BVwG G314 2158608-1

BVwGG314 2158608-129.12.2017

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:G314.2158608.1.00

 

Spruch:

G314 2158608-1/8E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2017, Zahl: XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene

Bescheid dahin abgeändert, dass Spruchpunkt IV. zu lauten hat:

 

"Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen."

 

B) Die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer (BF) wurde zuletzt mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2016, XXXX, wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.

 

Mit Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 25.08.2016 wurde er aufgefordert, zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 13.09.2016 erklärte der BF, er sei keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, und beantragte die Einstellung des Verfahrens. Mit Eingabe vom 24.10.2016 legte er seine Heiratsurkunde vor.

 

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Dies wurde zusammengefasst mit den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF begründet, der falsche Identitäten benutzt habe, um sich Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen und Leistungen der Sozialversicherung zu beziehen. 2013 sei er nach dem Vollzug einer Haftstrafe untergetaucht. Er sei zwar seit XXXX mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, musste sich aber zur Zeit der Eheschließung seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein.

 

Dagegen richtet sich die Beschwerde des BF mit den Anträgen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu auszusprechen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei, und ihm einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen, in eventu, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache an das BFA zurückzuverweisen.

 

Der BF begründet die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass die Rückkehrentscheidung unzulässig sei, weil er zunächst die über ihn verhängte Freiheitsstrafe verbüßen müsse. Eine Mitversicherung bei seiner in Österreich erwerbstätigen Ehefrau sei möglich, sodass eine Krankenversicherung vorhanden sei. Er habe aufgrund seiner Ehe mit einer Österreicherin einen Aufenthaltstitel beantragt. Nach dessen Erteilung habe er einen Arbeitsplatz als Reinigungskraft in Aussicht und werde keine strafbaren Handlungen mehr begehen, weil er nur deshalb besonders geschützte Urkunden gefälscht habe, um in Österreich arbeiten zu können. Er stelle daher keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Er habe die Ehe nicht geschlossen, um Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erhalten.

 

Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 23.05.2017 einlangten.

 

Bei der Beschwerdeverhandlung am 03.07.2017 wurden der BF und die Zeugin XXXX vernommen. Am 04.07.2017 beantragte der BF die schriftliche Ausfertigung des am 03.07.2017 verkündeten Erkenntnisses.

 

Feststellungen:

 

Der BF wurde am XXXX in der serbischen Stadt XXXX als XXXX geboren. Er absolvierte in seinem Herkunftsstaat die Schule und machte anschließend eine Ausbildung im Bereich Verkehrstechnik mit Schwerpunkt Eisenbahnverkehr. Anschließend war er siebzehn Jahre lang als Bahnhofsvorstand tätig.

 

Im März 2000 reiste der BF mit einem für einen Monat gültigen Visum in Österreich ein. Im April 2000 wurde er in Schubhaft genommen, weil er sich nach Ablauf des Visums weiterhin (ohne Wohnsitzmeldung und ohne ausreichende Unterhaltsmittel) im Bundesgebiet aufhielt. Er stellte einen Asylantrag und wurde daraufhin im Mai 2000 aus der Schubhaft entlassen. Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 24.07.2000 wurde der Asylantrag abgewiesen. Der BF erhob dagegen eine Berufung. Das Asylverfahren wurde im Oktober 2002 eingestellt, weil er einer Ladung des Unabhängigen Bundesasylsenats nicht Folge geleistet hatte.

 

Im April 2001 wurde der BF bei der Arbeit auf einer Baustelle in XXXX ohne Beschäftigungsbewilligung angetroffen. Aus diesem Grund wurde gegen ihn mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 16.10.2001 ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot erlassen.

 

Im Februar 2003 wurde der BF in XXXX angetroffen und wegen seines nicht rechtmäßigen Aufenthalts festgenommen. In der Folge wurde er entlassen und das Asylverfahren wieder aufgenommen.

 

Im August 2007 wurde über den BF die Untersuchungshaft verhängt. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2007, XXXX, wurde er wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 2, 130 zweiter Satz, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt; davon wurden 16 Monate bedingt nachgesehen. Aufgrund einer Begnadigung wurde der BF im Dezember 2007 aus der Haft entlassen; der Rest des unbedingten Strafteils wurde bedingt nachgesehen. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 11.01.2008 wurde gegen ihn wegen der strafgerichtlichen Verurteilung ein unbefristetes Rückkehrverbot erlassen. 2014 wurde der bedingt nachgesehene Teil der Strafe endgültig nachgesehen, nachdem die Probezeit 2010 verlängert worden war.

 

Am 19.02.2008 wurde der Berufung des BF gegen die Abweisung seines Asylantrags nicht Folge gegeben. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 26.03.2008 wurde er ausgewiesen. Der Berufung dagegen wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion XXXX vom 29.04.2008 keine Folge gegeben. Am 05.08.2008 erklärte der BF, dass er freiwillig ausreisen werde, setzte dies aber nicht um.

 

Der BF war in Österreich immer wieder ohne Beschäftigungsbewilligung, zum Teil auch ohne Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger, erwerbstätig. Ab 2007 gab er sich als der am XXXX geborene slowenische Staatsangehörige XXXX aus und war unter Verwendung dieser Identität ab August 2009 in XXXX selbständig erwerbstätig. Er benutzte die falschen Identitäten XXXX (geboren am XXXX) und XXXX (geboren am XXXX), um in Österreich ein Unternehmen zu gründen.

 

Am XXXX.2009 wurde der BF wieder in Untersuchungshaft genommen. Er hatte unter anderem einen gefälschten slowenischen Reisepass (lautend auf XXXX) verwendet, um seine Identität und Aufenthaltsberechtigung zu beweisen und mehrere Personen zu betrügen. Insbesondere hatte er Mobilfunkbetreiber betrügerisch zur Ausfolgung und Freischaltung zahlreicher Mobiltelefone verleitet. Ein während der Untersuchungshaft gestellter neuerlicher Asylantrag des BF wurde rechtskräftig zurückgewiesen. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2010, XXXX, wurde über ihn wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB, wegen des Vergehens des betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem BUAG als Beteiligter nach §§ 153 d Abs 1, 12 dritter Fall StGB und wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB eine zwölfmonatige Freiheitsstrafe verhängt, aus der er am XXXX.2010 bedingt entlassen wurde. Anschließend wurde er in Schubhaft genommen und nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats am 09.09.2010 nach Serbien abgeschoben. 2013 wurde die bedingte Entlassung für endgültig erklärt.

 

In Serbien änderte der BF seinen Namen auf XXXX. Im März 2011 wurde ihm ein neuer serbischer Reisepass ausgestellt. Daraufhin kehrte er nach Österreich zurück. Im August 2011 wurde er in XXXX von Organen der Finanzpolizei bei der Arbeit als Bodenleger ohne Meldung bei der Sozialversicherung angetroffen.

 

Am XXXX.2012 wurde die Schubhaft über den BF verhängt und am 29.03.2012 wurde er erneut nach Serbien abgeschoben. Trotzdem kehrte er wieder nach Österreich zurück.

 

Am 26.09.2012 wurde das gegen den BF erlassene unbefristete Rückkehrverbot aufgehoben.

 

Am XXXX.2013 wurde der BF neuerlich festgenommen und in Untersuchungshaft angehalten. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2013, XXXX, wurde er wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt; davon wurden sechs Monate für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er sich mit einem gefälschten slowenischen Personalausweis ausgewiesen hatte. Nach Verbüßung des unbedingten Strafteils wurde er am XXXX.2013 aus der Haft entlassen. 2016 wurde die Probezeit des bedingten Strafteils auf fünf Jahre verlängert.

 

In den Jahren 2014 und 2015 gab sich der BF als der am XXXX geborene bulgarische Staatsangehörige XXXX aus und war unter Verwendung dieser Identität in Österreich wiederholt unselbständig erwerbstätig.

 

Mit dem eingangs genannten Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2016, XXXX, wurde der BF wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, weil er am XXXX.2015 bei einer Fahrzeug- und Personenkontrolle gegenüber dem einschreitenden Beamten einen verfälschten bulgarischen Führerschein und einen verfälschten bulgarischen Personalausweis (lautend auf XXXX) zum Beweis seiner Identität gebraucht hatte. Sein Geständnis wurde als mildernd, zwei einschlägige Vorstrafen und der Rückfall in offener Probezeit dagegen als erschwerend gewertet. Der BF, dem zunächst ein Strafaufschub gewährt wurde, strebt den Vollzug der Freiheitsstrafe im elektronisch überwachten Hausarrest an. Er weist keine weiteren strafgerichtlichen Verurteilungen auf.

 

Am XXXX.2016 heiratete der BF in XXXX die aus Serbien stammende österreichische Staatsbürgerin XXXX (zuvor XXXX, Geburtsname XXXX), mit der er seit mehreren Jahren liiert war und in einem gemeinsamen Haushalt in Wien zusammenlebt.XXXX ist in XXXX als Reinigungskraft erwerbstätig und verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von knapp EUR 1.200. Zwischen August und November 2016 konnte sie wegen einer Knieoperation nicht arbeiten.

 

Der BF ist aufgrund der Mitversicherung mit seiner Ehefrau in Österreich krankenversichert. Aktuell geht er keiner Erwerbstätigkeit nach und wird von seiner Frau finanziell unterstützt.

 

Der BF hat einen Arbeitsplatz als Vollzeitreinigungskraft bei einem XXXX Unternehmen in Aussicht, wenn ihm ein Aufenthaltstitel in Österreich erteilt wird. Am 16.02.2017 beantragte er die Ausstellung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger. Bislang wurde ihm kein Aufenthaltstitel erteilt. Sollte der Strafvollzug im elektronisch überwachten Hausarrest bewilligt werden, bevor er in Österreich erwerbstätig sein darf, hat er vor, für mehrere Monate in einem Bodenlegerunternehmen unentgeltlich bzw. als Volontär tätig zu sein.

 

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er hat zwei volljährige Kinder aus erster Ehe, die ihn ab und zu in Österreich besuchen. Seine Tochter lebt in Frankreich, sein Sohn in Serbien. Dort leben auch der Vater und die Schwester des BF, mit denen er regelmäßig über verschiedene Kommunikationsmittel (Telefon, Brief, E-Mail) in Kontakt steht. Er reist mehrmals pro Jahr nach Serbien, um seine Angehörigen dort zu besuchen.

 

Die Muttersprache des BF ist Serbisch. Er spricht auch Rumänisch und verfügt über gewisse Deutschkenntnisse. Am 09.06.2017 absolvierte er eine Deutschprüfung für das Sprachniveau A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Elementare Sprachverwendung - Anfänger). Abgesehen von kurzen Besuchen in Serbien und einem ca. siebenmonatigen Aufenthalt dort nach seiner Abschiebung 2010 hält er sich seit 2000 durchgehend in Österreich auf, obwohl ihm nie eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde. Er weist in den Zeiten, in denen er nicht in Haft war, nur sporadisch Wohnsitzmeldungen auf. So war er zuletzt zwischen Jänner 2012 und Juli 2016 nur während seiner Anhaltung in der Justizanstalt XXXX von 18.09.2013 bis 17.12.2013 gemeldet.

 

Weitere wesentliche familiäre, berufliche oder soziale Bindungen des BF in Österreich können nicht festgestellt werden.

 

Beweiswürdigung:

 

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

 

Die Identität des BF wird durch seinen in Kopie vorliegenden Reisepass belegt. Eine Kopie seines früheren, auf XXXX lautenden serbischen Reisepasses, in dem dieselbe Personenkennzahl aufscheint, ist ebenfalls aktenkundig. Der BF schilderte die Namensänderung von XXXX auf XXXX bei der Beschwerdeverhandlung übereinstimmend mit dem Inhalt der Verwaltungsakten.

 

Der BF schilderte seine Schul- und Berufsausbildung und seine Erwerbstätigkeit in Serbien vor dem BVwG übereinstimmend mit seinen früheren Angaben dazu, sodass ihm insoweit gefolgt werden kann.

 

Eine Kopie des von 01.03.2000 bis 01.04.2000 gültigen Visums des BF befindet sich in den Verwaltungsakten, in denen auch seine Festnahme im April 2000 dokumentiert ist. Die Feststellungen zum ersten Asylverfahren des BF in Österreich basieren ebenfalls auf den vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere auf den darin enthaltenen Niederschriften und Bescheiden.

 

Die Tätigkeit des BF ohne Beschäftigungsbewilligung 2001 wird anhand der Anzeige vom XXXX.2001 und des Straferkenntnisses vom 07.08.2001 festgestellt. Das gegen den BF daraufhin erlassene Aufenthaltsverbot ergibt sich aus dem Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 16.10.2001.

 

Die Festnahme des BF im Februar 2003 und die Fortsetzung des Asylverfahrens werden anhand der entsprechenden Aktenbestandteile (Niederschrift und Bescheid vom 13.02.2003, Niederschrift und Bescheid vom 17.02.2003, Niederschrift und Entlassungsschein vom 21.02.2003) festgestellt.

 

Die Feststellungen zur ersten strafgerichtlichen Verurteilung des BF basieren auf dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2007, XXXX. Die Untersuchungshaft ergibt sich aus der Niederschrift vom 27.08.2007 und aus der Vorhaftanrechnung laut Strafurteil. Die Begnadigung, die Probezeitverlängerung und die endgültige Strafnachsicht können anhand des Strafregisterauszugs nachvollzogen werden. Das unbefristete Rückkehrverbot wird anhand des Bescheids der Bundespolizeidirektion XXXX vom 11.01.2008 festgestellt.

 

Die Abweisung der Berufung des BF gegen die Abweisung seines ersten Asylantrags ergibt sich aus dem Fremdenregister und dem Auszug aus dem GVS-Betreuungsinformationssystem, seine danach ausgesprochene Ausweisung aus den Bescheiden vom 26.03.2008 und vom 29.04.2008. Aus der Niederschrift vom 05.08.2008 geht hervor, dass der BF beabsichtigte, freiwillig auszureisen, um fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen hintanzuhalten.

 

Die wiederholte Erwerbstätigkeit des BF ohne Beschäftigungsbewilligung und ohne Anmeldung zur Sozialversicherung ergibt sich daraus, dass er bei den aktenkundigen Niederschriften immer wieder angab, in Österreich zu arbeiten, obwohl ihm nie eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden war. Er gab auch an, "Gelegenheitsarbeiten" durchzuführen bzw. "schwarz" zu arbeiten. Seiner bei der Beschwerdeverhandlung aufgestellten Behauptung, er sei nie bei der Schwarzarbeit erwischt worden, sind etwa die Anzeigen 2001 und 2011 entgegenzuhalten. Der auf XXXX lautende Versicherungsdatenauszug weist nur eine Meldung als Arbeiter für einen Tag 2001 und für mehrere Monate zwischen Februar und August 2008 aus, der auf XXXX lautende eine Meldung für zwei Tage im August 2011.

 

Der BF gab zu, falsche Identitäten verwendet zu haben, um in Österreich arbeiten zu können. Dies wird durch die Versicherungsdatenauszüge betreffend XXXX und XXXX und durch die strafgerichtlichen Verurteilungen wegen der Verwendung gefälschter Identitätsdokumente untermauert. Die verschiedenen vom BF verwendeten Identitäten sind im Fremdenregister und im Strafregister dokumentiert. Bei der Beschwerdeverhandlung räumte der BF ein, 2007 und 2008 einen gefälschten slowenischen Reisepass, lautend auf XXXX, verwendet zu haben. Außerdem habe er auf Papiere gehabt, die auf seine weiteren Aliasidentitäten XXXX und XXXX lauteten, um damit ein Unternehmen zu gründen. Da XXXX laut Versicherungsdatenauszug 2009 und 2010 in XXXX als selbständig erwerbstätig gemeldet war, ist die Behauptung des BF, er habe diese Identität nur bis 2008 benutzt, widerlegt.

 

Die Festnahme des BF 2009 ergibt sich aus der entsprechenden Vollzugsinformation; seine neuerliche strafgerichtliche Verurteilung aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2010, XXXX. Seine bedingte Entlassung ergibt sich aus dem Entlassungsbericht vom 07.06.2010 und aus dem Strafregister, aus dem auch hervorgeht, dass die Entlassung seit 2013 endgültig ist.

 

Die Feststellungen zu seinem zweiten Asylantrag beruhen auf dem Fremdenregister und (damit übereinstimmend) auf der Mitteilung vom 18.12.2009 sowie auf den aktenkundigen fremdenpolizeilichen Informationen. Der BF bestätigte vor dem BVwG, zwei erfolglose Asylanträge gestellt zu haben. Die Verhängung der Schubhaft, die Ausstellung eines Heimreisezertifikats und die Abschiebung des BF nach Serbien im September 2010 ergeben sich aus weiteren Bestandteilen der vorgelegten Verwaltungsakten.

 

Aus der Anzeige der Finanzpolizei vom 12.12.2011 geht hervor, dass der BF nach der Namensänderung im August 2011 bei der Arbeit ohne Meldung zur Sozialversicherung angetroffen wurde.

 

Der BF gab zwar bei der Beschwerdeverhandlung an, er sei nur ein Mal nach Serbien abgeschoben worden. Aus dem Fremdenregister ergeben sich jedoch eine Schubhaftverhängung und eine weitere Abschiebung im März 2012, sodass ihm in diesem Punkt nicht gefolgt werden kann. Aus der folgenden dritten strafgerichtlichen Verurteilung des BF durch das Landesgericht XXXX, die anhand des Urteils vom XXXX.2013, XXXX, und des Strafregisters festgestellt werden kann, ergibt sich auch zweifelsfrei, dass er nach Österreich zurückkehrte. Die Feststellungen zu Haftentlassung und Probezeitverlängerung beruhen auf dem Strafregister.

 

Der BF gab bei der Beschwerdeverhandlung auch zu, sich zwei Jahre lang als XXXX ausgegeben zu haben. Aus dem auf diesen Namen lautenden Versicherungsdatenauszug ergibt sich, dass er unter dieser Identität von Februar 2014 bis Dezember 2015 - mit Unterbrechungen - als Arbeiter (teil geringfügig beschäftigt) gemeldet war. Seine vierte strafgerichtliche Verurteilung ergibt sich aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2016, XXXX, und aus dem Strafregister. Es gibt keine Anhaltspunkte für weitere strafgerichtliche Verurteilungen des BF. Der Strafaufschub und der beantragte elektronisch überwachte Hausarrest werden anhand des mit der Beschwerde vorgelegten Antrags vom 28.09.2016 festgestellt.

 

Der BF legte seine Heiratsurkunde und eine Einstellungszusage der XXXX in XXXX vor. Zwar geht aus dem Zentralen Melderegister eine Wohnsitzmeldung des BF und seiner nunmehrigen Ehefrau an derselben Andresse erst seit Juli 2016 hervor, das Gericht folgt aber ihren übereinstimmenden Aussagen, wonach sie auch schon davor - ohne entsprechende Wohnsitzmeldung - zusammengelebt hätten. Die Erwerbstätigkeit von XXXX ergibt sich aus ihrem Versicherungsdatenauszug und aus den vorgelegten Gehaltsabrechnungen, ihre Staatsangehörigkeit daraus, dass sie sich bei der Beschwerdeverhandlung mit ihrem österreichischen Reisepass auswies. Sie bestätigte vor dem BVwG, zwischen August und November 2016 krankheitsbedingt nicht gearbeitet zu haben.

 

Die Mitversicherung des BF mit seine Ehefrau ergibt sich aus dem Schreiben der XXXX Gebietskrankenkasse vom 19.10.2016 (Beilage ./A). Der BF gab bei der Beschwerdeverhandlung glaubhaft an, derzeit von finanziellen Zuwendungen seiner Ehefrau zu leben und keiner regelmäßigen Beschäftigung nachzugehen.

 

Der erfolglose Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ergibt sich aus dem Fremdenregister und aus dem entsprechenden Bescheid (Beilage ./H). Die beabsichtigte unentgeltliche Tätigkeit während es elektronisch überwachten Hausarrests ergibt sich aus der Aussage des BF bei der Beschwerdeverhandlung, mit der die Bestätigung der XXXX GmbH vom 17.02.2017 und der Neustart-Bericht vom 21.11.2016 (Beilage ./D) korrespondieren.

 

Die Gesundheit des BF kann festgestellt werden, weil keine Anhaltspunkte für aktuelle Erkrankungen vorliegen, zumal er die Frage nach chronischen Krankheiten und anderen Leiden oder Gebrechen bei der Beschwerdeverhandlung verneinte. Seine Arbeitsfähigkeit folgt daraus, aus seinem erwerbsfähigen Alter und aus der angestrebten Tätigkeit als Reinigungskraft.

 

Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des BF folgen seinen Angaben bei der Beschwerdeverhandlung, bei der er auch die Kontakte zu seinen Angehörigen plausibel und nachvollziehbar schilderte.

 

Die Sprachkenntnisse des BF ergeben sich ebenfalls aus seinen Aussagen bei der Beschwerdeverhandlung, bei der er Serbisch als seine Muttersprache bezeichnete. Das Zeugnis über die Deutschprüfung wurde vorgelegt (Beilage ./C). Der BF stellte seine Deutschkenntnisse bei der Beschwerdeverhandlung unter Beweis.

 

Regelmäßige Aufenthalte des BF in Serbien wurden von ihm bei der Beschwerdeverhandlung angegeben. Dies steht im Einklang mit den Ein- und Ausreisestempeln in seinem Reisepass (Beilage ./J). Aus dem Fremdenregister geht hervor, dass ihm nie ein Aufenthaltstitel erteilt wurde. Dies hat er auch gar nicht behauptet. Aus dem Zentralen Melderegister ergibt sich, dass er trotz seines von ihm glaubhaft und konsistent angegebenen langen Aufenthalts im Bundesgebiet nur von Zeit zu Zeit über eine Wohnsitzmeldung verfügte.

 

Es bestehen keine Anhaltspunkte für über die Feststellungen hinausgehende Bindungen des BF in Österreich. Er bestätigte vor dem BVwG, dass in Österreich - abgesehen von seiner Frau - keine Familienmitglieder leben.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Zu Spruchteil A):

 

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

 

Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EG] Nr. 539/2001 ABl Nr L81 vom 21.3.2001, S 1, idgF) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tage nicht überschreitet, befreit. Der diesen Zeitraum übersteigende Aufenthalt des BF in Österreich war nicht rechtmäßig gemäß § 31 Abs 1a FPG, zumal keine der Voraussetzungen des § 31 Abs 1 FPG für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet vorlag und dem BF insbesondere kein Aufenthaltstitel erteilt worden war.

 

Wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstücks des FPG, das die Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung regelt (§§ 41 ff FPG), fällt, ist gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG von Amts wegen die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG zu prüfen. Gemäß § 58 Abs 3 AsylG ist darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

 

Eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist Drittstaatsangehörigen, die sich im Bundesgebiet aufhalten, zu erteilen, wenn entweder der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, sofern sie keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sind und nicht wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, oder zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen. Letztlich ist ein solcher Aufenthaltstitel auch Opfern von Gewalt zu erteilen, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 382b EO ("Schutz vor Gewalt in Wohnungen") oder nach § 382e EO ("Allgemeiner Schutz vor Gewalt") erlassen wurde oder hätte erlassen werden können, wenn dies zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Der Aufenthalt des BF in Österreich war zu keiner Zeit geduldet. Anhaltspunkte dafür, dass sein Aufenthalt zur Gewährleistung der Strafverfolgung oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von damit im Zusammenhang stehenden zivilrechtlichen Ansprüchen erforderlich ist oder dass er Opfer von Gewalt wurde, bestehen nicht. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor.

 

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK ist die Verhältnismäßigkeit der Rückkehrentscheidung am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach dessen Abs 1 ist (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).

 

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist nur dann von Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

Gemäß § 58 Abs 2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gemäß § 55 AsylG nur dann von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

 

Die Rückkehrentscheidung greift in das Privat- und Familienleben des BF ein. Bei der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass er ein erhebliches Interesse an einem Verbleib in Österreich hat, vor allem, weil er sich seit vielen Jahren hier aufhält und mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet ist, die in Wien lebt und arbeitet. Seinem Interesse an einer Fortsetzung dieses Privat- und Familienlebens steht aber das große öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften und insbesondere an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegenüber.

 

Eine Trennung des BF von seiner österreichischen Ehefrau ist gerechtfertigt, weil dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund seiner Straffälligkeit ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271 und 23.03.2017, Ra 2016/21/0199). Das Gewicht des Familienlebens des BF im Hinblick auf seine Ehe wird auch dadurch entscheidend gemindert, dass er die Beziehung zu seiner nunmehrigen Ehefrau zu einem Zeitpunkt einging, zu dem sich die Beteiligten seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zumal er keine über die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer hinausgehende Aufenthaltsgenehmigung in Österreich hat.

 

Der Aufenthalt des BF in Österreich war - jedenfalls nach der zweitinstanzlichen Bestätigung der Abweisung seines ersten Asylantrags 2008 - überwiegend nicht rechtmäßig. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden regelmäßig von einem Überwiegen seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen, außer wenn er die hier verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0299; 17.11.2016, Ra 2016/21/0251). Da der BF wiederholt straffällig wurde, verschiedene Aliasidentitäten gebrauchte, um sich Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt und Sozialsystem zu verschaffen, und zuletzt von 2013 bis 2016 unbekannten Aufenthalts war, ist eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach seinem langen Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig anzusehen (vgl z.B. VwGH 29.06.2017, Ro 2016/21/0007), zumal die für die Integration wesentliche soziale Komponente durch seine Straftaten erheblich beeinträchtigt wird (vgl VwGH 30.01.2007, 2004/21/0045). Die Kontakte zwischen dem BF und seiner Ehefrau können (in eingeschränktem Ausmaß) durch Besuche in Serbien (oder in anderen, nicht vom Einreiseverbot umfassten Staaten) und durch grenzüberschreitende Kommunikationsmittel (z.B. Telefon, Internet, E-Mail) aufrecht erhalten werden.

 

Der BF verfügt zwar über Deutschkenntnisse und (schon aufgrund seines langen Aufenthalts) auch über gewisse soziale Bindungen. Er war in Österreich aber bislang nie legal erwerbstätig. Es bestehen nach wie vor starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat, wo er einen großen Teil seines Lebens, insbesondere die prägenden Jahre seiner Kindheit und Jugend, verbrachte. Er beherrscht die dort übliche Sprache und ist mit den Gepflogenheiten vertraut, absolvierte in Serbien eine Berufsausbildung und war dort etliche Jahre lang erwerbstätig. Er besucht seine dort lebenden Angehörigen regelmäßig. Da er gesund und erwerbsfähig ist, ist davon auszugehen, dass es ihm in Serbien möglich sein wird, sich durch eigene Erwerbstätigkeit ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Außerdem wird er im Kreis seiner dort ansässigen Familienmitglieder soziale Unterstützung finden. Seine Ehefrau kann ihn auch dann finanziell unterstützen, wenn er sich in Serbien aufhält. Es wird ihm daher möglich sein, sich ohne größere Probleme wieder in die Gesellschaft seines Herkunftsstaates zu integrieren und dort für seinen Lebensunterhalt aufzukommen.

 

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung wirken sich die wiederholten strafgerichtlichen Verurteilungen signifikant zum Nachteil des BF aus, zumal er mehrfach gefälschte Identitätsdokumente verwendete, nachdem ihm auch gewerbsmäßig Vermögensdelikte anzulasten waren, und zuletzt innerhalb offener Probezeit rückfällig wurde. In Zusammenschau mit seinen (vergleichsweise weniger gravierenden) Verstößen gegen die öffentliche Ordnung (nicht rechtmäßiger Aufenthalt, fehlende Wohnsitzmeldung) führt dies im Ergebnis zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung.

 

Die Verstöße des BF gegen die österreichische Rechtsordnung bewirken eine so gravierende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, dass seine privaten und familiären Interessen an einem Verbleib in Österreich zurücktreten müssen. Das BFA ging daher zu Recht von einer maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit aus, die eine Rückkehrentscheidung erforderlich macht, zumal diese Maßnahme zur Verwirklichung der in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele, namentlich der Verhinderung strafbarer Handlungen und des Schutzes der öffentlichen Ordnung, geboten ist.

 

Nach der rechtskräftigen Abweisung des ersten Asylantrags des BF und seiner Abschiebung nach Serbien 2010 liegen keine den Behörden zurechenbaren überlange Verzögerungen vor, zumal der BF seither zwei weitere Male strafgerichtlich verurteilt wurde und nach seiner Haftentlassung 2013 bis Mitte 2016 unbekannten Aufenthalts war.

 

Gemäß § 59 Abs 4 FPG ist der Eintritt der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung für die Dauer eines Freiheitsentzuges, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde, aufgeschoben. Daher steht der Umstand, dass der BF noch eine Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht entgegen.

 

Durch die Rückkehrentscheidung wird Art 8 EMRK im Ergebnis nicht verletzt. Da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist, kommt die von der Beschwerde angestrebte Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht. Die Rückkehrentscheidung laut dem ersten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides ist somit zu bestätigen.

 

Zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides:

 

Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs 9 FPG festzustellen, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Gemäß § 50 Abs 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art 2 EMRK oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre. Gemäß § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht.

 

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat zulässig. Die Unzulässigkeit der Abschiebung wird in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise behauptet. Es liegen unter Berücksichtigung der Situation in Serbien und der Lebensumstände des BF keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Daher ist auch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nicht korrekturbedürftig.

 

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides:

 

Der mit "Frist für die freiwillige Ausreise" betitelte § 55 FPG lautet wie folgt:

 

"§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

 

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

 

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."

 

Die im angefochtenen Bescheid festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs 2 erster Satz FPG. Besondere Umstände, die der BF bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte und die die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurden nicht vorgebracht.

 

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 53 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs) sowie Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, verbunden werden, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig vom bisherigen Verhalten des Drittstaatsangehörigen. Geht von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit oder ein anderes in Art 8 Abs 2 EMRK genanntes öffentliches Interesse aus, kann gemäß § 53 Abs 3 FPG ein Einreiseverbot für bis zu zehn Jahre verhängt werden. Dies ist (soweit hier relevant) insbesondere dann der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige von einem Gericht rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde (§ 53 Abs 3 Z 1 erster Fall FPG). Bei einer Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren kann gemäß § 53 Abs 3 Z 5 FPG sogar ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen werden.

 

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde (vgl VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen sei eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung und Bestrafung des Betroffenen abzustellen, sondern auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt. Es ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen

(Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

 

In Anwendung dieser Grundsätze hat das BFA zu Recht die Erfüllung des Tatbestands des § 53 Abs 3 Z 1 FPG bejaht. Der BF verwendete zum wiederholten Mal gefälschte besonders geschützte Urkunden. Die Verurteilung zu und der Vollzug von mehrmonatigen Haftstrafen konnten ihn nicht davon abhalten, innerhalb offener Probezeit neuerlich einschlägig zu delinquieren.

 

Dem BFA ist daher auch dahin beizupflichten, dass der Aufenthalt des BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, die ein Einreiseverbot erforderlich macht, zumal er sich überdies über lange Zeit nicht rechtmäßig und ohne Wohnsitzmeldung in Österreich aufhielt. Es kann aufgrund der kurzen Zeit seit seiner letzten Straftat nicht von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der von ihm ausgehenden, durch seine strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit ausgegangen werden. Dazu bedarf es grundsätzlich eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (VwGH 27.04.2017, Ra 2016/22/0094). Die Verhinderung strafbarer Handlungen ist jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft zum Schutz und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

 

Es ist aber zu berücksichtigten, dass das Strafgericht den Strafrahmen auch bei der letzten Verurteilung des BF bei weitem nicht ausschöpfte. Ein Einreiseverbot in der maximalen Dauer von zehn Jahren steht außer Relation zu den über ihn verhängten Freiheitsstrafen, dem Unrechtsgehalt der von ihm begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe und seiner aktuell stabilen privaten und familiären Situation. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er zuletzt wegen weniger gravierender Straftaten als zuvor verurteilt wurde und dass in der Vergangenheit gewährte bedingte Strafnachsichten für endgültig erklärt werden konnten.

 

Demgemäß ist die Dauer des Einreiseverbots auf fünf Jahre zu reduzieren. Ein Einreiseverbot in dieser Dauer ist angesichts der wiederholten Straftaten des BF, seines langjährigen unrechtmäßigen Aufenthalts und seiner Versuche, seine Identität zu verschleiern, notwendig, aber auch ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen und eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten zu bewirken. Eine weitere Reduktion scheitert an der Häufigkeit der strafgerichtlichen Verurteilungen des BF und an der Wirkungslosigkeit bisheriger strafgerichtlicher Sanktionen und aufenthaltsbeendender Maßnahmen.

 

Zu Spruchteil B.):

 

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (VwGH Ra 2016/21/0284). Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

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