberunterkünften untergebracht. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Schutzberechtigte automatisch und bedingungslos gegeben. Sprachbarriere und allgemeine sozioökonomische Lage sind übliche Probleme. Der Zugang zu Bildung ist für Schutzberechtigte genauso geregelt wie für Asylwerber (AIDA 2.2017).

 

Im Juni 2016 waren in bulgarischen Arbeitsämtern 61 Schutzstatusinhaber arbeitslos gemeldet. Elf von ihnen fanden Jobs und zehn kamen in Schulungsmaßnahmen (USDOS 3.3.2017).

 

Im Feber 2017 gab es eine eigens veranstaltete Berufsmesse für Flüchtlinge. 60 vorselektierte Kandidaten wurden in ihren Bemühungen eine Arbeit zu finden beraten (FRA 4.2017).

 

Vom ersten Tag nach Statuszuerkennung müssen Schutzberechtigte die Krankenversicherungsbeiträge, die bis dahin von SAR entrichtet worden sind, selbst bezahlen. Das sind mindestens BGN 18,40 (ca. EUR 9,40) monatlich für arbeitslos gemeldete Personen (AIDA 2.2017).

 

Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben laut SAR das gleiche Recht auf medizinische Versorgung wie die bulgarischen Staatsbürger. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die dringend psychologische oder psychiatrische Unterstützung brauchen, werden an ASET oder NADYA oder an das Zentrum für psychische Gesundheit "Prof. N. Shipkovenski" verwiesen. Von dem Hausarzt können sie zu einem Psychiater in einem diagnostisch-konsultativen Zentrum überwiesen werden (VB 26.4.2016).

 

Der typische Behandlungsweg eines Patienten in Bulgarien, abhängig von der Art der Versicherung (gesetzlich, privat), sieht theoretisch folgendermaßen aus: Der Patient geht zu seinem Hausarzt. Dessen Überweisung ist nötig, weil viele weitere Schritte nur dann von der Versicherung übernommen werden. Es kann ein Test in einem diagnostischen Labor folgen. Danach erfolgt entweder Behandlung zu Hause durch den Hausarzt oder stationäre Behandlung oder Weiterverweis an einen Spezialisten. Diese Spezialisten sind in diagnostisch-konsultativen Zentren (DCC) zu finden, das sind medizinische Zentren oder Gruppenpraxen. Einweisungen in Spitäler zu stationärer Behandlung können mit Wartezeiten verbunden sein. Ist die Behandlung beendet erfolgt die Entlassung oder Rehabilitation. Die Krankenversorgung in Bulgarien finanziert sich generell aus Krankenversicherungsbeiträgen, Steuern, Out-of-pocket-Zahlungen, freiwilligen Versicherungen, Arbeitgeberbeiträgen, usw. Über ein Paket an Leistungen der staatlichen Pflichtversicherung hinaus haben Bürger die Möglichkeit sich privat zu versichern, was aber kaum in Anspruch genommen wird. Out-of-pocket-Zahlungen (alles was beim Arztbesuch offiziell und inoffiziell aus eigener Tasche zu bezahlen ist) machten 2013 97,3% (WHO 2015) der privaten Gesundheitsausgaben aus. 2006 waren 47,1% aller Out-of-Pocket-Zahlungen in Bulgarien informelle Zahlungen an Gesundheitsdienstleister. Alle versicherten Personen haben Zugang zu Medikamenten, die ganz oder teilweise von der Krankenkasse bezahlt werden. Es existiert eine entsprechende Liste. Dazu gehören auch bestimmte Psychopharmaka (WHO 2012).

 

Etwa 1 Million Menschen in Bulgarien sind ohne angemessene Krankenversicherung, was ein großes soziales Problem darstellt. Sie haben nur in Notfällen Zugang zu medizinischer Versorgung. Viele von ihnen können sich die Krankenkassenbeiträge nicht leisten. Der bulgarische Ombudsmann hat betont, dass die psychiatrischen Spitäler des Landes spezielle Aufmerksamkeit erfordern (BS 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

In rechtlicher Hinsicht wurde in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien den Status subsidiär Schutzberechtigter erhalten haben und kein Grund bestehe, anzunehmen, dass die Beschwerdeführer Gefahr liefen, dort einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Recht ausgesetzt zu sein. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren, diese würden in Bulgarien keine Unterstützung bekommen, wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer in Bulgarien schutzberechtigt seien und den Feststellungen über die Versorgungssituation nicht entgegengetreten seien. Auch aus den vom Sechstbeschwerdeführer vorgelegten Fotos der Beschwerdeführer in einer bulgarischen Unterbringungseinrichtung könne nicht auf eine unzureichende Versorgung in Bulgarien geschlossen werden. Weiters sei der Sechstbeschwerdeführer auch während des Voraufenthaltes der Beschwerdeführer in Bulgarien in der Lage gewesen, für die Erstbeschwerdeführerin und die gemeinsamen Kinder mit Unterstützung durch den in Österreich lebenden Bruder der Erstbeschwerdeführerin zu sorgen, wie der Bruder der Erstbeschwerdeführerin bei seiner Einvernahme vor den BFA angegeben habe. Eine derartige finanzielle Unterstützung könne auch nach einer Rückkehr der Beschwerdeführer nach Bulgarien erfolgen. Im an die Erstbeschwerdeführerin ergangenen angefochtenen Bescheid wurden weiters disloziert im Abschnitt über die Beweiswürdigung folgende Feststellungen getroffen:

 

"Bei dringender Notwendigkeit haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte das Recht auf einmalige Sozialhilfe, wofür sie sich bei den Direktionen für Sozialhilfe beim Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik je nach Meldeadresse und ungeachtet des Krankenversicherungsstatus bewerben können. Die Sozialarbeiter der staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat helfen über das BRK bei der Organisation und Lieferung von kostenlosen Arzneimitteln für Bedürftige."

 

Die Behörde stellte fest, dass die Erstbeschwerdeführerin an einer Anpassungsstörung und der Sechstbeschwerdeführer an einer Anpassungsstörung, Zahnbeschwerden, rezidivierenden Hämoptysen, einer abgeflachten Lordose und an Arthrosezeichen am Großzehengrundgelenk leide sowie Probleme mit Wirbeln im Halsbereich habe. Weiters legte sie zu Grunde, dass beim Zweitbeschwerdeführer, Drittbeschwerdeführer und Viertbeschwerdeführer eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege.

 

Sie traf die Beurteilung, dass diese gesundheitlichen Beeimnträchtigungen keine schweren psychischen Störungen oder schweren oder ansteckende Krankheiten bilden und dass die Beschwerdeführer Zugang zu Gesundheitsversorgung im Herkunftsstaat hätten.

 

Die familiären Beziehungen der Beschwerdeführer zu den in Österreich niedergelassenen Familienangehörigen der Erstbeschwerdeführerin würden bei Fehlen eines gemeinsamen Haushaltes oder sonstiger Anzeichen von Abhängigkeit nicht in einer Weise ausgeprägt sein, die einen Eingriff im Hinblick auf Art. 8 EMRK unzulässig erscheinen lasse.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 seien nicht gegeben und es würden angesichts der Kürze ihres Aufenthaltes keine sonstigen Hinderungsgründe gegen die Anordnung zur Außerlandesbringung vorliegen.

 

Die Bescheide wurden den Beschwerdeführern am 12.12.2017 zugestellt.

 

3. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden durch Schriftsatz des Rechtsvertreters vom 08.01.2018 erhobenen Beschwerden, in welchen im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass sich im vorliegenden Fall die Tatsachengrundlagen der seinerzeitigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2016 nicht geändert hätten, außer dass die Integration der Beschwerdeführer weiter fortgeschritten sei. Die Feststellungen der Behörde zu einem Gutachten einer namentlich bezeichneten Fachärztin seien nicht nachvollziehbar, da tatsächlich das Gutachten eines anderen namentlich genannten Facharztes zum Nachweis einer posttraumatischen Belastungsstörung vorgelegt worden sei. Die Überstellung der Beschwerdeführer, insbesondere der minderjährigen Beschwerdeführer sei unzulässig, da eine Rückstellung nach Bulgarien zu einer Retraumatisierung führen könne. Deshalb werde die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen auf dem Gebiet der Kinderpsychiatrie zum Beweis dafür beantragt, dass im Falle einer Rückstellung von einer schwerwiegenden Retraumatisierung auszugehen sei.

 

Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Behörde zur Annahme komme, es würden keine familiären Beziehungen zu den asylberechtigten Familienangehörigen der Erstbeschwerdeführerin bestehen. Dazu habe der Rechtsberater der Beschwerdeführer auch Beweisanträge gestellt, wobei die Beweisaufnahme begründungslos unterblieben sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Erkenntnis vom 08.09.2016 im Falle einer Überstellung nach Bulgarien eine Verletzung des Art. 8 EMRK konstatiert. Durch die Einreise des Sechstbeschwerdeführer habe sich am Familiengefüge im Bundesgebiet keine entscheidende Veränderung ergeben.

 

Festgehalten werde, dass den Beschwerdeführern Länderfeststellungen zu Polen zur Stellungnahme vorgelegt wurden, worin ein relevanter Verfahrensmangel zu sehen sei.

 

Aus der Beschwerde angeschlossenen Berichten sei ersichtlich, dass asylwerbende Familien mit Kindern in Bulgarien Verletzungen des Art. 3 EMRK zu befürchten hätten. Drei der minderjährigen Beschwerdeführer würden dringend eine engmaschige medizinische Behandlung brauchen. Es sei der Subsidiärschutz bei allen Beschwerdeführern in Bulgarien abgelaufen. Die 2014 vorhandene Wohnmöglichkeit in Bulgarien bestehe nicht mehr und seien auch keine sonstigen Kontakte vorhanden.

 

Es wurde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung unter Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen anzuberaumen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der Beschwerde wurde weiters ein psychologischer Befund betreffend den Zweitbeschwerdeführer vorgelegt, wonach bei diesem eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege, weiters ein Schreiben einer Psychotherapeutin vom 07.01.2008, wonach der Drittbeschwerdeführer einer regelmäßigen psychotherapeutischen Traumabehandlung bedarf, und ein Schreiben einer weiteren Psychotherapeutin betreffend den Zweitbeschwerdeführer, wonach dieser an einer posttraumatischen Belastungsstörung, Kopfschmerzen und Reizdarmsymptomatik, nicht organischer Insomnie und Panikstörungen leide.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Die Erstbeschwerdeführerin, eine syrische Staatsangehörige reiste im Sommer 2015 aus der Türkei legal auf Grund eines Visums zur Familienzusammenführung zu ihrem dort seit März 2014 subsidiär schutzberechtigten Ehemann, dem Sechstbeschwerdeführer, nach Bulgarien und stellte dort am 09.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. In Bulgarien wurde danach ihr Sohn, der Fünftbeschwerdeführer geboren. Die weiteren minderjährigen Söhne der Erstbeschwerdeführerin, der Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer erhielten, da sie über keine Reisedokumente verfügten, keine entsprechenden bulgarischen Visa zur Familienzusammenführung und sie verblieben vorerst in der Türkei, wo sie zunächst vom dorthin gereisten Ehemann der Erstbeschwerdeführerin, dem Sechstbeschwerdeführer, betreut und am 27.09.2015 in Begleitung eines Schleppers nach Bulgarien geschickt wurden. Sie wurden nach dem illegalen Grenzübertritt mit dem Schlepper festgenommen und auf Sicherheitsdienststellen und dann in einem Lager für Asylwerber angehalten. Die Erstbeschwerdeführerin wurde von der bulgarischen Polizei verständigt und konnte die angehaltenen Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer einmal in der Dauer von 15 Minuten besuchen. Am 01.10.2015 wurden der Zweit-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer der Erstbeschwerdeführerin und ihrem wieder aus der Türkei nach Bulgarien gereisten Sechstbeschwerdeführer in einem Asyllager übergeben.

 

Im Oktober 2015 reisten die Erstbeschwerdeführerin sowie der Zweit-, Dritt- Viert- und der Fünftbeschwerdeführer mit Schlepperunterstützung nach Österreich und stellten am 15.10.2015 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz. Ihnen wurde in Bulgarien mit Entscheidung vom 28.10.2015 der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

 

In einem Konsultationsverfahren lehnten die bulgarischen Behörden zunächst eine Wiederaufnahme der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder auf Grundlage der Dublin III-VO ab und stimmten in weiterer Folge mit Schreiben vom 25.02.2016 der Übernahme der Beschwerdeführer zu.

 

Die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder haben in Österreich nach ihrer Einreise zunächst bei einem Bruder der Erstbeschwerdeführerin, der österreichischer Staatsbürger ist, gelebt und wurden von diesem unterstützt. Ab Ende Dezember 2015 haben die Beschwerdeführer Leistungen aus dem Grundversorgungssystem erhalten. Die Beschwerdeführer haben seit Juli 2016 eine von einer Betreuungsorganisation zur Verfügung gestellte Unterkunft in unmittelbarer Nähe zur Wohnung des genannten Bruders der Erstbeschwerdeführerin. Es bestand eine sehr intensiv ausgeprägte familiäre Nahebeziehung zwischen den genannten Beschwerdeführern und dem genannten Bruder der Erstbeschwerdeführerin, die hinsichtlich ihrer Intensität weiter stärker als die übliche familiäre Bindung zwischen erwachsenen Geschwistern bzw. Neffen und einem Onkel ausgeprägt war. Dies war einerseits darauf zurückzuführen, dass die Erstbeschwerdeführerin und ihre Kinder von ihrem Ehemann bzw. Vater getrennt waren und andererseits der genannte Bruder der Erstbeschwerdeführerin eine vollumfängliche Betreuung und Versorgung der Beschwerdeführer nach ihrer Einreise nach Österreich unternommen hat, bis diese erst über zwei Monate später auch Leistungen des österreichischen Grundversorgungssystem erhalten haben.

 

Es leben auch die Eltern und weiteren Geschwister der Erstbeschwerdeführerin als Asylberechtigte in Österreich.

 

Im Mai 2017 reiste der Sechstbeschwerdeführer illegal nach Österreich und stellte den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz. Die bulgarischen Behörden teilten zu einem österreichischen Aufnahmegesuch auf Grundlage der Dublin III-Verordnung mit Nachricht vom 12.07.2017 mit, dass eine Überstellung auf dieser Grundlage nicht erfolgen könne, da der Sechstbeschwerdeführer in Bulgarien subsidiär berechtigt sei. Eine Überstellung könne auf der Grundlage des bilateralen Übernahmeabkommens erfolgen.

 

Der Sechstbeschwerdeführer lebt seit seiner Einreise mit seiner Ehegattin und seine Kindern im gemeinsamen Haushalt. Damit hat sich die familiäre Situation der Beschwerdeführer gegenüber jener zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2016 im ersten Rechtsgang grundlegend verändert. Die Beschwerdeführer leben mit keiner der Verwandten der Erstbeschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt. Sie stehen in laufendem Kontakt, führen regelmäßige Besuche durch und es erfolgt eine finanzielle Unterstützung der Beschwerdeführer durch die Verwandten der Erstbeschwerdeführerin.

 

Bei der Erstbeschwerdeführerin liegt eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch eine Anpassungsstörung vor, beim Zweit-, Dritt-, und Viertbeschwerdeführer eine posttraumatische Belastungsstörung, die unter anderem auch durch Erlebnisse während der Freiheitsentziehung seitens der bulgarischen Behörden Ende September 2015 ausgelöst wurde. Es wird der Beurteilung zu Grunde gelegt, dass beim Sechstbeschwerdeführer neben den bereits von der Behörde festgestellten gesundheitliche Beeinträchtigung durch eine Anpassungsstörung, Zahnbeschwerden, rezidivierenden Hämoptysen, einer abgeflachten Lordose, Arthrosezeichen am Großzehengrundgelenk sowie Problemen mit Wirbeln im Halsbereich eine reaktive Depression mit Angstattacken vorliegt, wobei eine medikamentöse Behandlung sowie psychotherapeutische Begleitung empfohlen wurde.

 

Diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind nicht äußerst schwerwiegend oder gar lebensbedrohend.

 

Zur Lage im Mitgliedstaat Bulgarien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den Feststellungen der angefochtenen Bescheide an.

 

Die Beschwerdeführer haben in Bulgarien als subsidiär Schutzberechtigte Anspruch auf die selben medizinischen Versorgungsleistungen wie bulgarische Staatsangehörige.

 

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die festgestellten Tatsachen über die Einreise der Beschwerdeführer und den ihnen in Bulgarien zukommenden Status ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführer, aus den Mitteilungen der bulgarischen Behören und aus dem vorgelegten Schreiben der UNHCR-Vertretung in Bulgarien vom 19.06.2015. Die Beschwerdebehauptung, der Status der Beschwerdeführer als subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien sei abgelaufen, ist weder begründet noch belegt worde und es kann ihr daher nicht gefolgt werden.

 

Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus deren Angaben im Verfahren, vorgelegtenBelegen sowie aus Auskünften aus dem zentralen Melderegister und dem Betreuungsinformationssystem.Diese Situation hat sich seit der illegalen Einreise des Sechstbeschwerdeführers dadurch grundlegend verändert, dass nunmehr die zuvor bestandene Trennung der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder von ihren Ehemann bzw. Vater beendet ist. Damit liegt auch das in der Entscheiddung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2016 im ersten Rechtsgang festgestellte besonders intensiv ausgeprägte familiäre Naheverhältnis der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder zum Bruder der Erstbeschwerdeführerin nicht mehr vor, da nunmehr der Sechstbeschwerdeführer seiner Beistands- und Unterhaltsverpflichtung nachkommen kann.

 

Da die in der Eingabe des Rechtsberaters der Beschwerdeführer um das BFA vom 10.10.2017 dargestellte Art der familiären Nahebeziehung der Beschwerdeführer zu den Verwandten der Erstbeschwerdeführerin zugrundegelegt worden ist, war es im Verfahren auch nicht erforderlich, diese Verwandten der Erstbeschwerdeführerin als Zeugen einzuvernehmen.

 

Die Feststellungen über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführer beruhen auf den vorgelegten Schreiben von Ärzten, Psychologen und Therapeuten.

 

Da die in vorgelegten Schreiben von Ärzten und Psychologen angesprochenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer in der vorliegenden Entscheidung zu Grunde gelegt worden sind, war es nicht erforderlich, die in der Beschwerde beantragte Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen auf dem Gebiet der Kinderpsychiatrie durchzuführen.

 

Fallbezogen haben sich weder aus den gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren noch aus von den Beschwerdeführern vorgelegten Schreiben vom Ärzten, Psychologen und Therapeuten konkrete Hinweise auf eine Suizidalität der Beschwerdeführer ergeben. Dies wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet, weshalb eine weitere Untersuchung des Sechstbeschwerdeführers nicht erforderlich ist. Unabhängig davon weren geeignete Vorkehrungen durch die zuständigen Behörden im Rahmen der allfälligen Durchführung der Überstellung gesetzt.

 

Der Umstand, dass in den angefochtenen Bescheiden der Name des Urhebers eines vorgelegten Arztschreibens unrichtig bezeichnet und die Untersuchungsmethodik daher nicht nachvollziehbar kritisiert wurde, bildet keinen relevanten Verfahrensmangel, da der Inhalt des Arztschreibens dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurde.

 

Die festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer weisen nicht eine solche Schwere auf, dass die Überstellung der Beschwerdeführer nach Bulgarien das Risiko einer unmenschlichen Behandlung verwirklichen könne. Dies ergibt sich im Hinblick auf die bei der Erstbeschwerdeführerin festgestellte Anpassungsstörung bereits dadurch, dass gemäß der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 01.09.2017 im Hinblick auf die vorliegende Anpassungsstörung eine Einnahme der verorteten Medikamente ratsam, wenngleich auch nicht zwingend erforderlich sei. Die beim Sechstbeschwerdeführer festgestellten Zahnbeschwerden, rezidivierenden Hämoptysen, abgeflachte Lordose und Arthrosezeichen am Großzehengrundgelenk sind schon ihrer Art nach nicht als schwerwiegend anzusehen und es wurde auch die gemäß der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 02.09.2017 vorliegende Anpassungsstörung als nicht behandlungsbedürftig beurteilt. Auch die nach dem vorgelegten Schreiben eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 26.09.2017 vorliegende reaktive Depression mit Angstattacken bedürfe einer bloß medikamentösen Therapie sowie psychotherapeutischer Begleitung, zu welcher der Sechstbeschwerdeführer in Bulgarien ebenso Zugang hat wie bulgarische Staatsangehörige.

 

Dies gilt auch für die bei den drei ältesten Kinder der Erstbeschwerdeführerin und des Sechstbeschwerdeführer festgestellte posttraumatische Belastungsstörung. Zu der im Verfahren wiederholt angesprochenen Gefahr einer Retraumatisierung dieser Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Bulgarien ist festzuhalten, dass eine derartige Überstellung gemeinsam mit den Eltern der Kinder und in geordneter Weise an die bulgarischen Behörden erfolgen würde. Diese Situation unterscheidet sich grundlegend von der als wesentlich für das Entstehen der Traumata beschriebenen freiheitsentziehenden Anhaltung der drei ältesten Kinder der Erstbeschwerdeführerin nach ihrer illegalen Einreise nach Bulgarien im Herbst 2015. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang allerdings auch, dass neben der offenkundig bestandenen Überforderung bulgarischer Behörden, eine dem Alter der Kinder entsprechende Behandlung und Unterbringung nach deren illegalen Grenzübertritt sicherzustellen, auch die Vorgangsweise des Sechstbeschwerdeführer, der seine Kinder ohne Begleitung einem Schlepper zur Vornahme der illegalen Einreise nach Bulgarien anvertraut hatte, einen funktionalen Beitrag zur Traumatisierung geleistet hat. Derartige Umstände der Trennung von den Eltern und die mit der Behandlung als illegale Grenzgänger verbundenen Eingriffe würden im Falle einer Überstellung der Beschwerdeführer nach Bulgarien nicht vorliegen.

 

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach den nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide subsidiär Schutzberechtigte, die dringend psychologische und psychiatrische Unterstützung brauchen, durch näher genannte Organisationen, die mit der bulgarischen Asylbehörde zusammenarbeiten, betreut werden, die psychologische Beratung, Psychotherapie, psychiatrische Behandlung, Sozialberatung und Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen anbieten. Den Feststellungen ist ebenfalls zu entnehmen, dass in Bulgarien auch Personen ohne angemessene Krankenversicherung in Notfällen Zugang zu medizinischer Versorgung haben.

 

Die Feststellungen über die Lage in Bulgarien ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid. Die Beschwerde ist diesen Feststellungen nicht auf entsprechendem fachlichen Niveau entgegengetreten.

 

Es trifft zwar zu, dass in der Niederschrift über die Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin am 21.09.2017 missverständlich offenkundig wegen der Verwendung eines nicht vollständig angepassten Textbausteins festgehalten wurde, der Erstbeschwerdeführerin sei zu Feststellungen über die Lage in Polen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden, jedoch begründet dieser Umstand keinen relevanten Verfahrenmangel. Die Erstbeschwerdeführerin hat in ihrer Stellungnahme ausdrücklich die Situation in Bulgarien angesprochen; dies läßt erkennen, dass es sich um einen bloßen Fehler der Protokollierung handelt und kein Missverständnis bei der Erstbeschwerdeführerin ausgelöst wurde. Im Übrigen ist auch die Beschwerde den Feststellungen der angefochtenen Bescheide über die Lage in Bulgarien nicht entgegengetreten.

 

Entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführer im Verfahren und in der Beschwerde sind die Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Bulgarien nicht der Gefahr ausgesetzt, dort keine Lebensgrundlage vorfinden zu können. Wie bereits die Behörde festgestellt hat, war es den Beschwerdeführer während ihres Voraufenthaltes in Bulgarien möglich, durch erfolgte eigene Erwerbstätigkeit des Sechstbeschwerdeführers und mit Unterstützung durch die in Österreich lebenden Verwandten der Erstbeschwerdeführerin ihren Unterhalt zu bestreiten. Dies ergibt sich insbesondere aus den Angaben des Bruders der Erstbeschwerdeführerin anlässlich seiner Einvernahme vor dem BFA am 26.11.2015, wonach der Bruder selbst Kosten für eine Mietwohnung der Beschwerdeführer getragen habe und der Sechstbeschwerdeführer in Bulgarien selbstständig gewesen sei bzw. "schwarz" gearbeitet habe. Auch Aussagen des Sechstbeschwerdeführer im Verfahren, dass er in Bulgarien während einer Anhaltung in Haft Kosten für seine Verpflegung habe bestreiten müssen, lässt erkennen, dass der Beschwerdeführer in diesem Staat über eigene finanzielle Mittel verfügt hat. Weiters hat die Beschwerde keine Hinderungsgründe dafür aufgezeigt, dass die Beschwerdeführer wie bei ihrem Voraufenthalt in Bulgarien materielle Unterstützung durch die in Österreich niedergelassenen Verwandten der Erstbeschwerdeführerin erhalten und erforderlichenfalls Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

 

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lauten:

 

"§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.

 

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

"

 

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

 

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautet:

 

"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

 

.

 

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

 

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

 

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

 

3.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.

 

Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH Ra 2016/19/0072. 30.06.2016 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016).

 

3.1.3. Im vorliegenden Fall kommt somit eine Anwendung von Art. 16 und Art. 17 der Dublin III-VO nicht in Betracht. Eine Prüfung der Zulässigkeit der Zurückweisung der Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 im Hinblick auf etwaige dadurch bewirkte unzulässige Eingriffe in die durch Art. 8 MRK geschützte Rechtsposition der Beschwerdeführer ist auch nicht durch eine dem § 4 Abs. 4 AsylG 2005 entsprechende ausdrückliche Bestimmung vorgesehen. Es wird im vorliegenden Fall der bei Filzwieser/Frank/Koibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, Wien-Graz 2016, K2. zu § 61 FPG vertretenen Auffassung gefolgt, dass eine solche Prüfung in einem Fall wie dem vorliegenden bereits analog zu § 4 Abs. 4 AsylG 2005 im Rahmen der Unzuständigkeitsentscheidung zu erfolgen hat, während nur in den in § 61 Abs. 1 Z 2 FPG angesprochenen Fällen vor Erlassung einer Anordnung nach § 61 FPG eine gesonderte Prüfung nach § 9 BFA-VG durchzuführen ist.

 

3.2.1 Zur Frage der Unzulässigkeit des gegenständlichen Asylantrages ist davon auszugehen, dass das BFA zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat, da den Beschwerdeführern in Bulgarien der Status von subsidiär Schutzberechtigten zukommt.

 

3.2.2. Die Beschwerdeführer befinden sich erst seit Oktober 2015, der Sechstbeschwerdeführer erst seit Mai 2017 im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

3.3.1. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:

 

Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).

 

Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).

 

Wie im angefochtenen Bescheid ausführlich und unter Heranziehung zahlreicher aktueller Berichte dargelegt wurde, gewährleistet Bulgarien grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge. Anerkannte Flüchtlinge haben die gleichen Rechte wie bulgarische Staatsbürger. Sie haben u.a. gleichen Zugang zum Arbeitsmarkt, Anspruch auf Sozialhilfe und erhalten eine Krankenversicherung. Auch gibt es bei der Wohnungssuche Hilfestellungen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen. Nach den Länderberichten zu Bulgarien kann letztlich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Bulgarien konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden. Den Beschwerdeführern selbst war es bei ihrem Voraufenthalt in Bulgarien nach Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten und der für sie erfolgten Ausstellung von Dokumenten möglich, mit Unterstützung durch in Österreich lebende Verwandte und eigerner Erwerbstätigkeit des Sechstbeschwerdeführers ihre Lebensgrundlage zu sichern. Daraus ist ersichtlich, dass die Beschwerdeführer über entsprechende finanzielle Mittel verfügt haben und in Bulgarien nicht von einer aussichtslosen Lebenssituation bedroht waren. Es ist den Beschwerdeführern zuzumuten, nach einer Rücküberstellungen die in den Länderberichten angesprochenen Schwierigkeiten beim Zugang zu staatlichen Versorgungsleistungen zu überwinden bzw. erforderlichenfalls auch auf die nach den Feststellungen bestehenden Hilfsangebote von Nichtregierungsorganisationen zurückzugreifen.

 

Die Beschwerdeführer machen zwar eine mangelhafte Situation im Hinblick auf die Versorgung von Asylsuchenden und die Durchführung von Asylverfahren in Bulgarien sowie die Lebensumstände von Schutzberechtigten geltend, doch ist darauf hinzuweisen, dass nach der UNHCR-Empfehlung vom April 2014 eine Verbesserung der Situation von Flüchtlingen in Bulgarien eingetreten ist und die in den Berichten von UNHCR vom Jänner und Februar 2014 empfohlene Aussetzung von Rückführungen nach Bulgarien nicht aufrechterhalten wurde. Vielmehr sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen. Diese Beurteilung hat UNHCR auch angesichts der in einer Anfragebeantwortung vom Juni 2015 auch kritisch angesprochenen Mängel des bulgarischen Asylsystems aufrecht erhalten und keine generelle Empfehlung zur Abstandnahme von Überstellungen nach Bulgarien abgegeben. Daraus ist ersichtlich, dass die in den Länderfeststellungen der angefochtenen Entscheidungen durchaus angesprochenen Probleme von Schutzberechtigten in Bulgarien beim Zugang zu Versorgungsleistungen nicht ein solches Ausmaß erreichen, dass einer realen Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsposition entsprechen würde.

 

Hinsichtlich des Vorbringens, die Antragsteller seien von bulgarischen Polizisten geschlagen worden, ist festzuhalten, dass ein derartiges Ereignis, zwar eines von vielen Indizien für die Behandlung von Asylwerbern sein könnte, aber keinen (alleinigen) Rückschluss darauf zulässt, dass den Beschwerdeführern bei Rückstellung nach Bulgarien Gleiches widerfahren würde. Entscheidend ist vielmehr eine prognostische Beurteilung der Verhältnisse im Aufnahmestaat (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0113-0120). Diesbezüglich liegt kein ausreichend konkreter Anhaltspunkt dafür vor, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Überstellung nach Bulgarien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmenschliche Behandlung drohen würde, zumal eine solche Überstellung in Zusammenarbeit der Behörden organisiert erfolgt und dier Beschwerdeführer daher nicht Gefahr laufen, auf Grenzorgane zu stoßen, welche aufgrund des gleichzeitigen Eintreffens einer unerwartet hohen Anzahl von illegalen Grenzgängern bei ihren Amtshandlungen überfordert sind. Derartige Erlebnisse der Beschwerdeführer in der Vergangenheit können zwar ein Indiz für die Behandlung von Asylwerbern im zuständigen Mitgliedstaat sein, lassen aber keinen alleinigen Rückschluss darauf zu, dass dem Beschwerdeführerbei einer Rücküberstellung dorthin Gleiches widerfahren werde (VwGH 25.07.2016, Ra 2016/18/0131). Es besteht weiters kein Grund, an der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der bulgarischen Sicherheitskräfte bzw. ihrem Bestreben nach einem rechtskonformen Handeln zu zweifeln. Jedenfalls hätten die Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige ihm drohende oder eingetretene Verletzungen seiner Rechte, beispielsweise durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Bulgarien und letztlich beim EGMR geltend zu machen.

 

Der im Verfahren mehrfach geäußerte Vorwurf der Beschwerdeführer, der bulgarische Staat würde sie nicht akzeptieren, ist vor dem Hintergrund tatsächlicher Ereignisse nicht nachvollziehbar. So hat sich aus dem im Verfahren vorgelegten Schreiben eines Vertreters von UNHCR in Bulgarien an das bulgarische Außenministerium vom 19.06.2015 ergeben, dass die bulgarischen Behörden eine positive Entscheidung über eine Familienzusammenführung der Ehegattin und der Kinder des Beschwerdeführers mit dem in Bulgarien bereits subsidiär schutzberechtigten Sechstbeschwerdeführer getroffen hatten. Der Umstand, dass es nicht zur legalen Einreise dieser Beschwerdeführer nach Bulgarien gekommen ist, ist nicht auf eine entsprechende ablehnende Haltung der bulgarischen Behörden zurückzuführen, sondern auf den Umstand, dass die Kinder der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt über keine gültigen Reisedokumente verfügt haben.

 

Auch der von der Erstbeschwerdeführerin geäußerte Vorwurf, im Bulgarien keinen Zugang zu medizinischer Behandlung zu haben, ist angesichts des Umstandes, dass die Erstbeschwerdeführerin nach eigener Darstellung den Fünftbeschwerdeführer in einem öffentlichen Krankenhaus in Bulgarien zur Welt gebracht hat, unzutreffend.

 

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken habe im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leide oder selbstmordgefährdet sei. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, sei unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gebe. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union werde auch zu berücksichtigen sein, dass dieser zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet sei. Gemäß Art. 15 dieser Richtlinie hätten die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst bzw. dass Asylwerber mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR 22.06.2010, 50068/08, Al-Zawatia; EGMR Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N./Vereinigtes Königreich, Rn. 42ff; EGMR 03.05.2007, 31246/06, Goncharova & Alekseytsev; 07.11.2006, 4701/05, Ayegh; 04.07.2006, 24171/05, Karim; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy; VfGH 21.09.2009, U 591/09; 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 31.03.2010, 2008/01/0312; 23.09.2009, 2007/01/0515).

 

Fallbezogen weisen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer keine derartige Schwere und kein solches außergewöhnliches Ausmaß an Leidenszuständen auf, wie es in der Rechtsprechung des EGMR für das Vorliegen eines Abschiebehindernisses nach Art. 3 EMRK gefordert wird, zumal die Beschwerdeführer in Österreich keine stationäre Krankenbehandlung in Anspruch nehmen mussten und in Bulgarien erforderlichenfalls Zugang zu medizinischer Versorgung haben.

 

Der EGMR hat im Urteil A.S. v. Switzerland, no. 39350/13, 30 June 2015 seine ständige Rechtsprechung bestätigt, das sein Staat nicht verpflichtet ist, von der Durchsetzung einer Ausweisung Abstand zu nehmen, wenn die betroffene Person Selbstmord angekündigt hat, sofern konkrete Vorkehrungen zur Verhinderung dieser Drohung getroffen werden (mit Hinweis auf Dragan and Others v. Germany (dec.), no. 33743/03, 7 October 2004; Karim v. Sweden (dec.), no. 24171/05, 4 July 2006; und Kochieva and Others v. Sweden (dec.), no. 75203/12, 30 April 2013), wobei dies auch gilt, wenn Antragsteller bereits zuvor Selbstmordversuche unternommen haben (Goncharova and Alekseytsev v. Sweden (dec.), no 31246/06, 3 May 2007; and A.A. v. Sweden (dec.), no. 8594/04, § 71, 2 September 2008).

 

Derartige konkrete Vorkehrungen werden in Österreich getroffen, da die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

 

Insgesamt gesehen handelt es sich in den vorliegenden Fällen nach dem Maßstab der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte um keinen "ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die humanitären Gründe gegen die Rückführung zwingend sind" ("a very exceptional case, where the humanitarian grounds against the removal are compelling"), fehlt es doch an sämtlichen dafür maßgeblichen Kriterien: Denn im Fall D./Vereinigtes Königreich (EGMR 02.05.1997, 30240/96) lagen die ganz außergewöhnlichen Umstände darin, dass sich der Beschwerdeführer erstens in der Endphase einer tödlichen Erkrankung befand, zweitens für ihn im Herkunftsstaat keine Krankenbehandlung und -pflege verfügbar war und drittens mangels Angehöriger seine Grundbedürfnisse nicht gesichert waren.

 

3.3.2. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC wurde erwogen:

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt. Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden. Das Auflösen einer Hausgemeinschaft von Eltern und volljährigen Kindern alleine führt jedenfalls nicht zur Beendigung dieses Familienlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, solange nicht jede Bindung gelöst ist (24.04.1996, 22070/93, Boughanemi/Frankreich). Für das Bestehen eines Familienlebens zwischen Eltern und Kindern kommt es nicht darauf an, dass ein qualifiziertes und hinreichend stark ausgeprägtes Naheverhältnis vorliegt, sondern darauf, ob jede Verbindung gelöst wurde.

 

Im vorliegenden Fall bildet die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK der beschwerdeführenden Parteien vor, da die gesamte Kernfamilie von der Außerlandesbringung betroffen ist.

 

Die familiäe Bindung der Erstbeschwerdeführerin zu ihren in Österreich niedergelassenen Elter und Geschwistern weist seit der Eheschließung der Erstbeschwerdeführerin eine eher geringe Intensität auf, da ihre familiären Beziehungen seither primär auf den Ehegatten und die gemeinsamen Kinder ausgerichtet sind. Diese eingetretene geringe Intensität wurde zwischenweilig während der Trennung der Erstbeschwerdeführerin vom Sechstbeschwerdeführer zwischen ihrer illelalen Einreise nach Österreich mit ihren Kindern im Oktober 2015 und der illegalen Einreise des Sechstbeschwerdeführers im Mai 2017 zwar durch die danach aufgenommene besonders intensive Beziehung zu ihrem sie unterstützenden Bruder ersetzt, ist aber seit der Anwesenheit ihres Ehegatten in Österreich wieder eingetreten.

 

Die familiäre Beziehung der Beschwerdeführer zu den im Österreich niedergelassenen Verwandten der Erstbeschwerdeführerin weist nicht eine solche Intensität auf, die eine Außerlandesbringung als unzulässig erscheinen lassen würde. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführer - abgesehen von einigen Monaten nach der illegalen Einreise der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder - nicht mit diesen Verwandten im gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Es hat zwar zweifellos eine laufende materielle und emotionale Unterstützung der Beschwerdeführer durch diese Verwandten in Österreich stattgefunden, diese haben jedoch im Österreich Zugang zu Versorgungsleistungen für Asylwerber und werden in Bulgarien Zugang zu Versorgungsleistungen für subsidiär Schutzberechtigte und zum Arbeitsmarkt haben. Ein Abhängigkeitsverhältnis war daher zu keinem Zeitpunkt gegeben. Weiters ist es den Beschwerdeführern und auch den in Österreich niedergelassenen Verwandten der Erstbeschwerdeführerin zumutbar, ihre familiäre Beziehung auch während des Aufenthaltes der Beschwerdeführer in Bulgarien durch Kontakte über elektronische und soziale Medien sowie durch Besuchsaufenthalte aufrecht zu erhalten, wie dies offenkundig auch vor der illegalen Einreise der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder nach Österreich geschehen ist. Weiters besteht für die in Österreich niedergelassenen Verwandten der Erstbeschwerdeführerin ebenso die Möglichkeit die Beschwerdeführer in Bulgarien materiell zu unterstützen.

 

Eine Unzulässigkeit der Überstellung der Beschwerdeführer nach Bulgarien ergibt sich auch nicht aus den Umstand, dass es sich beim Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer um Kleinkinder handelt, und des Zweit- und der Drittbeschwerdeführer auf Grund ihres Schulbesuchs und des Erwerbes von Sprachkenntnissen Interessen am weiteren Aufenthalt haben. Es erfolgt die Überstellung gemeinsam mit den Eltern und es befinden sich die minderjährigen Beschwerdeführer in einem anpassungsfähigen Alter.

 

Der durch die Anordnung der Außerlandesbringung der beschwerdeführenden Partei aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu deren Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.

 

Die gegenständliche aufenthaltsbeendende Maßnahme stützt sich unbestrittenermaßen auf eine gesetzliche Bestimmung und sie verfolgt Ziele, die mit der EMRK in Einklang stehen, nämlich insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes.

 

Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von lediglich über zwei Jahre und vier Monate bzw im Falle des Sechstbeschwerdeführers nur acht Monate war nur ein vorläufig berechtigter. Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

 

Die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.Denn die beschwerdeführenden Parteien verbrachten den Großteil des Lebens im Herkunftsstaat bzw in Bulgarien und reisten erst im Oktober 2015 bzw. Maai 2017 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Sie verfügten zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich, sondern stützten den Aufenthalt vielmehr von Anfang an nur auf einen unzulässigen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012; 18.10.2012, 2010/22/0130).

 

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, die einen Aufenthaltstitel erlangen wollen, etwa auch zwecks Familienzusammenführung. Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).

 

Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-Verordnung wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wenn aber ein Drittstaatsangehöriger bereits in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz, also entweder Asyl oder subsidiären Schutz, erhalten hat, dann kann ein neuerlicher Asylantrag dieser Person in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU als unzulässig zurückgewiesen werden. Daher stellt die rechtswidrige Weiterreise der beschwerdeführenden Partei innerhalb der Union zwecks Einbringung eines weiteren Asylantrages gerade jenes Verhalten dar, das durch die Rechtsvorschriften des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems verhindert werden soll, um eine zügige Bearbeitung der zahlreichen jährlich gestellten Asylanträge in den 28 Mitgliedstaaten der Union zu ermöglichen.

 

Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 22.01.2013, 2011/18/0012).

 

Im vorliegenden Fall ergaben sich keine Hinweise auf eine bereits fortgeschrittene Integration der beschwerdeführenden Parteien in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer. Ein Beschäftigungsverhältnis wurden nicht nachgewiesen. Den von den minderjährigen Beschwerdeführern im Zuge des Schulbesuchs erworbenen Deutschkenntnissen kommt keine wesentliche Bedeutung zu. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der beschwerdeführenden Partei hat im Rahmen der Interessenabwägung weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung des die aufenthaltsbeendende Maßnahme gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge (VwGH 14.03.2000, 98/18/0412).

 

3.4. Gemäß § 21 Abs. 6a und Abs. 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

 

3.5. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der erfolgten Sachentscheidung entfallen.

 

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, welche sich bereits aus den umfassenden und aktuellen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ergab, weiters im Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Parteien sowie in der Bewertung der Intensität ihrer privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.

 

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

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